Forbidden, forsaken, forgotten

«Lost Places» ist ein bekannter Begriff, der nicht nur in der Fotografenszene Anklang findet. Er steht für verwahrloste Gebäude und Orte, denen eine ganz eigene Atmosphäre zugeschrieben wird. Ob verlassene Industriegebäude, Spitäler, alte Villen und Herrenhäuser oder ganze Bauernhöfe: solche verlassene Orte stehen oft näher, als man denkt.

UrbanEx

«Urban Explorer» nennen sich die Zeitreisenden, die in solchen Häusern einen Blick in die Vergangenheit erhaschen. Die Absichten sind vielfältig: ein spezielles Fotomotiv, pure Neugier, Geocaching, der Reiz des Verbotenen, die Suche nach einem Dach über dem Kopf oder die Lust am Randalieren.

Doch wie entsteht eigentlich ein «Lost Place»? Ein Gebäude verwahrlosen zu lassen ist ökonomisch uninteressant, und Geister verjagen heute kaum mehr Menschen aus ihren Häusern. Zumindest war dies bei der Raststätte am Walensee nicht der Fall.

Lost Place am Walensee

Seit über 13 Jahren steht die Raststätte mit atemberaubendem Seeblick schon leer. Nur noch mit dem Fahrrad oder zu Fuss gelangt man zu dem Bau aus den 60er Jahren. Über eine von Moos und Schimmel bewachsene Treppe gelangt man zum ehemaligen Eingang des Gasthauses. Eine grosse Tafel mit Öffnungszeiten weist darauf hin, dass die Raststätte geschlossen sei. Einige der doppelverglasten Fenster sind eingeschlagen, Graffitis zieren viele der Aussenwände. Durch das Fenster sind Überbleibsel des einst schönen Restaurants zu sehen. Geblümte Lampenschirme, bunte Polstersitzbänke, eine lange Theke. Auch eine Etage tiefer ist das Bild nicht weniger düster. Die Toiletten sind geschlossen, Spinnweben an den Türklinken zeugen davon, dass sie lange niemand benutzt hat. Abfälle häufen sich auf dem Platz und in den umliegenden Büschen. Über eine Brücke direkt oberhalb der A3 gelangt man zu einem Parkplatz auf der Seeseite der Autobahn. Kürzlich wurde sowohl die direkte Zufahrt als auch dieser Parkplatz abgesperrt.

Es stellt sich die berechtigte Frage, wieso ein einst solch malerischer Ort nicht längst renoviert wurde. An Ideenreichtum für eine Umnutzung mangelte es nicht. Als der Kanton Glarus die Raststätte verkaufte, hatten die neuen Besitzer Ideen im Gastronomie-Bereich. Die Konkurrenz war schliesslich zu gross und die Pläne sind nie in die Tat umgesetzt worden. Denn unweit östlich befindet sich bereits die Raststätte Bergsboden. In den darauffolgenden neun Jahren wurden nur kleine Reparaturen ausgeführt, ansonsten wurde die Raststätte dem Verfall hingegeben.

Endlich fand das Gebäude einen neuen Besitzer. Die Restwal GmbH wollte vom Seeblick Gebrauch machen und Lofts bauen. Die Baubewilligung wurde jedoch nicht erteilt. Auch die Wohnung, die sich in der Raststätte befindet, kann nicht genutzt werden. Der Besitzer musste feststellen, dass aufgrund der veralteten Rohre die Wasserzuleitung abgestellt wurde. Es bleibt ihm schliesslich nichts anderes übrig, als abzuwarten. Abzuwarten bis die Gemeinde sich mit diesem verlorenen Ort nicht mehr zufrieden gibt.

Bis es soweit ist, bleibt die Raststätte ein beliebter Ort für Geocacher, Fotografen und Urban Explorer, die hoffentlich nur ihre Fussabdrücke im Staub hinterlassen und nur ihre Bilder mit der Kamera mitnehmen. Da kürzlich die Autobahnzufahrt gesperrt wurde, ist dieser Ort noch verlassener geworden. Nur noch mit dem Velo oder zu Fuss zugänglich, ist die Raststätte aber auch besser geschützt vor Randalierern und wird so zu einem wunderschönen «Lost Place».

(mm)

Kritik
von Philippe Zuber

Verlorene Orte

«Lost places» sind wie der Name schon sagt verlorene Orte, die dementsprechend nicht so einfach zu finden sind. Im Kanton Graubünden gibt es kaum interessante solche Orte. Mit der Raststätte Walensee ergab sich dann doch einen Ort ganz in der Nähe.

Equipment

Um zu dieser Raststätte zu gelangen ist ein Velo praktisch. Die Autobahnausfahrt zur Raststätte ist gesperrt und zu Fuss ist es mindestens eine Stunde bis zur nächsten Ortschaft.

Canon Eos 50d mit Magic Lantern

Die Raststätte

Leider kann das Innere der Raststätte nicht betreten werden ohne zu Randalieren. Dies ist oft der Fall bei Lost Places die noch nicht alt genug sind und noch einigermassen instandgehalten wurden. Aus diesem Grund sind leider weniger spannende Bilder entstanden. Das einzigartige an dieser Raststätte ist dessen Abgeschiedenheit.

Es lohnt sich wahrscheinlich in einigen Jahren nochmal vorbeizukommen.

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