Endlosschleife

Bilder in Endlosschleife. Schaust du hin? Entdeckst du immer wieder etwas Neues darin? Wir werden jeden Tag bombardiert mit Informationen. Unser Gedächtnis ist meistens schon viel zu müde, um bestimmte Momente wirklich festzuhalten. Die wenigsten Informationen werden deshalb in unserem Langzeitgedächtnis gespeichert. Aber zum Glück gibt es GIFs. Informationen werden durch sie zu einer Emotion und wiederholen sich in Dauerschleife.

Das GIF, genauer Graphics Interchange Format, feiert 2017 sein dreissigjähriges Jubiläum – eine Ewigkeit im digitalen Zeitalter. Und die Begeisterung für die nervösen Bildschirmanimationen reisst nicht ab. Woher kommt nur die Faszination für diesen technischen Dinosaurier? Für schlechte Qualität in Endlosschleife? Normalerweise kann sich das Internet nicht gegen den Fortschritt wehren. GIFs sind heute weitaus mehr als nervöse, blinkende Grafiken. Sie sind Kunst, Unterhaltung und vom Online-Journalismus nicht mehr wegzudenken.

GIFs befriedigen in der virtuellen Welt auch unsere Sehnsucht nach Nostalgie – der Retro-Trend ist allgegenwärtig. Und wo kann es unseren Durst danach wohl am besten Stillen? Genau, in der Kunstwelt. Durch den Erfolg der «Pixel-Art» fand das GIF seinen Weg in die Kunstszene. Ein Loblied an die Roh-Ästhetik und digitale Unvollkommenheit der früheren Computergrafik. Auf dem Tumblr-Blog des Pixel-Art-Künstlers Valenberg findest du viele Beispiele.

Eine andere Art der GIFs als Kunst sind GIF-Collagen. Genau, richtig gehört. Collagen! Wer hat nicht schon mal aus vielen Papierschnipseln sein eigenes kleines Kunstwerk gekleistert? Aber wir sind jetzt erwachsen, mögen zwar Retro, aber wer braucht noch analoge Werkzeuge wie Scheren und Leim dafür? Modernisieren wir die Collagen digital und verbinden sie mit GIFs!
Voilà, hier siehst du das Ergebnis.
Ok, ich bin noch blutiger Anfänger. Es gibt aber auch professionelle GIF Collage Artists. Wie Hilary Faye Sloane. Faszinierend. Witzig. Die Collagen verschmelzen mithilfe der GIFs zu einer Einheit.

Natürlich haben GIFs nicht nur Vorteile. Eine eingeschränkte Farbpalette von 256 Farben, die Animationen lassen sich weder pausieren noch spulen und eine Audiospur kann auch nicht beigemischt werden. Mittlerweile gibt es eine Variante der GIFs, die bessere Qualität zulässt. Als Cinemagraphs erobern sie zum zweiten Mal die Welt und erhalten durch sie neue Bedeutung – obwohl animierte GIFs als technisch veraltet gelten. Hier gibts einen Beitrag auf Digezz dazu. Durch diese Erfindung sind die GIFs definitiv in der Kunst- und Werbewelt angekommen.

Bevor das GIF Einzug in die Kunstwelt und unseren Online-Alltag hielt, hatte es einen langen Weg hinter sich. Das GIF entstand in einer Zeit, als zwar das Internet, aber noch nicht das World Wide Web existierte. Die erste Version des GIF-Formats wurde 1987 vom Unternehmen CompuServe entwickelt. Sie wollten als Mailboxbetreiber eine einfache Übertragung farbiger Fotos trotz der damals geringen Bandbreite ermöglichen. Von dort kommt auch der Namensbestandteil «Interchange», Austausch, im Namen der GIFs. Innerhalb einer Datei konnten nun mehrere Bilder mit verhältnismässig geringer Dateigrösse übermittelt werden. Die Animationen, welche dem GIF später zum Durchbruch verhalfen, waren zwar schon möglich, aber noch Nebensache.

Dann kamen Anfang der Neunziger die ersten Websites. Sie waren meist dunkel, grau und reine Text-Dateien. Die frischgebackenen Webdesigner wurden sich plötzlich der Animationsmöglichkeiten der GIFs bewusst. Internetseiten hatten nun ein neues Gestaltungsmittel: GIFs! Den damaligen Websites konnte endlich Leben eingehaucht werden, wenn auch meist in Form schlecht animierter, blinkender Banner – ganz im 90er-Jahre-Stil. So kam es, dass das GIF im aufkommenden WWW zum meist genutzten Grafikformat des Internets wurde. Der Siegeszug der GIFs, als damalige Special Effects auf Webseiten, hat begonnen.

