Huteggen – das tote Haus im Saas

Verlassen und am verlottern steht es da, das alte Hotel Huteggen im Saastal. Schade, eigentlich.

Wird das denn gar nicht mehr genutzt? Die Postautostation besteht jedenfalls noch immer, aber in den letzten 20 Jahren war ich bis auf einige erschöpfte Wanderer wohl die einzige, die diese Haltestelle benutzte. Wird es renoviert? Gibt es Pläne? Ich machte mich auf die Suche.

Der Weiler Huteggen liegt auf 1’248 Metern in der Gemeinde Eisten im Wallis. Auf der Westseite geht die Kantonsstrasse durch, welche v.a. im Winterhalbjahr stark befahren ist, auf der Ostseite geht es steil eine Schlucht hinunter, wo die Vispa gen Tal fliesst. Huteggen besteht aus folgenden Gebäuden:

  1. Haupthaus und ehemaliges Hotel Huteggen
  2. Haus Burgener, muss irgendwann nach 1934 zusammengebrochen sein, denn lange standen nur noch die Grundmauern des Gebäudes, vor einigen Jahren wurde ein Haus von einer umliegenden Alp, das einzustürzen drohte wegen Bodenverschiebungen, mit dem Helikopter auf Huteggen gebracht und auf das Haus Burgener gesetzt, da dieses dieselben Masse der Grundmauern hatte
  3. Stadel 1, heute ohne Dach, unterer Teil ist Schafsstall
  4. Stadel 2, abgeschlossen, wird als Lager genutzt
  5. Stadel 3, steht nicht mehr, sondern ist ein bedecktes Holzlager
  6. 360 Grad Kamerastandort

2010 wurde die Stiftung Alexander Burgener gegründet. Alexander Burgener war ein sehr bekannter Bergführer, der auf Huteggen wohnte und 1910 tödlich verunglückte. Zu seinem 100. Todestag organisierte die Stiftung eine Ausstellung ihm zu Ehren auf Huteggen. Eines der Ziele der Stiftung war, den Erhalt des ehemaligen Hotelgebäudes zu gewährleisten, dies scheiterte jedoch, das Haus wurde wieder sich selbst überlassen. Für mein Projekt fand ich vier Leute, die bereit waren vor der Kamera zu reden (v.l.n.r):

  • Stanislaus ist aus Eisten und war im Stiftungsrat dabei
  • Christoph ist Tourismuspfarrer und Präsident des Tourismusvereins Saas-Fee/Saastal
  • Thomas & Ramon sind von der Band Cremation, sie drehten ein Musikvideo im Haus Huteggen

Auf meiner Homepage befindest du dich mitten auf dem Weiler und kannst dich um die eigene Achse drehen. Ziele mit dem Cursor (weisser Kreis in der Mitte) auf die viereckigen Flächen, bei den schwarzen wird ein max. zweiminütiges Video abgespielt, bei den weissen, durchsichtigen Flächen ertönen Geräusche. Für das bestmögliche Funktionieren, öffne die Seite im Chrome Browser.
Hier geht’s auf Huteggen.

Was hat sich in den Jahren verändert?
Anstatt nur davon zu reden, möchte ich dies anhand nachfotografierter Archivbilder zeigen, aber auf die Weise, wie man das heute ganz einfach und fast täglich macht, mit dem Handy.

Quelle Bilder: Alexander Burgener Stiftung

(lhu)

Kritik
von Nicole Ulrich

Idee
Das Haus Huteggen faszinierte mich schon lange, alleine und verlassen steht es auf einem Weiler in der Gemeinde Eisten im Saastal. Die Postautostation wird bei jeder Fahrt angesagt, miterlebt wie da jemand ein- oder ausgestiegen ist habe ich noch nie. Ein totes Haus an einem toten Ort, zum nächsten Weiler sind es ungefähr zehn Minuten zu Fuss. Die Idee am Anfang war, noch ein Hauch Leben aus dem toten Ort zu holen, mittels Audio- Video- und Fotoaufnahmen. Mehrere Fotos um einen Rundumblick auf den Weiler zu erzeugen, also warum nicht gleich eine 360°-Aufnahme. Ich ging zum Weiler, skizzierte diesen und nahm Fotos auf, auch Rundumbilder. Ich wollte in das Haus rein, Blicke durch die Fenster genügten mir aber bald, das Haus ist eine einzige Ruine und besteht im Innern aus grauen Steinen und Holzböden, welche mehr Löcher aufweisen als vertrauenswürdige Balken. Es war klar, dieses Haus hatte Geschichten zu erzählen und ich wollte diese hören.

