Don’t judge a book by its cover

Informations- und Unterhaltungsmedien können Klischees, Vorurteile und verzerrte Weltbilder fördern, bekämpfen oder verstärken. In Klatschblättern wird zum Beispiel gerne von Islamisten und Überfremdung geschrieben, in Serien sind Homosexuelle fast immer mit weiblichen Zügen dargestellt und in Filmen wird vielmals noch immer ein klassisches Rollenverständnis von Frau und Mann vermittelt. Zudem werden in den sozialen Medien oft nur oberflächliche Inhalte konsumiert.

Der Versuch, die Wirklichkeit wahrheitsgetreu abzubilden, ist fast unmöglich; man kann sich dieser höchstens annähern. Deshalb müssen die Rezipienten ein hohes Mass an Reflektionsfähigkeit besitzen, um Bilder und Informationen richtig einzuordnen. Die Bilder und Klischees, die von Medien geschaffen werden, prallen in der Realität auf echte Menschen und Begebenheiten. Beispielsweise treffen Geflüchtete auf Menschen mit Fremdenhass, obwohl sie deren Erlebnisse nur aus Nachrichten oder Filterblasen kennen und sie sich noch nie begegnet sind. Um solche generellen Vorurteile abzubauen, braucht es Begegnungsstätten oder Ansätze, wie Menschen mit unterschiedlichen Backgrounds zusammengeführt werden können. Aber wie genau könnte eine solche Begegnung aussehen?

Luzia Kühnel und Anna-Lena Then sind in ihrer Bachelorarbeit unter anderem dieser Frage nachgegangen und haben im Zuge dessen eine «Human Library» an der Evangelischen Hochschule in Freiburg durchgeführt. Die Methode «Human Library» lehnt sich an den Aufbau einer Bücherei an: Wie in einer gewöhnlichen Bibliothek gibt es Bücher, Lesende, Bibliothekare, die Ausleihe und einen Katalog. Allerdings verbergen sich hinter den «Büchern» Menschen, die statt einer erfundenen Geschichte von ihrer eigenen, persönlichen Biografie, die sich durch stigmatisierte Themen kennzeichnet, erzählen.

Wenn ihr mehr über die Methode und die «Human Library» erfahren wollt, findet ihr unsere Webdoku hier.

(fms)

Kritik
von Jakob Spörri

Idee

Vorurteile, stereotype Annahmen und Diskriminierung sind alltägliche Phänomene, die wir im Alltag selbst erfahren oder beobachten können. Zusätzlich werden wir in den Medien damit konfrontiert. Dass jeder Vorurteile gegen gewisse Dinge oder Personen(-gruppen) hat, kann niemand abstreiten. Da diese oft negative Folgen für die vorurteilsbehafteten Menschen haben, stellt sich die Frage, wie man den kognitiven Ablauf, der zu stereotypen Annahmen führt, beeinflussen kann.

Luzia Kühnel und Anna-Lena Then sind in ihrer Bachelorarbeit unter anderem dieser Frage nachgegangen und haben im Rahmen dessen eine Human Library an der Evangelischen Hochschule in Freiburg durchgeführt. Um die Methode zu erklären und den Event festzuhalten, haben sie mich gebeten, eine filmische Zusammenfassung zu machen. Ich habe ihnen zusätzlich angeboten das Projekt als Webdoku online zu stellen.

Planung

Im Vorfeld des Events mussten wir mit allen Teilnehmenden abklären, ob sie über ihre sehr persönlichen und sensiblen Erlebnisse aus ihrem Leben vor der Kamera sprechen wollen. Da sich fast alle dazu schriftlich bereit erklärt haben, dieses Vorhaben zu unterstützen, haben wir in einem nächsten Schritt Fragen für die Interviews formuliert. Im Anschluss daran habe ich dann eine Shotlist erstellt und das benötigte Equipment für den Event zusammengestellt.

Umsetzung

Am Tag der Veranstaltung habe ich vor Beginn der Interviews das Setup hierzu vor einem Bücherregal in der Bibliothek aufgebaut. Ich habe die Kamera so ausgerichtet, dass die Bücher (Personen, die von sich erzählen) links und die Lesenden rechts stehen. Dadurch konnten in der Postproduktion die Aussagen der Personen einander gegenübergestellt werden. Einen ganzen Nachmittag lang habe ich dann Interviews mit sechs Büchern und sechs Lesenden geführt. Zudem haben Anna und ich vor und während dem Event B-Roll und Gespräche gefilmt.

Postproduktion

Nach dem Event habe ich einen Rohschnitt nach den Vorstellungen von Anna und Luzia hergestellt. Dabei war ihnen wichtig, die Aussagen aus dem Filmmaterial zu bekommen, die die Thesen ihrer Arbeit stützen. In einem weiteren Arbeitsschritt hat Nadine Sommer den Feinschnitt der Dokumentation übernommen.

Webdoku

Eine wichtige Voraussetzung an die Dokumentation war, dass sie auf mehreren Kanälen teilbar ist, wie zum Beispiel der Webseite der Hochschule von Anna und Luzia. Deshalb ist Doku auf einer Microsite, die überall eingebunden werden kann. Für die Umsetzung der Mircosite habe ich das Programm Adobe Spark benutzt. Dieses Tool bietet einen begrenzten Baukasten an Funktionen, ist dafür aber intuitiv bedienbar.

Ziel der Dokumentation über den Event war es, die Methode Human Library zu erklären. Dabei sollten nicht zu sehr die persönlichen Erzählungen der Bücher im Vordergrund stehen, weil diese sehr intim und sensibel sind. In der Webdoku wird die Methode allgemein erklärt, und von Zitaten der Lesenden und Bücher sowie der filmische Zusammenfassung untermauert.

Fazit

Das interdisziplinäre Team aus zwei Studentinnen der Sozialen Arbeit, einer Kommunikationsdesignerin und mir als Multimedia Producer, war eine spannende Konstellation, in der jeder seine Stärken einbringen konnte. Zum Beispiel haben Anna und Luzia Texte geschrieben, Nadine hat mit ihrem Filmwissen geholfen und ich habe die Dokumentation der Bachelorarbeit geplant, gefilmt und die verschiedenen Inhalte, wie Texte, Bilder und das Video in der Webdoku zusammengeführt. Als Storyteller hätte ich gerne die Geschichten der einzelnen Bücher, mehr in den Vordergrund gerückt. Letzten Endes haben wir aber meiner Meinung nach einen guten Kompromiss zwischen Methodenerklärung, Projektdokumentation und den Erzählungen der Bücher hinbekommen.

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