How to lapse! Oder: Zeitraffer für Anfänger

Hyper- und Timelapse sind spannende Fotografie-Techniken, um Bildideen kreativ umzusetzen. Und das beste daran: Jede und jeder kann sie anwenden, denn es braucht wenig technisches Wissen und kaum Equipment. Hier erfährst du leicht verständlich, wie es geht.

Was sind Time- und Hyperlapse?

Timelapse heisst Zeitraffer. Das Vorgehen ist dabei immer dasselbe: Es werden viele verschiedene Fotos vom gleichen Sujet über längere Zeit aufgenommen und zu einem Video zusammengefügt. Der visuell spannende Effekt entsteht dabei durch die minimalen Veränderungen im Bild. Was auf einem separaten Foto nicht sichtbar ist, zeigt sich beim Zusammenfügen der Bilder als Abfolge.

Hyperlapse verwendet die genau gleiche Technik wie Timelapse. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Kamera zwischen den Aufnahmen ein kleines Stückchen verschoben wird. Damit entsteht der Eindruck von Bewegung, was je nach Situation zusätzliche Spannung ins Bild bringen kann.

Welches Equipment brauche ich?

  1. Eine digitale Fotokamera: Hier ist es von Vorteil, wenn die Kamera eine Intervall-Funktion hat. Das heisst, dass sie mehrere Bilder in einem bestimmten Zeitabstand automatisch aufnehmen kann (Timer). So muss die Kamera während der Aufnahme nicht berührt werden und es entstehen keine Ruckler. Alternativ dazu kann ein externer Auslöser verwendet werden.
  2. Ein Stativ: Dabei ist es optimal, ein stabiles Stativ zu verwenden. Bei sehr leichten Modellen können bereits leichter Wind oder kleine Erschütterungen des Bodens das Bild manipulieren.
  3. Eine Software zum Bearbeiten der Bilder. Hier arbeitet es sich sehr einfach mit Adobe Premiere, das auch als kostenlose Demoversion erhältlich ist. Alternativ gibt es Online diverse Freeware-Angebote.

Wie muss ich fotografieren?

Timelapse

  1. Bilder berechnen: Wie aus der Filmproduktion bekannt, sollte ein Video mindestens 25 Bilder pro Sekunde haben. Mit weniger Bildern wirkt es nicht flüssig. Noch schöner werden Timelapse-Aufnahmen mit 30 Bildern pro Sekunde. Ist es das Ziel, 10 Sekunden Timelapse-Material zu generieren, dann müssen folglich 300 Bilder geschossen werden.
  2. Intervall einstellen: Je nach Sujet kann das Intervall grösser oder kleiner sein, das ist Geschmackssache. Wichtig zu wissen ist, dass sich schnell verändernde Motive (z.B. Wolkenhimmel bei starkem Wind) eher kürzere Intervalle benötigen (z.B. 5 Sekunden), langsam bewegende Sujets ruhig mehr.
  3. Manueller Weissabgleich: Da sich die Lichtsituation während der Aufnahmen ständig ändert, darf die Kamera keinen automatischen Weissabgleich vornehmen. Sonst wirken die zusammengefügten Aufnahmen anschliessend nicht wie aus einem Guss.
  4. Sujet fokussieren: Nun kann das gewünschte Motiv scharf gestellt werden. Es ist wichtig, den Autofokus anschliessend auszuschalten, weil die Kamera unter Umständen in Eigenregie fokussiert. Das verfälscht das Ergebnis.
  5. Shoot! Nun kann man den Auslöser drücken und dafür sorgen, dass nichts und niemand in die Nähe des Stativs kommt. Wenn die gewünschte Anzahl Bilder geschossen ist, kann man die Aufnahme beenden.

