GoPro «randomized»

Bekannt ist sie vor allem als Action-Cam aus dem Sportbereich, die GoPro. Ihre einfache Bedienung und handliche Grösse kann aber auch in anderen Bereichen von grossem Nutzen sein – so etwa beim Reisen.

Wer mag es nicht, einige wertvolle Erinnerungen aus dem Urlaub nicht nur im Kopf, sondern auch digital abgespeichert mit nach Hause zu bringen? Meist übernimmt das Smartphone diese Aufgabe, ist es doch ohnehin überall mit dabei. Rasch, am besten noch während der Reise, einige Bilder mit schönem Filter versehen und der Welt mitteilen. Jeder «Digital Native» ist dann zufrieden. Mit der kleinen Angst, dass der Speicherplatz plötzlich ausgeht. Die, die viel auf sich halten, oder es tatsächlich draufhaben, gehen mit seiner professionellen DSLR, (aktuell vermutlich dem Model Sony Alpha a7s II), tief in die Knie und kneifen ein Auge zu. Es sei denn, das bereiste Land ist zu unsicher, um ein so wertvolles Teil mitzunehmen. Oder der Platz im Gepäck zu knapp.

Nur: Wie viele Reisen haben schon mit 8000+ Bildern auf der Speicherkarte geendet, die nie wieder angeschaut wurden? Der Plan, «unbedingt die Schönsten rauszusuchen und vielleicht auszudrucken» scheitert nicht selten entweder an der Zeit, oder an der blossen Zahl von Aufnahmen, da viele sich meist so ähnlich sind, dass der beste Schuss nicht auszumachen ist.

Wie wäre es, an Stelle eines digitalen Fotoalbums einen kurzen Film vom eigenen Trip zu erstellen? Den kann man zwar weder an die Wand hängen noch als Bildschirmhintergrund benutzen –zumindest noch nicht. Dafür bietet er die Möglichkeit, eine sehr persönliche Zusammenstellung der Impressionen nach eigenem Erleben zu erstellen. YouTuber gehen mit – zugegeben, möglicherweise etwas übertriebenem – Beispiel voran. Und häufig sind es wiederum die Sportler, die sich ihre GoPro auch auf Reisen zu Nutze machen. Nicht-Sportler und alle, die Freude an Experimenten haben: Wagt euch an die «Action-Cam»! Dabei ist es meist nicht einmal nötig, sich selbst eine anzuschaffen. Wir alle kennen jemanden, der eine besitzt – einfach ganz nett fragen und ein Souvenir in Aussicht stellen.

Tipps für das Reisen mit GoPro:

  • Genügend Akkus dabei haben. Und möglichst jeden Abend alle Akkus laden. Die GoPro hat zwar eine lange Laufzeit, aber das ständige An- und Ausschalten saugt aber am Saft.
  • Wer ohne Laptop unterwegs ist: genügend Speicherkarten mitnehmen. Achtung: Benötigt Micro-SD! Ansonsten: Footage jeden Abend von der Kamera holen, und von der Speicherkarte löschen.
  • Sei dir bewusst, was du nicht aufnehmen kannst. Durch den extremen Weitwinkel kann die GoPro zwar viel ins Bild nehmen. Dinge, die weit in der Ferne liegen und du von blossem Auge noch gut sehen kannst, werden auf den Aufnahmen kaum zu erkennen sein.
  • Sei dir bewusst, was du aufnehmen kannst. Der Fischaugen-Effekt kommt besonders gut, wenn die Kamera nahe auf etwas gerichtet ist. Bei der GoPro Hero 4 muss man sich um Unschärfe fast keine Sorgen mehr machen.
  • Renn nicht herum, such aber trotzdem Bewegung. Die GoPro ist, im Vergleich zu Spiegelreflexkameras, sehr leicht und deshalb sehr leicht zu verwackeln. Aufnahmen aus dem Laufen sind deshalb selten schön. Die Kamera einfach auf unbewegte Dinge zu halten, wirkt aber später wie ein Foto. Deshalb am besten fahrende Elemente finden, oder ruhige Schwenks wagen.
  • Scheiben mit Gegenlicht sind dein Feind. Es sei denn, du willst dich beim Filmen aufnehmen – rotem Blinklicht inklusive.
  • Ausprobieren!
  • Noch einmal: Einfach ausprobieren!

Nach dem Reisen:

    • Such dir ein gutes Lied. (Auf die Lizenzen achten! wenn du das Video nur für dich machst, und es nicht online stellst, kannst du aber alles verwenden.)
    • Nimm dir einige Tage Zeit für den Schnitt, aber setz dir eine Frist. Sonst enden die Video-Aufnahmen wie die 8000 nie gesehenen Ferienfotos.

Zur Inspiration: Ein Beispiel, wie ein fertiger Schnitt aussehen kann. Ein Reisevideo kann, muss aber nicht eine klassische Touri-Zusammenstellung von Sehenswürdigkeiten sein. Auch ein Ferienfilm kann eine Story oder eine Aussage haben.

Dieser Beitrag wurde nicht von GoPro gesponsert. Leider.

