Handy-Video-Journalismus

Man bewegt sich von einem Ort zum Nächsten. Was immer dabei ist: Das Telefon, iPhone, Handy, Natel, Samsung – die Begriffssammlung ist unendlich. Ist es möglich, mit dem eigenen Smartphone zu drehen, schneiden und bearbeiten? Alles auf kleinstem Screen, ohne Maus, mit wenigen Tasten und dennoch qualitativ hochwertig? Wir haben es für euch ausprobiert und zeigen euch die Ergebnisse für die Betriebssysteme Apple und Android.

VORBEREITUNG

Ist das überhaupt nötig? Nun ja, es ist sicherlich nicht schlecht, einige Dinge im Voraus abzuklären. Ist der Handyakku bei 100 Prozent, der Speicherplatz auch nach 30 Aufnahmen noch gewährleistet und hat man notfalls eine Powerbank griffbereit? Natürlich gibt es etliche Gadgets, welche qualitativ hochwertigere Tonaufnahmen und bessere Videoqualität bieten oder auch als Lichtquelle dienen. Mikrofone, Mini-LED-Leuchten oder auch Objektive kann man am Handy befestigen. Uns war es aber in erster Linie wichtig, ohne all diese Gadgets und Apps auszukommen. Denn man stelle sich folgende Situation vor:

Man befindet sich auf der italienischen Insel Elba im Mittelmeer und wird Zeuge eines Jahrhundertereignisses. Man möchte diesen Moment festhalten und zwar subito. Hat man sein Mobiltelefon zur Hand? JA. Hat man ein LED-Licht, ein Mikrofon oder Sonstiges zur Hand? NEIN.

Diese kurze Erzählung soll erklären, warum wir «nur» auf das Handy mit seinen Apps zurückgreifen wollen.

IPHONE

Im November habe ich, Rosa, am Slow Food Market in Zürich gearbeitet. Die perfekte Möglichkeit, einige Aufnahmen mit dem iPhone zu generieren und diese als Footage für mein Vorhaben zu verwenden. Im Folgenden stelle ich euch zwei Apps vor. Eines davon ist kostenpflichtig, das zweite ist gratis und im App-Store zum Download verfügbar.

KOSTENPFLICHTIGE APP – ADOBE PREMIERE CLIP

Wenn man im App Store den Begriff «Video Cutter» eingibt, wird man mit Apps überflutet. Nach der dreissigsten App habe ich aufgehört, mitzuzählen. Welches soll nun meinem Projekt dienen? Ich beginne von vorne. Neue Eingabe: Premiere Pro. Nun ja, die Adobe Creative Cloud und deren Programm kenne ich am besten. Mein erster Download ist die App von Adobe: Adobe Premiere Clip. Falls man die Adobe Creative Cloud nicht besitzt, ist die App kostenpflichtig. Ich kann mich mit meinen Login-Daten anmelden. Nun beginnt das Erkunden der App.

BENUTZUNG

Ich importiere alle meine Clips und wähle zwischen den Optionen: 1. Automatisch («Clip erstellt ein tolles Video genau im Rhythmus Ihres Soundtracks. Geschwindigkeit, Musik und Reihenfolge bestimmen Sie.») 2. Freiform («Manuell zuschneiden, sequenzieren und bearbeiten.») Für mich kommt Letzteres in Frage. Ich wähle es an und probiere nun das Interface aus. Die Handhabung ist ganz einfach.

RESULTAT

BEWERTUNG

POSTIV

  • Die Handhabung ist simpel
  • Man kann die Geschwindigkeit der einzelnen Clips anpassen
  • Man kann die Audiospur der Clips entfernen
  • Die Belichtung, Highlights und Schatten lassen sich manuell einstellen
  • Man kann das Video an Premiere Pro CC senden und es auf dem Desktop weiter bearbeiten

NEGATIV

  • Man kann nur auf die Sekunde genau schneiden
  • Es lassen sich keine Bilder in die Videosequenz einfügen
  • Quer und Hochformat lassen sich importieren. Jedoch kann man im Hochformat nicht zoomen und somit ist es in der Videosequenz unbrauchbar
  • Ich konnte keine eigene Tonspur ohne den Laptop einbauen. Deswegen musste ich auf die Adobe Sound-Bibliothek zurückgreifen

FAZIT

Eine App zu bewerten ist schwierig, wenn man dieselbe Anwendung auch auf dem Desktop brauchen kann. Die Nachteile in der Bedienung der App überwiegen. Da ich die Benutzeroberfläche des Desktop kenne, fühlte ich mich in meinen Optionen eingeschränkt. Das Schneiden gelingt nicht präzise, zudem konnte ich keine Bilder in die Videosequenz einfügen, es gab keine Zoom-Funktion und auch auf meinen O-Ton musste ich verzichten. Die Liste ist lang und ich könnte noch etliche negative Punkte hinzufügen. Nichts desto trotz ist eine kurze Sequenz gelungen und ich konnte die Video-Datei exportieren. Ich denke, das Resultat spricht für sich.


