Mean Tweets

Oder wie es aussähe, wenn sich Online-Diskussionen im echten Leben abspielen würden.

Wie geht ein grosses Unternehmen mit kritischen Onlinekommentaren um? Oder wie können diese sogar als Basis für Image-aufbessernde Massnahmen eines Unternehmens eingesetzt werden? Genau auf diese Fragen versuchte Swisscom mit «Mean Tweets» eine Lösung zu finden.

In der vermeidlichen Anonymität des Internets entstehen ebenso lustige wie absurde Diskussionen zwischen proaktiven Lesern und selbsternannten Experten. Swisscom wagte dabei einen neuen Schritt. In drei kurzen Clips werden die besten Kommentar-Diskussionen zu Swisscom-Beiträgen szenisch aufbereitet und verfilmt. Die Texte stammen dabei eins zu eins aus realen Diskussionen. Sie wurden lediglich auf Mundart übersetzt und anonymisiert.

Auf eine sympathische und ebenso selbstironische Art und Weise wird so gezeigt, welche Themen die Nutzer der sozialen Medien beschäftigen. Wichtig dabei ist, dass diese Filme nicht als Hochnehmen der Kunden zu verstehen ist. Swisscom schaltet sich ebenfalls aktiv in Diskussionen der Online-Gemeinde ein, nimmt die Kritik der Nutzer ernst und versucht, gemeinsam Lösungen für Probleme und Unzufriedenheit zu finden.

Hier findest du die ersten beiden Folgen von «Mean Tweets». Die dritte gibt es in Kürze auf dem Facebook-Kanal von Swisscom zu sehen.

Hier findest du Folge 1 

Hier findest du Folge 2

(lhu)

Kritik
von Nico Stähli

Preproduction
Da es sich bei dieser Produktion um fiktionale Filme handelte, nahm die Vorbereitung die meiste Zeit des Projektes in Anspruch und führte zu vielen Herausforderungen. Als Regisseur und Produktionsleiter war ich für alle Arbeiten im Voraus, sowie für den Dreh und die Postproduction zuständig. Dazu gehörte unteranderem das Schreiben des Drehbuchs, finden einer passenden Location, Casting der Schauspieler, Organisation des Equipments und die Erstellung eines detaillierten Personen- und Ablaufplans.

Die erste Herausforderung bestand darin, passende Texte aus dem Internet zu finden. Dafür habe ich diverse Kanäle durchkämmt, in der Swisscom online aktiv ist. Resultat waren 9 Dialoge zu verschiedenen Themen rund ums Unternehmen. Gemeinsam mit dem Social Media Team der Swisscom haben wir uns auf drei Dialoge geeinigt, welche ich anschliessend filmtauglich überarbeitet und ins reine geschrieben habe. Neben der Übersetzung und Anonymisierung standen dabei vor allem Regieanweisungen im Vordergrund.

Um zum Dialog passende Schauspieler zu finden, schrieb ich verschiedene Laientheater der Region an. So fanden sich relativ schnell Schauspieler, welche in meine Vorstellungen passten. Anschliessend galt es vier aufeinander angepasste Schauspieler auszuwählen. Besonders wichtig dabei ist, dass sie sich gegenseitig ergänzen und trotzdem eine eigene Rolle mit eigenen Charakterzügen einnehmen konnten. Diesen Entscheid fällte ich aufgrund persönlicher Gespräche und auf Basis bereits gespielter Rollen in Theaterstücken.

Das finden einer passenden Location war eine weitere Herausforderung. Die Anforderungen an die Location waren insofern hoch, als dass sie idealerweise schon viel an Ausstattung beinhaltete. Nach einem mehrstündigen Location-Scouting wurde ich im Möbel- und Inneneinrichtungsgeschäft «Lisa Feiler» in Bern fündig. Die meisten Inszenierungselemente durfte ich sogleich von Lisa Feiler verwenden. So konnte eine grössere Materialschlacht verhindert werden.

Schliesslich musste das passende Material gemietet und ein Personalplan erstellt werden. Da nicht das gesamte benötigte Equipment in der Ausleihe erhältlich ist, musste ich zusätzliches Material extern mieten. Um alle Rollen und Aufgaben ideal abzudecken, stellte ich mir ein Team aus 6 Personen zusammen. Die Rollen waren neben Film, Licht und Ton, Regie und Schauspielerbetreuung. Um die Übersicht nicht zu verlieren, erstellte ich einen Zeitplan für den Drehtag. So wusste jede Person, wann sie wo sein musste, und welche Aufgabe sie hatte.