(mm)

Kritik
von Maja Gobeli

Idee

Der Beitragstext ist "Programm". Aus unserer Blockwoche in Amsterdam wollte ich unbedingt Bilder festhalten. Eine DSLR mitzunehmen kam für mich aber gleich aus mehreren Gründen nicht in Frage: Erstens war mir bewusst, dass wir nicht zum Filmen dort sein werden, weshalb die nötige Zeit für schöne Aufnahmen ohnehin nicht da sein würde - oder aber dem Fokus auf das eigentliche Projekt schaden würde. Andererseits ist für mich ein Nachteil von DSLRs, dass man sich sofort in ausgefallenen Einstellungen verliert. Hier noch ein bisschen Detail, dort möglichst viel Tiefenunschärfe, und schon hat man den Ort, an dem man sich befindet, völlig vergessen. Dass bei beschränkten Gepäckgewicht ohnehin kein Platz für eine schwere Kamera war, kam nur noch additiv dazu.

Da ich noch nie mit der GoPro gefilmt hatte, reizte mit die winzige Kamera sehr. Ich beschloss, alles auf eine Karte zu setzen - wortwörtlich, nur eine Micro-SD war mit dabei - und die Reise mit einer displaylosen Kamera zu verbringen. Das Ziel war, mir möglichst wenig Gedanken über die Aufnahmen machen zu müssen. Würde das Experiment gut kommen, umso besser. Sollte es scheitern, war es immerhin kein Pflichtprojekt.

Titel

Obwohl "randomized" nach meiner Nachforschung nicht genau das bedeutet, was ich mir gewünscht hatte, konnte ich mich von dem Titel nicht trennen. Ich fühlte mich nämlich wirklich, als würde ich die GoPro "zweckentfremden" und einfach "random" Aufnahmen machen.

Vorgehen

So stieg ich ins Flugzeug, ohne mich ein einziges Mal mit der Kamera auseinandergesetzt zu haben. Leichtsinnig, aber dafür ohne Druck. Ich hielt drauf, was ich Wert fand, gefilmt zu werden, liess die Kleine aber auch einmal in der Tasche. Vom ersten Tag an holte ich abends die Footage von der Kamera. Nach dem ersten Tag brannte ich darauf, zu sehen, wie die Aufnahmen geworden waren und war - ehrlich gesagt - überwältigt, besonders von der Echtheit, mit der die Kamera Farben aufzunehmen vermochte. Dass wir am ersten Abend die Golden Hour Amsterdams erwischt hatten, um die Stadt erstmals zu erkunden, motivierte extrem, mit dem Filmen weiterzumachen. Bereits aus den ersten Aufnahmen lernte ich, was eigentlich klar war: Mit der GoPro darf man nicht herumlaufen. Ein gewisses Mass an Ruckeln ist, besonders dank dem Fischauge, hinzunehmen, aber mit Grenzen. Nicht an jedem Abend bot sich die Gelegenheit, die Aufnahmen durchzusehen. Aber an gewissen Tagen der Woche geriet ich in starke Zweifeln, ob ich mein Rohmaterial tatsächlich würde verwenden können. Einerseits fragte ich mich, wie aus diesen Impressions-Schnipseln ein sinnvolles Video entstehen sollte. Andererseits musste ich erstmals feststellen, dass meine Kamera nicht alles sah, was ich sah. Wenn ich Windräder sah, sah die GoPro nur Horizont. Trotzdem achtete ich darauf, von jedem Tag der Woche Aufnahmen zu machen. Es erleichterte mich um den ständigen Zwang, schlechte Smartphone-Bilder zu machen. Dank dem, dass die GoPro keinen Bildschirm hat, kann man gleichzeitig filmen und den Moment geniessen - eben nicht durch ein Display, sondern richtig.

Noch während der Woche in Amsterdam begann ich, die Files ins Premiere zu importieren. Für die Musik hatte ich mich schon vorgängig entschieden - sie war mit Motivation gewesen, überhaupt ein Video über die Reise zu machen. Nachden ich mich durch die komplette Ansammlung von Rohmaterial geackert und die brauchbaren Stücke aneinandergereiht hatte, war ich bei rund 25 Minuten - soweit, so gut. Trotzdem erwies es sich als Herausforderung, ein Video zu erstellen, das weniger "random" war als Verwendung der Kamera. Das Letzte, was ich wollte, war aber ein "Touristen-Video".

Das Video

Der Schnitt entstand schliesslich aus dem Schluss heraus, der als erstes entstand. Das ganze Video arbeitet auf die Aufforderung des Schlusses hin. Es wiederspiegelt gleichzeitig mein Erlebnis der Reise - eine Mischung aus touristischem Geniessen des Ortes und Reflexion über die Thematik, mit der wir uns während der Blockwoche befassten (Urbanität, Zukunft, Nachhaltigkeit). Schliesslich habe ich die Banksy-Kunstwerke dazu benutzt, die Dialektik der Gegenwart deutlich zu machen - einerseits sind da die wunderschönen Momente, gleichzeitig gilt es die aktuellen Probleme der Welt nicht auzublenden. Den Banksy sehen zu können, war in sich ein ähnliches Erlebnis - einerseits schön, diese Möglichkeit zu haben, andererseits bizarr, herausgeschlagene Wände und abgesägte Zaunteile - also Strassenkunst - hinter Glas in einem Museum zu finden. Irgendwie wiederspiegelt das unsere Gesellschaft perfekt. Draussen wird auf ein Problem aufmerksam gemacht - wir holen es in unsere Stube und philosophieren darüber.

