Immergrün

Ein Tag im Leben von…? Auch wenn zwei Menschen den gleichen Weg gehen, erleben sie nicht das Gleiche. Das liegt daran, dass sie alles subjektiv wahrnehmen und unterschiedlich interpretieren. Im Comic Immergrün erleben die Leser*innen einen Tag im Leben dreier Menschen. Aus jeder Perspektive wird der Tag anders wahrgenommen.

Alle Menschen fokussieren sich auf unterschiedliches und nehmen deshalb die Realität individuell wahr. Diese verschiedenen Interpretationen können Missverständnisse kreieren. «Elif» die Floristin, «Maya» die Mode-Designerin und «Charles» mit seinem Cha­mä­le­on sind feinfühlig und kämpfen täglich mit ihren inneren Ängsten, die von aussen unsichtbar sind. Mit ihnen erleben die Leser*innen einen Tag mit allen Ups und Downs. Im Pflanzenladen Immergrün begegnen sich die drei Charaktere zufällig und an ihren Emotionen erkennen die Leser*innen, wie verschieden die gleiche Szene wahrgenommen wird.

Autorenschaft: Laura Kohler war die dritte im Team und ist Mitautorin dieses Comics. Sie kann technisch nicht als Autorin aufgeführt werden, weil sie nicht mehr im System der FHGR erfasst ist.

Sneak Peak: Demnächst folgt die AR-Ebene (Augmented Reality) als App zum Comic.

Hier geht’s zum Comic: Immergrün

(hil)

Kritik
von Johanna Novak und Lukrezia Walker

Idee & Konzeption

Comiczeichnen ist Freiheit und Kreation pur. Schon von klein auf lasen wir fasziniert Comics und kennen uns in dieser Sprache gut aus, Comics gehören zu unserem Alltag. Trotzdem hat noch keine von uns einen richtigen, eigenen Comic gezeichnet, obwohl wir alle seit Jahren zeichnen. Nun ist es höchste Zeit! Das Modul Digezz gab uns mit den befreienden Vorgaben die Chance, uns endlich an diese Challenge zu wagen.

Was wir jedoch alle drei nicht kannten waren AR-Comics.

Stuart Campbells Modern Polaxis faszinierte uns mit seiner modernen und ausdrucksstarken Art und inspirierte uns einen Comic zu kreieren, bei dem die AR-Technik zum Ausdruck kommt. Immergrün soll einerseits eine analoge Geschichte sein. Andererseits soll ein AR-Layer darüber liegen, der die Leser*innen das Innenleben der Hauptcharaktere miterleben lässt und zwar mittels Sound, Farbe und Bewegung.

Menschen fassen die gleichen Situationen individuell und subjektiv auf. Die Wahrnehmungen unterscheiden sich so stark, dass es ein ganzes Spektrum von Reaktionen auf die gleiche Situation gibt. Eine Person auf dem Spektrum (Autismus) kann zum Beispiel ein Café mit vielen Menschen und Geräuschen nicht ertragen. Andere Menschen wiederum suchen gerade das. Wie kann man aber einer Person, welche in einer bestimmten Situation keine Schwierigkeiten hat, verständlich machen, wie es sich anfühlt, wenn man diese Situation schwer erträgt? Irgendwann findet die Forschung heraus, wie wie zwei Gehirne verbinden und diese Gefühlsimpulse übermitteln können. Für uns kommt AR, VR und XR dieser Idee am nächsten. Man schlüpft sozusagen in die Haut eines anderen Menschen oder eines fiktiven Charakters und erlebt dabei dessen Wahrnehmung.

Unser Comic Immergrün soll die Leser*innen auf eine Reise durch verschiedene Körper mitnehmen.

Workflow

In der ersten Phase entwickelten wir im Gespräch die Story und die Charaktere zusammen. Wir einigten uns auf einen bestimmten Tag in den Leben unserer ProtagonistInnen, an welchem sie sich im Pflanzenladen über den Weg laufen sollen. Anschliessend entwarf jede von uns individuelle Storyboards für unseren jeweiligen Charakter. Um das Comic einheitlich zu gestalten, legten wir alles Formale zu dritt fest, wie die Grösse und die Anzahl der Comic-Seiten und entschieden uns für die deutsche Sprache. Wir benutzten Referenz-Fotos für den Pflanzenladen. Über unser gemeinsames Google-Konto tauschten wir alle Daten aus und sahen so immer den Fortschritt der anderen und orientierten uns an der Skizzen und der Charakter-Designs der anderen.

