Büsi, Bomben, Brüste

In unseren jüngeren, noch nicht durch die Medien verdorbenen Tage (keine Angst, dass ist keine plumpe Floskel, wir erklären gleich mehr), erfuhren wir in unserem ersten medienbezogenen Fach von der “BBB-Theorie”: “Büsi, Bomben, Brüste, das sind die drei grossen Bs der Medien – Headlines mit diesen Begriffen erhalten am meisten Aufmerksamkeit“ , meinte unser Medienkundelehrer und SRG-Radiomensch (wir grüssen ihn auf diesem Weg ganz herzlich).

Mit neugeschöpftem Wissen sahen wir die Welt und die Medien ab da etwas anders, nicht besser, aber anders. Und nahmen die “BBB-Theorie” in unseren Wortschatz auf. Schon bald mussten wir feststellen, dass unsere Gesprächspartner nicht so wirklich auf diesen Begriff ansprangen. Kein zustimmendes Nicken, kein empörtes Beipflichten. Subtiles Weiterleiten in ein nächstes Thema oder ein nichtswissender Augenbrauenknicks waren hingegen häufige Reaktionen.

“Macht nichts, bald sind wir unter Gleichgesinnten – im Multimedia Production Studium”, dachten wir uns. Aber auch hier schien den Ausdruck niemand zu kennen. Vielleicht wollte sich keiner als Vertreter der BBB-Theorie outen, vielleicht verdächtigte uns auch der ein oder andere Kommilitone der Paranoia – Fakt ist, dass sich die “Büsi, Bomben, Brüste”- Theorie irgendwie noch nicht so ganz etabliert hat.

Wir wollten wissen, wieviel Wahres an dieser Theorie klebt und haben bis zum Schluss auf eine relativierende Antwort gehofft. Leider nichts gewesen. Die drei Begriffe ziehen sich durchs Medienband wie zäher Kaugummi. Schon bald stiessen wir auf unserer Internet-Safari auf eine sehr ähnliche Zauberformel: “Blut, Busen, Büsis”. Ein von Kurt Imhof geprägter Begriff.

Aber was bedeutet “Büsi Bomben Brüste” eigentlich?

Die drei grossen Bs sind knappe Oberbegriffe für viel weiter gefasste Themen. “Büsi” ist alles, was Plüschtiercharakter hat und gestreichelt werden kann. “Bomben” steht für eines der unschönsten Nachrichtenthemen: Mord und Todschlag. “Brüste” hingegen sind Symbol und Überbegriff für ein weiteres, viel gesehenes Medien-Thema: Sex.

Nun könnte man sich ja die wildesten Kombinationen dieser drei Begriffe vorstellen. Büsis mit Bombenbrüsten – Headline oder eher Werbung fürs Puff? Büsi-Bomben die von weiblichen Tschihad-Soldaten verwendet werden, nackte Friedensaktivisten, die sich selbst als Bomben verkleiden? Was anmutet, wie aus einer etwas schiefen Steampunk-Fantasie, ist gar nicht so weit von der Realität entfernt.

Doch wie oft kommen die B-Worte zusammen in einem Artikel vor?  Als Mashup zwischen zwei Komponenten oder gar als BBB-Hattrick? Nachfolgend die eindrücklichsten Beispiele, gefunden durch die meistverwendete Suchmaschine: Google.

Schlagzeilen lösen Bilder im Kopf aus. Zum Teil waren die Suchresultate allerdings so absurd, dass wir gar nicht anders konnten, als sie uns so vorzustellen:

Überrascht waren wir, dass wir auf praktisch keine Pornoseiten gestossen sind. Einmal mehr stellte sich uns die Frage: sind die Medien die gesellschaftlich akzeptierten Softpornos?

Beisst sich das Büsi in den Schwanz?

Was früher nur einem bestimmtem Teil der Gesellschaft zustand, ist heute für jede Generation selbstverständlich: Der Zugang zu Informationen. Und zwar immer und überall, ob wir wollen und nicht. Ist es schwieriger, ein so grosses Zielpublikum anzusprechen? Und der gemeinsame Nenner wurde daher in Büsi, Bomben und Brüsten festgemacht? Oder wollen wir vor allem diese Dinge vorgesetzt bekommen und die Medien passen sich der Nachfrage an?