GRATIS APP – VIDEO TRIM

Die zweite App, die ich gerne vorstellen möchte, nennt sich «Video Trim» von dem Entwickler Bending Spoons Apps IVS. Diese Auswahl habe ich nach dem Kriterium «Bewertung» getroffen. Die App besitzt 4.4 von 5 Sternen und beinhaltet 306 Bewertungen im App Store.

BENUTZUNG

Zuerst fügt man die ausgewählten Clips in die Sequenzen ein. Die einzige Option ist, diese Clips aneinanderzureihen und sie zu schneiden. Es gibt keine weiteren Möglichkeiten wie Zoomen oder Sonstiges. Auch hier lösche ich alle Clips in Hochformat aus meiner Reihenfolge heraus. Nun gehe ich einen Schritt weiter und gelange zum Bearbeitungsmodus. In diesem Schritt ist es möglich, in die Sequenzen zu zoomen. Deshalb möchte ich einen Schritt zurück, um meine Videos in Hochformat doch noch einzufügen. Leider gelingt mir dies nicht und ich lasse es sein. In diesem Modus kann ich die einzelnen Clips bearbeiten. Ich kann die Übergänge bestimmen, den Clip bei Bedarf zoomen, Musik oder eine neue Tonspur aufnehmen und Sound Effects einfügen. Was mir fehlt, ist das Color grading. Dafür gibt es leider keine Möglichkeit in dieser Anwendung.

RESULTAT

BEWERTUNG

POSITIV

  • Palette an Sound Effects, die ich einfügen kann. (Lachen, Stimmen, Geräusche, etc.)
  • Man kann die Hintergrundfarbe ändern
  • Man kann selber eine Audiospur direkt via App aufnehmen und einfügen
  • Das Format lässt sich bestimmen / verändern
  • Die Zoomfunktion ist vorhanden
  • Die Geschwindigkeit lässt sich regulieren

NEGATIV

  • Beim bestimmen der Reihenfolge und der Länge der Clips ist der Übergang zwischen den Clips nicht fliessend. Für das Auge und die Vorstellungskraft entsteht hier ein unruhiges Bild.
  • Kein Color grading möglich
  • Ich konnte ein Video in meiner Camera Roll speichern, der zweite Versuch war kostenpflichtig

FAZIT

Wenn man den ersten Gratis-Versuch ausgenutzt hat, wird das Abo kostenpflichtig. Man kann jedoch ein 3 Tage Premium-Abo kostenlos lösen. Dieses wird kostenpflichtig, wenn man es innerhalb dieser drei Tage nicht wieder kündigt. Für ein Jahr zahlt man CHF 53.00. Auch bei dieser App ist man in der Benutzung teilweise eingeschränkt. Jedoch erreicht man durch das Hinzufügen mehrerer Tonspuren eine gewisse Tiefe im Video.

FAZIT BEIDER APPS

Im Vergleich der beiden Apps ist für mich die App «Video Trim» klar der Gewinner. Das Interface ist zwar nicht übersichtlicher, jedoch stehen dem Nutzer mehr Funktionen zur Verfügung. Ein Pluspunkt von Premiere Pro ist, dass ich den Rohschnitt mit dem iPhone machen kann und bei Bedarf auf die Desktopversion wechseln könnte. Da es aber in diesem Experiment um iPhone-Anwendungen geht, tendiere ich zur Gratis-App «Video Trim».


SAMSUNG GALAXY S6 (ANDROID)

Im Dezember reiste ich, Lorena, ins finnische Lapland. Mit einer Gruppe von ca. 50 Studenten konnten wir das Leben im Norden entdecken. Dabei filmte ich einige Ereignisse mit meinem Samsung Galaxy S6. Mit diesem Footage versuche ich nun, mit zwei verschiedenen Applikationen ein kleines Video zusammenzuschneiden. Da ich bei meiner Suche fast keine kostenpflichtigen Apps fand, stelle ich hier nun zwei kostenlose Versionen vor.

