Livin’ digital

Das erste Mal von Zuhause ausziehen ist für jede Person anders. Aber nichtsdestotrotz ist es für jede Person einmalig. Ob in eine WG, alleine oder mit dem Partner zusammen, es stellt sich immer die Frage, wie die zukünftige Einrichtung aussieht.

Wenn man sich die Zeit nimmt und sein nächstes Wohn- oder Schlafzimmer nicht einfach ungeplant mit Möbeln zustellen will, gibt es heute diverse Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten. Mit den Wohnungsgrundrissen oder Fotos könnte man dies skizzieren. Dies benötigt jedoch Visualisierungskünste.

Oder man benutzt ein 3D-Programm, welches sich jeder leisten kann, nämlich Blender. Das Programm, welches für Mac und Windows verfügbar ist, kostet nichts. Dadurch gibt es eine riesige Community, und für jedes erdenkliche Problem findet sich eine Lösung.

Somit kann sich jeder sein Wohnzimmer frei gestalten und sich so entscheiden, welche Möbel gekauft werden und wo diese im Raum ihren besten Platz finden könnten. Passende Möbelmodelle finden sich gratis im Internet. Für dieses Projekt habe ich diese Möbel von Grund auf neu erstellt.

Eine Illustration des von mir erstellten Raumes findet sich als Indesign Booklet.

 

(lhu)

Kritik
von Marius Baumgartner

Vorbereitung

Das Projekt "Livin Digital 2.0" kam mir am Anfang des Semsters. Im Fach Medienvisualsierung vom 2. Semester mussten wir drei Produkte erstellen. Etwas im Print, etwas im Digitalen und eine freie Wahl. Damals entschied ich mich bei der freien Wahl für eine Bieretikette. Eine Bieretikette lässt sich am besten auf einer Bierflasche präsentieren. Da mir ein Ausdrucken der Etikette und ein anschliessendes Aufkleben auf eine Bierflasche damals zu umständlich war erstellte ich im Blender eine Glasflasche mit Inhalt, auf die ich dann die Etikette als Textur draufpackte. Die Flasche wurde jedoch nicht bewertet, und somit war sie nur eine Dekoration für die Etikette, welche bewertet wurde.

Nun dachte ich an eine Erweiterung des Projekts. Ich modellierte immer mehr Gegenstände, und somit ergab sich zum Schluss eine Zusammenstellung von

  • Bierglass
  • Bierflasche(inkl Bottlecap)
  • Tischset
  • Teller
  • Messer
  • Gabel
  • Stuhl
  • Tisch
  • Teppich
  • Lampe (Lampenfassung, Glühbirne)
  • Teppich
  • Sideboard
  • Lampe auf Sideboard
  • Bild mit Aubergine
  • Stehlampe

Modellierung

Der Grundbaustein von 3D animierten oder Standbiltern ist die Modellierung. Unzählige Tools vereinfachen die Modellierung. Die meisten davon kenn ich noch nicht, sind doch meine Models noch nicht so ausgeprägt. Durch "try and error" wird das Modell jedoch mit der Zeit besser.

Schwierigstes Modell

Das schwierigste Modell war sicher die Gabel. Kombination von Rundungen und Ecken machten dieses Modell am schwierigsten in der Umsetzung.

Material und Textur

Die Unterscheidung von Material und Textur muss zuerst erklärt werden. Während ein Material im Blender komplett von Null auf erstellt wird ist eine Textur eine externe Datei, welche meist aus einer PNG Datei besteht. Diese Textur wird meist mit Materialeigenschaften kombiniert. Dies wird im sogenannten Node-Editor vollzogen.

Beispiel Flasche: Die Flasche selber besteht aus dem Material Glas. Dieses wird noch mit einer Transluzenz vergeben, um das Glassmaterial noch ein wenig durchsichtiger zu machen. Gemischt wird das mit einer leichten grünen Farbe, da auch transparentes Glass leicht grünlich ist.
Beim Beispiel Glas ist die Node (Eigenschaft in Blender) "Fresnel" sehr wichtig. Diese Eigenschaft mischt man dem Material hinzu. Die Eigenschaft wird mit dem iOR (Brechungsindex) versehen. Für Glass ist das 1.0 - 1.2, für Holz wäre es 1.3. Je nach Material muss der iOR angepasst werden. Der Fresnel Faktor sagt aus, wieviel Licht in welchem Winkel reflektiert wird. Zum Glas kommt noch eine Volumeabsorbation Node. Sie sagt wieviel Licht das Material absorbiert. Je dicker das Glas oder die Flüssigkeit desto mehr Licht absorbiert das Material. Dies wirkt sich auf positiv auf den Realitätsfaktor und negativ auf die Renderzeit aus.Die Flüssigkeit in der Flasche ist nichts anderes als ein Glasobjekt mit erhöhter Lichtabsorbierung und gelber Farbe.

Die Textur ist bei der Flasche die Etikette. Die Flasche muss in eine Fläche umgewandelt werden (Sogenanntes "Unwrap") und die Etikette  an der richtigen Position positioniert werden. Das nur bestimmte Flächen der Flasche eine Textur haben muss mit dem Alpha Kanal des PNG gearbeitet werden. Ausserdem mischte ich die Etikette noch mit einem Glanz (Node: Glossy), um einen Glanz des Papier zu simulieren.
Das Resultat sieht so aus (Node Baum).