Recherche
Meine erste Anlaufstelle war die Gemeinde Eisten, ein wirkliches Konzept meines Projektes hatte ich noch nicht, aber ich fragte einfach mal nach Auskunftspersonen. Ich bekam zwei Namen und kontaktierte diese. Der eine Kontakt war bereit zu erzählen, dadurch kam ich auch auf weitere Namen, die ich kontaktieren konnte (mal erfolgreicher, mal weniger), der andere schien sein Telefon nicht mehr zu benutzen, also suchte ich die Adresse aus dem Telefonbuch auf. Niemand da, genauso bei den Nachbaren links und rechts. Ich versuchte mein Glück in zwei Restaurants von denen ich wusste (Quelle: mir bekannter Bewohner des dortigen Dorfes), dass man sich da jeweils traf. Das eine öffnete erst in vier Stunden, das andere hatte Betriebsferien. Tankstellenbetreiber: hat den Namen nie gehört. Volg-Mitarbeiterin: «Kenn ich nicht, frag die Chefin» holt Chefin: «Kenn ich nicht, frag die Kundin, die bei der Milch steht, sie ist von hier» holt die Kundin: «Kenn ich nicht.» Wieder draussen steh ich vor einem Architekturbüro, ich gehe rein und frage am Empfang ob der gesuchte Herr hier vielleicht bekannt ist, man weiss ja nie. Am Empfang kennt man ihn nicht aber vielleicht der Kollege der gerade aus seinem Büro kommt. «Ja, das ist mein Nachbar, seine Handynummer habe ich nicht aber die von seiner Tochter, fragen sie mal da nach» Von der Tochter erfuhr ich dann, dass ihr Vater seit zwei Wochen in Urlaub ist.
Nebenbei suchte ich alles zusammen, was im Internet über Huteggen zu finden ist. Dies ist nicht sonderlich viel und alles hing irgendwie mit der Stiftung Alexander Burgener zusammen. (Ausnahme: Die Deathmetal- Band Cremation drehte in dem Haus ein Musikvideo) Auch da fand ich Leute, die mir etwas erzählen konnten, schnell musste ich aber merken, dass ich aufpassen sollte wem ich welche Fragen stelle, denn ich wollte nicht vergangene Streitereien auftauen lassen. Einige Anrufe blieben mehrmals unbeantwortet oder ich musste mir sagen lassen, dass ich zu neugierig sei und mich das nichts anginge.

Hardware
- Kamera: SONY X70 (Interviews und allgemeine Bilder vom Weiler)
- Samsung 360 Grad Gear (360 Grad Foto für den Raum, in dem man sich bewegen soll)
- Samsung Galaxy S6 (Nachfotografieren der Archivfotos)
- Zoom H5 Audiorekorder (Tonaufnahmen auf dem Weiler)
- Funkset Lavalier Rode Link (Interviews)
- Richtmikrofon Sennheiser ME66 (auf Kamera)

Ausprobieren der 360 Grad Kamera und der dazugehörigen Software «Action Director»
Da ich keine App fand, mit dessen Service bezüglich 360 Grad Aufnahme ich zufrieden war entschied ich mich, die 360 Grad Kamera der Technikausleihe auszuprobieren. Einmal die Kurzanleitung aufmerksam durchgelesen ist diese ziemlich einfach zu bedienen. Ich machte Foto- und Videoaufnahmen und versuchte, die Action Director Software auf meinem Laptop zu installieren um die Aufnahmen zu stitchen, die Installation misslang. So fragte ich in der Technikausleihe nach und verbrachte da noch einige Stunden mit dem Problem, diese Software auf irgendeinem Device zu installieren um die 180 Grad Aufnahmen zu 360 Grad Aufnahmen zusammen zu pinnen. Einige Tage später gelang dies und ich war überrascht wie gute Aufnahmen das waren. Leider jedoch lag jeweils noch mein Rucksack rum, ich stand zum Teil in den Fotos und ausserdem war die Tageszeit bereits so fortgeschritten, dass der ganze Weiler im Schatten der umliegenden Berge lag. Dies sah zwar schön aus aber ich wollte den Weiler lieber von der Sonne beleuchtet zeigen, also reservierte ich die 360 Grad Kamera erneut für das nächstmögliche Datum.