Die Medien sagen uns zwar nicht, was wir denken sollen, aber worüber wir uns unterhalten, streiten und auslassen. Kann man diese BBB-Sache einfach dem schwammigem Begriff “Boulevardisierung” unterordnen? Werden wir durch die Themenordnung in den Medien manipuliert und entwickeln uns deshalb immer mehr in eine Richtung, in der unsere Urinstinkte solche Schlagzeilen mit Handschlag begrüssen?

Falls ja, sind wir gefangen in einem Informations-Sumpf aus Sexismus, Jöismus und dem Tod.
Schlimm?
Jein.

Survival of the sexiest headline

Die BBB-Theorie hat ihre Wurzeln in den grundlegenden Faktoren unserer Evolution: Fortpflanzung, Beschützerinstinkt und Gefahr.

Die entscheidende Rolle spielt hier nicht, wie sehr die BBB-Theorie zutrifft. Das Bewusstsein über die Themenwahl in den Medien und wie sie uns beeinflusst, vielleicht auch einschränkt, sollte aber geschärft werden. Schliesslich bewegen wir uns heute fast den ganzen Tag in einer Welt, die uns mit wichtigen Informationen zu Kami-Katzen, Undercover-Vogel-Agenten und ähnlichem füttert. Es gilt “Survival of the sexiest headline”.

BBB Bingo!

Ob du, lieber Leser, “Büsi, Bomben und Brüste” einfach in deinen Wortschatz aufnimmst, es dir hinter die Ohren schreibst, dir auf den Arsch tätowierst oder deine Freunde zum abendlichen Nachrichten-BBB-Bingo einlädst, überlassen wir dabei dir. Und kommen auch gerne vorbei.

Kritik
von Anna Kreidler und Isabelle Schwab

Idee und Konzept

Wie im Text erwähnt, schien uns der Begriff „Büsi, Bomben, Brüste“ (noch) nicht genug im allgemeinen Wortschatz der Gesellschaft vertreten. Und irgendwie liess uns das nicht in Ruhe.

Den meisten ist bewusst, welche Themen im groben die Medien beherrschen, aber diese Theorie bringt es so simpel und mit einem wissenden Grinsen auf den Stockzähnen auf den Punkt, dass wir die Chance nicht an uns vorbeiziehen lassen konnten. Im Text wollten wir auf das Thema/die Problematik aufmerksam machen, sie ohne einen erhobenen Zeigefinger vermitteln. Die Illustrationen sollen zeigen, wie, zum Teil, absurd solche Begriffe in den Medien ihren Platz finden und sich in unseren Suchergebnissen einnisten.

Prozess

Wir sind erst in der Recherche auf den von Kurt Imhof geprägten Begriff „Blut, Busen, Büsi“ gestossen. Es wäre vorteilhaft gewesen, wenn wir vor dem Projekt abgeklärt hätten, wer sich auf welche Art schon mit dem Thema befasst hat. So waren wir schon zu einem grossen Teil an unsere eigenen Spielregeln gebunden: Wir suchten online nach den Begriffen Büsis, Bomben, Brüste verbunden mit den neuen Medien.

Wir entschieden uns daher, unsere Entdeckung in den Text einfliessen zu lassen uns aber nicht vom „Büsi, Bomben, Brüste“-Pfad abbringen zu lassen (unter anderem, weil es einfach sexyer klingt - und so funktioniert das ja, in den Medien).

Die Illustrationen beanspruchten unerwarteter Weise mehr Zeit als der Text. Schwierig war es, die Schlagzeilen auf eine humoristische Art zu visualisieren ohne ihren Sinn gänzlich zu verändern. Dazu kamen mehrere Entwürfe und immer wieder ein Verwerfen der Ideen, bis wir schliesslich zum aktuellen Endergebnis kamen.

Daraus gelernt

Haben wir, dass jedes Projekt eine separate Vorbereitungsphase beansprucht, sei es noch so banal und simpel. Gibt ja auch Gründe, weshalb es die Darwin-Theorie nicht 20 Mal gibt. Weiter würden wir die Aufgaben noch stärker in Text und Illustrationen teilen, bei beiden wurde der Stil im Prozess etwas gebrochen, weil wir beide daran gearbeitet haben. Der Text wurde dann entsprechend überarbeitet. Bei den Illustrationen sind hingegen die beiden unterschiedlichen Stile noch klar zu erkennen.

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