Frauen sprechen Klartext

Wieso rasierst du deine Bikini-Zone? Wer zahlt für deine Verhütungspille? Warum fühlst du dich dick?

Fragen, die in unserer Gesellschaft selten gestellt werden – ja sogar ein Tabu sind. Doch wieso? Wir wollen Tabu-Themen brechen: Das zweiköpfige Team hinter dem Projekt «Frauen sprechen Klartext» hat 15 Frauen gefragt, ob sie uns von ihren Gedanken, Ängsten, Wünschen und Erfahrungen zu den Themen Schönheit, Verhütung und Körperbehaarung erzählen können.

Entstanden sind drei Videos, die du auf unserer Website findest: Klartext.

Wir empfehlen die Desktop-Ansicht.

Von Herzen bedanken wir uns bei den 15 Frauen für ihr Vertrauen und ihre Offenheit.

(fms)

Kritik
von Lucy Schön und Sariana Berchtold

Idee und Inspiration
Rupi Kaur, eine 25-jährige indisch-kanadische Poetin. Eine unserer grossen Inspirationen. Eine Frau, die nicht davor zurückschreckt, über Tabuthemen wie Menstruation oder Körperbehaarung zu sprechen. Durch sie haben wir uns in den in vergangenen Monaten immer mehr gefragt: Welcher Druck legt uns die Gesellschaft in der Schweiz auf? Wieso folgen wir Idealen? Wieso sind gewisse Themen Tabu? Welcher Einfluss hat das auf unseren Alltag? Was für Folgen hat das auf unsere Psyche? Durch viele Gespräche miteinander und anderen Menschen kamen wir auf die Idee, Videos zu realisieren, die den Druck der Gesellschaft hinterfragen und zum Nachdenken anregen sollen.

Zuerst wollten wir Videos zu allgemeinen Tabu-Themen machen. Doch da unser Team aus zwei Frauen besteht, entschlossen wir, uns vorerst auf den weiblichen Druck zu konzentrieren. So konnten wir Fragen stellen und Themen ansprechen, mit denen wir uns direkt identifizieren können, die wir selbst erlebt haben und die uns täglich begleiten. Unter dem Titel «Frauen sprechen Klartext.» haben wir 15 Frauen interviewt. Jeweils fünf Frauen zu den jeweiligen Themen: «Schönheit», «Verhütung» und «Körperhaare». Zudem haben wir eine einseitige Website für die Videos kreiert, die eine würdevolle Plattform für die Aussagen und Geschichten der 15 Frauen bietet.

Planung
Bei der Planung haben wir uns extra so wenig wie möglich andere Videos und ähnliche Projekte angeschaut. Wir wollten uns so unvoreingenommen wie möglich auf eigene Ideen konzentrieren. Uns war es sehr wichtig, Frauen mit unterschiedlichen Hintergründen, Geschichten und Körpertypen zu interviewen – damit das Projekt auch die Vielfältigkeit der Frauen in der Schweiz zeigt. Wir entschieden uns, Frauen aus unserem Umfeld zu fragen, die wir persönlich kennen. So konnten die Interviews intimer werden, da sich diese Frauen einfacher öffnen konnten und uns vertrauten. Die Frauen hatten wir rasch zusammen – die meisten fanden die Idee interessant, über den Gesellschaftsdruck zu sprechen, und waren gespannt, wie sich das Projekt auf die Zuschauer auswirkt.

Bei den Interview-Fragen ging es um: Was interessiert uns persönlich? Bei welchen Fragen empfinden wir Scham, über diese zu sprechen? Welche Fragen regen zum Nachdenken an?

Die Fragen schickten wir ein paar Tage vor dem Interview an die jeweilige Person, damit sie sich vorbereiten konnte und sich Gedanken zu ihrer Geschichte und Meinung machen konnte. Ein paar Frauen fühlten sich verunsichert, ihre Meinung vor einer Kamera zu präsentieren. Deshalb trafen wir sie im Vorfeld noch zu persönlichen Gesprächen, um ihnen die Angst vor dem Interview zu nehmen.
Die Interviews führten wir im Dialekt, damit die Aussagen so identisch wie möglich sind.
Für den Interview-Raum reservierten wir das TV-Studio im Produktionsraum des SRF. Wir wollten einen ruhigen Ort, wo die Frauen sich wohl fühlen und der ihnen angemessen ist.
Bei der Website hatten wir die Idee, eine schlichte, einseitige Website zu kreieren, da wir beide nicht viel Erfahrung mit Programmieren haben, aber einen schönen Rahmen für die Videos kreieren wollten.

