«Ds Bänkli»

Jeder hat einen persönlichen Platz auf dieser Erde, an dem man sich automatisch wohl fühlt. Da, wo man sich erholen kann. Da, wo man seinen Liebling trifft, oder da, wo einst eine Geschichte entstanden ist.

Ein «Bänkli» zum Beispiel, hat viele Besucher. Es steht irgendwo – vielleicht sogar an einem schönen Aussichtspunkt – und ist bereit für eine neue Geschichte. So auch unser «Bänkli», das neben dem Wald steht. Wer ihm dort wohl alles begegnet?

(mm)

Kritik
von Reto Jost und Salome Brenner

Idee/Story

Wenn wir uns richtig zurückerinnern, war unsere ursprüngliche Idee, analog einen Kurzfilm zu produzieren. Nachdem wir uns aber während mehrerer kreativen Mittagspausen über Konzept, Handlung und Technik austauschten, rückte dieser Ansatz in den Hintergrund. Wir wollten einen qualitativ professionellen und schönen Kurzfilm drehen, der Geschichten verschiedener Menschen erzählt. Also konfrontierten wir uns mit der Frage, wo solche Geschichten am ehesten passieren und dachten an ein Bänkli. Es sollte aber kein 0815-Video werden, das einfach eine Liebesgeschichte erzählt. Also rückten wir das Bänkli in den Vordergrund, und das genaue Konzept erschloss sich aus diesem Punkt: Eigentlich erzählen wir die Geschichte des Bänklis, das beständig an seinem Ort steht und über die Zeit hinweg einige Geschichten zu sehen bekommt. Menschen rund ums Bänkli kommen und gehen, sie erleben eine Art von Auf und Ab. Doch in der Metaebene wird die Geschichte des Bänklis als Ort der Romantik, Ruhe, Streit, Trennung und vor allem Beständigkeit erzählt.

Um das Bänkli als „Fels in der Brandung“ darzustellen, entschieden wir uns für eine experimentelle filmische Umsetzung. Der ganze Film sollte konsequent in derselben Quadrage gefilmt werden, zwar mit Schnitten, aber ohne Perspektivenwechsel. Somit bewegen sich die Menschen – das Bänkli aber bleibt immer am selben Ort. Zusammen mit einem langsamen Schnittrythmus ergibt sich so eine bewusst entschleunigte Form des filmischen Erzählens.

Tontechnisch gesehen sollten die Dialoge zwischen den Schauspielern nicht im Vordergrund stehen: Die Handlungen sollten rüberbringen, was beim Bänkli passiert. Die Geschichten wollten wir in der Post Production mit selbst komponierter Filmmusik unterlegen, damit die Emotionen noch besser zum Vorschein kommen.

Vorbereitung und Planung

Als erstes zeichneten wir unser Storyboard, wobei die Geschichten der Menschen entwickelt wurden. Bei diesem Prozess entschieden wir uns, pro Handlung keine Schnitte zu verwenden. Die Geschichte haben wir in drei Szenen gegliedert, pro Altersklasse der Paare eine.

Wichtig war auch eine gute Location. Das Bänkli sollte an einem idyllischen Ort sein, mit guter Aussicht. Aber es musste auch genug Platz vorhanden sein, um die Kamera mit Stativ davor platzieren zu können. Schliesslich fanden wir mit dem Buchberg in Wangen eine perfekte Location.

Eine grosse Herausforderung war, passende Schauspieler für unseren Kurzfilm zu finden. Denn unsere Story erforderte drei Paare in drei Altersklassen: 18-22 Jahre, 30-40 Jahre und 60-70 Jahre. Perfekt wäre natürlich gewesen, richtige Paare vor die Kamera zu stellen, das war uns aber leider nicht möglich, weil nicht viele unserer Bekannten einfach vor die Kamera stehen wollten. Via studentfilm.ch und mit Bekannten konnten wir nach langer Suche schlussendlich alle Rollen besetzen. Auch die die Suche nach einem gemeinsamen Termin war jeweils nicht einfach, da die Schauspieler aus der ganzen Schweiz kamen, eine Schauspielerin reiste gar aus Deutschland an. Mit unserem Kompromiss, einmal eine Lektion im Studium auszulassen, hat aber auch das geklappt.

Als letzter Schritt der Vorbereitung liehen wir die Canon C100 für einen Tag aus, um uns mit den Funktionen und vor allem den Farbprofilen der Filmkamera vertraut zu machen. Da wir ein spezielles Color Grading im Sinn hatten, war dies sehr wichtig. Ausserdem war dies unsere erste Erfahrung mit einer professionellen Filmkamera.

Umsetzung

Nun ging es also los. Vor uns: Drei Drehtage, an denen es eigentlich nicht regnen durfte, denn sonst wären wir organisatorisch in einen Engpass gekommen. Glücklicherweise konnten wir jeweils ein Auto unserer Eltern nutzen, um das schwere Equipment und die Schauspieler zu transportieren. Wir planten genug Zeit ein, um zuerst unser Material zu installieren. Beim ersten Drehtag brauchten wir dafür speziell viel Zeit, weil wir da denn Bildausschnitt bestimmten, der später bei allen Szenen verwendet werden sollte.

