Electro mal anders

Für einen Bekannten haben wir in einem Club in St. Gallen Stadt für eine Nacht lang das Partytreiben gefilmt. Aus dem entstandenen Material soll ein Teaser für ihr Electro Label werden.

Eine Gruppe junger Männer möchten die Electro Welt in St. Gallen ein wenig aufmischen. Mit deepen Beats und Underground-Electro wollen sie den Partypeople von der heiligen Stadt einheizen. Wie es sich für ein wenig «andersartige» Leutchen so gehört, möchten sie nicht die kommerziellen Wege nutzen, um Besucher anzulocken. Dies möchten sie lediglich mit ihrer Musik und der Stimmung an den jeweiligen Partys erreichen. Was eignet sich in diesem Fall besser als ein kurzer Video über eines ihrer Events? Richtig 😉 Und da kamen wir dann ins Spiel. Für euch haben wir diese Erfahrung in Worte gefasst!

Vorbereitung

Ein Filmdreh wie dieser braucht nicht viel Vorbereitung. Man weiss ja nie genau, was einem im Club genau erwartet, deshalb ist es auch nicht wirklich sinnvoll, ein ausgereiftes und detailliertes Konzept zu erstellen. Für das Filmen waren Marco und ich (Nina) zuständig. Wir haben uns also auf folgende Aktionen geeinigt, die unbedingt aufgenommen werden müssen:

  • jeder DJ, welcher an diesem Abend auflegt
  • Stimmungsbilder
  • Draussen
  • Drinnen
  • Bar
  • Gäste
  • Deko, Raum

Tankstelle

Um all diese Dinge filmen zu können, mussten wir mit dem Veranstaltungsort, die Tankstelle (nein es war nicht in einer Tankstelle, der Club heisst so ;D), Kontakt aufnehmen. Diese waren mit dem Dreh einverstanden und die DJ’s übernahmen die Verantwortung für den Dreh. So waren dann auch alle Rechte abgeklärt und wie die Gäste dann auf die Kameras reagieren würden, konnten wir ja ohnehin nicht wissen. Wir gingen bezüglich dieses Themas mit der Einstellung an die Sache, dass mit ein wenig Gefühl und Menschenkenntnis schon klar wird, wer nicht gerne gefilmt wird und wer schon.

Vom Material her, war dies ebenfalls nicht einer dieser Drehs, bei dem man circa drei Autos mit Equipment füllen muss. Philipp Becker und ich haben beide schon mal in einer ähnlichen Situation gefilmt und da haben wir uns für die Videojournalisten-Kamera/Canon XF100 der HTW entschieden. Damals waren wir ziemlich zufrieden mit den gemachten Aufnahmen, also dachten wir, dieses Mal wird es auch klappen. Zur Sicherheit haben wir aber noch meine Canon 70D mit eingeplant. Licht wäre in einem Club natürlich nicht so erwünscht, deshalb haben wir uns nur für ein simples Headlight entschieden. Mehr brauchten wir für den Dreh nicht, der Ton spielte keine Rolle, also haben wir kein Mikrofon aufgetrieben.

Dreh

Location

Die Zeit des Drehbeginns war circa um 23.00 Uhr. Als wir im Club ankamen, waren noch nicht viele Gäste da, was aber in der Electro Szene zu erwarten war. Wir machten uns mit den DJ’s bekannt und nahmen schon mal einige Stimmungsaufnahmen auf und testeten die Kameras ein bisschen aus. Schnell wurde uns klar, dass die Idee mit dem VJ-Kameras nicht die Beste war. Meine 70D machte deutlich bessere Aufnahmen. Die der XF100 waren extrem rauschend. Auserdem hatten alle Innen-Aufnahmen einen rötlichen Stich. Draussen war es wiederum beinahe zu dunkel. Zum Glück wussten wir, dass Philipp einiges auf dem Kasten hat, was die Post Production angeht und liessen uns von der schlechten Bildqualität nicht einschüchtern. Der Club war relativ klein und langsam trafen mehr und mehr Gäste ein und die Stimmung stieg. Dies machte aber die Leute nicht weniger skeptisch, gegenüber unseren dritten Augen. Wenn wir eine Sache aus diesem Dreh lernen können, dann ganz klar, dass sich Menschen beim Feiern NICHT gerne filmen lassen. Nebst diversen Varianten von bösen Blicken schnauzte mich dann auch noch die Freundin eines DJs an: «Das Liecht wo du uf de Kamera hesch, blendet de DJ imfal!!!» Gut, ich verstehe sie ja irgendwie aber beim Filmen gehts nun mal um das beste Bild und nicht um die komfortabelste Stellung für den Protagonisten, naja. Mit der Zeit stieg natürlich auch der Alkoholpegel. Dadurch störten sich die Leute weniger an den Kameras. Dafür kamen die Experten aus ihren Ecken. Auf einmal wollte uns jeder noch einen kleinen Tipp geben, wie wir am Besten filmen sollen. Auch Fragen wie: «Hender dusse au gfilmet?», «Het öper Geburtstag oder was mached ihr do?», «Hee sind ihr fum Fernseh?», rissen auch nach zwei Stunden nicht ab. Der gute Alkohol macht eben einfach ein bisschen vergesslich. Ansonsten verlief der Dreh reibungslos. Hier noch ein paar Tipps, falls ihr in einer ähnlichen Situation drehen müsst:

  1. Richtet die Kamera nie zu lange auf eine Person, das macht die Leute im Club nervös.
  2. Filmt unbedingt auch Dinge, wie die Bar Thresen oder spezielle Deko
  3. Nehmt eine hochauflösende Kamera und stellt notfalls bei jedem Shot die Einstellungen wieder neu ein. Die VJ Kamera ist hier klar die Falsche.
  4. Haltet euch von sehr betrunkenen Gästen fern. Die können gefährlich werden, wenn sie nicht gefilmt werden möchten oder so.
  5. Klärt mit dem Veranstalter im Vorhinein ab, ob man für einen Abend lang das Licht ein wenig heller einstellen könnte.

