Bäumlein, schmück dich!

Eigentlich gehört der Spruch «Same procedure as every year» ja zu Silvester. Aber, wenn wir ehrlich sind, beginnt dieses immer gleiche «procedure» doch für viele schon eine Woche vor Silvester. Weihnachten ist nicht nur die Zeit der Besinnlichkeit und Nächstenliebe, sondern auch die der Traditionen, der immer gleichen Besuche und Familienessen.

Und wenn es dann auf Heiligabend und das entsprechende Familienessen zu geht, ist es meist vorbei mit Entspannung und Besinnlichkeit. Last-Minute-Stress hält Einzug. Nicht einmal der Baum ist dekoriert. Ein paar unsichtbare Weihnachtshelferlein kämen da gerade recht! Wäre doch nett, wenn sich wenigstens die Tanne von alleine schmücken würde (auf Kommando versteht sich, und zur immer gleichen Musik der Weihnachts-CD).

Leider ist auch dieses Jahr nichts von alleine passiert – aber das Helferlein hat sich unsichtbar gemacht! Danke an all die kleinen, unsichtbaren Helferlein des Alltags.

(mm)

Kritik
von Silvy Kohler

Die Idee
Um die Weihnachtszeit ist man auch besonders froh um die kleinen und grossen Aufmerksamkeiten und Hilfen seiner Lieben und Nächsten. Vieles passiert quasi schon unbemerkt und unsichtbar, selbstverständlich. Jeder hat seine Aufgaben und meine war es dieses Jahr wieder, den Baum zu schmücken. Das Weihnachtsfest ist aber schon "immer gleich" genug, da sollte es dieses Jahr einfach mal ein Bisschen anders sein.
Stop Motion eignet sich ideal um Dinge zu bewegen, die sich eigentlich nicht bewegen. Und umgekehrt, sich bewegende Dinge unsichtbar zu machen. Ich machte mich also unsichtbar und verfolgte die Fantasie eines sich selbst schmückenden Christbaumes.

Equipment

  • Canon 5D sR III
  • Canon 24-70mm 2.8
  • Cullmann Stativ 3405
  • Kabel-Fernauslöser
  • Zoom H5

Aufnahmen
Ich rechnete mit einer Bildrate von etwa 12 Bildern pro Sekunde. Ich wollte etwa 30 Sekunden Stop-Motion-Animation produzieren, nach Adam Riese musste ich also mindestens 360 Bilder schiessen.
Die Reihenfolge der Aufnahmen entstand spontan mit dem Material, das mir zu Verfügung stand. Und parallel zum tatsächlichen Schmücken des Baumes. Die Kamera stand immer auf dem Stativ. Ich arbeitete allein, wobei mir der Fernauslöser eine gute Hilfe war. Allerdings wäre die kabellose Version in einigen Fällen doch noch hilfreicher gewesen, weil ich (z.B. für das Entzünden des Adventkranzes) das Wohnzimmer immer hin und her durchquerte. Für die Aufnahmen vom Einlegen der CD hat ein Helfer den Auslöser betätigt, weil ich beide Hände brauchte.

Beim Arrangieren der Kerzen am Boden ist mir passiert, was passieren musste: Ich war bei ein paar Bildern (zumindest teilweise) im Bild. Hier rettete mich die Vollformat-Kamera, ich konnte den Ausschnitt stark einzoomen. Bei einem Foto kam ich um Photoshop nicht herum, doch das war dank der gleichen Kameraeinstellung auch kein grosses Problem. Natürlich hätte ich auch die ganze Sequenz nochmals aufnehmen können, doch ich vertraute auf die Nachbearbeitungssoftware, weil ich durch das nahende Familienessen etwas unter Zeitdruck stand. Bis dann sollte der Weihnachtsbaum ja geschmückt sein.

Für die meisten Shots habe ich im Einzelbildmodus mit manuellem Fokus fotografiert. Für die Bewegung des Baumes schüttelte ich den ganzen Baum am Stamm oder einzelne Äste und benutzte dann die Serienbild-Funktion um möglichst viele Zustände festzuhalten. Interessant fand ich eine Schärfefahrt mit Stop Motion zu versuchen und war positiv überrascht mit dem Ergebnis.

Die grossen Fenster machen unser Wohnzimmer zwar schön zum Verweilen, aber etwas mühsam um darin zu fotografieren. Gegen die hellen Fenster musste ich einen hohen ISO (6400) verwenden, um den dichten Baum herauszuheben. Die Fenster zu verdunkeln hätte mich aber zu viel indirektes Licht gekostet, weshalb die weihnachtliche Stimmung nun nicht ganz zur Geltung kommt. Durch das Licht aber auch die räumlichen Umstände war ich etwas eingeschränkt in der Perspektivenwahl.
Daher sind sicher die Beleuchtung und das Arrangement verbesserungswürdig.

Postproduction
Um die rund 380 Bilder in sinnvoller Zeit und gleichmässig zu be- und verarbeiten, habe ich in Lightroom sieben Presets erstellt. Anhand eines Beispielbildes der jeweiligen Szene (Kugeln, Kerzen, Baum nah, Baum total, brennende Kerze, CD Player, Katze) erstellte ich das Preset mit den entsprechenden Farb- und Lichtkorrekturen, das ich dann auf den Rest der Bilder der Szene on import anwandte.

Nach dem Export der JPEGs aus Lightroom, erstellte ich pro Szene eine Sequenz in Premiere, wo ich die Bilder importierte mit einer Länge von 3 und 4 Frames.

Dann hatte ich einen typischen Face-Palm-Moment: Ich hatte, wie gewohnt, eine 16:9 Videosequenz erstellt. Dass die Kamera aber einen Full-Frame-Sensor mit 3:2 Format hat und ich ja Fotos gemacht und nicht die Filmfunktion verwendet hatte, passten die Bilder anfänglich - natürlich - nicht auf das Frame. Tschüss Tannenspitze. Diese Überlegung war mir völlig entgangen.

Ich schnitt und arrangierte die Sequenzen und hatte so schon fast einen fertigen Film. Mit Musik unterlegt stellte sich schnell heraus, dass auch die Einstiegsbilder mit dem CD-Player Sound brauchen. Darauf nahm ich den Originalton auf, den ich massiv kürzte, damit er zum Bild passt.

Unverwendet blieben Bilder mit der Hand, die die Kerze entzündet, weil die Handlung schlussendlich ganz unsichtbar bleiben sollte.

Mein Fazit
Da die Aufnahmen ohne Storyboard nur mit einer Idee im Kopf entstanden, bin ich zufrieden mit dem Ergebnis. Es kamen mir einige spontane Einfälle, wie ich die Stop Motion Technik ausnutzen konnte. Es ergab einen ziemlich flüssigen Film, von der Länge, die ich mir vorgenommen hatte. Mit einer ausführlicheren Planung hätte die Licht- und Raum-Gestaltung sicher profitieren können. Dem Look des Filmes hätte man demnach auch mehr weihnachtliche Festlichkeit verleihen können. Weil es aber um die alltäglichen Vorbereitungen zum Weihnachtsfest geht, finde ich es nicht störend, dass die Aufnahmen offensichtlich tagsüber gemacht wurden.

Stop Motion finde ich eine sehr vielseitige und attraktive (wenn auch zeitaufwändige) Technik, um einen etwas anderen Film zu produzieren.

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