Flurina: Unterwegs mit einer Tontechnikerin

Sie sind lange da, bevor das Konzert beginnt und meistens die Letzten, die den Konzertsaal wieder verlassen: die Tontechnikerinnen und Tontechniker. Meistens arbeiten sie abseits des Bühnenlichts und ernten selten Applaus. Aber dennoch ist ihre Arbeit für jegliche Veranstaltungen im Tonbereich unabdingbar. Was braucht es eigentlich, um als Tontechnikerin arbeiten zu können? Wie ich erfahren habe, viel mehr, als nur zwei gute Ohren und starke Hände.

Flurina ist 24 Jahre alt und selbstständige Tontechnikerin. Sie arbeitet in einem Business, welches unglaublich schnelllebig ist. Heute ein klassisches Konzert in der Tonhalle in Zürich, morgen ein Hardcore-Fest im Kulturzentrum in Luzern. Fast täglich trifft Flurina auf neue Menschen, mit denen sie zusammenarbeiten und funktionieren muss. Dazu kommen die vom Tour-Leben ausgelaugten Bands, welche einen Power-Nap dem Soundcheck vorziehen würden.

Als Tontechnikerin ist man in vielen Bereichen gefordert. Zwischenmenschliche Beziehungen sind ein wesentlicher Bestandteil der Arbeit – genauso wie Ausdauer, Hilfsbereitschaft und Freundlichkeit. Denn, auch wenn man eine Tontechnikerin während eines Konzerts kaum wahrnimmt, ist es durchaus hörbar, wenn die Chemie zwischen ihr und der Band nicht stimmt. Im Video-Portait gibt Flurina Auskunft über ihre Berufswelt:

(mm)

Kritik
von Linus Rast

Ziel:

Mein Ziel war es, anhand eines Video-Portraits Einblick in die Welt der Tontechnik zu geben. Das Portrait sollte aus einer subjektiven Sichtweise an den Zuschauer herangetragen werden.

Hintergrund:

Dadurch, dass ich während meines Praktikums im Kulturzentrum Südpol und bei meiner jetzigen Arbeit beim Radio 3FACH viel mit Tontechnikern in Kontakt kam, fand ich es reizvoll, eine Berufsgruppe beleuchten zu können, welche selten bis nie im Rampenlicht steht. Die Arbeitenden aus der Tontechnik sind meistens etwas eigene, aber immer sehr gutherzige und hilfsbereite Menschen. Das war für mich Grund genug, über Flurina, sie arbeitet auch als Technikerin beim Radio 3FACH, ein Portait zu erstellen.

Vorgehensweise:

Die Idee enstand eher spontan und war nicht wirklich gesucht. Flurina brauchte das Portrait für eine Bewerbung und ich war noch auf der Suche für eine Digezz-Aufgabe. So entstand aus einer nicht ganz ernst gemeinter Frage das Projekt.

Danach habe ich mit Flurina zwei Arbeitseinsätze vereinbart, welche sich gut zum Filmen eigneten. Zudem wollte ich Flurina noch zu Hause besuchen, um im Portrait auch eine gewisse Distanz zum Job zeigen zu können. Eine Tontechnikerin lebt nämlich nicht 24 Stunden am Tag im Konzertsaal, auch wenn man das manchmal meinen könnte.

 

Drehtag:

Gedreht wurde an zwei Tagen. Am einen Abend in der Tonhalle in Zürich, am anderen durch den Tag in Altishofen bei Flurina zu Hause und am Abend im Kulturzentrum Sedel. Da ich teils sehr schnell die Drehorte wechseln musste, zumal (ausser die Interviews) nichts gestellt war, filmte ich alles aus der Hand und ohne Stativ. Der Job bringt eine gewisse Hektik mit sich, was im Portrait auch sichtbar sein durfte, so meine Meinung. In Altishofen wollten wir eigentlich mit den Pferden noch in den Wald, dies war auf Grund des schlechten Wetters aber leider nicht möglich.

Herausforderung:

Zumal ich mich nicht mehr mit den mühseligen Kamera-Reservationen herumschlagen wollte, kaufte ich für den Dreh des Portraits eine Sony Alpha 6500. Ich wollte eine Kamera für mich, auch um mich mit einer Kamera längerfristig etwas vertraut machen zu können. Allerdings erhielt ich die Kamera erst ein paar Tage vor dem Dreh und hatte dementsprechend nicht mehr viel Zeit, mich mit der Kamera anzufreunden. Demnach war es ein Sprung ins kalte Wasser. Aus diesem Grund passierten daher auch ein paar blöde Fehler, die sich nicht mehr ausmerzen liessen. Einerseits habe in HD und nicht in 4K gefilmt. Ich hatte das Gefühl, dass 4K zu viel Speicherplatz einnehmen würde. Der Speicherplatz bei 4K ist aber nur um einen Bruchteil grösser, die Bild-Qualität aber merklich besser. Im Nachhinein nervte mich das ziemlich.

