Heimat, und was es überhaupt ist

Nicht wo du die Bäume kennst, wo die Bäume dich kennen, ist deine Heimat. 

Wir sind ständig unterwegs. Die Schule befindet sich hundert Kilometer von deinem Wohnort entfernt. Die Familie ist in der Schweiz oder sogar auf der ganzen Welt verstreut. Wir machen Ferien in exotischen Ländern wie Vietnam, Panama oder Südafrika. Die meisten von uns, und gerade die Jungen unter uns, sind immer in Bewegung. Wir shoppen in Mailand, wohnen in Zürich und arbeiten in Bern. Alles Alltag. Alles längst normal. Aber jetzt mal im Ernst. Nervt dich das ständige Unterwegssein nicht auch manchmal? Nirgends ist man richtig zu Hause. Immer fehlt einem ein Stück Geborgenheit, Vertrautheit oder eben auch Heimat. Und genau diese Frage habe ich mir gestellt. Was bedeutet den Menschen heute «Heimat» überhaupt noch? Ist das ein Ort, ein Gefühl oder vielleicht sogar eine Person? Uns steht die Welt offen. In der Schweiz sowieso. Wir sind frei in der Entscheidung, wo wir studieren, wo unsere erste Wohnung sein wird und ob wir eines Tages vielleicht sogar auswandern wollen. Früher war das anders. Es gab selten grosse Verschiebungen. Alles war sehr lokal.

Dieser Beitrag sollte auf keinen Fall aussagen «früher war alles besser». Vielmehr will ich mit diesem Beitrag zeigen, dass es ganz unterschiedliche Auffassungen geben kann, was Heimat bedeutet.

Ich habe also mein Mikrofon geschnappt, drei spannende Menschen getroffen und mit ihnen darüber gesprochen, welche Vorstellungen sie von «Heimat» haben.

Daraus resultieren drei Audiobeiträge. Bitte nicht erschrecken: Bild hat es bewusst keines, weil die Worte für sich sprechen sollen. Am Anfang steht jeweils meine Frage, dann folgt die gesprochene Antwort mit aufblitzenden Schlagwörtern. Alles auf Schweizerdeutsch, weil auch das Heimat ist. Hör rein und wer weiss, vielleicht spürst auch du ein Stück Heimat.

Peter Hasler – Heimatlos ufem Platzspitz

Felix Graf – Heimat, dä Begriff überstigt mich

Frida Schläpfer – s’Dörfli isch Heimat

(le)

Kritik
von Monica Oliveira

Idee
Eines Abends, auf dem Nachhauseweg, zurück in meine Heimat kam mir die Idee. Wieso nicht einen Beitrag über das machen, was eigentlich jeden betrifft? Jeder hat eine Heimat, doch jeder definiert diese ein bisschen anders. Bevor ich die verschiedenen Interviews für diesen Beitrag geführt habe, wusste ich selber nicht genau was Heimat alles bedeuten kann. Ich habe mir in der Vorbereitungsphase immer wieder Gedanken gemacht und kam zur Schlussfolgerung, dass eine Definition von Heimat viel komplexer ist als man denkt. Es ist nicht ein Ort, nicht die Menschen, es sind keine Gerüche – für mich ist es vielmehr ein Zusammenspiel aus all diesen Komponenten. Wenn das alles passt und sich zu einem Ganzen fügt, dann fühl ich mich angekommen, zu Hause. Das ist dann Heimat. Für mich kann das im Ausland sein. Alleine oder mit Freunden. Beim entspannten Abendessen mit der Familie oder beim Biertrinken in einer Bar. Ganz am Anfang der Idee wollte ich eine allgemein gültige Definition finden für „Heimat“. Nach diesen Gesprächen wurde mir jedoch bewusst, dass die Auffassung von "Heimat" so unterschiedlich ist wie die Leute, mit denen ich gesprochen habe. Eines war klar, ich wollte kein Video produzieren. Ein Audiobeitrag soll es werden. Das Bild lenkt meiner Meinung zu fest ab und die Thematik verlangt, dass man sich hinsetzt und einfach nur den Worten, Eindrücken und Geschichten lauscht.

Umsetzung
Ja, die Umsetzung. Das war ein Experiment ☺. Das Projekt habe ich von A-Z selber umgesetzt. Von der Planung, dem Konzept, der Technikbestellung, dem Fragebogen, dem Führen der Interviews, der Technik vor Ort sowie der ganzen Postproduction. Das hört sich nach viel Arbeit an. Und ja, das war es auch. Mir lag das Projekt von Anfang an am Herzen. Aus diesem Grund wollte ich auch was Schönes und Bewegendes abgeben. Da gab es einige Wochenenden an denen ich daran gefeilt habe.