Der etwas komplizierte Node Baum für die Flasche
Dies ist ein Beispiel aus meinem Projekt. Sämtliche Objekte des Projekts haben ihre eigenen Materialien und Texturen. Manche sind einfacher (Besteck), manche sind aufwendiger (Flasche).

Ich habe die Flasche in einer eigenen Projektdatei erschaffen. Leider funktionierte die Implementierung in mein anderes Projekt am Anfang nicht, wie ich es mir vorgestellt hatte. Sah sie doch im eigenen Projekt so aus. Die Implementierung in mein Living Room 2.0 funktioniert schlussendlich mit viel Pröbeln.

Lichtsetzung

Das Modelling und die Materialien sind ein wichtiger Teil. Die Lichtsetzung ist wie bei einem Film oder Fotoshooting enorm wichtig. Sie gibt dem Bild eine Emotion. In Blender können verschiedene Lampen ausgewählt werden, von Spots über Areas. Je nach Lichtquelle verändert sich das Erscheinungsbild. Für die Stehlampe in der Ecke habe ich eine Area Lampe genommen. Das ist eine Fläche, welche in genau eine Richtigung abstrahlt. Dazu die Stärke und grösse der Fläche angepasst. Auch hier wieder, Try and Error. Wie gross muss die Lichtquelle und Lichtstärke sein, um eine realistische Lampe zu simulieren.

Weitere Lampen

Weitere Lichtquellen sind die Tischlampe, bei welcher die Oberfläche der Glühbirnen ein Lichtmaterial gekriegt haben. Da dieses Material aber nicht genug stark leuchtet setzte ich da eine unsichtbare Lichtquelle als Fläche mit Richtung gegen unten. Dieses verstärkt die Glühbirnen, ist jedoch nicht sichtbar.
Die Beleuchtung des Bildes ist eine Pointlampe, welcher direkt auf die Lampe zielt (wie bei einer Theater Spot Lampe)
Ausserdem gibt es noch eine Lichtfläche, welche von hinten in den Raum zündet, um den ganzen Raum ein wenig aufzuhellen.

Rendering

Leider unterstützt Blender meine AMD Grafikkarte nicht. Somit musste ich aller mit dem CPU rechnen. Durch die vielen Glasmodelle und Glanz auf allen möglichen Oberflächen vergrösserte sich die Renderzeit erheblich.Trotz Renderoptimierung musste ich auf externe Renderfarmen ausweichen, um die Renderings zu erstellen. Ich nahm die Dienste der Community Renderfarm "Sheep it Render Farm" in Anspruch. Die Community funktioniert folgendermassen: Ich stelle die Rechenleistung meines Computers anderen zur Verfügung, wenn ich sie nicht benötige. Mein Computer rendert dann automatisch Projekte. Dadurch verdiene ich Renderpunkte, welche ich zu einem Zeitpunkt wie jetzt einlösen kann. Ich lade meine Projekte hoch und sie werden auf irgendeinem Rechner gerendert. Das hat folgende Vorteile gegenüber, wenn ich sie selber rendern würde: Ich kann 2 Projekte gleichzeitig rendern lassen und ich kann während mein Projekt gerendert wird weiterarbeiten.
Da mein Laptop nicht optimiert ist für das Rendern wäre ich bei jedem Bild bis zu 3 Stunden blockiert gewesen.
Es gäbe noch andere Renderfarmen, diese sind jedoch kostenpflichtig.

Verschiedene Stufen des Rendermodels. Wireframe, Solid View, Texturen, Texturen+Material, Finales Produkt

Schwierigkeiten / Probleme

Grösstes Problem war auf jedenfall die Rechenleistung. Irgend ein Faktor in der Composition war für die langsame Renderzeit verantwortlich. Möglich wäre auch die Kombination von sehr vielen Glanzelementen, welche der Renderzeit entgegengewirkt haben.

Das Glas habe ich am Schluss doch noch richtig hingekriegt. War es doch in einer anderen Composition (In welcher nur die Flasche mit dem Glas war) komplett anders. Beim Importieren ins neue Projekt oder mit der Lichtsetzung funktionierte das neue Material nur bedingt. Es sah mehr metallisch als glasig aus. Zum Glück konnte ich dieses Problem lösen.

Lernerfolg

Modelle zu erschaffen macht Spass, das Material zu entwickeln (durch Tutorials, Hilfestellungen, Tabellen und eigenes Pröbeln) ist aufwendig, jedoch schön wenn es am Schluss passt.
Ich habe auf ein neues gelernt wieviel Arbeit in 3D Modellen steckt, und dass das Model an sich erst durch die Textur und Material richtig gut wird. Symetrische Modelle sind eher einfach zu modellieren. Bei Modellen wie das Sideboard oder das Besteck brauchte ich länger. Ein Tutorial von Blenderguru über Renderoptimierung hat mir einen Einblick in die "Physik" hinter dem Rendern gegeben.

Vorgehen für weitere Projekte

Für eine weitere Composition, an welcher ich schon arbeite, würde ich auf jedenfall bei den Texturen noch weitere Tutorials machen, um diese schöner hinzukriegen. Auch bei der Materialkunde muss ich mich noch weiterbilden.

Ich sehe in Blender eine Zukunft. In Gesprächen mit Mitarbeiter der Digitalabteilung von Ringier wurde mir gesagt dass immer Leute gesucht werden, die ein Basicwissen in Blender haben. Natürlich werde ich nie ein 3d Spezialist werden, jedoch für kleinere Arbeiten reicht mein Können.

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