Der Auftrag

Bis dass der Tod euch scheidet – bei den meisten Menschen wecken diese Worte Erinnerungen an den schönsten Tag ihres Lebens. Für Viola jedoch sollten sie eine ganz neue Bedeutung erhalten: Als die junge Polizistin an einem Septemberabend nach Hause kam, ahnte sie bereits, dass ihre Ehe nicht den sicheren Hafen darstellte, wie sie sich dies bei ihrer Hochzeit erhofft hatte. Und schon bald sollte sie herausfinden: Unter stillen Wassern lauern oft die dunkelsten Abgründe.

“Man ist glücklich verheiratet, wenn man lieber heimkommt als fortgeht.” Dieses Zitat des deutschen Schauspielers Heinz Rühmann traf lange Zeit auch auf mich zu: Ich kam stets gerne nach Hause. Die Arbeit bei der Polizei führte mich oft in gefährliche Situationen, und ich war froh, nach einem anstrengenden Tag die wohltuende Nähe meines Mannes spüren zu dürfen.

In den letzten Monaten jedoch schlichen sich allmählich Zweifel in mein Leben: Weshalb kam Martin oft so spät nach Hause, ohne mich vorher anzurufen? Früher hatte er sich immer bei mir gemeldet, wenn die Arbeit länger gedauert hatte. Und was waren das für seltsame Männer, mit denen ich ihn manchmal auf der Strasse vor unserem Haus sprechen sah? Sie trugen dunkle, braungelbe Anzüge und violette Hüte, wie in einem Gangsterfilm.

Gangster

Meine Fragen blockte er ab. Das seien Freunde, Kumpels mit denen er noch was trinken gewesen sei. Er gehe jetzt öfters in die Bar, ein Mann müsse schliesslich seine Kontakte pflegen. Deshalb könne er auch nicht immer frühzeitig nach Hause kommen. Ich war schon zweimal nach Feierabend in dieser Bar. Meinen Mann habe ich nie angetroffen.

Ein Tag im Herbst sollte alles ändern. Erschöpft von der Arbeit freute ich mich darauf, mit meiner besten Freundin Tina auf die Abgabe ihrer Diplomarbeit anzustossen. Doch bereits als ich Zuhause ankam, machte sich ein seltsam beklemmendes Gefühl in mir breit. Ich hatte die dunkle Vorahnung, dass bald etwas Fürchterliches geschehen würde. Und wie sich herausstellen sollte, dies zu recht.

Die Rachegötter schaffen im Stillen, das wusste schon Schiller. Deshalb ging ich nach den Geschehnissen in der Tiefgarage nicht gleich zu meinen Vorgesetzten. Ich verstaute die Leiche des Killers in seinem Kofferraum und stellte sein Auto auf einen leeren Parkplatz. Sein Telefon steckte ich ein. Dann fuhr ich mit meinem eigenen Wagen nach Hause. Sie würden ihn bald finden, doch bis sie von der Kugel in seinem Hals auf mich schliessen konnten, werden noch einige Stunden vergehen. Ob Martin bereits ahnte was los war, als sein Anruf unbeantwortet blieb? Ich musste rasch handeln. Zuhause angekommen schrieb ich mit dem Telefon des Killers meinem Mann eine Nachricht. Der Auftrag sei ausgeführt, und er solle sich in einer halben Stunde mit mir am Hafen treffen. Zwischen den Fischcontainern, wo uns niemand sehen wird.

Dann ging ich in die Garage, holte Klebband und ein Gartenschere. Ich wollte meinen Mann bald der Polizei übergeben. Aber zuvor sollte er noch ein wenig leiden.