Fast hätte das GIF-Format Mitte der Neunzigerjahre ein jähes Ende erlebt. Die Komprimierung geschieht bei den GIFs mittels LWZ-Verfahren – ein weiteres Mittel zur Reduzierung der Dateigrösse. Als die Softwarefirma Unisys, ein 1983 eingereichtes Softwarepatent, das LZW-Verfahren entdeckte, verlangten sie massive Lizenzgebühren. Im Gegensatz zu der relativ offenen Lizenzpolitik der Firma CompuServe wollte Unisys daraus Profit ziehen.

Ein Aufschrei ging durch die Webwelt. Das GIF war schon sehr weit verbreitet, so konnte sich niemand den Forderungen von Unisys widersetzen. Gar zu einem GIF-Boykott mit dem Motto «Burn all GIFS» wurde aufgerufen. Dies war dann auch die Geburtsstunde des Formats PNG, als freie alternative zum GIF. Im Prinzip kann es genau das gleiche, nur als verbesserte Variante. Man munkelt, PNG steht nicht wie allgemein bekannt für «Portable Network Graphics», sondern aus Sicht der Entwickler für «PNG’s Not GIF». Trotzdem wurde das GIF-Format weiterhin fleissig illegal verwendet.

Die Patente auf dem LWZ-Verfahren sind mittlerweile schon lange abgelaufen. GIFs können heute von jedem bereits mit wenigen Klicks erstellt werden. Ob daraus hochwertige Kunst wird, kitschiges Bling-Bling, Memes oder damit epische Sportmomente festgehalten werden – die Möglichkeiten, GIFs einzusetzen, sind endlos und der Kreativität keine Grenzen gesetzt. Sie sind schnell erstellt, brauchen wenig Speicherplatz und werden von jedem Betriebssystem und Browser unterstützt. Der Krieg um das GIF soll trotzdem noch nicht vorbei sein: Unisys hat angekündigt, dass sie das Format verbessern und eine neue Form dafür finden wollen.

Ansonsten hat sich seit damals in der Entwicklung des GIF-Formats nicht mehr viel getan. Aber genau dieser Charme, der von den verpixelten, unvollkommenen GIFs ausgeht, hat ihnen wohl zu einer Renaissance im Web 2.0 verholfen. Und werden so schnell nicht aus unserem Alltag verschwinden.

 

Quellen und viele weitere Infos:

Tages Woche – GIF
FW:look! – Cinemagraphs
metagif – Kulturgeschichte
Vice – Geschichte GIF
Grafikformate – Entstehung GIF
GIFs von giphy

(fs)

Kritik
von Sandra Savin

Idee

Als ich zufällig das Adobe-Tutorial von der GIF-Collage-Artistin Zenzele Ojore gesehen habe, war ich sofort Feuer und Flamme. Ich wollte selbst solche GIF-Collagen produzieren und auf Digezz stellen. Damit der Beitrag nicht nur aus den eigenen GIFs besteht, sollte gleichzeitig noch die Geschichte und die Vielseitigkeit der GIFs in den Beitrag verpackt werden. Als erstes habe ich die GIFs produziert und danach den textlichen Teil darauf abgestimmt. 

Fotos

Zuerst musste ein Konzept für die Fotos her. Von Anfang wollte ich einen einfachen Bewegungsablauf in die GIFs integrieren. Zudem sollten es mehrere Bilder werden, die Einzeln aber auch als Ganzes wirken. Als ich die Bewegungsabläufe skizzierte hatte, stellte sich meine gute Kollegin, Céline Laurent, für die Fotos zur Verfügung.

Die Fotos habe ich bei mir zu Hause vor einer weissen Wand gemacht. Was sich als Nachteil erwies. In einem Fotostudio zum Beispiel, hätte man viel bessere Fotos hingekriegt. Die Bilder sind leider nicht perfekt ausgeleuchtet und die Bewegungsfreiheit von Céline war sehr eingeschränkt. Vor der weissen Wand hatte es nur sehr wenig Platz. Auch wurden die Bilder teilweise unscharf in der Bewegung, da ich den Shutter Speed nicht zu hochdrehen konnte und gleichzeitig eine tiefe Blende hatte – der Raum war zu dunkel. Die Bilder sind deshalb nicht perfekt, trotzdem erzielen sie hoffentlich als GIF die gewünschte hypnotische Wirkung.

