Broken

#metoo verbreitete sich in den letzten Monaten rasant. Menschen aus aller Welt nutzen den Hashtag, um sexuelle Gewalt gegenüber Frauen anzuprangern. Dies ist jedoch nicht die einzige Form von Gewalt, mit der Frauen konfrontiert sind.

Gewalt gegen Frauen kommt täglich vor. Sei es in Form von häuslicher Gewalt, Zwangsprostitution, Ehrenmorden oder Genitalverstümmelungen. Auch in einem entwickelten Land wie der Schweiz gehören gewalttätige Übergriffe auf Frauen zum Alltag. So stirbt in der Schweiz alle zwei Wochen eine Frau an den Folgen der Schläge ihres (Ex-)Partners. Jede fünfte Frau erleidet mindestens einmal in ihrem Leben physische oder sexuelle Gewalt.

Deshalb haben wir uns dazu entschieden, einen Kurzfilm über dieses nach wie vor brandaktuelle und teilweise noch immer starke Tabuthema zu machen. Um zusätzlich zu zeigen, wie sich auch nicht körperliche Gewalt auf einen Menschen auswirken kann, verbinden wir das Opfer und ihren Peiniger mit dem Handy. Ein digitaler Gegenstand, der uns täglich begleitet und durch den ebenso viel Leid wie Freude verbreitet werden kann. Denn wer von uns hat nicht schon über WhatsApp Diskussionen oder heftige Streits geführt? Wer hat noch nie traurige Neuigkeiten per SMS erhalten? Oder wer hat noch nie von Drohungen gegenüber einer Person in den sozialen Medien gehört? Dadurch, dass man beim Schreiben mit dem Handy seinem Gegenüber nicht ins Gesicht schauen muss, trauen sich Menschen mehr zu. Doch leider bleibt es oft nicht nur bei virtuellen Drohungen, sondern sie werden brutale Realität.

(fms)

Kritik
von Nadine Wagner, Anja Ruoss und Martin Bruhin

Die Idee
Unseren ersten und letzten Kurzfilm produzierten wir im ersten Semester. Da dies schon eine Weile her ist, wollten wir in unserem letzten Semester vor der Bachelorarbeit noch einmal einen Kurzfilm drehen. Inhaltlich sollte er sich mit der Thematik der Gewalt an Frauen beschäftigen. Gleichzeitig wollten wir aber auch den Aspekt der Digitalisierung mit einfliessen lassen. Denn Gewalt ist nicht immer körperlich und kann vor allem durch Soziale Netzwerke oder Messenger-Dienste wie Whatsapp schnell verbreitet werden.

Eine erste Story schrieb Nadine. Diese verschickte sie an die restliche Gruppe, damit sich alle bis zum nächsten Treffen Gedanken dazu machen konnten. In der Gruppe wurde die Story dann angepasst, so dass sie für alle möglichst gut funktioniert. Im Film geht es darum, dass eine junge Frau körperlich sowie virtuell terrorisiert wird. Ihr Freund nutzt sie aus, ist ihr gegenüber gewalttätig und bestimmt über ihr Leben. Die junge Frau fällt mehr und mehr in ein Loch. Als Zuschauer sieht man das durch die Verletzungen, die immer zahlreicher und heftiger werden. Um das Ganze zu untermalen, kamen wir auf die Idee, das Color Grading gezielt einzusetzen. Je übler die Situation der Frau wird, umso farbloser wird das Bild. Eine graue Welt sozusagen. Da unsere Protagonistin keine erfahrene Schauspielerin war, entschieden wir uns gegen Dialoge und wollten nur die Bilder sprechen lassen, bis auf die Gewalt-Szenen. Zudem wollten wir versuchen, die ganze Geschichte in einem Raum zu erzählen. Denn in der Vergangenheit hatten wir bei Projekten oft mehrere Drehorte.

Vorbereitung
Im Vergleich zu anderen Projekten haben wir uns für diesen Kurzfilm viel mehr vorbereitet. Wir wollten einen genauen Plan haben, damit wir in der Postproduction möglichst wenig Probleme und Aufwand haben. Nachdem die Geschichte stand, erstellte Anja eine Schnittschablone. Auf dieser waren alle Sequenzen einzeln aufgelistet und mit den entsprechenden Details versehen. Denn um möglichst effizient zu drehen, war es für uns wichtig zu wissen, in welchen Szenen die Protagonistin die gleichen Kleider anhaben muss und ob sie geschminkt ist oder nicht. Als die anderen Beiden die Schnittschablone dann kontrollierten, wurde uns klar, dass wir noch ein, zwei Dinge anpassen mussten, damit die Story funktionieren und Sinn machen würde.

Als diese Anpassungen gemacht wurden, ging es an die Aufteilung der weiteren Vorbereitung: In unserer Geschichte hat die Protagonistin mehrere Blutergüsse und Wunden am Körper. Da wir sie dafür nicht am Vortag verprügeln konnten, mussten wir die Wunden schminken. Wir alle hatten dies jedoch noch nie gemacht. Zudem fehlte uns Kunstblut und weitere Utensilien. Martin organisierte diese und so suchten wir Tutorials auf Youtube, um es zu Hause selbst auszuprobieren. Wobei die ersten Versuche eher dürftig waren.