Umsetzung
Gefilmt haben wir an sechs Tagen, inklusive der Vorbereitung des Raums. Die meiste Zeit filmten wir am Wochenende, da wir wollten, dass die Frauen so entspannt wie möglich sind und sich auf sich selber konzentrieren können. Da die Themen der Interviews sehr intim sind, stellten wir für den Wohlfühl-Faktor auch Tee und Schokolade bereit und probierten, vor den Interviews Gespräche zu führen, welche die Stimmung auflockern.

Wir filmten vor einer schwarzen Leinwand. Die Frauen sassen auf einem Stuhl, ausgestattet mit einem bequemen schwarzen Fell. Damit sie im Fokus sind und der Zuschauer ihre Emotionen gut sieht, belichteten wir sie. So werden die Personen ins Zentrum gerückt, ihre Emotionen stechen klar heraus und es gibt keine Ablenkung.

Zum Filmen nutzten wir zwei Kameras: Eine für die Totale von vorne Rechts und eine für ein nahes Bild von Links, um die Gesichtsemotionen besser einzufangen. Für einen optimalen Ton haben wir ein Lavalier Mikrofon angesteckt und über den Zoom Rekorder gepegelt und aufgenommen.
Nach den Interviews filmten wir Details, etwa Haare, Verhütungsmittel und Schminke. Diese wollten wir während den Gesprächen in den Filmen einblenden, um das Gesagte zu untermalen.

Mit den Interviews und dem Filmen und Ton Aufnehmen haben wir uns abgewechselt. Sariana brachte Kamera und Audio-Erfahrung mit, Lucy Erfahrung mit journalistischen Interviews. So konnten wir uns gegenseitig unterstützen und beide lernten ein neues Gebiet kennen. Alle Interviews verliefen gut und ohne grosse Zwischenfälle. Wir waren überrascht, wie offen die Frauen uns gegenüber waren und konnten Gelerntes von den Fächern «Filmisches Gestalten», «Audio- und Kameratechnik» und «Konvergent Arbeiten» umsetzen.

Nach den Interviews entschieden wir uns, dass wir die Namen der Frauen nicht veröffentlichen werden, da einige Frauen das so wünschten.

Equipment
Kameras: 2 x Canon 70D
Audio: Funkset Sennheiser Bodyback EW-112P, Zoom Rekorder H6, Rode VideoMic
Licht: Vom TV-Studio, Diffusor Folie
Stativ: Videostativ Sachtler FSB 4 Dreibeinstativ mit Quicklock

Postproduction
Die Postproduction brauchte am meisten Zeit. Jedes Interview ergab Material von 20 bis 30 Minuten. Der Schnitt der drei Videos im Adobe Premiere Pro dauerte etwa vier Wochen, da wir sehr viele gute Aussagen hatten und wir die Videos so schneiden wollten, dass sie Geschichten erzählen und die Aussagen nacheinander Sinn ergeben. Beim Rohschnitt war jedes Video fast 10 Minuten lang. Wir waren uns schon im Vorfeld bewusst, dass die Videos lang werden würden, da die Themen aber komplex sind, war es uns wichtig, dass die Frauen sich richtig aussprechen können. So war es aber wichtig, dass der Film jeweils so geschnitten wird, dass es für den Zuschauer interessant bleibt. Wir fanden eine Balance zwischen starken und ruhigen Aussagen. Dadurch mussten wir aber viele Themengebiete weglassen, da sie nicht ins Konzept passten – eigentlich hätten wir Material für etwa 10 Videos gehabt.
Da wir viele emotionale Aussagen haben, passten die Zwischenbilder von Details nicht mehr richtig ins Konzept. Sie wirkten störend sind und lenkten vom Gesprochenen ab. Daran hatten wir im Vorfeld nicht gedacht. Auch dort haben wir sehr viele Aufnahmen, schlussendlich jedoch nur die wichtigsten in den Film genommen.

In der Postproduction viel uns auf, dass drei Aufnahmen unscharf gefilmt wurden. Wir können uns das nicht erklären, da wir bei jedem Interview mehrmals die Kamera überprüft hatten.