Konzept
Ich wusste nun, wie schwierig es ist, an die interessanten Geschichten heranzukommen und sah ein, dass ich mich wahrscheinlich mit nicht allzu vielen Gesprächspartnern zufriedengeben musste. Trotzdem wollte ich an der Idee festhalten, Geschichten von Huteggen erzählen zu lassen, geplant waren fünf, schlussendlich waren es nur drei Interviews. Das war schade aber brachte das Projekt nicht zum Scheitern, sondern formte mein Konzept. Ich möchte einen 360 Grad Raum kreieren, in dem man sich um die eigene Achse drehen kann und dann durch Interaktivität Sachen entdeckt. Dies sollen Töne vom Weiler Huteggen sein sowie auch Videos, in denen Leute über Huteggen erzählen. Anfangs wollte ich, dass der 360 Grad Raum ein Video ist, von der Idee kam ich dann aber wieder weg als mir klar wurde, wie viel Datenvolumen dies nötig hätte, also nur bei krass starker Internetverbindung überhaupt angezeigt werden kann. Mir wurde das Framework A-Frame empfohlen um die Seite zu programmieren, dieses war mir komplett fremd, wie eigentlich alles, was mit Programmieren zu tun hat, also liess ich mich einfach mal darauf ein. Die Fotografien wollte ich aber nicht weglassen. Die gefundenen Archivbilder brachten mich auf die Idee, diese nach zu Fotografieren. Einige der Bilder sind sehr alt und die Fotografie war damals noch um einiges umständlicher als heute. Ich möchte die gleichen Fotos machen, aber so, wie man es heute eben macht, mit dem Handy.

Nachfotografieren
Ich entschied mich für sechs Bilder aus verschiedenen Perspektiven und suchte die Orte, von denen aus die Bilder gemacht wurden. Den Kamerastandort zu finden war einfacher als an diesen zu gelangen. Mit Klettereinheiten und aufgeweichten Schlammhügeln als einzig sichtbaren Weg zum Ziel hatte ich nicht gerechnet als ich am Morgen mit Turnschuhen aus dem Haus ging. Trotzdem erreichte ich jeden Platz, von dem aus die Fotos höchstwahrscheinlich gemacht wurden und die Fotos gelangen ziemlich gut. Fehler wie das Schräghalten des Handys konnte man im Nachhinein leicht korrigieren, stimmt der Winkel zum Haus jedoch nicht, bleibt dies so. Bei dem einen Bild, welches mit 1951 datiert war wurde ich skeptisch, das Bild zeigt einen Wanderweg wo die heutige Strasse vom Tal zu Huteggen führt. 1934 fuhr aber das erste Postauto bis nach Huteggen, es war also nicht möglich, dass in den 1950er Jahren nach wie vor nur ein schmaler Wanderweg zum Haus führte. Da musste ein Fehler unterlaufen sein. 1851 ist wahrscheinlich zu früh, 1931 knapp vor dem Bau der Strasse gerade noch möglich.

360 Grad Aufnahme
Ich freute mich sehr darauf, die 360 Grad Aufnahme zu machen, die Freude verflog aber schon halbwegs, als ich am morgen aufstand und mithilfe Wetterradar feststellen musste, dass es auch im Wallis heute regnet. Trotzdem machte ich mich auf den Weg, denn ich habe schliesslich auch für die Interviews Termine abgemacht. Auf Huteggen angekommen kam der zweite Dämpfer, der Weiler wird zurzeit als Lagerplatz für Baustellenmaterial verwendet. Überall liegen Säcke voll Schutt und Rohre herum. Trotzdem machte ich einige Aufnahmen. Als ich mir diese ansah entschied ich mich dafür, doch ein Bild der Probeaufnahmen zu verwenden und mich und meinen Rucksack mittels Photoshop weg zu retuschieren. Dies tat ich dann blöderweise bevor ich das Foto stitchte, nach der Bearbeitung konnte das Foto nicht mehr zusammengefügt werden. (Wusste ich nicht.) Das Foto war nun also nicht mehr als 360 Grad Bild brauchbar. Ich hatte keine Kopie des Originals gemacht. (das vergesse ich ab jetzt nie wieder.) Also trotzdem das Foto, das für die Weiterverwendung gemacht wurde. Diesmal aber zuerst stitchen und danach mit Photoshop bearbeiten.

Video- und Audioaufnahmen
Im Wallis ist eigentlich immer schönes Wetter ausser dann, wenn ich Videoaufnahmen machen will. Die Zeitpläne der Interviews passten überhaupt nicht zusammen, so führte ich eben drei Interviews an drei aufeinanderfolgenden Tagen durch. Eines fand sowieso drinnen statt, beim einen erwischten wir ein Sonnenfenster ohne Regen und beim dritten musste wegen anhaltendem Regen improvisiert werden:

Die spezielle Interviewsituation führte dazu, dass ich den Kamerabildschirm wohl doch nicht so gut sah wie ich dachte und die Aufnahme wurde viel zu hell.
Bei den Aufnahmen der Ambi-tönen ist aufgefallen, wie dominant das Rauschen des Bachs in der Schlucht nebenan auf der Aufnahme zu hören ist. Befindet man sich am Ort selbst, fällt es einem leichter, dieses monotone Geräusch zu ignorieren als wenn man eine Aufnahme hört.