Eine Herausforderung war auch die Platzierung des Audiorecorder (Marantz), weil wir das Stativ dafür vergessen hatten. Mit Schnur und Improvisationskunst befestigten wir den Audiorecorder schlussendlich an der Lehne des Bänklis. Für die weiteren Drehtage konnten wir einen besseren Audiorecorder (Zoom H6) und ein Stativ organisieren. Dieses Set-Up lieferte uns einen markant besseren Ton. Leider rechneten wir nicht mit den zahlreichen Ausflügern, die über Auffahrt den Buchberg ebenfalls besuchten und mit ihren verschiedenen Fahrzeugen grossen Lärm verursachten. Dies erforderte viele Takes, bis die Shots mit gutem Ton im Kasten waren.

Glücklicherweise hatten wir mit den Schauspielern keine grosse Mühe, weil sie eine super Arbeit leisteten und selbst viel mitdachten.

Equipment
Video

  • Canon C100
  • Canon EF 24-105mm

Audio

  • Zoom H6
  • Marantz PMD-620
  • Shure SM-57
  • Neumann KM-185
  • M-Audio Keystation 61 es
  • Roland Quad-Capture Interface

Post-Production

Am Anfang der Post-Production sichteten und hörten wir das Material und ordneten alles. Dann fertigten wir einen Rohschnitt an, was ziemlich zügig ging, da wir ja nicht viele Schnitte haben. Dann haben wir mit minimalen Vergrösserungen, Drehungen und Positionsverschiebungen die Shots so aufeinander abgestimmt, dass das Bänkli stets am selben Ort war. Ausserdem arbeiteten wir das erste Mal im Cinemascope-Format.

Nun ging es an die Filmmusik. Wir stellten uns die Aufgabe, die Musik selbst zu entwickeln, spielen und aufzunehmen. Das dominante Instrument war das Klavier. Dieses nahmen wir mit einem Shure SM-57 für die tieferen Töne und einem Neumann KM-185 für die höheren Töne ab. Mit einem Roland Interface zeichneten wir das Gespielte direkt in Adobe Audition auf. Um die passende musikalische Stimmung zu erzeugen, spielten wir live zum schon geschnittenen Film.
Danach schmückten wir die Klavierspur noch mit Streichern und Bässen, um der Filmmusik einen volleren Klang zu geben. Dafür liehen wir das M-Audio Midi-Keyboard aus und spielten mit Sounds der Software Reason. Die Klavier-Aufnahme und das Mixing kostete uns zwei ganze Tage.

Mit dem Color Grading gelangten wir dann zum letzten Schritt der Postproduction. Da wir mit den «C-log» Farbprofilen von Canon gearbeitet hatten, hatten wir fürs Grading ein schön neutrales Bild, das sich gut korrigieren und graden liess. Für die freudigen Szenen verwenden wir warme, blumige Farbtöne, bei Streit oder Trauer fügten wir etwas mehr Blautöne hinzu. So ergibt sich ein flüssig wechselndes Color Grading, das die Dramaturgie optimal unterstützt.

Fazit

Weil der Ton vom Zoom H6-Audiorecorder besseren Ton hergab, würden wir das nächste Mal nicht mehr mit dem Marantz-Audiorecorder aufnehmen und ausserdem das Stativ dafür nicht mehr vergessen. Zum Glück waren die Dialoge in unserem Film nicht sehr wichtig, und so konnten wir dumpfe Aufnahmen gut mit unserer Filmmusik „überschreiben“. Ausserdem mischten wir den Ton mit dem Kamera-O-Ton, was ein passables Ergebnis lieferte.

Wir waren überrascht, dass wir die Quadrage, die ja immer dieselbe sein sollte, so gut hinbekamen. Wir dachten am Anfang, dass dies eine riesige Herausforderung würde, aber wir konnten die Bildausschnitte bei kleinen Änderungen im Premiere gut und relativ simpel anpassen.

Da wir bei der Suche nach den sechs Schauspielern einen relativ grossen Stress hatten, würden wir das nächste Mal entweder früher beginnen zu suchen oder weniger Schauspieler einsetzen.

Was uns gegen Ende des Films immer mehr auffiel, war, dass er in einer sehr traurigen Stimmung endet. Das hatten wir eigentlich nicht so bewusst geplant, aber es demonstrierte uns noch einmal, was für eine starke Wirkung Filmmusik auf die Stimmung haben kann.

Auch fiel bei der Postproduction oft das Wort „kitschig“. Aber da unser Ziel war, ein cineastisches Werk herzustellen, mussten wir auf einige Klischees zurückgreifen. Das ganze Projekt war für uns einen super Start, um uns mit einer professionellen Filmproduktion auseinanderzusetzen.

Auf unser Endprodukt sind wir überaus stolz und wir freuen uns nach dieser langen Arbeit, es nun endlich präsentieren zu dürfen.

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