Lebensgesichter

Die Vielfalt unserer Welt zeigt sich nicht nur in der Natur, sondern ebenso in jedem Einzelnen von uns. Ein Gesicht widerspiegelt Erfahrungen und bringt die Kultur und die Geschichte eines Individuums zum Audruck. In den Medien liest man von Flüchtlingen oft als anonyme Masse. Durch die Portaits möchten wir Flüchtlingen ein Gesicht geben und ihre Geschichte weiter erzählen.

«Mein grosser Wunsch ist es, Velo zu fahren.»
Bahran 24, aus Eritrea. Seit 2014 in der Schweiz.

Bis Sudan mit Fuss bin ich gekommen, dann nach Libyen mit dem Auto und nach Italien mit dem Schiff, danach mit dem Bus in die Schweiz. Mein Wunsch in der Schweiz ist Velo und Auto zu fahren.

«Ich weiss, dass die Leute Angst vor uns Flüchtlingen haben.»
Liaqat, 23, aus Afghanistan. Seit 2016 in der Schweiz.

Es fällt mir schwer, Menschen zu vertrauen und mit ihnen Kontakt aufzunehmen. Das war aber auch schon in Afghanistan so. Ich weiss, dass die Leute etwas Angst vor den Flüchtlingen haben, weil sie sie nicht kennen, wir sind aber auch verschiedene Menschen. So ist es nicht einfach, Freunde zu finden. Ich vermisse meine Familie aber nicht das Land, dort konnte ich nicht leben. Ich wünsche mir ein normales Leben in der Schweiz.

«Heute lebe ich mit meiner Verlobten aus der Schweiz zusammen.»
Amini 23, aus Afghanistan, seit 2015 in der Schweiz

Ich habe in Nord Afghanistan in der Armee gearbeitet. Ich konnte da nicht mehr leben, ich hatte grosse Angst vor Terroristen und um meine Familie. Am Anfang war es schwierig in der Schweiz mit einer ganz neuen Kultur und eine neue, fremde Sprache zu lernen. Mein Wunsch ist es, mich hier noch richtig zu integrieren. Momentan mache ich ein Gastsemester an der Universität Zürich und ich hoffe, dass ich bald ein Studium beginnen kann.

«Zwei oder drei Jahre hier leben und dann rejected, was macht man dann?»
Menges, 23 Jahre, aus Eritrea, seit 2014 in der Schweiz.

Es gefällt mir sehr gut hier, aber es ist schwierig für mich wegen der Bewilligung. Wenn ich am morgen aufstehe, denke ich als erstes an die Bewilligung, es ist schwierig so zu leben. Das Warten ist sehr schwierig.

«Ich sah sie erst 7 Jahre später wieder in der Schweiz.»
Abduselam 41, aus Eritrea. Seit 2015 in der Schweiz.

Ich habe meine Frau auf der Flucht im Sudan geheiratet. Wir gingen dann gemeinsam nach Libyen. Ich kam in Libyen für ein Jahr ins Gefängnis und meine Frau ist von dort schnell nach Italien gekommen. Ich sah sie erst 7 Jahre später wieder in der Schweiz. Mein Wunsch ist es, in der Schweiz ohne Sozialhilfe zu leben und auch eine Ausbildung zu machen und zu arbeiten.

«Ich will nicht, dass meine Eltern und Geschwister in die Schweiz kommen.»
Merhawi 21, aus Eritrea. Seit 2014 in der Schweiz

Von Eritrea bin ich in den Sudan zu Fuss gegangen. Nach Libyen durch die Sahara. Es war sehr gefährlich, ich will nicht dass meine Familie auch durch die Sahara gehen muss, dass ist zu gefährlich.

– Alle Texte wurden von Jeannine und Nadine aufgezeichnet.