Die 15 essentiellen Schritte
1. Ideensammlung, Besprechen mit Freunden
2. Suchen von geeigneten Interviewpartnern
3. Anschreiben, Terminfindung
4. Ausarbeiten der Fragen
5. Abholen Equipment
6. Hinfahrt (zum Teil 3h Weg hin & zurück)
7. Interview
8. Fotos der Sprecher
9. Sichten bzw. Abhören des Materials
10. Schneiden
11. Passende Musik finden
12. Feedbacks einholen Familie, Freunde
13. Audiooptimierung mit Audition
14. Titel
15. Abspann

Die Interviews haben extrem Spass gemacht. Während des gesamten Prozesses habe ich mir immer wieder gedacht, wie toll es ist, neuen Menschen mit spannenden Geschichten zu begegnen. Dadurch, dass wir in anderen Modulen (Filmisches Gestalten und Journalistische Formate) bereits Interviewerfahrung sammeln konnten, wusste ich wie ich die Fragen formulieren muss, damit ich an „meine Antworten“ kam. Spannend dabei war, dass ich mich während des Projektes, welches sich über zwei Monate hinzog, selbst beobachten konnte, wie ich durch die Interviews Fortschritte gemacht habe. Das letzte Interview war viel weniger ein Frage/Antwort Spiel sondern vielmehr ein unkompliziertes Gespräch mit einem Freund. Dadurch entstand eine schöne Atmosphäre und der Interviewpartner konnte aus sich rauskommen und ganz frei von seinen Gedanken und Erfahrungen erzählen.

Probleme
Es gibt keine Probleme, nur Lösungen! ☺ Naja, es gab doch einige. Aber nennen wir es doch einfach Schwierigkeiten. Und zwar stand ganz am Anfang die Idee einer schwarz/weiss Bildstrecke sowie dem dazugehörigen Heimat Audiobeitrag. Dadurch, dass ich nach dem Interview zu wenig Zeit hatte, um die Gesprächspartner noch abzulichten, fiel die Idee ins Wasser. Im Nachhinein muss ich aber sagen, ich finde es auch ohne Bild gut. So kann sich der Zuhörer nur auf das Gesprochene fokussieren und sich dadurch selber ein Bild der Person machen. Trotzdem wollte ich eine visuelle Komponente, damit der Zuhörer nicht sofort abschweift und wegklickt. Deshalb habe ich die Schlagwörter eingebaut. Immer wieder blitzen Wörter auf, die meiner Meinung nach dem Gesprochenen mehr Tiefe geben und das Gesagte unterstreichen. Ein weiteres Problem war eine vierte Interviewpartnerin. Sie ist aus Chile in die Schweiz eingewandert und hatte einen ganz anderen Blickwinkel zum Thema "Heimat". Dadurch, dass sie nur gebrochen Deutsch sprach, konnte ich den Inhalt nicht verwenden. Zudem hat mir auch die Zeit gefehlt, um einen vierten Beitrag zu schneiden. Schade, aber aus Erfahrungen lernt man ja. Nächstes mal versuche ich länger mit ihr am Telefon zu sprechen, um bereits da zu merken, dass es schwierig werden könnte, den Beitrag auch tatsächlich zu verwenden.

Fazit
Wie mein erster Fallschirmsprung! Ich würde es sofort wieder tun! Es war anstrengend. Hat verdammt viel Zeit gekostet. Ich musste mich mit verschiedenen Adobe Programmen auseinandersetzen. Das war nicht immer ganz einfach! Aber ich habe dadurch extrem viel gelernt. Und das ist doch schliesslich die Hauptsache. Nach diese Projekt weiss ich noch mehr, dass ich in Zukunft einen Job haben will, bei dem ich immer wieder auf spannende Menschen treffe, die interessante Geschichten zu erzählen haben. Ich habe keine Lust auf oberflächlichen Small-Talk. Genau das soll dieses Projekt auch verkörpern. Nämlich das man sich Zeit nimmt, mal kurz hinsetzt und Gedanken zu dieser Welt, zum Umfeld und über sich selbst macht. Was sind wir? Woher kommen wir und wohin gehen wir? Bei all diesen Fragen stossen wir immer wieder an den Ausgangspunkt zurück, zurück zur Heimat, denn da fühlen wir uns immer noch am wohlsten.

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