Da wir die meisten Interviews an verschiedenen Tagen gefilmt hatten und wir das Studio jedes Mal neu aufbauen mussten, bereitet uns das Licht und die richtige Position der Interviewten beziehungsweise der Kameras viel Mühe. Nicht immer waren alle Personen in der gleichen Position und die Gesichter waren unterschiedlich stark ausgeleuchtet. Im Premiere Pro konnten wir die einzelnen Personen dann so skalieren, dass sie alle bildtechnisch von der selben Position aus sprechen. Beim Color Grading konnten wir die zu fest ausgeleuchteten Gesichter noch korrigieren, dass durch den gesamten Film ein einheitliches Bild entsteht. Auch merkten wir, dass an einer Stelle die Ohrringe von einer Frau zu hören sind. Dies fiel uns während des Drehs nicht auf. In der Zukunft würden wir eine Checkliste erstellen, damit wir am Drehtag nichts vergessen und auf alles gefasst sind, wie beispielsweise volle SD Karten oder Störgeräusche erkennen und beheben.

Das Einfügen der Untertitel auf Deutsch dauerte sehr lange, doch wir sind froh, dass sie drin sind. Wir legten uns auf Untertitel fest, da wir auch Menschen ansprechen wollen, die weniger gut Schweizerdeutsch sprechen oder aus Deutsch sprechenden Ländern sind. Wir merkten auch, dass einige Dialekte schwerer zum Verstehen sind, etwa der Walliser.

In der letzten Woche vor Abgabe stellte uns Juliette Niedermaier, eine Studienkollegin, ihr Lied «Emporter» für den Vorspann und Abspann zur Verfügung. Das war eine spontane Entscheidung, da wir fanden, das Lied passe perfekt zu unserem Thema – emotional und berührend.

Website
Bei der Website hatten wir Mühe und sie brauchte viel Zeit. Wir waren uns zwar schnell einig, wie sie aussehen soll, doch das Programmieren bereitete uns sehr viel Mühe, da wir beide wenig Erfahrung damit haben. Zum Glück half uns Seline Freiburghaus weiter, eine Tutorin des Interaktive Medien Unterrichts. An sie mussten wir uns oft wenden. Auch Alexander Mazzone, ein weiterer Tutor, half uns viel.

Für den Header entschieden wir uns, eine einfache Animation mit selbstgezeichneten schlichten Skizzen zu verwenden, da sie elegant wirken und das Thema zusammenfassen. Diese Animation kreierten wir in After Affects und fügten sie danach als Video in die Website ein. Leider funktionierte dieses Video bei ein paar Smartphones nicht. Deshalb fügten wir ein Bild ein bei der Mobile Version. Jedoch funktioniert der Header bis heute auf ein paar Smartphones nicht. Wir haben zwei Tage am Problem gearbeitet, es funktioniert aber nach wie vor nicht. Wir können uns das nicht erklären, werden uns aber im kommenden Semester mit dem Problem noch einmal auseinandersetzen.

Fazit
Durch «Frauen sprechen Klartext.» haben wir beide extrem viel gelernt. Das Projekt war sehr aufwendig und beanspruchte viel mehr Zeit, als wir im Vorfeld dachten. Durch diese Unterschätzung waren wir in den letzten zwei Wochen vor Abgabe fast jeden Tag im Produktionsraum am Arbeiten. Eine weitere Person in unserem Zweierteam hätte uns beiden gutgetan.

Beim nächsten Projekt werden wir sicher früher mit dem Programmieren einer Website und mit der Postproduction beginnen, damit wir am Schluss nicht so einen Stress haben. Auch würden wir die Kameras während den Drehs besser kontrollieren, wie etwa die Schärfe oder die Belichtung.

Und trotz all diesen Punkten sind wir stolz auf unsere Arbeit: «Frauen sprechen Klartext.» ist zu einer Plattform geworden, auf der sich 15 Frauen aussprechen konnten und durch die sich viele andere Frauen inspirieren und identifizieren können. Ein Ort, wo drei Tabuthemen unter die Lupe genommen werden. Wir sind beide überrascht, wie offen die Frauen gesprochen haben – über intime Ängste und Erfahrungen. Jede ihre persönliche Geschichte. Wir merkten, dass viele andere Menschen mit ähnlichen Problemen kämpfen wie wir, sei es etwa unser Aussehen, der Druck der Schönheitsindustrie oder Erfahrungen mit der Pille. Wie beide haben viel über Organisation und Technik gelernt – aber auch viel über uns selber und die Menschen um uns herum. Wir sollten öfters Klartext sprechen.

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