Poster_der_Auftrag

Kritik
von David Guidali, Manon Dahmen und Aline Gsell

Die Idee

Ein kleiner Actionthriller
Da wir im Studium in den meisten Fächern hauptsächlich dokumentarische oder marketingspezifische Filme anfertigen, erschien uns Digezz als die perfekte Plattform, wieder einmal eine fiktive Geschichte zu verfilmen. Nachdem wir (Aline Gsell und David Guidali) im letzten Semester bereits einen kurzen Horrorfilm “Wendigo” erfolgreich umgesetzt hatten, wollten wir diesmal das Genre wechseln und einen kleinen Actionthriller drehen. Leider stand uns Lucia Plaen in diesem Semester aufgrund ihres Auslandaufenthaltes nicht zur Verfügung, glücklicherweise konnten wir jedoch Manon Dahmen zur Mitarbeit bewegen, welche sich auch gleich dazu bereit erklärte, die Hauptrolle in unserer Geschichte zu übernehmen.

Was wir lernen wollten
Unser Ziel bestand darin, möglichst unsere Kenntnisse im Bereich des filmischen Erzählens zu verbessern und auch anspruchsvollere Szenen wie eine Verfolgungsjagd und eine kurze Schiesserei drehen zu können. Wir wollten herausfinden, wie weit wir mit einem kleinen Team aus drei Leuten und begrenzten technischen bzw. finanziellen Möglichkeiten gehen können. Ein wichtiger Punkt war zudem, dass wir diesesmal möglichst viele verschiedene Drehorte und die dadurch erzeugten Stimmungen in unserem Film haben wollten.

Das Konzept

Von der Idee zum Storyboard
Nachdem das Team feststand, zögerten wir nicht lange und machten uns an die Ausarbeitung des filmischen Konzepts und die Erstellung eines Storyboards. Jedes Teammitglied liess dabei seine Ideen und Anregungen einfliessen und es wurden einige Diskussionen bezüglich der Umsetzung der Geschichte geführt. Eine weitere Schwierigkeit war zudem, dass wir zwar Ideen im Überfluss hatten, stets aber im Hinterkopf behalten mussten, was wir überhaupt mit unseren Möglichkeiten innerhalb der doch relativ kurzen Zeitspanne eines Semesters umsetzen konnten.

Die Geschichte

Unser Film sollte im Kern eine klassiche Krimigeschichte darstellen in der ein Killer versucht eine Frau zu ermorden. Folgende drei Konzepte des Storytellings waren uns dabei wichtig:

1. Drei Anläufe
Ein bekanntes und oft verwendetes Konzept - vor allem auch im Film Noir - ist das “dreimalige Scheitern”. Der Protagonist eines Films scheitert hierbei stets dreimal beim Unternehmen einer Handlung. Auch in unserem Film sollte der Killer drei Versuche unternehmen, die Hauptdarstellerin zu töten.

2. Suspense
Die durch Alfred Hitchcock bekannt gewordene Erzählart, bei der der Zuschauer stets mehr weiss als der Protagonist des Films, sollte auch bei uns eine wichtige Rolle spielen. Sie sieht der Betrachter des Streifens z.B. dem Killer bei seinen Mordanschlags-Vorbereitungen zu, von denen die Hauptdarstellerin des Films zu diesem Zeitpunkt noch nichts weiss.

3. Konvergenz
Unser Film und Digezz-Beitrag sollten eine konvergente Einheit bilden, wobei die Story des Films durch den Digezz-Beitrag eingeführt und erweitert wird. Indem sowohl im Film wie auch im dazu geschriebenen Beitrag einige Dinge nur angedeutet werden (z.B. das Motiv des Ehemannes oder die Männer in den langen Mänteln) sollte der Beitrag zudem ein wenig mysteriös bleiben. Das offene Ende lässt zudem eine Fortsetzung zu.

Planung und Aufgabenteilung

Nebendarsteller und Drehorte finden
So früh wie möglich mussten die nötigen Nebendarsteller und Drehorte verpflichtet werden. Zu unserem Glück erklärten sich rechtzeitig genügen Freunde bzw. Freundinnen dazu bereit, bei uns mitzumachen. Die Suche der Drehorte war etwas schwieriger: Im Sunshine Pub in Chur mussten wir zuerst abwarten, bis wir die Dreherlaubnis bekamen und ein Dreh auf einem Parkdeck im Churer Westviertel war leider aufgrund der ungünstigen Öffnungszeiten nicht möglich, so dass wir in der Tiefgarage im City-West Zentrum drehen mussten. Auch mussten wir für die Verfolgungsjagd eine geeignete Strasse finden, auf der trotz angemessener Beleuchtung zu später Stunde wenig Verkehr herrschte.

