Armut in der Schweiz

Am Rande der Gesellschaft – Armut und Obdachlosigkeit in der Schweiz: Eine Webseite erzählt die Geschichten.

«Du findest keine Wohnung, wenn du Beitreibungen hast. Das Sozialamt würde ja bezahlen, aber…» Roland lebte mehrere Jahre trotz hoher Diabetes und verschiedenen gesundheitlichen Problemen auf der Strasse. Niemand will ihm eine Wohnung geben. Seine Vergangenheit holt ihn immer wieder ein.

Vielen Schweizern sind die Probleme im eigenen Land nicht bewusst. Denn auch hier gibt es Armut, auch hier gibt es Ungerechtigkeit – auch hier gibt es Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben.

Was bedeutet es, im reichsten Land der Welt arm zu sein?

Ausgestossen und alleine gelassen – mehrheitlich stehen nur private Hilfsorganisationen diesen Menschen zur Seite und bieten ihnen ein Auffangbecken – eine Wiedereingliederung. Ich war auf der Suche nach den Stimmen der Armen und liess die Menschen reden, die normalerweise nicht zu Wort kommen.

Höre ihnen auf meiner Webseite zu.

armut

Kritik
von Christina Brun

Idee

In Brasilien sah ich so viele Obdachlose wie in keinem anderen Land zuvor. Als ich wieder in diesem sicheren Hafen der Schweiz Fuss fasste, war für mein Umfeld klar, Obdachlosigkeit, eine solche Armut, dies gibt es bei uns nicht.

Ok – Ja, wir haben diesen klassischen Obdachlosen, wie wir ihn aus anderen Ländern und deren Städten kennen, nicht, aber wir haben sehr wohl Armut und wir haben Obdachlose.

Für mich war klar, ich will der Schweiz zeigen: Wir sind nicht perfekt – auch wir haben Missstände, an denen wir arbeiten müssen.

Reflexion

Mein oberstes Gebot für diese Arbeit war, dass ich die Menschen, die ich portraitiere, nicht schlecht darstellen will. Es soll eine Sensibilisierungsarbeit werden. Sie soll zeigen, dass man nicht einfach nur aus Faulheit auf der Strasse landet, sondern meistens tragische Schicksale dahinter stehen.

Dieser Aspekt ist mir gelungen. Die Personen, die ich ausgewählt habe, könnten unterschiedlicher nicht sein. Alle Lebensgeschichten haben ihre ganz spezifischen Schwerpunkte und Aussagen, die sie uns mitteilen möchten. Zu Beginn fand ich es schade, dass ich niemanden interviewen konnte, der effektiv zur Zeit noch auf der Strasse lebt. Ich dachte, es erwecke den Anschein – wenn man mal auf der Strasse war, dann kommt man auch wieder weg. Es braucht viel mehr dazu: Glück im Unglück, private Institutionen, der Glaube und einen starken Willen.

Ich hätte gerne einige Personen länger begleitet, es waren kurze Einblicke, die ich auf ihr Leben warf. Es war nicht anders möglich. Schwierigkeiten tauchten bei der Personensuche auf. Viele Menschen, die auf der Strasse leben, haben psychische Probleme und brauchen Betreuung.

Es war schade, dass ich nur mit drei Institutionen zusammenarbeiten konnte. Die anderen, hatten keine Zeit oder kein Interesse. Bei einem Thema, bei dem der Mensch eine solch zentrale Rolle spielt, sind möglichst verschiedene Stimmen unglaublich wichtig.

Vier Personen sind nicht viel. Die Arbeit zeigt nur einen kleinen Ausschnitt. Doch es sollte auch dazu animieren, selber weiterzumachen. Läuft man in Zukunft am Taubenschlag in Zürich vorbei oder sieht man einen Menschen auf der Gasse, dann stecke ihn nicht in irgendeine Schublade. Lass ihn seine Geschichte erzählen. Hör ihm zu.

Technische Umsetzung

Die Webseite soll schlicht sein. Sie soll den Inhalt in den Vordergrund rücken und eine einfache Handhabung bieten. Trotzdem soll der Besucher angesprochen werden. Aus diesen Grundkriterien versuchte ich das Template aufzubauen. Die Grundstruktur liegt auf Bootstrap. Die Animationen bestehen aus reinem CSS. Was bei der Umsetzung nicht immer nur einfach war. Unzählige Stunden verbrachte ich mit der Fehlerfindung. Das Endprodukt widerspiegelt genau das angestrebte Bild, welches ich zu Beginn hatte. Die Webseite stiehlt den Menschen nicht die Show. Sie bewegt sich im Hintergrund und verpackt die Geschichten in einem tollen Design.

Fazit

Wie wichtig eine gute Recherche ist, zeigte sich bei diesem Projekt besonders. Willst du mit einem Menschen ein Gespräch auf gleicher Augenhöhe führen, dann informiere dich. Zu schnell bin ich in ein Fettnäpfchen getreten. Ich habe gelernt, dass man nie sagen sollte: «Ja, dass kann ich verstehen.» - Weil du verstehst es nicht. Hast du es nicht selbst erlebt, kannst du es nicht verstehen.

Für ein nächstes Mal versuche ich von Anfang an selber Menschen zu finden. Ich habe mich zu lange mit Institutionen herum geschlagen, bevor ich die Initiative ergriff.

Rechne viel Zeit ein. Jeder Mensch ist ein Individuum. Bist du ihn verstehst braucht es mehr als nur ein bis zwei Stunden. Nimm dir diese Zeit. Es lohnt sich.

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