Eine weitere Herausforderung waren die prekären Lichtverhältnisse an den beiden Veranstaltungsorten. In der Tonhalle war es zwar nicht wahnsinnig dunkel, aber da der Lichttechniker über drei Stunden sein Licht testete, gab es im Bild immer wieder ein Wellenrauschen. Dieses konnte dann zwar jeweils durch eine andere Belichtungszeit ausgeglichen werden, aber kaum war wieder ein anderes Licht im Saal, kamen die Wellen wieder.

Im Sedel war das Licht für mein Objektiv dann sehr grenzwertig. Oft konnte ich es nicht verhindern, dass das Bild zu rauschen begann. Auf ein zusätzliches Licht auf der Kamera verzichtete ich, da dies bei der Arbeit, aber auch die Besucher, gestört hätte.

Da es im Business der Tontechnik oft schnell gehen muss, war es oft schwierig Flurina folgen zu können. Allerdings wollte ich keine Szenen stellen, musste dafür aber viele Filmabschnitte verwerfen, welche Flurina in Aktion zeigen.

Generell war es sicher eine Herausforderung an alles zu denken. Alleine geht schnell etwas vergessen, sei es die Aufnahme auf dem Zoom zu starten oder noch Fotos für die Dokumentation zu schiessen.

Format:

Ich wollte ein Portrait ohne Kommentar schaffen. Mit den Filmaufnahmen und den Aussagen wollte ich eine Story schaffen, die ohne Kommentar leben kann. Zudem wollte ich den Fokus auf Flurina legen, im Bezug auf ihre Arbeit als Tontechnikerin. Spannende, aber abschweifende Aussagen, welche nicht mehr sie als Person im Fokus hatten, musste ich rigoros rausschneiden, da das Portait sonst viel zu lang geworden wäre.

 

Film Equipment:

  • Sony Alpha 6500
  • Objektiv Sony 18 - 105mm f/4
  • Zoom H4n Pro
  • Sennheiser AVX-ME2 Digital drahtloses Lavalier Mikrofon Set

 Audio:

Der Punkt "Audio" könnte auch unter dem Punkt "Herausforderung" stehen. Ich war mir bewusst, dass die Audioaufnahmen eine Herausforderung werden würden, zumal es im Sedel, beispielsweise während des Soundchecks, teils sehr laut aber auch sehr leise war. Das Ziel war es, die leiseren Parts, grundsätzlich die Aussagen von Flurina, mit dem Sennheiser Lavalier aufzunehmen. Denn wenn eine Band spielte hörte man ihre Aussagen sowieso nicht mehr. Zusätzlich nahm ich das Ambi und die Konzerte mit dem Zoom H4n Pro auf, welches den lauten Tönen gut standhielt. Das Lavalier konnte ich direkt in die Kamera einspeisen. Allerdings ist es bei der Sony Alpha 6500 nicht möglich, den Ton über einen Kopfhörerausgang zu hören. Lediglich über eine Pegelanzeige sah man, wie laut die Aufnahmen sind. Ich musste die Aufnahme auf die niedrigste Stufe pegeln, damit man ein normales Gespräch aufnehmen konnte. Dies war ziemlich komisch, aber es funktionierte, zumindest in der Tonhalle in Zürich. In Altishofen und im Sedel musste Flurina oft etwas lauter reden, was viel Tonmaterial unbrauchbar machte. Auch im Nachhinein konnte ich nicht herausfinden, weshalb das Lavalier so schnell überschlägt. Mit diesem Vorwissen hätte ich das Lavalier ebenfalls übers Zoom aufgenommen.

Post Production:

Einerseits hatte ich die zwei Interviews, welche in in der Tonhalle und in Altishofen mit Flurina führte. Daraus bastelte ich zuerst einen Grobschnitt. Anschliessend versuchte ich den Grobschnitt mit zusätzlichen Aufnahmen anzureichern, sodass die Übergänge flüssig, aber auch verständlich wurden. Ich musste zudem schauen, dass die drei Teile (Altishofen, Maag, Sedel) ungefähr gleich lang wurden. Viele Bilder waren zu dunkel und konnten leider nicht verwendet werden.

Fazit:

Das Portrait entspricht inhaltlich ziemlich gut dem, was ich mir vorgestellt habe. Allerdings bin ich mit der Bild- und Tonqualität nicht so zufrieden. Die Aufnahme in 4K hätten die Bilder aussagekräftiger gemacht und der überschlagene Ton erklärt die Unzufriedenheit von selbst. Allerdings sind es Fehler, welche aufgrund der fehlenden Vertrautheit zum Material passierten. Da ich nun eine eigene Kamera habe und ich damit vertiefter arbeiten kann, helfen mir diese Fehler sehr für die Zukunft. Daher bin ich froh, dass ich mich in dem Sinne selbst ins kalte Wasser geworfen habe. Das Projekt zeigte mir aber deutlich auf, wie wichtig eine gute Planung ist, gerade wenn man alleine arbeitet.

 

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