Die westliche Berichterstattung über Russland ist interessant. Wenn ich dieses Jahr eines gelernt habe, ist es dies: Stell keinem angestellten, westlichen Journalisten kritische Fragen darüber, warum er Russland-Bashing betreibt. Er wird es dir in den seltensten Fällen zufriedenstellend erklären können. Ich erlaube mir ein paar rein spekulative Vermutungen: Weil er es muss. Weil sein Chef es so will. Weil es die Politik so will.
Dass die Weltmächte am Frieden nur scheinbar interessiert sind, ist eine Binsenwahrheit. Vermutlich, weil sie nicht anders können, als Rüstungspolitik zu betreiben. Denn Rüstungspolitik ist Weltpolitik. Und Weltpolitik ist Geopolitik. Dass die Rüstungsindustrie sowohl für die US- als auch für die russische Wirtschaft ein eminent wichtiger Motor ist, ist bekannt. Ich frage mich: Wie lange wird sich die Welt dieses Spiel, in welchem sich die grossen Volkswirtschaften einen Frieden gar nicht mehr leisten können, noch leisten können?
Was für eine Rolle spielen die Medien in diesem gefährlichen Monopoly? Gibt es das «objektive Medium» noch? Ist der neutrale Journalismus ein Farce? Schüren nicht die Massenmedien einen grossen Teil des Hasses, der heutzutage auf der Welt herrscht? Diese Fragen müssen wir Rezipienten uns allerdings selber stellen. Denn wir lassen uns blenden von einseitiger Berichterstattung, von schnell geschriebenen Online-Artikeln, die sich dem Druck der Geldpolitik beugen – egal ob West oder Ost – und verbreiten unsere teilweise sehr unkritischen Gedanken auf den sozialen Medien.
Doch wem sollen wir noch glauben?
Mit diesen Fragen beschäftigend, stiess ich Ende letztes Jahres auf eine SRF-Reportage («Leben in Putins Reich»). Beeindruckt von dem Ehrgeiz der Menschen, etwas zur Verbesserung der Welt beizutragen, beschloss ich, der Schweizer Stiftung zu schreiben. Und begab mich damit auf eine Reise in eine Welt, die mich das ganze Jahr beschäftigte und noch in Zukunft begleiten wird. Ich lernte Menschen kennen, die sich nicht um gesellschaftliche Konventionen scherten und eine Brücke schlugen zwischen Arm und Reich, zwischen Ost und West, zwischen Not und Fürsorge.
HASS ist hässlich, vor allem, wenn er gezüchtet wird – und dies egal wie und wo, ob mit Hasspredigten in einer Moschee oder mit Hassposts auf Facebook. Seien wir also vorsichtig mit moralischer Verurteilung in wohligem Verallgemeinerungshass.
(le)