Jede von uns hatte ihren eigenen Workflow. Die eine entwarf, scribbelte und zeichnete während einer  intensiven Arbeitswoche, die andere arbeitete täglich eine Stunde am Projekt. Als wir alle unsere Comic-Seiten fertig gezeichnet hatten, fügten wir sie in Adobe Indesign zusammen.

Story

Im Zentrum unserer Story stehen Elif, Maya und Charles, welche die Welt auf ihre eigene Weise wahrnehmen. Sie sind alle drei feinfühlig und teilweise von inneren Ängsten oder Zwängen beeinflusst. Maya strahlt sehr viel Selbstbewusstsein aus, nimmt sich aber die bösen Worte anderer zu sehr zu herzen und ist  deshalb unsicher. Elif leidet, seit sie ein kleines Mädchen war, unter ihren grossen Ohren. Und Charles klaut zwanghaft. Alle drei sind liebe Menschen und würden nie jemandem etwas zuleide tun, aber als sie zusammentreffen, läuft es nicht so, wie sie es sich wünschen.

Wir wollen mit dieser Geschichte aufzeigen, wie selbstsicher Menschen wirken können, aber wie anders sie sich im Innern eigentlich fühlen. Die Leser*innen sollen sich in die drei Realitäten der Charaktere hineinversetzten. Das soll uns darauf aufmerksam machen, wie verschieden wir Menschen alle sind, und dass man nicht einschätzen kann, was der andere eigentlich durchmacht. Das Zusammentreffen der drei Charaktere soll ausserdem aufzeigen, wie manche Menschen sich gegenseitig unbewusst verletzen, obwohl sie das gar nicht wollen. Meistens hat ein Mensch einen Hintergrund von negativen Erfahrungen, der ihn prägt und seine Interpretation der Situation beeinflusst. Nach aussen ist das nicht sichtbar. Deshalb braucht es manchmal nur einen einzigen Tropfen, um die Schmerzlimite der Person zu überschreiten und sie zum Zusammenbrechen zu bringen.

Visuelle Umsetzung

Unsere drei verschiedenen Zeichnungsstile sind unsere Stärke. Deshalb einigten wir uns darauf, den Comic in drei individuelle Kapitel zu unterteilen und unsere eigenen zeichnerischen Workflows auszuleben. Wir legten uns auf einige Gemeinsamkeiten fest, wie die Szene des Zusammentreffens der drei Charaktere und auf die Aussagen jedes Kapitels, damit sie schlussendlich trotz der Individualität zusammenpassen. Damit der Pflanzenladen Immergrün, in dem die drei Charaktere aufeinandertreffen, in allen Kapiteln gleich aussieht, machten wir Referenz-Fotos eines Blumenladens in Baden und orientierten uns daran. Die Charakter-Designs halfen uns dabei, die Charaktere der anderen akkurat zeichnen zu können.

Folgend unsere individuellen Arbeitsweisen und benutzten Tools:

Lukrezia Walker: Charakter Charles

  1. Skizzen: Analog, Illustrator, Photoshop und dann Procreate
  2. Storyboard: Analog mit Farbstiften
  3. Zeichnungen und Schrift: Procreate
  4. Zusammenfügen der Zeichnungen: Adobe Indesign

Johanna Novak: Charakter Maya

  1. Erste Skizzen: A4 Papier, Bleistift, Kugelschreiber, Scanner
  2. Storyboard: Scribbels auf Papier
  3. Comic-Seiten: Analoges Skizzieren und Zeichnen der Outlines
  4. Koloration: Adobe Photoshop
  5. Text: Font-Erstellung mit calligraphr.com, Adobe Illustrator
  6. Layouting: Adobe Indesign

Laura Kohler: Charakter Elif

  1. Erste Skizzen: A3 Papier (Charactersheets), Bleistift/Tinte
  2. Storyboard: Auf Indesign Raster erstellt und dann von Hand skizzenhaft hinein gezeichnet
  3. Comic-Seiten: Zuerst skizzenhaft im Photoshop vorgezeichnet, dann Reinzeichnung ebenfalls im Photoshop
  4. Koloration: Keine Koloration, alles im schwarz-weiss Stil, wenn schwarze Flächen dann von Hand ausgemalt

Sneak Peak AR

Die zweite Ebene des Comics, welche die Gefühlslagen der Charaktere mit Farben, Sound und Animationen noch stärker zum Ausdruck bringen soll, wird demnächst produziert und auf Digezz als Applikation zur Verfügung gestellt.