(nsc)

Kritik
von Nadine Schulthess und Jeannine Oberli

IDEE

Flüchtlinge, ein präsentes Thema für fast jeden Schweizer. Wir haben unsere Vorurteile, unsere Ideen wie ihre Lebensgeschichte aussehen könnte , aber haben wir uns wirklich schon einmal die Zeit genommen, mit einem ehemaligen Flüchtling zu sprechen und seine Seite der Geschichte zu erfahren? Als uns eine Freundin einen Ausschnitt der Lebensgeschichte eines Mitarbeiters und ehemaligen Flüchtlings erzählte, wurde uns bewusst, dass wir mehr von diesen Geschichten hören und weiter erzählen möchten. Geschichten über Diskriminierung, einer langen schweren Reise aber auch der Hoffnung. Gesichter sagen bekanntlich mehr aus als 1000 Worte und so kamen wir auf die Idee, Portrait Fotos von ehemaligen Flüchtlingen zu machen.

VORBEREITUNG

Das Datum gefixt, das Material ausgeliehen und ein Raum in Zürich reserviert war sehr schnell erledigt, da wir nicht mehr allzu lange Zeit hatten. Innerhalb von zwei Wochen wollten wir das ganze Projekt durchführen. Ehemalige Flüchtlinge zu finden, die bereit sind ein Foto von ihnen machen zu lassen und die ihre Geschichte erzählen möchten, war gar nicht so einfach. Unser Ziel, fünf bis sechs Teilnehmer für das Projekt zu gewinnen schien anfangs fast unmöglich. Wir haben alle Leute in unserem Umfeld angeschrieben, die etwas mit Flüchtlingen zu tun haben und haben so zwei Teilnehmer gefunden. Am Donnerstag vor dem geplanten Shooting hatten wir noch die Möglichkeit, an der PH Zürich in einer Deutschstunde für Flüchtlinge Werbung zu machen und gewannen so noch einen weiteren Teilnehmer dazu.

TAG

Sonntagmittag, zwei Stunden bevor die Protagonisten kamen, haben wir mit dem Aufstellen und Einrichten des Materials begonnen. Nach kurzer Zeit bemerkten wir, dass wir beide Anfänger sind und dass wir uns mit dem Lichtequipment überfordert fühlten. Mit Hilfe von Youtube Tutorials haben wir dann das Setting aufgebaut und kurze Zeit später schon die ersten Fotos geschossen. Die Interviews waren erschwert wegen den sprachlichen Schwierigkeiten und so mussten wir uns stetig an den neuen Interviewpartner und seine Deutschkenntnisse anpassen.  Oder: Wegen sprachlichen Schwierigkeiten war ein Gespräch/Interview schwierig und wir mussten uns stetig an den neuen Interviewpartner und seine Deutschkenntnisse anpassen.

NACHBERARBEITUNG

Mit Lightroom haben wir die aussortierten Portraitfotos bearbeitet und uns entschieden das ganze schwarz/weiss zu machen, da so der Ausdruck verstärkt wird. Von den aufgenommenen Interviews filterten wir die besten Zitate heraus und schrieben kurze Aufzeichnungen.

FAZIT

Es war ein sehr lehrreiches und spannendes Projekt. Mit den ehemaligen Flüchtlingen zu sprechen, ihre Geschichten zu hören, war für uns eine sehr berührende Erfahrung. Einer der Teilnehmer bedankte sich nach den Fotos und dem Interview und sagte berührt, dass wir die ersten seien, seit den zwei Jahren in denen er hier in der Schweiz ist, die nach seiner Geschichte gefragt haben. Genau das war unser Ziel, Geschichten zu erzählen, die noch nicht erzählt wurden. Menschen zu hören, die nicht gehört werden. Technisch merkten wir, dass wir bei einem nächsten Mal uns noch besser mit dem Lichtequipment auseinander setzen könnten, um so noch bessere Fotos zu erreichen. Ebenfalls mit dem bearbeiten der Bilder können wir noch einiges dazu lernen. Im Grossen und Ganzen sind wir sehr zufrieden und freuen uns in der Zukunft weitere Fotoprojekte zu machen.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar