Desk. Music.

Die Arbeit ruft, es gibt eine Menge zu tun. Nicky ist gestresst und hätte am liebsten ein wenig Abwechslung in ihrem Job. Unmotiviert rappelt sie sich auf und versucht, den riesigen Stapel zu bearbeiten. Plötzlich stellt sie fest, dass die Gegenstände auf ihrem Schreibtisch eigentlich gar nicht so schlecht klingen…

Wer kennt ihn nicht? Den klassischen Büroalltag. Stress und Langeweile sind nah beieinander. Aus beiden Situationen kann man sich aber ganz einfach retten: Mit «Desk Music». Man nimmt zum Beispiel ein Lineal für die Melodie oder ein Gümmeli für den Bass und schon kann man daraus Musik machen.

Auch Nicky realisiert dies: Aus den verschiedenen Klängen rund um ihren Schreibtisch entsteht plötzlich eine Melodie. Mit dieser im Kopf erledigt sich die Arbeit besser. Ihren Stapel bewältigt sie am Ende jedoch auf eine andere Art und Weise. Dadurch hat sie einen Song erfunden, welchen sie so schnell wie möglich verarbeiten und ihren Mitarbeitenden präsentieren möchte. Nach dem letzten Knall verlässt sie den Raum und setzt die Verarbeitungsphase ein.

Mithilfe von dem digitalen Audioprogramm «FL Studio» gelingt es ihr, die Melodie der Gegenstände festzuhalten und die Klänge zu bearbeiten. Dennoch braucht sie einige Versuche, das Audiomastering fällt ihr nicht gerade leicht. Zudem sind nicht alle Geräusche gleich gut für ein Musikstück geeignet.

Hier ein Einblick in das Audioprogramm «FL Studio»:

Durch viel Ausprobieren gelingt es Nicky schlussendlich, die simplen Geräusche in ein Musikstück umzuwandeln. Und plötzlich war er da – der «Nicky Mix»:

Hier gibt’s den «Nicky Mix» auch als reine Audiodatei, in diesem Sinne «Musik ab!»:

(lhu)

Kritik
von Nicole Nett

Idee & Konzept
Ich wollte schon immer versuchen, Musik aus Gegenständen zu machen, weil ich die Vielfalt der verschiedenen Klänge auf dieser Welt immer wieder faszinierend finde. Ich verfolgte das Ziel, sowohl Musiklaien als auch Musikkennern ein ganz anderes Gefühl der Musik zu vermitteln. Mein Song sollte weder Instrumente noch Stimmen enthalten. Damit war die Idee für das Digezz-Projekt da. Schnell realisierte ich aber, dass es gar nicht so einfach war, mich für eine geeignete Story zu entscheiden. Es war mir ein Anliegen, dass die Geschichte dahinter authentisch und personalisiert wirkt. Plötzlich kam der Gedanke an meine Ausbildung als Kauffrau auf. Wie wäre es, ein Musikstück zu erstellen, bei welchem der klassische Büroalltag dargestellt wird? Da ich als ehemalige KV-lerin weiss, wie es im Büro abläuft, fand ich diese Idee passend. Die «Schreibtischmetapher» hat meine Gedanken unterstützt: Die endgültige Idee kam mir nämlich, als ich auf dem Laptop den Desktop aufräumte. Die Gegenstände auf dem Schreibtisch tun dies auch nicht von selbst. Also kam der Gedanke auf, mit diesen Gegenständen zu arbeiten. Obwohl den Büroangestellten die Geräusche mehr als bekannt sind, sollten diese nun einen ganz anderen Zweck erfüllen.

Weil ich von einem Bekannten gehört habe, dass sich Geräusche gut mit FL Studio verarbeiten lassen, entschied ich mich für diese Variante. Das Ziel dabei war, dass der Zuhörer die Geräusche mit und ohne Bearbeitung zu Ohren bekommt, damit er sich ein Bild machen kann, um welche Geräusche es sich dabei handelt. Unterstützen soll dies ein Musikvideo, in welchem die fiktive Person «Nicky» das Model darstellt. Es soll einen dramaturgisch aufsteigenden Song geben: Dies bedeutet, zu Beginn des Songs werden wenige Geräusche integriert bis zum Schluss die Geräusche mit immer mehr Klängen ergänzt werden.

Vorbereitung
Ich fixierte nebst dem Konzept als erstes einen Drehtag für den Song, um die Bürogeräusche aufzunehmen. Diese wollte ich mit einem Zoom H5 Audiorekorder einfangen, denn eine gute Tonqualität der Aufnahmen war eine der wichtigsten Voraussetzungen für das Musikstück. Ebenfalls kümmerte ich mich um einen weiteren Drehtag für das Video, bei welchem mir eine Büroräumlichkeit der Stadt Maienfeld zur Verfügung gestellt wurde.

Umsetzung
Gesagt, getan. Doch wo sollte ich anfangen? Wichtig war als erstes einmal, FL Studio besser kennenzulernen. Auf den ersten Blick hat das ziemlich simpel ausgesehen. Als ich mich aber vertiefte, stellte ich bald fest, dass das Programm komplexer ist als angenommen und ich mich wohl noch einige Stunden damit befassen musste.

Musikstück
Nachdem ich verschiedenste Geräusche aufgenommen habe, fügte ich sie in das Audioprogramm FL Studio ein. Dort war es eine grosse Prozedur, die Geräusche zu mastern, weil ich das Programm noch nicht kannte. Ich verbrachte einige Zeit damit, das Programm besser kennenzulernen. Ebenfalls waren nicht alle Geräusche für die Melodie geeignet. Ich musste herausfiltern, welche Geräusche eher die Melodie oder den Beat unterstützen könnten. Ebenfalls mussten die Geräusche in die richtige Tonlage gepitcht werden. Nach einigen Fehlschlägen entstand zuerst die Melodie, dann die nötigen Unterstützungsgeräusche wie der Beat, bis letztendlich der «Nicky Mix» da war.

Musikvideo
Das wichtigste Kriterium war, dass das Video authentisch wirkt und damit den klassischen Büroalltag aufzeigt. Der Aufbau des Videos sollte dabei derselbe wie der des Musikstücks sein, also sollte auch dieses aufsteigend dargestellt werden. Deshalb verwandelte ich mich in die gestresste Nicky und versuchte visuell zu veranschaulichen, was der «Nicky Mix» dramaturgisch aussagen sollte. Nicky ist zuerst völlig gestresst und schlussendlich wieder fröhlich, weil sie sich selbst aus der Situation gerettet hat. Es brauchte einige Videotakes, um überzeugende Aufnahmen zu erstellen. Eine zusätzliche Herausforderung war es, dass alle Geräusche gut zur Darstellung gebracht wurden. Das Video soll immer eine Aufnahme auf einmal veranschaulichen. Die Sequenzen dürfen sich wiederholen, sollten aber nie angehalten werden. Die Aufnahmen vom FL Studio habe ich im Video dezent eingefügt, um das Audiomastering zu veranschaulichen. Das Musikvideo hat mehr Zeit benötigt, als ich mir anfangs vorgestellt habe – weil es eine grosse Herausforderung war, die Aufnahmen im Fluss abwechslungsreich zu zeigen und nicht zu statisch darzustellen. Zeitintensiv war auch die Bearbeitung des Ambi-Tons, weil die Kamera diesen nicht besonders gut aufgenommen hat und es aufgrund der Situation stets störende Hintergrundgeräusche verursachte. Das Video sollte dabei auch noch möglichst kurz gehalten werden, bis zum Ende spannend bleiben und nicht zu unruhig wirken. Ich kürzte das Video schlussendlich massiv, weil es zu lange gedauert hätte, jede Sequenz von einem neuen Gegenstand detailliert aufzuzeigen.

Selbstreflexion
Zuerst habe ich die Realisierung für einfach umsetzbar gehalten, bis ich das FL Studio kennenlernte. Dort wurde die Umsetzung plötzlich unmöglich, weil ich den Aufwand dahinter völlig falsch eingeschätzt habe. Als ich mich aber mit dem Programm ein wenig anfreundete, kam ich zügiger voran. Als es um das Video und damit die letzte Phase des Projekts ging, wurde der Workflow immer schneller. Nun bin ich mit meinen beiden Endresultaten, also dem Musikvideo und dem «Nicky Mix» zufrieden. Mein gestecktes Ziel habe ich erreicht, mein Schauspieltalent könnte aber durchaus noch gefestigt werden. :)

Schwierigkeiten & Learnings
Mehrheitlich hat mir das Experiment, Musik ohne Instrumente oder Stimmen zu machen, grosse Freude bereitet. Für ein nächstes Mal würde ich mir sicherlich die Zeit besser einteilen, weil ich FL Studio effektiv unterschätzt habe. Dafür lernte ich, mit stressigen Situationen besser umzugehen.

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