Idee
Heutige Smartphones sind wahre Alleskönner. Bei einer Unterhaltung mit einem Kollegen ist der Game Boy zum Thema geworden. Der Kollege behauptete, dass ein Game Boy heute trotz veralteter Technik viel mehr faszinieren würde, als das neueste Smartphone-Modell. Die neuen Smartphones überraschen uns nicht mehr, während die meisten von uns schöne Erinnerungen mit dem Game Boy verknüpfen. So war die Idee geboren: Wir wollen die Reaktionen und Emotionen der jungen Leute einfangen, wenn sie heute wieder einen Game Boy in die Hände nehmen können.
Die versteckte Kamera
Um authentisches Material zu erhalten war klar, dass niemand merken soll, dass er/sie gerade gefilmt wird, sprich: Eine versteckte Kamera muss her. Erst spielten wir mit dem Gedanken, eine GoPro zu verstecken, aber selbst die verhältnismässig kleine GoPro kann nicht unauffällig platziert werden. Deshalb konnten wir über die HTW eine sogenannte Spionage-Kamera bestellen. Die bestellte Kamera ist eine Uhr/Wetterstation, welche über eine getarnte 1080p Kamera inklusive Mikrofon und Bewegungssensor verfügt.
Schwierigkeiten & Learnings
Rechtliche Situation
Filmen mit versteckter Kamera an öffentlichen Orten ist rechtlich sehr heikel. Darum haben wir alle Personen im Video, die den Game Boy nicht beachtet haben und trotzdem gut erkennbar sind, verpixelt.
Die unfreiwilligen «Hauptdarsteller» haben wir im Nachhinein mit der Tatsache der Aufnahme konfrontiert und sie gefragt, ob sie eine Einverständniserklärung für die Veröffentlichung unterschreiben. Wir sahen da Probleme auf uns zu kommen, sind aber positiv überrascht worden: Ausnahmslos alle Personen haben sofort unterschrieben.
Bild-und Tonqualität
Auf dem Papier macht die Spionage-Kamera mit der 1080p-Auflösung und 25 Fps einen ordentlichen Eindruck. Doch der Praxistest hat bewiesen, dass Papier geduldig ist. Die Bildqualität ist trotz hoher Auflösung eher auf Webcam-Qualität. Noch schlechter ist die Tonqualität. Einerseits haben wir an einer lauten Umgebung gefilmt, andererseits befindet sich das Mikrofon auf der Rückseite der Kamera. Beides ist für eine gute Tonqualität nicht gerade förderlich. Da wir aber auf die Spionage-Kamera angewiesen waren, konnten wir nichts machen. Wir haben versucht, ein externes Mikrofon irgendwo aufzustellen, aber egal, wo wir es platziert hätten: Es wäre aufgefallen und der Game Boy wäre mit einem sichtbaren Mikrofon in der Nähe plötzlich sehr verdächtig erschienen. Wir haben deshalb versucht, den dürftigen Ton im Adobe Audition so gut es geht zu verbessern.
Auch der nervige und obendrein falsche Timestamp im Video haben wir trotz befolgen der Bedienungsanleitung der Spionage-Kamera nicht weg gebracht. Ärgerlich.
Bei einem nächsten Mal würden wir darauf achten, eine ruhige und nicht hallende Umgebung auszuwählen, damit das interne Mikrofon der Spionage-Kamera nicht überfordert ist.
Die Kamera als solches
Obwohl die Spionage-Kamera keine zwei Meter vom Game Boy entfernt aufgestellt wurde und sich die Leute in einer vertrauten Umgebung aufhielten und wussten, dass die Spionage-Kamera normalerweise nicht dort ist, hat praktisch niemand von der Kamera Notiz genommen. Auch nachdem die Leute aufgeklärt worden sind, hat niemand die Wetterstation verdächtigt. Als versteckte Kamera taugt das Gerät also hervorragend.
Der Game Boy als Objekt der Begierde – oder doch nicht?
Wir haben eigentlich damit gerechnet, dass sich die Leute auf dem Game Boy stürzen werden. Doch die grosse Mehrheit hat die altehrwürdige Konsole nicht oder kaum beachtet. Wir mussten daher mehrere Male zum versteckten Filmen ausrücken, um genügend Material zu sammeln. Ebenfalls problematisch war, dass wir im Voraus nicht wussten, von welcher Perspektive aus sich die Leute dem Gameboy annähern. Deshalb war die Spionage-Kamera nicht immer optimal platziert.
Fazit
Es war eine lustige Erfahrung, mit versteckter Kamera zu filmen. Wir sind positiv überrascht, dass alle Betroffenen umgehend die Einverständniserklärung unterschrieben haben und selbst danach niemand die Wetterstation als versteckte Kamera verdächtigt hat.
Jedoch sind wir technisch von der Kamera enttäuscht. Natürlich haben wir keine überragende Qualität erwartet, aber bereits ein nicht mehr ganz taufrisches Smartphone hätte deutlich hochwertigeres Material produziert. Leider waren wir auf die Kamera angewiesen und konnten kein besseres Equipment verwenden. Durch die durchzogene Qualität kommen auch die Emotionen nicht so gut zur Geltung, wie wir es uns gewünscht haben. Überhaupt haben die Leute eher zurückhaltend auf den Game Boy reagiert. Trotzdem sollte man das Video anschauen. Es zeigt, dass der Game Boy in den Köpfen der heute jungen Erwachsenen verankert ist. Wäre das neueste iPhone anstelle des Game Boys dagelegen, so hätten wir uns garantiert um keine einzige Einverständniserklärung zu kümmern gebraucht…