Equipement

  • Sony PXW-FS5 Mark II
  • Xenon FF-Prime 18mm, 25mm, 50mm, 100mm
  • SmallHD Bildschirm
  • Richtmik Sennheiser MKH 416 P48 U
  • Sony XLR-K2M
  • Boompole
  • 2x Arri Skypanel S120-C
  • Reflektor
  • Zoom H6
  • XLR-Kabel
  • Stativ (Manfrotto)
  • Floatcam DollyCrane
  • Smoke Factory Tour Hazer 

Production
Meine erste Aufgabe am Drehtag bestand darin, zusammen mit dem restlichen Team die Kulisse aufzubauen. Dank dem guten Zeitplan im Voraus, hat das reibungslos funktioniert. Und als die Schauspieler eingetroffen sind, war das Set fertig. Nachdem die Schauspieler noch geschminkt wurden, konnten wir pünktlich zum geplanten Drehstart filmen. Weil wir nur mit einer Kamera drehten, mussten die einzelnen Dialoge jeweils aus der Totalen und aus dem Close-up jedes Schauspielers gefilmt werden. Nun war ich froh, dass ich eine Person alleine für die Betreuung der Schauspieler eingeplant habe. So konnte ich mich auf die Story, Bild und Ton fokussieren. Da der Raum sehr «Clean» wirkte, setzten wir einen Hazer ein. Die feinen Nebel-Partikel in der Luft sorgten für ein passendes Wohnzimmer-Ambiente. Für den Zuschauer ist der Nebel im fertigen Film allerdings nicht als solcher sichtbar.

Nach einigen Startschwierigkeiten (die Schauspieler mussten sich nochmals in ihre Rolle finden, und der Ton bereitete uns Probleme) kamen wir am Nachmittag so richtig in Schwung und konnten die verlorene Zeit vom Vormittag wieder aufholen. Schlussendlich überschritten wir den geplanten Drehschluss um nur fünf Minuten.

Postproduction
Da ich mir im Voraus so viel Zeit für das Storyboard und die Texte genommen und diese auch mehrmals vom Auftraggeber abgenommen hatte, kam ich im Schnitt sehr schnell vorwärts. Für das Audiodesign und Colorgrading habe ich beim ersten Clip Vorlagen erstellen, welche für die folgenden Filme weiterverwendet werden konnten. 

Learnings
Für mich war es das erste Mal, dass ich bei einem Projekt mit einer solch grossen Reichweite die Hauptverantwortung übernehmen durfte. Dementsprechend gross war der Druck und die Nervosität im Voraus. Die Learnings waren aber dementsprechend gross:

  • Es lohnt sich, viel Zeit in die Preproduction und das Schreiben des Skripts zu investieren. Dies bringt sowohl am Drehtag als auch in der Postproduction viel Sicherheit und spart Zeit.
  • Ich habe auch gelernt, wie wichtig es ist auf dem Set klare Anweisungen zu geben und den Zeitplan im Auge zu behalten. Am Dreh gibt es viele verschiedene Meinungen und Einflüsse, welche man abwägen muss, um situativ die «richtigen» Entscheidungen zu treffen. Das braucht ganz schön viel Mut und Übung.
  • Auf dem Set herrscht Hektik. Es ist daher wichtig, dass man ruhig bleibt und versucht, den Zeitdruck und Stress nicht auf die Schauspieler zu übertragen.
  • Die Zusammenarbeit mit den Schauspielern war für mich ein sehr spannendes Erlebnis. Es hat mir gezeigt, dass man diese Zusammenarbeit nicht unterschätzen darf, und wichtige Dinge nicht ausser Acht lassen sollte. Ein Beispiel sind die regelmässigen Pausen und die Verpflegung. Klingt nach Kleinigkeiten, sind aber grosse Motivationsspritzen und halten die Stimmung auf dem Set hoch.
    Zudem war die Zusammenarbeit mit den Schauspielern im Allgemeinen sehr spannend. Sie haben ganz andere Bedürfnisse und benötigen auch andere Betreuung, als Protagonisten bei Non-fiktionalen Filmen.
  • Obwohl alle beteiligten mit dem Endresultat sehr zufrieden sind, mussten wir nach den ersten beiden Folgen feststellen, dass die Message bei der Zielgruppe nicht so einfach verstanden wurde wie ursprünglich geplant. Viele dachten, die Texte wären von Swisscom frei erfunden. Der Aufbau war wahrscheinlich immer noch etwas zu kompliziert für das entsprechende Social Media Gefäss. Genauere Auswertungen zur Reichweite und Performance der Clips stehen allerdings noch aus.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar