Lachnummer Politik?

Schaut Euch mal politische Wahlspots aus der Schweiz auf Youtube an. Da könnte man ja meinen, es gehe darum, wer am besten lamentieren und sich blamieren kann. Dabei machen Leute, die sich zur Wahl stellen, nicht Halt vor falschen Aussagen oder oberpeinlichen Aktionen. Selbst Satiresendungen wie Giacobbo/Müller der SRG haben die Wahlspots als eigenständige Lachnummer für sich entdeckt.

Hier eine Kostprobe der Giacobbo/Müller Wahlspots:

Hast Du erkannt, was alles schief gelaufen ist?

Wenn wir auf unsere Smartphones schauen, erreichen uns täglich negative News. Auch in der politischen Kommunikation sind abwertende Schlagwörter an der Tagesordnung, wie beispielsweise dieses Statement von Fredy Künzler zum Thema Platzmangel in der Bahn:


„Positiv, positiv, bleibt positiv!“

Uns haben diese Beispiele so abgeschreckt, dass wir es besser machen wollten. Unser Auftraggeber hatte keine konkreten Vorstellungen, wie die Wahlspots aussehen und welche Emotionen beim Zuschauer hervorgerufen werden sollten. Daher erstellten wir zusammen mit dem Auftraggeber und den Kandidierenden ein Kommunikationskonzept. Wir definierten zwei Sätze, auf welchen die zur Wahl stehenden Personen ihre Argumente aufbauen sollten. Satz Nr. 1: „Ich bi stolz uf d Schwiiz, wiil…“. Satz Nr. 2: „Ich läbe gern im Thurgau, wiil…“.

Die Themen der Statements wurden bis ins Detail geplant. Uns war dabei wichtig, dass die Tonalität der Videos positiv ist und es kein „Gejammere“ in den Filmen gibt. Das Ausformulieren wurde den Kandidaten überlassen. Der Zuschauer soll lediglich anhand der Werte des Politikers entscheiden, welcher ihn am besten im Grossen Rat vertritt.


Bühne frei für die neue politische Kommunikation

Wir stellen euch in unseren vier Wahlspots die Kandidierenden und ihre Anliegen vor, die den Spiess mittels unseren Inputs umdrehten. Selbstbewusst tragen sie ihre Statements vor und achten dabei auf eine konstruktive Sprache. So wollen wir einen Impuls setzen, um die Qualität der politischen Statements zu erhöhen.

Marianne Guhl Gsell

Daniel Häberlin

Linda Hess

Christine Steiger

Tipps für Politwerbespots

Allgemeines

  • Gute Stimmung am Set ist das A und O! Unsere Kandidaten waren anfangs sehr nervös, da hilft gutes Zureden. So kann Vertrauen aufgebaut werden und die Personen vor der Kamera fühlen sich weniger verloren.
  • Zur guten Stimmung gehört auch ein voller Magen und beim Dreh in der Natur warme Kleidung!
  • Als Regie/Kamerafrau immer cool bleiben, denn Stress und Druck macht die Person vor der Kamera nervös und unsicher à das sieht man später im Bild!
  • Macht lieber zu viele Aufnahmen als zu wenige!
  • Informiert euch unbedingt über das CI/CD des Auftraggebers.

Technik

  • Licht: Achtet darauf, dass die Lichtquelle sich nicht in der Brille oder anderen reflektierenden Materialien spiegelt.
  • Ton und Kamera bei jedem Shot gleichzeitig starten, dass vereinfacht das Synchronisieren in der Post-Production.

Szenerie

  • Achtet beim Dreh auf Details wie einen aufgeräumten Schreibtisch.
  • Im Laufe des Drehs sollte sich das Set nicht verändern, sonst gibt’s Probleme im Schnitt.

Kandidaten

  • Ist einer von euch Makeup-Artist? Wenn nein, dann immer einen mitnehmen! Denn Kommunikation erfolgt nicht nur über die Sprache, sondern auch über das Erscheinungsbild.
  • Achtet auf Versprecher – die Aufnahmen so lange wiederholen bis der Text sitzt.
  • Personen, welche das erste Mal vor der Kamera stehen, müssen Anweisungen von der Regie erhalten (Blick in die Kamera, Tonalität, Sprechtechnik, etc.).

Nichtbeeinflussbare Faktoren:

  • Beobachtet die Wetterverhältnisse. Erst in der Post-Production sieht man die Veränderungen der Farben und Schatten (Wolken/Sonne), denn man erkennt nicht immer alles auf dem kleinen Display der Kameras. Unser Tipp: Einen externen Monitor mitnehmen.
  • Plant Ersatztermine ein, falls kurzfristig ein Dreh abgesagt werden muss.

(tw)

Kritik
von Manon Dahmen und Aline Gsell

Idee / Motivation

Mit den anstehenden Grossratswahlen im Blick, fragte uns SP Präsidentin der Sektion Region Steckborn an, ob wir ein Projekt für die Partei verwirklichen könnten. Die SP im ländlichen Kanton Thurgau ist untervertreten und die Stimmbeteiligung der jungen Thurgauer ist kläglich. Daher haben wir sofort zugesagt.

Konzept

Wie im Beitrag bereits erwähnt, haben wir in Zusammenarbeit mit der SP ein Kommunikationskonzept für Bewegtbild erstellt. Dieses stützt sich auf das vorhandene Corporate Design und der Corporate Identity der SP Schweiz. Zudem haben wir einen eigenen Youtube-Kanal für die Sektion erstellt. Auf diesem sind alle Videos frei zugänglich und überall einbettbar.

Bezüglich den Statements haben nicht alle Kandidaten die genaue Formulierung umgesetzt, dennoch waren wir mit den Aussagen zufrieden.

Damit die Videos nicht langweilig werden, entschieden wir uns dafür kurze Sequenzen ohne Ton einzufügen. Dadurch sollen die Politiker auch persönlicher vorgestellt werden. Ausserdem erleichterten uns diese Moodshots die Arbeit in der Post-Production.

Im Nachhinein ist uns aufgefallen, dass sich die Kandidaten trotz dem anfangs eingeblendeten Plakatfoto nicht persönlich im Video vorstellen. Dies wär ein Verbesserungspunkt für das nächste Mal.

Production

Wie bereits in den Tipps aufgelistet, sollte bei diesem Arbeitsschritt auf die Bereiche Allgemeines, Technik, Szenerie, Kandidaten und nichtbeeinflussbare Faktoren geachtet werden.

Post-Production

Wie bei vielen Projekten war das Color Grading sowie die Tonbearbeitung eine Herausforderung.

Verbreitung auf Social-Media-Kanälen

Unser Ziel war es die junge Wählerschaft anzusprechen, deswegen wurden die fertigen Videos auf dem neuen Youtube-Kanal veröffentlicht. So können sie einfach mittels Social Media verbreitet werden.

Fazit

Die Arbeit mit vier verschiedenen Kandidaten war anspruchsvoll, da anfangs jeder andere Vorstellungen hatte. Dank dem Kommunikationskonzept konnten wir einen einheitlichen Auftritt der Sektion Steckborn realisieren. Wir waren zudem beeindruckt, dass die Statements der Lokalpolitiker sehr gut ausgearbeitet waren und inhaltlich überzeugen konnten (uns zumindest). Wir hoffen im Allgemeinen und parteiunabhängig, dass die Wahlbeteiligung der jungen Thurgauer in den nächsten Jahren zunimmt.

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