Währenddessen organisierten wir als Protagonistin eine Freundin von Nadine, die von Anfang an sehr begeistert dabei war. Glücklicherweise konnten wir auch noch bei ihr Zuhause filmen. Damit der Drehtag reibungslos ablief, teilten wir jeder Person entsprechende Aufgaben zu.

Anja: Regie, Storyboard checken, Schminken
Martin: Kamera
Nadine: Mithilfe bei Kamera, Licht, Ton

Drehtag
Am Drehtag selbst verabredeten wir uns eine Stunde früher in einem Café. Denn da wir alle drei unterschiedliche Majors und Minors gewählt hatten, sahen wir uns nur noch selten in der Schule. Die zusätzliche Zeit an diesem Morgen nutzten wir, um noch einmal den Plan durch zu gehen. Obschon wir alle die Geschichte und den Drehplan kannten, gab uns dies Sicherheit für den Dreh. Besonders wichtig war das, da es bereits November war und es früh am Abend dunkel wurde. So mussten wir möglichst effizient drehen können, ohne die Protagonistin zu stressen oder in Hektik zu fallen. Ebenfalls in dem Café machte Anja ein paar Fotos von Martin und Nadine, die später für den Film gebraucht werden würden.

Um 10 Uhr trafen wir uns bei Manuela, unserer Protagonistin. Sie empfing uns freundlich und wir konnten uns in ihrem Haus ausbreiten. Während des Aufstellens instruierte Anja Manuela bereits ein bisschen und sprach mit ihr die Abfolge der Szenen ab. Da die Szenen, in denen die geschminkten Wunden vorkommen, erst später gedreht wurden, begannen wir in der Mitte der Geschichte und filmten von dort chronologisch nach hinten bis zum Schluss.

Doch bereits beim Aufstellen, hatten wir erste Probleme. So bemerkten wir leider erst dann, dass das XLR Kabel aus der Ausleihe zwei gleiche Enden hatte. Somit konnten wir das Videomic nicht anschliessen. Erst wollten wir noch eins kaufen oder anderweitig organisieren, wir entschieden uns aber dagegen, da es zu viel Zeit in Anspruch genommen hätte. Als Ersatz benutzten wir das Marantz um einige Töne aufzunehmen.

Der Dreh selbst ging gut voran. Manuela überraschte uns alle mit ihrem schauspielerischen Talent. So war es für sie kein Problem, bereits in der ersten Szene zu schreien und Kissen umher zu werfen. Sicherlich half es dabei, dass Nadine als ihre Freundin sie im Vorfeld bereits etwas gebrieft hatte. Trotzdem hatten wir eine solche Performance nicht erwartet. Manuela stellte sich auch sonst als Glückstreffer heraus. Man merkte ihr an, dass ihr der Dreh sehr Spass machte und sie aufmerksam bei der Sache war. So hatte sie Geduld, wenn eine Szene mehrmals aufgenommen wurde und brachte auch ein paar Mal eigene Ideen mit ein, die den Film positiv beeinflussten. Trotz des straffen Zeitplans konnten wir so den ganzen Film effizient drehen und hatten sogar noch Zeit für eine kurze Mittagspause.

Kritik
Trotz guter Vorbereitung gab es aber wie üblich auch ein paar Probleme beim Dreh. Besonders nervte uns dabei das XLR Kabel, welches falsch mitgegeben wurde und wir deshalb nicht brauchen konnten. Das Marantz als Ersatz war leider danach eher dürftig. Glücklicherweise kommt unser Film jedoch mehrheitlich ohne Ton aus. Dadurch hoffen wir, dass nur uns dieser Fehler stört.

Unser Zeitplan war zudem ziemlich straff. Wir wollten alles an einem Tag über die Bühne bringen. Da die Protagonistin sich und ihr Haus unentgeltlich zur Verfügung stellte, wollten wir das auch nicht ausnutzen. Dies hatte aber zur Folge, dass wir wenig mit anderen Stativen und Kameraeinstellungen experimentieren konnten und einfach streng nach Storyboard vorgingen.

Unseren ursprünglichen Plan alles nur in einem Raum zu drehen, mussten wir ebenfalls überdenken. Denn im Film gibt es einige “Flashback” - Szenen, die eigentlich an einem anderen Ort spielen sollten. Da wir diese Szenen mit dem Color Grading stark von den Szenen im Zimmer unterscheiden wollten, war es für uns nach einer kurzen Diskussion klar, die “Flashback”-Szenen nicht im Zimmer zu drehen. Wir entschieden uns, diese draussen im Dunkeln zu machen. Im Nachhinein sind wir nun froh, dass diese Szenen nicht im gleichen Raum stattfinden. Einerseits schafft es Klarheit, dass es eine Rückblende ist, andererseits wirken die Rückblenden noch dunkler und düsterer und damit auch extremer.

