von Sebastian Klinger, Johannes Thüring, Jonathan Jäggi, Tobias Imbach, Yasmine Sihite, Mirjam Ramseier und Luca Steiner
Konzept
„Luisa“ ist das Finale. Hier kommen alle Fäden zusammen, hier wird alles aufgelöst. So lauteten die Anforderungen beim Schreiben des Drehbuchs. Die Trilogie musste mit einem Knall enden. Uns machte es sehr viel Spass, die dritte Episode zu konzipieren, da es nun endlich zur Sache ging. Sie ist mit Abstand die aufwendigste und actionreichste Episode, unter anderem wegen der vielen Locationwechsel und der anziehenden Spannungsschraube, die sich dann in entfesselte Action entlädt.
Im dritten Teil einer Trilogie entfaltet sich das ganze Potential der geteilten Episodenstruktur. Der dritte Akt ist stets der Spannendste – so auch bei uns. Während die ersten beiden Episoden in das Geschehen einführten und die Heldenreise begannen, steuert dieser Held nun auf die unausweichliche Konfrontation zu. Dies auf Papier zu bringen war sowohl herausfordernd als auch spassig, die Umsetzung umso herausfordernder und spassiger.
Produktionsprozess
Nach der erfolgreichen Realisierung zweier „Cassian“-Episoden hatten wir unseren Workflow für die Postproduktion gefunden. Einerseits war es beruhigend, aus der Erfahrung zu schöpfen, andererseits wurde der Produktionsprozess repetitiv, da wir alles bereits zweimal durchgespielt haben. Die Gefahr lag also darin, Ermüdungserscheinungen zu zeigen und das Projekt nicht mehr mit demselben Elan abzuschliessen, mit dem man es begonnen hat. Dieser Gefahr mussten wir aktiv entgegenwirken, und so hatten wir bereits während der Finalisierung der zweiten Episode einen ersten Rohschnitt von „Luisa“.
Die Fülle an Schulprojekten, die gleichzeitig viel Zeit in Anspruch nahmen, zwang uns aber, getrennt voneinander zu arbeiten. So konzentrierte sich Sebastian auf den Schnitt, während Johannes alles Organisatorische übernahm und die Premiere aus dem Boden stampfte. Tobias und Jonathan wiederum wendeten sich der Musik zu. Die Aufgabenteilung machte Sinn, doch aufgrund der fehlenden Zeit gingen wichtige Schritte komplett unter. So vernachlässigten wir stark das Marketing, das bei der ersten Episode noch mit Pressemitteilungen sowie Radio- und Zeitungsbeiträgen ein wichtiger Teil des Prozesses war. Nun aber waren wir vermehrt auf Social Media aktiv und liessen die anderen Medien aussen vor.
In der Postproduktion gingen wir vor wie immer: Rohschnitt, Feinschnitt, Integrierung von Visual Effects, gleichzeitig Komponieren des Soundtracks, dann Sound Design und schliesslich Color Grading. Nach drei Episoden sind die Abläufe mittlerweile mehr als bekannt, es muss eher aufgepasst werden, dass durch die Wiederholungen keine Langeweile aufkommt.
Reflexive Betrachtung des Endprodukts
Die Episode „Luisa“ gefällt uns sehr. Sie ist mit Abstand die komplexeste, dichteste und spannendste aller Episoden. Auch die Action kommt hier nicht zu kurz. Es machte Spass, sie zu drehen, es machte Spass, sie zu schneiden. Insbesondere der Prolog, der Cassian als jungen Ermittler zeigt, entspricht unserer Vision eines dramatischen Blicks in die Vergangenheit. Einmal mehr überzeugte unser Schauspieler Patric Gehrig auf ganzer Linie – mitunter das, worauf wir am meisten stolz sind bei diesem Projekt. Die Schauspieler. Es spricht ungemein für „Cassian“, dass Schweizer Schauspielgrössen wie Beat Schlatter oder Gilles Tschudi für uns ihr Können zum Besten geben. Die Zusammenarbeit mit den beiden Stars befruchtete die Zusammenarbeit sehr, und beide überraschten uns mit ihrer Bodenständigkeit. Ihre Auftritte sind kurz, derjenige von Gilles sogar bloss 30 Sekunden lang. Und doch machen solche Kleinigkeiten einen Film wie diesen aus. Hingegen können andere Kleinigkeiten einen Film grausam hinunterziehen – wie beispielsweise Yolandas Perücke, die unser Hassobjekt N°1 der dritten Episode ist. Nie hätten wir gedacht, dass es so schwierig sein könnte, eine schöne rote Perücke aufzutreiben. Es sollte uns schliesslich auch nicht gelingen, worauf wir nicht gerade stolz sind.