Selbstkritik

  • Wir unterschätzten den Zeitaufwand immens (Story Entwickeln, Charakter-Design, Zeichnen, Digitalisierung). Deshalb fehlte uns am Schluss die Zeit, den AR-Layer zu kreieren. Es war für uns alle das erste Mal, dass wir einen richtigen Comic von Anfang bis Ende zeichneten. Wenn wir weniger Zeit in die Entwicklung der Story investiert hätten, wäre es vielleicht möglich gewesen, den AR-Layer und das APP zu kreieren.
  • Teilweise dachten wir beim Erstellen der Zeichnungen nicht ans Layout. Als wir die Seiten zusammenzufügen begannen, sahen wir ein, wie viel  Sinn es macht, die Panels und die Seiteneinteilung genau einzuhalten.
  • Wir denken, dass wir den Arbeitsprozess beschleunigen hätten können, wenn wir uns in Person getroffen hätten. Wir liessen uns aber von der Corona Situation beeinflussen und trafen uns nicht.
  • Wir haben viel Zeit in die Entwicklung der Story investiert. Gerade weil uns wichtig war, dass alle drei Geschichten zueinander passen. Deshalb stimmen die Geschichten nun überein und übermitteln eine gemeinsame Message.
  • Die Diskussionen im Team waren immer sehr kreativ und brachten uns gemeinsam auf neue Ideen und Lösungen.
  • Obwohl wir nicht alle ursprünglichen Ziele erreichten, konnten wir uns auf neue Ziele einigen und liessen uns nicht durch die unerreichten Ziele demotivieren.
  • Es war eine gute Erfahrung, dass wir alle drei unseren eigenen Part entwickeln und zeichnen konnten, denn so konnten wir uns alle individuell weiterentwickeln und gleichzeitig von den anderen lernen. Die diversen Zeichenstile zeichnen nun unseren Comic aus.

Learnings

Durch die intensive und iterierende Arbeit an den Comic-Seiten erlangten wir nun ein tieferes und instinktiveres Verständnis, wie man einen Comic zeichnet. Durch das intensive Benutzen der Zeichnungsprogramme, können wie sie kompetent nutzen.

Uns fiel am Schluss auf, dass wir das Layout während dem Arbeiten mehr im Blick behalten müssen, damit uns das Layouten einfacher fällt und nichts im Nachhinein noch angepasst werden muss.

Durch gegenseitiges Zuhören und Offen-Sein für andere Ideen ist es uns gelungen, im Team angenehm zusammenzuarbeiten. So wurden alle drei Comic-Zeichnerinnen gehört und waren zufrieden. Das wird uns auch in zukünftigen Projekten helfen.

Durch die spezielle Situation der Corona-Quarantäne lernten wir, auch effizient und digital via Skype und Telegram zu kommunizieren.

Fazit

Für uns war es eine wertvolle Erfahrung, auf der wir in Zukunft aufbauen können. Wir können jetzt den Arbeitsaufwand eines Comics einschätzen und wissen, wo wir auf Probleme stossen könnten. Ausserdem fanden wir heraus, was unsere Stärken sind, aber auch wo wir Verbesserungspotenzial haben und worauf wir beim nächsten Comic achten müssen. Das Modul Digezz gefiel uns sehr, da wir uns austoben durften und kein Druck herrschte, eine perfekte Arbeit abzuliefern, sondern es darum ging, uns weiterzuentwickeln. Diese Freiheit schätzen wir sehr. Wir freuen uns darauf, uns mit dem AR-Layer auseinanderzusetzen, um die Geschichte noch reichhaltiger zu gestalten, da wir nun eine gut durchdachte und gut ausgeführte Basis (der analoge Comic) haben, um darauf aufzubauen.

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