Hyperlapse

Beim Hyperlapse gilt das gleiche Vorgehen wie beim Timelapse, zusätzlich gibt es aber zwei Dinge zu beachten:

  1. Bewegung: Nach jedem Bild wird das Stativ ein Stückchen verschoben (z.B. 15cm). Dabei ist es extrem wichtig, immer im gleichen Abstand und auf einer Linie zu verschieben. Um das einzuhalten, können natürliche Linien wie z.B. Pflasterstein-Rinnen hilfreich sein. Sind diese nicht vorhanden, kann der eigene Fuss als Massstab dienen.
  2. Motiv fixieren: Damit keine verwackelten Aufnahmen entstehen, muss das Motiv innerhalb des Suchers immer an der gleichen Stelle sein. Um das zu erreichen, eignen sich die Fokuspunkte (oder auch das Sucher-Gitter) hervorragend. Man sucht sich eine markante Stelle im Bild (z.B. eine Turmspitze) und richtet den Bildausschnitt nach jedem Verschieben des Stativs wieder so ein, dass der Fixpunkt an der selben Stelle ist wie zuvor.

Wie muss ich bearbeiten?

  1. Bilder bearbeiten: Nach dem Importieren der Bilder ins bevorzugte Bildbearbeitungsprogramm gilt es die Fotos zu korrigieren. Dabei ist es von Vorteil, ein Bild in der Mitte der Foto-Sequenz auszusuchen und dieses nach Belieben zu bearbeiten. Anschliessend können die gemachten Einstellungen auf alle anderen Bilder synchronisiert werden.
  2. jpg exportieren: Für die Erstellung der Videosequenz reichen JPG-Bilder im Format 1080p aus. Wichtig ist, dass am Schluss alle exportierten Bilder in einem Ordner abgespeichert sind und denselben Namen mit jeweils aufsteigender Folgenummer dahinter tragen.
  3. Bildserie erstellen: Nun lässt sich mit z.B. Adobe Premiere eine Bildsequenz erstellen. Dazu muss ein neues Projekt erstellt werden. Anschliessend wählt man beim Importieren der Mediendateien einfach das erste Bild der exportierten Bilderreihe aus, und wählt “Image Sequence/Bildsequenz” aus. Premiere lädt nun alle Fotos der Bildserie in das Projekt.
  4. Export: Nun können je nach Bedarf noch Musik und Titel hinzugefügt werden und das Projekt wird als z.B. mp4-Film exportiert.

Tipps und Tricks

  1. Timelapse-Effekt: Der “typische” Zeitraffer beinhaltet auch unscharfe Motive, z.B. Menschen oder Autos die sich bewegen. Das kann ganz leicht gemacht werden, indem die Verschlusszeit erhöht wird. So erhält das finale Video mehr Dynamik und eben den klassischen “Timelapse-Effekt”.
  2. Testbilder: Bei Hyper- und Timelapse ist es empfehlenswert, das erste und das letzte Bild vorab zu testen, sprich probeweise aufzunehmen. Dabei ist es wichtig zu schauen, ob das letzte Bild mit dem gewählten Bildausschnitt auch tatsächlich dem gewünschten Resultat entspricht. Das ist zu Beginn nur schwer abzuschätzen.
  3. Routenplanung: Beim Hyperlapse lohnt es sich, die genaue Route, die mit dem Stativ zurückgelegt werden soll, vorher abzulaufen. So umgeht man Unwegsamkeiten und blickversperrenden Objekten im voraus und erlebt während der Aufnahme keine bösen Überraschungen.
  4. Richtwerte Intervall:
    • Für Menschen auf einem Platz: 1 bis 5 Sekunden
    • Sonnenauf- und untergänge oder vorbeiziehende Wolken: 5 bis 15 Sekunden
    • Aufgehende Blüten und Knospen: 30 bis 60 Sekunden
    • Baustellen: 1 Aufnahme pro Stunde bis 1 pro Tag

Time- und Hyperlapse-Experiment in Bern

Kritik
von David Gerber

Idee

Die Foto-Technik faszinierte mich persönlich schon seit vielen Jahren. Und ich hatte schlicht keine Ahnung, wie man sie anwendet. Zwar hatte ich verschiedene Anleitungen gelesen und auch Tutorials geschaut, doch ein maximal-reduziertes Manual war keins dabei. Auch sind fast alle Anleitungen extrem technisch geschrieben, so dass Amateur-Fotografen meist aussen vor gelassen werden. Das wollte ich ändern und eine ganz kompakte Anleitung erstellen und mir nebenbei die Technik selbst aneignen.

Vorbereitung

Als Vorbereitung reservierte ich mir drei Drehtage, um genügend Zeit für Fehlgriffe zu haben. Anschliessend recherchierte ich ausführlich über das Thema. Viel Inspiration und Wissen erhielt ich durch die Tutorials von Mike Suminski, der sehr exakt über alle Details berichtet.