Trotz Verwendung dieser ungeliebten roten Perücke sind wir sehr zufrieden mit dem Showdown hoch oben in den Bergen – Achtung Spoiler! Die monatelange Arbeit lief auf diesen einen Drehtag hinaus, der unser zweitletzter Drehtag war (am selben Abend schnitt sich Patric die Haare für die Rückblenden am nächsten Tag). Alle Fäden liefen an diesem Ort zusammen, und es kam zur finalen Konfrontation zwischen Cassian und seinem Widersacher. Es stimmte einfach alles, das Wetter, die Darsteller, die Gewissheit, dass hier Grosses entsteht. Und wenn als letzte Einstellung die Drohne vom gebrochenen (und erlösten?) Cassian und seiner Marionette Yolanda wegfliegt, offenbart sich die ganze Symbolik in einem letzten Augenblick: der Protagonist, zerrissen, unbedeutend, während die Berge, ruhig und beständig, drohend ihre Schatten auswerfen, dazu die untergehende Sonne, ein Symbol für den Hoffnungsschimmer, den Cassian in sich trug. Ein Schlussbild, das in Erinnerung bleibt. Es schliesst auch den Kreis zum allerersten Bild der ersten Episode, wo ebenfalls ein gewaltiges Bergmassiv zu sehen ist und die Welt der Menschen so unbedeutend wirkt. Genau so haben wir uns den Schluss von „Luisa“ vorgestellt. Unsere Crew, die Schauspieler und der Ort haben uns ermöglicht, unsere Vision so umzusetzen, wie sie fünf Monate früher in unsere Köpfe gelangte.
Lessons learnt
Trotz allem gibt es Sachen, die wir nächstes Mal anders machen würden. So müsste man die Aufgabenteilung strikter angehen und im Vornherein sagen, wer wofür zuständig ist. Es gab Situationen auf dem Set, da waren bis zu acht Crewmitglieder hinter der Kamera, und trotzdem fehlte jemand für eine ganz spezifische Aufgabe. In solchen Situationen mussten dann immer Kompromisse eingegangen werden – und wir stehen überhaupt nicht auf Kompromisse. Eine Lösung wäre eine Verstärkung der Crew über den harten Kern von uns sechs hinaus. Bald wird dann aber eine Budgeterhöhung die Folge sein, da wir nicht alle unentgeltlich für uns arbeiten lassen möchten.
Ganz wichtig wäre auch, eine Person nur mit dem Marketing zu beauftragen. Dieses wird ansonsten viel zu schnell vernachlässigt. Diese Person sollte sich darum kümmern, dass das Publikum, sowohl online als auch offline, stets informiert ist und das Projekt mit Interesse verfolgt. Dazu gehören laufende Social Media-Einträge, Website-Aktualisierungen oder Pressemitteilungen. Nur so wird gewährleistet, dass das Projekt stets präsent bleibt und es ein grosses Publikum erreicht.
Zweite gelernte Lektion: Wir werden nie mehr eine rote Perücke verwenden. Punkt.
Fazit zum Projekt „Cassian“
Wir sind mit dem Projekt „Cassian“ an einem Punkt angelangt, an dem wir sagen können, dass wir erfolgreich eine Mini-Serie in Graubünden realisiert haben. Trotz des begrenzten Budgets, der begrenzten Zeit und der begrenzten Professionalität schufen wir etwas Grenzenloses: Ein Werk für die Ewigkeit, jede Menge Erfahrungen und Freundschaften fürs Leben. Das kann uns niemand mehr nehmen.