GRATIS APP – KINEMASTER

KineMaster wurde bereits 10 Millionen mal heruntergeladen und hat eine Bewertung von 4,4 im Playstore. Die Entwickler NextStreaming Corp. konnte mit ihrer App bereits 677’712 Bewertungen erzielen. Ich habe mich für diese App entschieden, da diese als Vorschlag beim Adobe Premiere Clip angezeigt wurde. Natürlich haben die Anzahl der Downloads und die Bewertungen meine Entscheidung beeinflusst.

BENUTZUNG

Im Querformat wird die App gestartet. Man kann einen Projektassistenten auswählen oder mit einem leeren Projekt beginnen. In diesem Beispiel startete ich den Projektassistenten. Danach wählte ich einige Clips aus Lapland aus und konnte beim nächsten Schritt zwischen vier verschiedenen Themen auswählen: Standard, auf der Bühne, Heiter oder Reisen. Ich wählte das Thema Standard und begann im nächsten Schritt, meine Texte für den Start und das Ende des Filmes zu definieren. Danach konnte ich aus der ganzen Palette für die Postproduction auswählen. Von Color grading, Audio und Effekten bis hin zu den Schriftarten.

RESULTAT

BEWERTUNG

POSITIV

  • Schönes Design
  • Color grading verfügbar
  • Audiospur kann mit Keyframes angepasst werden
  • Farbeffekte vorhanden
  • Zeitlänge kann auch unter einer Sekunde genau geschnitten werden
  • Viele Möglichkeiten wie die Übergange, Credits, Audio, Schnitt, Farbe, etc. daher kommen sollen, da eigentlich alles genau bearbeitet werden kann

NEGATIV

  • Nur im Querformat bedienbar
  • Wasserzeichen
  • Evtl. eine zu grosse Auswahl an Möglichkeiten, deshalb etwas unübersichtlich
  • Themenauswahl etwas unnötig
  • Keine Audiobibliothek von KineMaster vorhanden

FAZIT

Die App hat mich sehr erstaunt. Ich wusste nicht, dass es eine Anwendung gibt, die ein so grosses Angebot an Bearbeitungsmöglichkeiten hat. Mein Highlight war, eine menschliche Stimme mit Keyframes leise zu machen. Bilder und Übergänge konnten gut animiert werden und die Farben können mit Bearbeitung besser zur Geltung gebracht werden. Was mich etwas gestört hat, ist die Bedienung im Querformat.


GRATIS APP – MOVIE MAKER (SAMSUNG)

Eine kostenlose Video Editing Applikation für ein Samsung Smartphone ist der Movie Maker, welcher von Samsung entwickelt wurde. Da es naheliegend ist, mit einem Smartphone von Samsung die Anwendung vom gleichen Hersteller zu testen, habe mich für diese App entschieden.

BENUTZUNG

Um die App zu starten, muss zuerst ein neues Projekt erstellt werden. Dabei importiere ich alle Clips, welche ich bearbeiten möchte. Im nächsten Schritt kann zwischen verschiedenen Emotionen gewählt werden, wie das Video automatisch mit Musik, Effekte und andere Funktionen geschmückt werden kann. Dabei kann ich acht Emotionen wählen, unter anderem Active, Humorous, Love und Peaceful. Wenn ich keinen Effekt benutzen möchte, kann ich die Auswahl überspringen und mein Video zuschneiden. Ich kann nun selbst über Effekte, Tempo, Text, Lautstärke und Schnitt entscheiden.

RESULTAT

BEWERTUNG

POSITIV

  • Eine Erklärung gibt es gleich am Anfang des jeweiligen Schrittes
  • Gibt Vorschläge an Video-Stimmung
  • Die Zoomfunktion ist vorhanden
  • Das Format lässt sich ändern
  • Videogeschwindigkeit kann angepasst werden
  • Effekte können hinzugefügt werden
  • Texte in Video integrierbar
  • Fotos und Audio auf Smartphone können ebenfalls im Video eingebunden werden
  • Hintergründe für Start und Credits möglich
  • Übergange können aus einer Auswahl gewählt werden

NEGATIV

  • Man kann nur auf Sekunden genau schneiden
  • Kein Color grading verfügbar
  • Tonspur der Videos nicht veränderbar
  • Nur eine zusätzlich Audiospur, z.B. für Musik, kann hinzugefügt werden, nicht mehrere

FAZIT

Die App ist eine gute Grundlagen. Die Effekte sind nicht weltbewegend, aber für kleine Bearbeitungsschritte, wie Schnitt, Credits und Musik hinzufügen, ist die App praktisch. Man darf natürlich nicht zu viel erwarten, denn die Effekte und Übergange sind alle etwas billig und die App wäre bezüglich des Color grading und der Audiospuren ausbaubar.