Aufgabenverteilung
Die Aufgabenverteilung war klar: Während des Drehs stand die meiste Zeit Manon Dahmen vor und David Guidali und Aline Gsell hinter der Kamera. Abklärungen bezüglich möglicher Drehorte und benötigter Technik wurden gemeinsam durchgeführt. Die Nachbearbeitung des Filmmaterials wurde folgendermassen geplant: Jede Person des Teams fertigte einen eigenen Rohschnitt des Materials an, diese drei Rohschnitte wurden anschliessend diskutiert und die jeweils besten Ideen in den finalen Schnitt übernommen. Anschliessend kümmerte sich David Guidali um den Ton, Manon Dahmen um das Color Grading und Aline Gsell um die Spezialeffekte im Film.

Der Dreh

Der eigentliche Dreh dauerte insgesamt viereinhalb Tage, jeweils ein Tag für eine Location (Villa in Steckborn, Sunshine Pub, Verfolgungsjagd auf der Strasse, Szene in der Tiefgarage) sowie einen halben Tag für die Szene im Coop. Obwohl die Nerven aller Teammitglieder und Nebendarsteller oftmals stark strapaziert wurden und ein kleiner Schockmoment, verursacht durch einen Unfall von Aline Gsell, die beim Dreh der Verfolgungsjagd vom Skateboard fiel und sich dabei an der Hand verletzte, waren die Szenen schlussendlich vollends im Kasten. Glücklicherweise war das Wetter uns stets gnädig gesinnt. Ebenso konnten wir von Glück reden, dass wir die Dreherlaubnisse für die Villa in Steckborn, das Sunshine Pub, die Tiefgarage und den Coop erhalten haben.

Nachbearbeitung

Schnitt
Wie bereits erwähnt, fertigte jedes Teammitglied seinen eigenen Schnitt an. Anschliessend wurden diese besprochen und gemeinsam zu einem letzten finalen Schnitt “verschmolzen”. Dieser wurde fortan nur noch minim aufgrund der Spezialeffekte und Tonanpassungen verändert.

Ton
Die Auswahl von Musik und Soundeffekten war eine grosse Herausforderung. Durch die unterschiedlichen Szenen und Stimmungen im Film mussten diverse verschiedene Musikstücke gefunden und entsprechend angepasst / gemixt werden. Ziel war es, die ruhigen und “relaxteren” Szenen mit smoothen Jazzklängen zu unterlegen und in den schnelleren, düstereren Szenen auf technoide Beats und finstere Ambient-Strings zurück zu greifen. Die Musik sollte zudem das Suspense-Element des Films unterstützen und somit z.B. durch das frühzeitige Dröhnen der Motoren das Heranbrausen des Autos des Killers vorwegnehmen. Da die am Set aufgenommenen Soundeffekte sich leider als grösstenteils unbrauchbar herausstellten, mussten auch hier noch entsprechende Dateien gefunden werden. Die wenigen kurzen gesprochenen Sätze des Films wurden zudem nach dem Dreh nochmals separat aufgenommen.

Color-Grading
Die Farbanpassung gestaltete sich als etwas knifflig. Die Anfangsszenen sollten mit einem leichten goldton (gelbstich) versehen werden, um Geborgenheit und Wärme auszustrahlen. Somit wurden auch die Drehorte gemäss einem geblichem Licht, sorgfältig, für die passende Atmosphäre ausgewählt. Danach wechselt die Stimmung in einen bläulichen Farbton. Dieser Wechsel deutet auf den Beginn der Actionszene und “eiskalten Handlungen” hin. So sieht man eine Farbveränderung ab der Szene im Coop und einen deutlich kühleren Ton in der Tiefgarage. Hier liessen sich die Farbanpassungen einfach gestalten. Die Szenen im Goldton wie in der Bar und bei Viola Zuhause enthielten jedoch einen hohen Rotanteil und machten es somit sehr schwer einen schönen Gelbstich beizubehalten. Durch die hohe Reduktion von Rot wurde das Bild plötzlich Grün. Das Aufhellen der dunkleren Szenen in der Bar kreierte ein bläuliches Bild und Rauschen. Es dauerte eine Zeitlang bis ein Mittelweg gefunden war um die verschiedenen Bilder einigermassen gleichmässig anzupassen.