Was auch nicht ganz einfach war, war die Koordination, welche Szenen wir in welcher Reihenfolge filmen. Da praktisch alle Szenen im gleichen Raum spielten, gingen wir systematisch vor. Dabei filmten wir zuerst alle Szenen, in denen kein Make-Up (Wunden) verwendet werden musste. Denn durch das Abschminken hätten auf der Haut Rötungen entstehen können, die in den Aufnahmen gestört hätten. Zudem wussten wir nicht genau, wie gut das Make-Up auf ihrer Haut hält und wieder abgeht. Dies hatte jedoch den Nachteil, dass wir nicht in der chronologischen Reihenfolge gemäss Storyboard filmen konnten. Hierbei bemerkten wir, dass eine Filmklappe nützlich gewesen wäre, um Ordnung zu schaffen. Diese hatten wir leider nicht ausgelehnt. Wie es der Zufall aber wollte, hatte Manuela eine Filmklappe als Souvenir zu Hause, die wir benutzen durften.

Postproduction
Den Rohschnitt des Films machte Anja. Obschon wir ziemlich nach Storyboard gedreht und die Szenen jeweils angeschrieben hatten, bemerkte sie schnell, dass die Postproduction des Films nicht so einfach werden würde, wie ursprünglich gedacht. So wurden teilweise lange Szenen an einem Stück gedreht, die laufen gelassen werden mussten, damit man die Geschichte noch versteht. Zudem hatten wir nicht für jede Szene passende Zwischenbilder oder Close-ups, da uns während des Drehs dafür die Zeit fehlte und somit vergessen gingen. Der erste Rohschnitt war deshalb über sechs Minuten lang.

Nachdem Anja den Film zusammengesetzt hatte, war nun Martin an der Reihe. Da er noch nie den Feinschnitt bei einem Projekt gemacht hatte, wollte er diese Gelegenheit nutzen, um etwas zu lernen. Da der Film etwas zu lang war und trotzdem noch Sinn ergeben musste, war Martin sehr gefordert. Nadine, die etwas mehr Erfahrung in der Postproduction hat, half ihm deshalb. Die beiden mussten ein bisschen spielen und setzten beispielsweise am Schluss nochmals die Aufnahmen der Auseinandersetzung ein.

Der aufgenommene Ton über das eingebaute Mikrofon vom Marantz und der Kamera war die nächste Herausforderung in der Postproduction. Bereits Anja versuchte die aufgenommenen Töne in den Film zu integrieren, doch da das Marantz nicht immer perfekt platziert wurde, konnten wir nur einen kleinen Teil der Aufnahmen verwenden. Glücklicherweise war es im Raum immer sehr ruhig und wir hatten keine Störgeräusche.

Die fehlenden Töne wurden soweit als möglich nachvertont. Beispielsweise mit Hilfe der Adobe Library. Damit keine “Audio-Löcher” entstanden, mussten Töne und Musik miteinander verflochten werden. Die Musik produzierte Martin selber. Dazu setzte er die Videodatei in das Musikprogramm Logic Pro X und komponierte den Soundtrack praktisch massgeschneidert für den Film. Die erste Version des Soundtracks war jedoch zu langsam, es fehlte an Spannung. Daraufhin überarbeitete Martin das Ganze und ergänzte es vor allem mit Drums und cinematischen Elementen. Die zweite Version gefiel nun der Gruppe. Es folgten schliesslich die Feinanpassungen.

Ebenfalls in der Postproduction mussten die Whatsapp-Nachrichten gestaltet werden. Denn unser Plan, dass man die Nachrichten direkt im Film auf dem Handy sieht, funktionierte nicht. Nadine suchte sich deshalb ein Template dafür von After Effects. Dies war ziemlich mühsam und nahm sehr viel Zeit in Anspruch. Besonders schwierig war es, die Nachrichten richtig zu platzieren, da sich die Protagonistin in den Aufnahmen bewegt und nicht immer ideal positioniert war. Im Nachhinein war es jedoch gut, diese Zeit zu investieren. Denn die Geschichte funktioniert besser, mit den Nachrichten, die man nun richtig lesen kann. Ohne diese Texte wäre die Story etwas leer und würde für einen Unbeteiligten nur schwer Sinn ergeben. Auch von Nadine wurde das Grading übernommen. Dabei war es vor allem wichtig, den schwarz-weissen Verlauf so darzustellen, dass er auch wirkt.

Fazit
Der Kurzfilm war und ist für uns noch immer ein kleines Experiment. Denn nachdem wir in den vergangenen Semestern vor allem Interviews gedreht hatten, waren wir uns nicht mehr gewohnt, einen kleinen Film zu produzieren. Deshalb gibt es nun im Nachhinein einige Kleinigkeiten, die wir bei einem zweiten Mal sicherlich anders machen würden. Doch grundsätzlich sind wir sehr zufrieden, mit dem was wir gemacht haben. Denn es ging hierbei nicht mehr nur darum, am Ende ein gutes Produkt zu haben oder um eine gute Note zu bekommen, sondern darum, uns selbst auszuleben und etwas zu probieren.

Quellenangaben:
www.vorwaerts.ch
www.humanrights.ch

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