Bearbeitung

Danach ging es weiter mit der Bild-Bearbeitung. Im ersten Schritt habe ich die Farb-Fotos zu schwarz/weiss Aufnahmen in Lightroom bearbeitet. Dann habe ich fünf bis zehn Bilder pro GIF ausgewählt, die zusammenpassen und/oder einen flüssigen Bewegungsablauf ergeben.

Jetzt waren die Papierschnipsel an der Reihe. Im Altpapier wurde ich schnell fündig – von Reise-, Koch- bis zu Interieur-Magazinen: alles ist auf den Collagen vertreten. Hauptsache die Bilder waren farbig oder hatten ein interessantes Muster. Schlussendlich habe ich dann ungefähr 50 solcher Schnipsel, verschiedenster Grössen, rausgesucht und eingescannt. Das Ziel war, ein Schnipsel pro Foto zu verwenden. Die Papierschnipsel habe ich danach nicht weiterbearbeitet, ich fand die Scan-Struktur genau richtig.

In Photoshop sind dann die GIFs entstanden. Zuerst habe ich entschieden welche Teile ich freistellen will und mit Papierschnipsel hinterlege. Das Freistellen war anfangs sehr knifflig und auch nach vielen Lynda-Tutorials hatte ich den Dreh noch nicht richtig raus – hier fehlt mir eindeutig noch viel Erfahrung. Ich wollte die einzelnen Teile «perfekt» freistellen. Nachdem ich nicht zufrieden war mit den Resultaten (diese Haare überall!) habe ich zur rudimentären Form des Freistellens gewechselt. Und siehe da – irgendwie war genau dieser Effekt passend.

Die GIFs selbst sind dann mit Photoshop sehr schnell erstellt. Die einzelnen Bilder der GIFs in jeweils ein Layer reingezogen, Video Zeitleiste eingestellt und die Animation passierte praktisch automatisch. Wie bereits im Adobe-Tutorial erwähnt, war es zeitweilen magisch, wie die GIFs mit Hilfe der simplen Papierschnipsel zum Leben erweckt wurden.

Ich hatte zuvor noch nie mit Lightroom gearbeitet und Photoshop bis jetzt auch kaum verwendet. Aber ich wollte mich endlich mal an die Bildbearbeitung (light) wagen. Dank den vielen Tutorials war mein Lerneffekt hier riesig und meine Hemmschwelle für diese Software und zukünftige Projekte hoffentlich nicht mehr so gross.

Subsite

Damit meine eigenen GIFs nicht im engen Digezz-Raster gefangen sind, habe ich sie auf einer Subsite platziert um sie «gelayoutet» zu präsentieren und sie dort ihre ganze Wirkung entfalten können. Zuerst dachte ich, das wird kein Problem. Ein paar HTML-Codes oder mit Bootstrap eine Bildergalerie zu erstellen sollte doch einfach sein. Ich habe mich dann für Bootstrap entschieden. Einfach war das für mich trotzdem nicht. Nachdem ich mich zuerst mit Bausteinen für eine Galerie rumgeschlagen habe – welche alle nie so richtig funktioniert haben, habe ich die GIFs ganz simpel in den Bootstrap-Grid integriert. Zusätzlich wollte ich noch eine Lightbox einbauen, damit die einzelnen GIFs vergrössert angeschaut werden können. Da ich es selbst nicht hingekriegt habe, hat mir Myriam Frisano geholfen den Javascript-Code einzubauen. Danke!

Natürlich hätte die Subsite noch viel Potenzial gehabt– zusammen mit einer ganz anderen Art von einem Digezz-Beitrag. Es war nie mein Ziel eine ganze Homepage zu gestalten. Die Geschichte des GIFs und die eigenen Produktionen hätten auch eine komplette Webseite füllen können. 

Text

Der Text war mit sehr viel Recherche verbunden. Es gibt unzählige Artikel und Varianten, wie die Geschichte des GIFs erzählt wird. Was aber davon ist wirklich interessant? Die grösste Herausforderung für mich war, die lange Geschichte des GIFs so kurz wie möglich zu halten. Ich habe versucht, eine eigene Variante der Geschichte zu finden und einen guten Übergang zu meinen selbst produzierten GIFs und GIFs als Kunstform zu finden. Der historische Teil zu den GIFs, kommt daher erst im zweiten Teil des Beitrages, falls der Leser noch mehr zu den GIFs erfahren möchte. Anstelle von Übertiteln habe ich GIFs gewählt, um den Beitrag noch «GIFier» zu machen. Gut möglich, dass meine eigentliche Produktion der GIFs im gesamten Beitrag etwas untergeht und der textliche Teil zu ausführlich geworden ist.

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