Special-Effects
Das Erstellen der Special Effects bedeutete eine lange Suche nach geeignetem und kostenlosem Filmmaterial. Die meisten Anbieter im Netz verlangen für ein paar wenige Footages saftige Preise. Sobald diese aber gefunden waren, war das Produzieren der Animationen mit Adobe After Effects eine angenehme Arbeit. Die visuellen Effekte bei den Schüssen waren rasch eingefügt und haben zusammen mit dem Ton eine starke Aussagekraft. Einzig die Special Effects im Parkhaus bei den Einschusslöchern an der Säule, waren schwierig und bedeuteten mehrere Stunden Arbeit. Da wir beim Filmen auf ein Stativ verzichtet haben, wackeln einzelne Shots etwas. Die Animationen so einzufügen, dass sie nicht aufgeklebt und realisitisch wirken, war eine langwierige aber sehr wichtige Aufgabe.

Fazit

Lessons learned
Dies war sicher eines der lehrreichsten Projekte unserer bisherigen Studienzeit, einerseits, da wir doch als kleines Team uns recht viel vorgenommen hatten und alles selbständig organisierten und durchführten und andererseits, da wir doch einige schwierige Hürden zu bewältigen hatten. Folgende Punkte bleiben uns besonders im Gedächtnis:

  1. Nebendarsteller und Drehorte müssen unbedingt so früh wie möglich gefunden werden und definitiv feststehen. Dies ist sicher eine der grössten Herausforderungen als Student, da man seinen Drehpartnern bzw. den Besitzern einer Örtlichkeit nicht viel als Gegenleistung anbieten kann.
  2. Man muss flexibel sein. Es kann immer vorkommen, dass der Dreh an einem Ort nicht möglich ist, die Technik nicht funktioniert oder ein Drehpartner abspringt. In diesem Fall muss man schnell reagieren können und evtl. sogar das Storyboard nochmals auf die neuen Verhältnisse anpassen.
  3. Ton am Set aufnehmen. Wenn möglich, sollten so viele Soundeffekte wie möglich gleich beim Dreh aufgenommen werden. Ein Nachträgliches Finden und Einfügen von Soundeffekten ist oftmals schwierig. Ebenso das lippensynchrone Nachsprechen von Text.
  4. Nerven bewahren, Pausen machen. Lange Drehtage sind für alle Beteiligten ermüdend, genügend Nahrung und Pausen sind deshalb sehr wichtig.
  5. Nebendarsteller und Helfer miteinbeziehen: Nebendarsteller und Helfer sollten auch in den Filmprozess miteinbezogen werden. Sie haben oftmals einen speziellen Blick auf eine Szene und können wichtige Inputs liefern.

Kritik

Selbstverständlich ist unser Film keineswegs perfekt: Es gibt einige Plot-Holes (Warum geht Viola einfach so fröhlich aus der Bar, nachdem jemand vergiftet worden ist?) und die Szenen in der Nacht sind ziemlich dunkel bzw. rauschen ein wenig, da wir hier hohe ISO-Werte verwenden mussten. Einige Schnittfolgen verletzen zudem stark die 180Grad-Regel, bei der entsprechende Achsenverschiebungen beim Filmen vermieden werden sollten. In Anbetracht unserer Möglichkeiten und unseres Zeitdrucks - wir konnten einige Szenen nur an bestimmten Tagen drehen - sind wir aber mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Summary

Wir sind glücklich, dieses herausfordernde Projekt schlussendlich doch gemeistert zu haben. Auch wenn selbstverständlich noch viel Potenzial nach Oben vorhanden ist, haben wir das Gefühl sehr viel während unserer Arbeit am Projekt gelernt zu haben und das Gelernte gut in zukünftigen Projekte anwenden zu können.

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