Weitere gesellschaftskritische Zusammenstellungen sind die Abfolge von Banksy-Darstellung des Kirchengangs (Gebet) und nachfolgendem "Suff".

Das Video ist auf repetitiven Elementen aufgebaut, die am Ende mit der Virtual-Realiy-Experience zusammengebracht werden, um im Betrachter die Frage auszulösen, ob das, was er gesehen hat, echt ist oder nur dem entspricht, das die Menschen der "Zukunft" (mit den VR-Brillen) gesehen haben.

Die Aussage setzt sich aus den gegen Schluss gezeigten Texten zusammen, die ihre Bedeutung aus dem gemeinsamen Kontext erhalten. Eingeläutet wird diese Aussage mit der Brücke zu den aktuellen Ereignissen, wiederum über die Banksybilder und die Kamera, die schliesslich überflutet wird (erhofft ist eine Assoziation zu der Flüchtlingskrise wie auch dem steigenden Meeresspiegel). Im Anschluss kommen die besagten Textschnipsel - "What's next?" - "What do YOU want next?" - "Weed." - "The future is already here" - "Change the future".

Ich hoffe, den Rezipienten des Videos und Leser dieser Kritik mit dieser Ausführung gerade beleidigt zu haben - dann hätte ich nämlich meinen Wunsch, diese Mitteilung zu transportieren, erfüllt.

Der Beitrag

Ja.. der Beitrag ist zu lang geraten. Zum Video schaffen's wirklich nur Interessierte, Random-Scroller und Durchhaltewillige. Aber die werden belohnt - hoffe ich.

Reflexion

Das Projekt hat sich für mich zu einer einzigen Überraschung entwickelt. Noch immer bin ich vor allem fasziniert davon, war für dankbare Aufnahmen die kleine GoPro macht. Ohne jeglichem Aufwand mit Einstellungen von ISO, Weissabgleich oder Blende schafft sie es, schöne Bilder festzuhalten. Insgesamt bin ich sehr froh, diese Methode für das Festhalten der Woche in Amsterdam gewählt zu haben. Sie bot eine wunderbare Möglichkeit, Eindrücke zu sammeln und gleichzeitig mit einem neuen Gerät experimentieren zu können. Sehr froh bin ich auch, dass das Watercase seine Aufgabe pflichbewusst gemeistert hat und ich die Kamera beim Tauchgang nicht zerstört habe. Hätte ja sein können.

Mit den Aufnahmen bin ich, was meinen Teil der Arbeit daran betrifft, mässig zufrieden. Dass so viele der Aufnahmen so wackelig sind, obwohl ich dieses Problem schon am ersten Abend erkannt hatte, ist unbefriedigend.

Beim Schnitt hatte ich unter anderem deshalb schliesslich zu wenig Aufnahmen, die wirklich brauchbar waren. Das hatte zur Folge, dass ich das Lied kürzen musste. Der Liedschnitt überzeugt mich nicht hundertprozentig, da er zu hören ist. Es erwies sich aber als bessere Alternative, als die überschüssige Zeit mit unnötigem Material zu füllen. Auch mit dem aktuellen Schnit bin ich nicht sicher, ob er eventuell zu wenig schnell ist. Vielleicht wäre es gut gewesen, von Beginn weg ein kürzeres Musikstück auszuwählen, das weniger verschiedene Aufnahmen benötigt. Diesem Track war ich aber schon länger so verfallen, dass er die einzige Option für mich war. Noch besser wäre aber gewesen, wenn ich mehr höherwertiges Material hätte sammeln können. Teil davon ist, dass ich ein nächstes Mal unbedingt versuchen will, mehr Variation in die Aufnahmen zu bringen. In meinem Rohmaterial lässt sich eine deutliche Tenzend zu Ufer-/Wasseraufnahmen feststellen, was zwar hübsch ist, aber nicht endlos verwendet werden kann. Zudem habe ich es auf den Zugfahrten etwas übertrieben mit filmen, ohne mir bewusst zu sein, dass ich wegen des Gegenlichts dauernd zu sehen war.

Fazit

Im Gesamten habe ich grosse Freude am Ergebnis. Es ist weit entfernt, perfekt zu sein, bot aber eine wunderbare Spielfläche. Dieses Experiment ohne Leistungsdruck anzugehen, hat dazu beigetragen, mehr zu wagen, was mir auch für künftige Pflichtprojekte eine Lehre sein soll.

Equipment

  • GoPro Hero 4
  • 3 Akkus
  • 1 Micro-SD
  • Watercase

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