Software
- Samsung Action Director (zum stitchen der 360°-Aufnahmen)
- Adobe Photoshop CC 2018
- Adobe Premiere Pro CC 2019
- Adobe Audition CC 2019
- Adobe InDesign CC 2019
- Brackets (Code Editor)
- A-Frame Version 0.9.1 (Framework für 3D & VR)
- J-Query (JavaScript Bibliothek)

Video-Postproduktion
Beim Sichten des Videomaterials der Interviews wurde schnell klar, dass es mehr Sinn macht, Videos zu Themenblöcken zu editieren als ein Video pro Interview zu machen. Somit wurden aus geplanten drei, fünf Videos, welche in den 360 Grad Raum eingebettet werden. Somit können auch Aussagen reingeschnitten werden, die an Sich nicht vollständig sind, durch das Gesagte von jemand anderem im Video jedoch als Ergänzung verwendet werden können.
Die zu weiss gewordene Aufnahme eines Interviews wurde noch etwas abgedunkelt, vollständig retten konnte man sie jedoch nicht. Ich dunkelte solange ab, bis an der Wand einige körnige Flecken entstanden, mehr macht jedoch keinen Sinn.

Programmieren
Beim Programmieren habe ich gelernt, dass es sehr wichtig ist ein Gespür dafür zu entwickeln wann man eine Pause machen sollte weil man nicht weiterkommt, und wann es gut ist, dranzubleiben, damit man den Überblick den man sich in den letzten Stunden über den Code und deren Funktionen verschafft hat nicht verliert und beim nächsten mal wieder suchen muss. A-Frame ist ein spannendes Framework und einige Dinge sind schnell verständlich, sobald es aber an Interaktionen geht wird es ziemlich kompliziert. Da Programmieren für mich Neuland ist (bis auf die Übungen im Rahmen des Kurses im ersten Semester), war A-Frame eine ziemliche Herausforderung und ich habe nach all den Stunden trotzdem nur einen Bruchteil davon kennengelernt. Vielleicht hätte ich einfach mit etwas anderem anfangen sollen und nicht als Neuling gleich mit einem 3D-Framework einsteigen.
Ich habe ständig die A-Frame Seite konsultiert und die Codes angepasst und ausprobiert, auch habe ich in Foren nach Lösungen gesucht, die Konversationen da fanden meist in einer sehr fortgeschrittenen Sprache statt, welcher ich noch nicht mächtig bin und auch die Tutorials halfen mir nicht immer weiter, was zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, dass ich die Beispiele nicht richtig in mein Projekt umzusetzen wusste.
Wie gesagt fingen bei der Interaktion die richtig grossen Probleme an, mir wurde gesagt, dass ich J-Query besser nicht in A-Frame verwenden soll, nachdem aber alles andere nicht funktionierte entschied ich mich dafür, dies trotzdem auszuprobieren und kam mit diesem Weg am Weitesten in die Richtung in die ich wollte. Man kann die Videos starten und stoppen, jedoch muss man dafür den Cursor weg vom Video nehmen und erneut darauf zielen. Optimal wäre, wenn der Cursor durchsichtig wird sobald er sich auf der Videofläche befindet und das Video spielt. Sobald der Cursor aus der Videofläche raus ist, wird er wieder sichtbar und das Video wird gestoppt. Das wohl grösste Rätsel dieses Projektes ist die Sache mit dem Autoplay, obwohl in den Assets sowie im Video-element auf «false» gesetzt, spielen alle Videos beim Laden der Seite automatisch ab. Bei der Seite auf dem Server jedoch nicht, wenn man die Seite über Chrome öffnet, wohl aber öffnet man diese über Mozilla Firefox. Dies macht vor Allem dadurch keinen Sinn, dass A-Frame ein Framework von Mozilla Firefox ist.

Fazit
Die Webseite ist nun abrufbar und die Dinge darauf sind abspielbar, jedoch funktioniert nicht immer alles und die Seite verhält sich unterschiedlich in unterschiedlichen Browsern, was nicht sehr zufriedenstellend ist. Das Projekt ist zu einem Ende gekommen, jedoch zu einem Ende das schreit: «Da geht noch mehr!» Vielleicht wäre es besser gekommen, hätte ich mir dieses Projekt mit A-Frame für ein späteres Semester aufgespart aber für diese Überlegung ist es jetzt zu spät. Es ist schade, funktioniert nicht alles wie es sollte, das ist weder für den Konsument, noch für mich als Macherin besonders toll. Immerhin hat das Nachfotografieren der alten Bilder gut funktioniert, dies ist auch ein Teil des Projektes, der mir sehr gut gefällt. Auch wenn die Homepage nicht umfänglich gelungen ist, ist es meine erste Homepage und das erfreut mich doch ziemlich.

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