How to film POV

Letzten Sommer haben Andreas Junga, Konstantin Schmidt und ich, Claudio Caflisch, einen spannenden und mitreissenden Kurzfilm produziert. Jedoch haben wir uns nicht an die Normen der Filmwelt gehalten, sondern vielmehr versucht, den Film so immersiv wie möglich zu gestalten. Der Zuschauer hat die Zügel in der Hand und ist dafür verantwortlich, wie das Ende aussehen wird. Somit entstand ein interaktiver POV-Thriller. Was POV ist und was bei einem POV-Shot zu beachten ist, erfährst du in diesem Beitrag.

Hier geht es zum Beitrag: Escapadre

Falls euer Interesse noch nicht geweckt wurde, könnt ihr auch zuerst den Trailer anschauen:

Nun fragen sich vielleicht viele, was denn POV überhaupt bedeutet. POV steht im Englischen für «point-of-view» und beschreibt in der Filmsprache eine Einstellung oder einen Film, der aus Sicht eines Protagonisten gedreht wird. So wirkt es, als wäre man selbst mitten im Film. Diese Stilistik kam uns sehr zugunsten. Somit kann der Zuschauer nicht nur Entscheidungen für den Protagonisten wählen, sondern auch die Konsequenzen aus seiner Sicht erleben. Halt eben POV. Wie man jetzt aber einen solchen Effekt erzeugen kann, könnt ihr nur raten, ausser ich zeige es euch. Lass uns beginnen.

Vorbereitungen

Als erstes braucht man natürlich die Idee oder Story. Diese sollte möglichst immersiv gestaltet sein, damit der Effekt auch bemerkbar wird. Wenn man diese hat, sollte man sich überlegen, was für Einstellungen der Film braucht. Am besten geht das mit einem Storyboard. Hier fängt auch schon die Schwierigkeit eines POV-Filmes an. Denn da alles aus der gleichen Perspektive gedreht wird, erlaubt das Format auch nur wenige Möglichkeiten zum Schnitt. Kurz gesagt: Man muss jede Szene minutiös planen, damit nichts schief gehen kann und die ganze Szene am Stück gedreht werden kann. Der Zuschauer merkt es sofort, wenn in einer Einstellung geschnitten wurde. Darum muss alles beachtet und durchdacht werden. Wenn etwas nicht am Stück drehbar ist – sei es, weil die Einstellung lang und kompliziert ist oder, weil das Set mitten in der Einstellung verändert werden muss (Licht, Ton o.ä.) – muss man sich überlegen, wie man einen Schnitt verstecken kann. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Mit einem Effekt überspielen
  • Das Objektiv abdecken oder auf eine weisse Wand richten und in der nächsten Szene vom gleichen Objekt wieder zurück auf die Szene richten. Was dazwischen passiert, kann im Schnitt entfernt werden
  • Einen Einschub in der Story, wie Rückblende o.ä. einbauen

Die Kamera

Da es sehr immersiv ist, wenn man die Arme und Hände des Hauptdarstellers sieht, empfiehlt es sich, diese frei zu lassen. Doch wer führt dann die Kamera? Diese Frage mussten wir auch für uns klären und kamen auf folgende Idee:

Man nehmen einen alten Motorradhelm, einen kleinen Magic-Arm, eine leichte Kamera, ein Gegengewicht und zuletzt natürlich noch ein wenig Panzertape. Den Magic-Arm befestigt man am Rand des Helmes und daran dann die Kamera. Bestenfalls sind die Einstellungen an der Kamera schon vorgenommen. Ihr wollt nicht nachher noch daran rumschrauben, wenn der halbe Bildschirm vom Helm verdeckt wird. Das Gegengewicht hinten platzieren und mit Panzertape ankleben. Zum Schluss noch die Kamera mit dem Tape am Helm fixieren, falls ihr rüttelloses Videomaterial wollt. Et voilà. Das kommt dabei raus:

Ausserdem ist es wichtig, dass man ein weitwinkeliges Objektiv auf die Kamera schraubt. Somit wirkt es wie das menschliche Auge und man kann auch gut auf kleinem Raum filmen. Wir haben bei unserem Film ein 18mm Objektiv verwendet.

Der Dreh

Anstatt eine Szene mit einem Schnitt zu unterbrechen, weil das Set verändert werden muss, kann man auch auf ein mobiles Set umsteigen. Dafür braucht man einfach genug Manpower. Wenn man das hat, kann man zum Beispiel das Licht in die Hände nehmen und einfach hinter der Kamera mitlaufen. Wir mussten bei unseren Dreharbeiten zum Teil sehr improvisieren. Es kam auch schon vor, dass jemand mit einer Matratze hinter der Kamera herlief, damit nachher eine Protagonistin darauf fallen konnte. Man kann sich das wie ein Spiel vorstellen, in dem der Blick der Kamera von allen Set-Mitgliedern und Ausrüstungen ausgewichen werden muss. Die Cadrage ist dann sozusagen die Tabu-Zone. Alles rundherum ist der Spielbereich. Wenn man sich dies vor Augen hält, kommt man auf ausgeklügelte Ideen. Wie hier, als sich der Tonmeister Konstantin hinten im Auto versteckte und seine Ton-Angel zwischen dem Helm und dem zweiten Protagonisten hielt:

Weitere Eindrücke

Da wir noch mehr Behind-the-Scenes-Material haben, zeige ich euch noch ein paar weitere Eindrücke aus dem Projekt.

Das Team ist mit dem Drehtag zufrieden

Helm-Rig Version 1 (zu schwerer Arm)

Begeistert vom Helm-Rig, Version 2

Andreas ist zugleich Regisseur, Nebendarsteller und Tonmeister 2

Nachsynchronisation mit Schauspieler

Nun seid ihr an der Reihe. Geht raus und kreiert euer eigenes POV-Erlebnis.

Webseite: www.escapadre-film.ch

Instagram: escapadre_film

(lhu)

Kritik
von Claudio Caflisch

Idee

Meine Idee war es mit bestehendem Material über unser schon realisiertes Projekt Escapadre einen weiteren Beitrag zu erstellen, in dem ich erkläre, was POV ist und wie man POV filmt. Denn man unterschätzt wie viel eigentlich beachtet werden muss bei so einem Projekt. Ich finde das Format nach wie vor absolut spannend. Mit diesem Beitrag will ich das Thema auch anderen näherbringen.

Umsetzung

Während den Dreharbeiten haben wir immer wieder Fotos und Videos vom Set gemacht. Somit hatte ich schon gutes Material, um meine Erklärungen auch zu visualisieren. Mir ist immer noch präsent, was für Herausforderungen wir beim Projekt bewältigen mussten. Also konnte ich den Text dann einfach von meinen Erinnerungen aus niederschrieben. Da wir mit dem Projekt Escapadre für die Digezz Awards nominiert waren, hatte ich dafür einen Trailer geschnitten und ein neues Thumbnail erstellt. Diese konnte ich dann auch hier in diesem Beitrag verwenden, um die Leser auf das ursprüngliche Projekt zu verweisen.

Fazit

Insgesamt bin ich mit dem Ergebnis zufrieden. Ich denke, ich konnte so das Thema POV verbreiten und visualisieren. Allerdings hätte ich gerne mehr Zeit gehabt, um noch weiter ins Detail gehen zu können, was es alles braucht, das ein POV immersiv wirkt. Die wichtigsten Punkte konnte ich aber nennen.

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