Charakter Animation mit dem AfterEffects Puppet Tool

Indianer_front

Charakter erschaffen
Um irgendetwas animieren zu können brauchen wir einen Charakter. Hier ist es wichtig, dass dein Charakter geeignet ist für eine 2D Animation. Das heisst, du sollst deiner Fantasie zwar freien Lauf lassen, aber beschränke dich auf das Wesentliche und halte deine Figur vor allem zu Beginn so einfach wie möglich. Denn du wirst sie noch einige Male zeichnen müssen. Arbeite mit einfachen Formen und noch ohne Farbe. Fast alle bekannten 2D Charakter sind, wenn man sie auf ihre Basis bricht, aus wenigen geometrischen Figuren aufgebaut.

Hast du deinen Charakter gefunden, geht es darum, eine Rundumansicht zu schaffen. Diese besteht aus mindestens vier Charakterpositionen: Vorne, Halbschräg, Seite und hinten. Am einfachsten geht dies, wenn du dir Hilfslinien auf dein Zeichenblatt überträgst, und so Schritt für Schritt die Rotation deiner Figur erarbeitest.

Figuren

Digitalisieren
Sobald der Charakter gezeichnet ist und deinen Wünschen entspricht, geht es darum diesen falls du ihn nicht direkt am Computer gezeichnet hast, zu digitalisieren. Hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, ich persönlich scanne die Zeichnungen am liebsten und arbeite so weiter. Du kannst sie aber z. B. auch Abfotografieren. Schlussendlich ist es egal wie dein Charakter in deinen Computer kommt, Hauptsaches er liegt schwarz auf weissem Hintergrund vor dir. Nun hast du die Möglichkeit deinen Charakter via Illustrator zu vektorisieren oder in Photoshop freizustellen. Ich gehe hier nur auf die Variante Photoshop ein.

Öffne Photoshop und importiere deinen Charakter. Nun kannst du ihn mit „Selection -> Color Range…“ Freistellen. Nun geht es darum, Arme, Beine und Körper jeweils auf eine separate Ebene zu legen, sodass wir diese später unabhängig voneinander Animieren können. Um die Arbeit in AE zu vereinfachen, geben wir allen Ebenen den entsprechenden Titel und bewahren uns so vor zusätzlicher Verwirrung im Animationspart. Speichere deinen Charakter als .psd ab.

Indianer_parts

Grundlagen der Bewegung
Jetzt könnten wir eigentlich mit der Animation beginnen, doch um eine wirklich funktionierende und glaubwürdige Bewegung zu schaffen müssen wir uns kurz mit den Grundlagen der Bewegung auseinandersetzen. Objekte Bewegen sich weil eine Kraft auf sie einwirkt und sie bewegen sich solange in diese Richtung bis eine weitere Kraft dagegen oder in eine andere Richtung wirkt. Wirkt sie dagegen bremst das Objekt, wirkt sie in eine andere Richtung wechselt auch das Objekt seine Richtung. Was heisst das konkret?

First Law of Motion
Second Law of Motion
Third Law of Motion

Ich zeige euch wie ihr euer Charakter zum Laufen bringt. Auch hier gibt es nochmals einige wichtige Basics, um die Bewegung so echt wie möglich aussehen zu lassen. Für unsere Animation arbeiten wir mit drei grundlegenden Bewegungspositionen.

Sequence 013pos

Was Machen die Beine beim Laufen?
Die Beine bewegen sich nicht einfach Hin und Her, sondern sie bewegen sich in einem Halbkreis.

Was machen die Arme?
Die Arme bewegen sich während dem Laufen genau entgegen den Beinen. Ist das linke Bein vorne, so muss der linke Arm hinten sein und umgekehrt.

Wie bewegt sich der Körper?
Der Körper bewegt sich nicht einfach auf einer Line nach vorne, sondern versucht leicht nach vorn gebeugt die Bewegung auszulösen und bewegt sich beim Laufen Auf und Ab. Der Kopf deines Charakters bewegt sich während dem Laufen wie ein auf und abspringender Ball.

Die ersten Schritte deines Charakters
Wir sind endlich soweit und können loslegen. Öffne AE und importiere alle Layer deiner .psd Datei einzeln und zieh sie in deine Komposition. Zuerst skalieren und positionieren wir die Figur etwa in der Mitte der Komposition. Dafür kannst du alle Layer Markieren und mit dem Shortcut „s“ Skalieren und mit „p“ positionieren. Ist alles an seinem Platz und ungefähr in der gewünschten Grösse, kannst du die Layer in eine eigene Komposition legen. Dafür markierst du wieder alle Layer und wählst mit Rechtsklick „pre-compose“. Durch Doppelklick auf die so entstandenen Komposition kannst du diese öffnen. Hier werden wir nun den Bewegungsablauf animieren. Wähle dafür das Puppet-Tool und setze Gelenkpunkte da wo auch deine Gelenke sind. Dies musst du für jedes Layerelement einzeln machen.

Hast du das gemacht, bewegst du deine Figur nacheinander in die drei Bewegungspositionen und setzt jeweils ein keyframe. Schon bewegt sich deine Zeichnung. Nun musst du noch die x Position entsprechend der Geschwindigkeit deiner Gehbewegung anpassen und voila, dein Charakter macht die ersten Schritte.

Kritik
von Luca Steiner und Gabriel Erismann

Idee / Ziel

Der Indianer Charakter aus dem Tutorial, ist im Produktionsrahmen eines ÖKK Werbespots entstanden. In diesem Spot zeichnet ein Kind einen Indianer, der dann zum Leben erwacht und vom Blatt läuft. Das Kind wird sozusagen zum Indianer.

Unser Ziel war es, möglichst authentisch die Kinderzeichnung dynamisch zum Leben erwecken zu lassen.

Workflow

Für den Rohschnitt blieb uns, aufgrund der Deadline des Projektes relativ wenig Zeit. So wurde das Ganze in zwei Nachtschichten umgesetzt. So zu arbeiten, sind wir uns jedoch als Team schon gewohnt.

Selbstkritik

Ob 2 oder 3D Animation ist eine aufwendige und Nerven strapazierende Sache. Trotzdem bestand immer der Reiz, erste Schritte in dieses Terrain zu wagen. Grundsätzlich sind wir zufrieden mit den einzelnen Bewegungsabläufen. Was jedoch nicht so gelang, war die Drehung des Indianers. Diese ist zu Ruckartig und trotz langem tüfteln konnten wir keinen weg finden, den Indianer flüssiger zu drehen. Seit meinen Anfängen im Animationsbereich achte ich mich wesentlich aktiver auf Bewegungsflüsse und überlege mir wie eine Bewegung funktioniert. Danach muss man sich bewusst werden, wie man diese geometrisch darstellen lässt. Nur so kann diese dann Animiert werden. Dies ist ein wirklich zentraler Punkt. Jemand der seinen Charakter zum leben erwecken will, muss sich mit Bewegungsabläufen auskennen und einige kleine Details beachten, die den Charakter von steifen Bewegungen zu lebendigen, flüssigen Animationsabläufen bringen.

In einem nächsten Schritt werden wir diese Bewegungsgrundlagen in der 3D Welt ausprobieren.

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