FAZIT BEIDER APPS

Für mich ist KineMaster der klare Favorit. Da ich mir eine grosse Auswahl an Bearbeitungsmöglichkeiten gewohnt bin, schneidet für mich diese Applikation besser ab. Klar ist die App für Anfänger etwas komplex, jedoch können einige Bearbeitungsschritte übersprungen werden. Für Anfänger ist eine App wie Movie-Maker sicher ein guter Start, um Videos zusammenzufügen und einen ganzen Film zusammenzustellen.


ZUM SCHLUSS

So kommen wir zum Schluss, dass sich der Begriff Videojournalismus etablieren wird. Er wird an Bedeutung und Relevanz gewinnen. Doch wenn es darum geht, ein Video fertigzustellen, legt man sich mit dem Smartphone einige Steine in den Weg. Es braucht auf jeden Fall viel Geduld, mit den Fingern auf dem kleinen Screen ein Projekt fertigzustellen. Es ist aber auf jeden Fall machbar.

(ae)

Kritik
von Lorena Pati und Rosa Künzler

Idee

Da Rosa das Major Journalismus besucht, ist der Weg nicht mehr weit, um sich über Mobile-Journalismus zu informieren. Da wir beide oft unterwegs sind und mit unseren Smartphones jegliche Momente festhalten, sei es in Bild oder Video, wollten wir deshalb auch die Postproduction auf unserem Mobilgerät versuchen. Dafür wollten wir testen, welche Applikationen es für Apple und Android Handys gibt. Wie funktionieren sie und was sind die Vor- und Nachteile dieser Apps? Genau das wollten wir mit diesem Beitrag herausfinden.

Umsetzung

Glücklicherweise besitzen wir, Rosa und Lorena verschiedene Smartphones, eines von Apple und eines von Samsung. Das ist die perfekte Ausgangslage für eine Bewertung von verschiedenen Apps. Für die Vorbereitungen sassen wir zusammen und überlegten uns, welche Kriterien wir beachten müssen. Wir entschieden uns insgesamt für vier verschiedene Programme, je eine gratis und eine kostenpflichtige App für Android und Apple. Auf der Suche nach den geeigneten Apps haben wir eine ziemlich grosse Anzahl an Anbietern gefunden und mussten nun vier auswählen. Einige waren für uns logisch in unsere Auswahl zu nehmen und andere mussten wir auf gut Glück wählen.

Nach der Festlegung der Applikationen testete jeder individuell und machte Notizen. Mit diesen Notizen erfassten wir dann unseren Text, um so den Lesern die Applikationen näher zu bringen.

Erkenntnisse

Schwieriger als gedacht war die Auswahl der Applikation. Wir haben nicht damit gerechnet, dass es eine so grosse Auswahl gibt. Das Testen der Apps hat uns einen grossen Spass gemacht. Beim Testen hatten wir anfangs etwas Startschwierigkeiten, denn normalerweise probieren wir eine App aus und benutzen sie gleich. Hier mussten wir aber uns genaue Gedanken machen, wie die Benutzerfreundlichkeit und das Angebot aussieht. Wir versuchten möglichst viele Anwendungen auszuprobieren und diese gegenüber unserer Adobe Cloud zu stellen. Natürlich kann man Mobile und Desktop Programme nicht gut vergleichen, jedoch haben wir doch einige Funktionen in den Applikationen vermisst. In der Planung haben wir uns vorgenommen zwei kostenlose und zwei kostenpflichtige Apps anzuschauen. Leider gibt es eine so riesen Anzahl an kostenlose Apps, dass wir uns bei Android für zwei kostenlose entschieden haben. Es wurden vorhandene Clips verwendet, die leider nicht so qualitativ hoch waren, weshalb man beim nächsten Mal besser auf diesen Punkt achten soll.

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