En route pour Marseille

Zu Fremden steigt man nicht ins Auto. Punkt. Niemals. Eine Weisheit, die wir wohl alle von unseren Eltern mehrfach gehört haben. Es ist kein Wunder also, dass die meisten Respekt, ja sogar Angst vor dem Autostoppen haben. Doch trotz all der Risiken, die das Trampen so mit sich bringt, gibt es auch eine Sonnenseite.

Das Reisen per Anhalter ist nicht nur die preisgünstigste Fortbewegungsvariante, es ist auch die sozialste. Auf dem Weg trifft man Menschen, die man sonst wohl nie kennengelernt hätte. Dabei staunt man, wie breit die Palette ist. Vom jungen Hippie bis zur alten Grossmutter ist alles darunter. Interessante Persönlichkeiten sind garantiert.

Zwei Studierende der HTW Chur haben das am eigenen Leib erfahren. Sie setzten sich zum Ziel, von der Raststätte Grauholz Bern bis nach Marseille in Frankreich zu reisen – 630 Kilometer via Autostopp.

Was für spannenden Charakteren sie auf ihrer Reise begegnet sind, erfahrt ihr in ihrem Erlebnisbericht.

Was heute als wahres Abenteuer und etwas verrückt gilt, gehörte vor 20-30 Jahren zum Strassenbild. Früher war Autostoppen weitaus mehr verbreitet. Falls ihr findet, dass das Trampen ein Revival verdient und ihr euch selbst mit einem Rucksack auf den Weg ins Ungewisse machen wollt, haben wir für euch fünf Tipps zusammengestellt. Danach wünschen wir viel Spass und gute Fahrt!

1. Das Erscheinungsbild
Ganz klar ein gepflegtes Erscheinungsbild ist das A und O. Achtet auf saubere Kleidung, die gut sichtbar ist.

2. Blickkontakt
Schaut euren potenziellen Fahrern in die Augen und lächelt freundlich. Auch wenn ihr schon eine Weile dort steht und viel Ablehnung erfahren habt. Das kann ganz schön am Ego kratzen, zugegeben, aber vielleicht biegt eure nächste Mitfahrgelegenheit gerade um die Ecke und die wollt ihr bestimmt nicht durch ein grimmiges Gesicht verscheuchen.

3. Gepäck
Ihr seit auf einem Backpacker Trip, nicht auf einer Luxusreise. Am besten ist ein nicht zu grosser Rucksack, den man notfalls auch auf dem Schoss transportieren kann.

4. Der Standort
Der Standort ist elementar. Autofahrer müssen euch von Weitem sehen und einfach stehen bleiben können. Kurven sind also ein klares Tabu, denkt auch hier an die Sicherheit. Am besten fährt ihr mit den öffentlichen Verkehrsmitteln an den Stadtrand und sucht auf einer guten Verbindungsstrasse in Reiserichtung euer Glück. In der Stadt selbst bleibt ihr so gut wie chancenlos. Informiert euch, wo Trampen überhaupt erlaubt ist. Auf Autobahnen ist es zum Beispiel in den meisten Ländern verboten. Das bedeutet theoretisch auch bei Mautstellen. Also immer vor Einfahrten «stöppeln» oder auf Raststätten. Dort habt ihr auch die Möglichkeit, Menschen direkt anzusprechen.

5. Sicherheit
Das Wichtigste zum Schluss: Sicherheit geht natürlich vor. Am besten reist ihr zu zweit. Hört auf euer Bauchgefühl, wenn ihr euch aus irgendeinem Grund unwohl fühlt, steigt gar nicht ein oder sofort aus. Lasst jemanden wissen, auf welcher Strecke ihr gerade und mit wem ihr unterwegs seid. Ihr könnt auch zu Beginn ein Selfie unter dem Vorwand des Souvenirs mit eurem Fahrer schiessen und das Bild dann gleich weiterschicken. Falls was passiert, lasst den Fahrer von euren Vorsichtsmassnahmen wissen!

 

Kritik
von Tobias Imbach, Andreina Ravani und Sybille Hofer

Idee

Autostopp war vor einigen Jahren gang und gäbe. Allerdings ist das Trampen in der Schweiz aus der Mode gekommen. Kaum einer getraut sich mehr per Anhalten zu reisen. Erstaunlich eigentlich, da doch viele junge Menschen kein eigenes Auto mehr besitzen. Uns nahm es wunder, ob Trampen heute überhaupt noch möglich ist. Hält überhaupt noch jemand an und wenn ja, was sind das für Menschen? In einem Digezz-Beitrag wollten wir beweisen: doch! Das Reisen per Anhalten funktioniert noch immer und ist nicht nur mit Risiken und Strapazen verbunden.

Umsetzung

Vorbereitung
Die Vorbereitung hielten wir minimalistisch, da auch das Abenteuer im Zentrum lag. Das Reiseziel Frankreich war schnell definiert, da wir nur begrenzt Zeit hatten und wir beide französisch, aber nur schlecht italienisch sprechen. Mit einer Strassenkarte, einem Schild, einem Stift und unseren Kameras gewappnet war dann die Vorbereitung vollendet. Von allem anderen liessen wir uns überraschen.

Die Reise
Auf der Reise selbst entschieden wir uns bewusst für kürzere Distanzen, um mehr Menschen zu begegnen. Aus diesem Grund haben wir auch Mitfahrgelegenheiten frühzeitig verlassen, die uns zu nahe an die Enddestination gebracht hätten. Wir stellten allen unseren Fahrern die Grundfragen: Warum sind sie angehalten, Wer sind sie? Es wurde ein Porträt aller Autoinsassen und ein Foto des Autos geschossen. Ausserdem wurde eine kurze Videosequenz währen der Fahrt vom Rücksitz aufgenommen. Mit diesen Wiederholungen wollten wir sicherstellen, einen Vergleich der Fahrer zu erlauben.