Anschliessend informierte ich mich eingehend über alle möglichen Arten der Postproduction. Von der Bearbeitung in Adobe Lightroom, über die Timelapse-Möglichkeiten von Adobe Premiere und After Effects, bis hin zu verschiedenen Gratis-Tools wie dem Time Lapse Assembler habe ich alles ausprobiert, um später keine bösen Überraschungen zu erleben.

Weiter musste ich meine Kamera zuerst mit Magic Lantern erweitern, um überhaupt eine Intervall-Funktion verwenden zu können. Canon stellt dies leider via Original-Firmware nicht zur Verfügung.

Umsetzung & Hürden

Aufnahmen

Die ersten Aufnahmen waren Timelapse-Versuche von der Kleinen Schanze aus. Ich wollte Sujets mit hohem Wiedererkennungswert aufnehmen, weshalb ich mich für das Bundeshaus entschied. Leider begann es mehrmals stark zu regnen, weshalb ich mitten in den Aufnahmen abbrechen musste.

Bei den Aufnahmen des Bahnhofplatz wurde mir mein sehr leichtes Stativ zum Verhängnis: Durch den starken Wind und die lange Belichtungszeit wurden auch statische Motive im Bild unscharf. Ich musste die Übung deshalb abbrechen, um später ein Stativ der Ausleihe zu verwenden.

Die ersten Hyperlapse-Aufnahmen begann ich auf der Bundesterrasse. Leider war mir das Wetter auch am dritten Drehttag schlecht gesinnt, was an den Regentropfen auf den Bildern deutlich zu sehen ist. Auch war mir nicht bewusst, wie wichtig das exakte und gleichmässige Verschieben des Stativs ist, was anhand der Rucker sichtbar wird.

Anschliessend wagte ich mich an den Shoot des Berner Münsters von Innen. Dort waren die Lichtverhältnisse extrem schlecht. Von Vorteil war dafür der Fussboden: Er hatte regelmässige Platten, die eine exakte Verschiebung möglich machten.

Für den letzten Hyperlapse wollte ich dann ein Panorama der Stadt Bern aufnehmen. Ich entschied mich deshalb für die Terrasse des Hotels Kursaal. Leider waren dort Sonnenschirme fix installiert, die ich bei der Aufnahme nicht umgehen konnte. Auch war es von dort aus extrem schwierig, eine geeigneten Fixpunkt für in den Sucher zu kriegen, weil alle Motive sehr klein sind.

Postproduction

Die Bildbearbeitung und den Look erstellte ich in Adobe Lightroom. Mir war es wichtig, allen Sequenzen einen eigenen, eher verspielten Stil zu geben. Als Kontrast dazu habe ich den Hyperlapse von der Bundesterrasse aus (verregnet) neutral belassen.

Die Wolken habe ich mittels Gradialfilter eingefärbt, die Innenaufnahmen durch Reduktion der Highlights und Verstärkung der Mitteltöne Richtung Gelb pointiert.

Anschliessend erstellte ich den Film mit Musik und Texten in Adobe Premiere und machte kleinere Grading-Nachbesserungen in Adobe After Effects.

Reflexion & Fazit

Das Erlernen der Technik hat viel Spass gemacht, war aber deutlich aufwändiger als geplant: Nebst viel zusätzlicher Zeit die ich fürs Abpassen des richtigen Moments wegen des unsicheren Wetters aufbringen musste, und den vielen nicht brauchbaren Aufnahmeversuchen, hatte ich die Postproduction unterschätzt. Ich habe gelernt, dass es sich lohnt, sehr viel Zeit für die Nachbearbeitung einzuplanen, selbst wenn die nötigen Tools vorab recherchiert sind.

In der Summe gefällt mir das Ergebnis sehr gut und ich freue mich, diese Technik künftig auch für andere Projekte einzusetzen.

Die Anleitung scheint mir gut gelungen und entspricht meinen Prämissen Kompaktheit und Einfachheit. Ich hoffe, dass sich damit weitere Amateur-Fotograf_innen an ein Hyperlapse-Experiment wagen werden.

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