Schnitt

Beim Schnitt kam ich (Lisa) ins Spiel. Nach der Durchsicht des Footagematerials machte ich mir Gedanken, wie der Schnitt aussehen sollte. Da es kein formales Video, sondern originielles werden sollte, entschied ich mich auch beim Schnitt ein wenig zu spielen. Ich verwendete die unterschiedlichen Lichtverhältnisse im Club (wenig Licht, Flackern ect.) als Übergange und um Schwung in die ganze Sache reinzubringen.

Post Production

Das Originalfootage, welches von drei grundsätzlich sehr verschiedenen Kameras stammte, war dank den ungünstigen Lichtverhältnissen am Drehort stark verrauscht. So galt es als erstes, dieses Footage für die weitere Verarbeitung brauchbar zu machen. Hierfür gibt es einige Methoden, von denen die meisten allerdings sehr aufwändig sind. Daher ist ein einfaches, aber kostenpflichtiges Plugin sehr empfehlenswert. Für dieses Projekt verwendete ich (Phil Becker) eine Testversion von Denoiser II von Red Giant, welches auch in der professionellen Filmindustrie einen Namen hat. Das Plugin ist sehr einfach zu bedienen und trotzdem unglaublich mächtig. So war es möglich, das unschöne Bildrauschen zu entfernen ohne das Footage zu zerstören. Das rauschfreie Footage erlaubte nun eine problemlose Weiterverarbeitung.

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Das rauschfreie Footage erlaubte nun eine problemlose Weiterverarbeitung

Dank den verschiedenen Kameraformaten war das Footage bezüglich der Farben und der Dynamik sehr unterschiedlich und ich musste sie aufeinander abstimmen. Mithilfe von Lumetri Colors war dies unkompliziert und schnell erledigt.

Als kleine visuelle Aufwertung fügte ich in einigen Shots Lens Flares und Light Leaks ein. Selbstverständlich keine ultra-cinematischen Lens Flares, wie wir sie von JJ Abrams Star Trek kennen, sondern eher dezente, welche das Bild ein klein wenig unterstützen und aufwerten.

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Hier sieht man die Veränderungen sehr gut

Die Titelsequenz erstellte ich in After Effects und verwendete hierfür schlicht und einfach ein Glitch-Template und passte explizit auf dieses Projekt an.

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Video Teaser

Kritik
von Marco Egger, Nina Müller, Philipp Becker und Lisa Chiara Burth

Vorbereitung

Die Vorbereitung eines Drehs ist für uns nichts mehr Neues und deshalb gingen wir relativ gelassen an die ganze Sache. Das nächste mal werde ich aber sicher noch die Location ein oder zwei Tage vorher abchecken damit nicht mehr der gleiche Fehler mit den Kameras passiert, wie dieses Mal. Ansonsten gab es keine bösen Überraschungen am Dreh, die auf die Vorbereitung zurück schliessen lassen.

Dreh

Uns war natürlich schon vor dem Dreh bewusst, dass Menschen, welche sich gerade mit Musik, Alkohol und diversen anderen Drogen berauschen, nicht darauf stehen, gefilmt zu werden. Es war dann aber doch sehr anstrengend, die abwertenden Blicke nicht persönlich zu nehmen und bei jedem Betrunkenen, der noch was wissen wollte oder ungewünschte Ratschläge zum Besten gab, die Geduld zu wahren. Abgesehen davon, war es aber eine spannende und witzige Erfahrungen in einem Club zu drehen. Man muss auf ganz andere Dinge achten, wie bei den Drehs, die wir bisher machen durften.

Schnitt

Der Schnitt gestaltete sich durch das flackernde Licht sehr speziell. Am Anfang hatten wir ein wenig Mühe damit, aber mit der Zeit fingen wir an spielerisch damit umzugehen. So nutzten wir zum Beispiel bei 00:14 auf 00:15 gezielt das Licht als Übergang, auch beim Feuerspucker bei 1:03 auf 1:04 bedienten wir uns dieser Methode. Danach fanden noch kleine Anpassungen beim Schnitt mit dem Song statt, bis alles passte.

Postproduction

Die Aufbereitung des Footage war eine reine Routinearbeit und stellte keinerlei Probleme dar. Es ist dennoch eine mittelgrosse Herausforderung, das Footage von sehr unterschiedlichen Kameras zu vereinen, ohne dass der Betrachter dies bemerkt. Es hat aber problemlos funktioniert. Neu war der Einsatz des Denoiser II-Plugins. Aber auch dieses hat von Anfang an so funktioniert, wie es angepriesen wurde und ist eine absolut empfehlenswerte Investition. Auch andere kostenpflichtige Plugins, wie dasjenige von Neat Video, sind ausgezeichnet, aber Denoiser II war doch am angenehmsten zu bedienen.

Fazit

Wir konnten alle vier vom Dreh und der Nachbearbeitung ganz gut profitieren. Es war eine wertvolle Erfahrung, in einer echten Clubsituation zu Drehen mit allen Vor- und Nachteilen. So schön und cool es sich auch anhört, war es dennoch Arbeit während andere ausgelassen feiern. Am Schluss des Drehs konnten wir aber doch unser verdientes Frühmorgen-Bier zu uns nehmen.

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