Erfahrungsbericht
Mit dem gesammelten Material haben wir einen multimedialen Erfahrungsbericht gestaltet. Dazu gehören:
– Fotos: sie porträtieren die Reise und die Menschen
– Videos: in kurzen Loops soll Einblick in die Umgebung gegeben werden.
– eine Strassenkarte: Die Strassenkarte zeigt, wo wir uns in der Geschichte geografisch befinden.
– ein Budgetzähler: der Budgetzähler dient mehr dem Unterhaltungszweck. Dazu gehören Skizzen, die mittels Zeichnungstablet erstellt wurden.
– ein kleines Spiel: Ziel des Spiels ist es, ein Auto dem entsprechenden Fahrer zuzuordnen.
Alle Elemente fliessen in einer Website zusammen. Um diese optimal zu gestalten, wurde Sybille mit an Board geholt, die sich um die technische Umsetzung kümmerte (siehe weiter unten).

Learnings

Vorbereitung
Bei der Vorbereitung ging uns ein wichtiges Detail durch die Lappen. Wenn wir Menschen porträtieren wollen, brauchen wir natürlich auch derer Einverständnis. Das kam uns allerdings erst bei der ersten Mitfahrgelegenheit in den Sinn. Darum entstand ein schnell hingekriegtes Formular, dass dann schlussendlich alle Fahrer und sonstige Insassen unterschrieben. Besonders professionell wirkte das Ganze jedoch nicht.

Konsequenz
Während der Reise fiel es uns manchmal schwer, alle Aufgabenpunkte wie Einverständnis der Personen einholen, Porträt Foto erstellen, kurzes Video vom Rücksitzerstellen einzuhalten. Gerade bei kurzen Strecken wollten wir die Leute eigentlich nicht «belästigen». Ausserdem fiel es auch manchmal schwer, die Kamera auszupacken, wenn man Müde am Strassenrand oder auf einem Rücksitz sass. Etwas mehr Disziplin hätte bestimmt zu noch besseren Aufnahmen geführt.

Umsetzung
Ein Learning, das auch etwas in die Konsequenz fliesst: Mit der Umsetzung des Erfahrungsberichts liessen wir uns ganz schön viel Zeit. Das war natürlich nicht gerade förderlich für das Gedächtnis.

Loops
Wir versuchten erst, kurze Loopfilme einzusetzen, wie etwa von vorbeifahrenden Fahrzeugen oder der Stimmung am Hafen in Marseille. Diese sind eigentlich simpel, allerdings muss man achtgeben, dass die Endposition gleich wie die Anfangsposition ist. Das heisst zum Beispiel, dass die Kamera auf gleicher Höhe sein muss oder dass ein Mensch wieder dieselbe Position (vor allem Hände und Schultern) einnehmen muss. Leider gab es bei uns Aufnahmen, die sich wegen Kleinigkeiten nicht gut loopen liessen. Daher verzichteten wir schliesslich auf Video-Material und setzten stattdessen auf Standbilder.

Technische Umsetzung

Schwierigkeiten
Ich war mir von Anfang an bewusst, dass vor allem die Umsetzung der animierten Strassenkarte nicht einfach werden wird und diese Befürchtung oder besser bewusste Herausforderung hat sich durchaus bestätigt. Die Arbeit mit Google Maps erleichtert vieles, erfordert aber auch eine intensive Auseinandersetzung mit dem API und den zahlreichen Funktionen, die es bietet. In dem ich mit der Karte klein angefangen habe und in einzelnen Schritten immer mehr dazu programmiert habe, hatte ich immer wieder kleine Erfolgserlebnisse und konnte mich so für die jeweils nächsten, anspruchsvolleren Schritte motivieren. Neben der Karte war auch das in JavaScript umgesetzte Quiz ein eher harter Brocken. Ich bin in dieser Sprache noch nicht sehr sattelfest und musste immer wieder grundlegende Befehle ausfindig machen. Was mir ebenfalls noch immer Mühe bereitet, sind die Fullwidth-Headerbilder. Es braucht viel Geduld, bis diese in allen gängigen Browsern und auf den verschiedenen Geräten so funktionieren, wie sie sollten. Natürlich gab es bei der Umsetzung eines solch eher umfangreichen Projekts jede Menge weitere kleine und grössere Probleme, für welche ich aber grösstenteils eine gute Lösung gefunden habe.

Learnings
Die bedeutendsten Learnings die ich aus diesem Projekt mitnehmen darf sind:

  1. das Arbeiten mit Google Maps API
  2. das Programmieren von eigenen JavaScript-Funktionen
  3. das Erlernen von neue jQuery Befehlen und CSS Möglichkeiten
  4. weitere Erfahrungen im Umgang mit Twitter Bootstrap
  5. das Verwenden der responsiven Lightbox «Fresco»

Das Projekt hat mir trotz Zeitdruck sehr viel Spass gemacht und ich habe wieder unglaublich viel dazugelernt! Ich bedanke mich bei Andreina und Tobias für Ihr Vertrauen und die tolle Zusammenarbeit, immer wieder gerne!

Fazit

Grundsätzlich sind wir zufrieden mit dem Beitrag, da wir davon überzeugt sind, dass er den Lesern Motivation und Mut gibt, selbst eine Reise per Anhalter zu unternehmen. Die Arbeit an dem Beitrag war ausserdem sehr bereichernd und mit viel Spass und Lebenserfahrung verbunden.

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