Motivation
Albert Einstein soll mal gesagt haben: «If you can't explain it simply, you don't understand it well enough». Okay, er soll auch gesagt haben: «Never trust quotes on the internet», sicher, bei beiden Zitaten ist der Urheber fraglich, doch sie sind beide sicher nicht falsch. Ich habe schon häufiger kleinere Projekte mit Kindern gemacht, allerdings war ich da immer die «one man show», die alles machte, während die Kinder vor der Kamera herumhampelten. Als ich das Angebot bekam mit Jugendlichen einen Workshop zu machen, sah ich das als interessante Challenge. Bin ich gut genug um es Jugendlichen beizubringen? Kann ich Jugendliche, die bisher noch nie eine andere Kamera als die ihres iPhones benutzt haben, davon begeistern mit grösseren Kameras eine Geschichte zu erzählen? Kann ich mit ihnen etwas produzieren, dass sie gerne ihren Freunden zeigen, und nicht hoffen, dass es nie irgendwer in den tiefen des Internets entdeckt? Kann ich Pubertierende überhaupt motivieren oder mache ich mich zum Affen wie der grösste Aushilfslehrer? Alle diese Selbstzweifel motivierten mich dazu es einfach zu probieren und zu hoffen, dass etwas Tolles dabei entsteht.
Vorgehensweise
Da mir bereits von Anfang an klar war, dass das eine Aufgabe für mehr als Einen ist, habe ich gleich zwei Freunde angefragt, die ich in meinem Praktikum kennen gelernt hatte. Beide wissen ebenfalls ziemlich viel was Videoproduktion anbelangt und waren damit die perfekten Hilfsleiter. Wir trafen uns Anfang Februar mit Michael Wiesmann, dem Pfarrer der Konfirmanden-Klasse und besprachen das Projekt. Eine Wochen vor dem Dreh besuchten wir die «Könfis» im Unterricht für ein Brainstorming in Bezug auf den Plot. Eigentlich sollten wir anschliessend basierend auf dem Brainstorming eine Geschichte schreiben, doch das wollte uns nicht so wirklich gelingen. An den beiden Drehtagen im April erwies sich das aber als absolut unproblematisch. Die Jugendlichen waren extrem kreativ und motiviert und schrieben sich so unter unserer kreativen Leitung ihre eigene Geschichte, die viel besser zu ihnen passte, als all unsere Ideen es getan hätten. Parallel hatten wir einen halben Tag um den Teenagern beizubringen wie man Videos macht. Kamerabedienung, Cadrage, Licht und Ton in knapp vier intensiven Stunden. Den Rest des Wochenendes haben wir gedreht. Am Sonntag Nachmittag liess die Motivation bei den Konfirmanden zwar etwas nach, doch da waren wir dann auch schon sehr bald fertig. Danach mussten wir nur noch bis zur Konfirmation einen anständigen Schnitt hinkriegen und es war geschafft.
Schwierigkeiten
Die grösste Schwierigkeit hat sich wohl auch am einfachsten selbst gelöst. Ich hab's schon oft genug erwähnt: Der vermaledeite Plot. Ein gutes Script für einen Spielfilm zu schreiben ist so schon schwierig genug. Aber schreib mal eins für Teenager. Mit der Vorgabe, dass es um Ungerechtigkeit gehen soll. Im Brainstorming haben wir schnell gemerkt, dass diese Jugendlichen eigentlich gar keine richtige Ungerechtigkeit erleben. Klar haben sie schon von schlimmen Dingen gehört, aber wirklich zu tun hatten sie damit nicht. Die Geschichte sollte nicht überfordern, sollte nicht langweilig sein und die Konfirmanden sollten Spass daran haben sie umzusetzen. Eigentlich hätten wir sie von Anfang an die Geschichte schreiben lassen sollen. Klar, dadurch wird sie etwas verrückt, aber das ist doch genau der Charme daran! Und wenn man dabei ist und schaut, dass es nicht komplett ausartet, wird es sogar gut umsetzbar.
Abgesehen vom Plot hatten wir auch Probleme im Schnitt. Viel Material war schlicht unbrauchbar. Im Ton hörte man manchmal Finger am Kabel, das Bild war teilweise gnadenlos unscharf und/oder verwackelt und einige der Jugendlichen fühlten sich vor der Kamera nicht unbedingt wohl und brauchten deshalb mehr als nur ein zwei Anläufe um alles auf die Reihe zu kriegen. Aber war alles eine Frage des Zeitaufwands. Niemand erwartet von Teenagern Hollywood-Niveau. Und wir brauchten im Schnitt einfach etwas länger als uns lieb war. Mit dem VHS-Look konnten wir auch etwaige Unschärfe etwas kaschieren.
Ein weiteres Problem, war schon auch die Motivation der Konfirmanden. Sie gaben zwar alle Vollgas und wollten etwas erreichen, doch in diesem Alter ist man schnell einmal abgelenkt, oder hat auch mal genug von einer Sache. Vor allem gegen Ende des Drehs war es nicht bei allen gleich leicht sie wieder zu motivieren. Das hat zwar nicht das Projekt gefährdet aber anstrengend war das schon. Gut... Was habe ich anderes erwartet?
Fazit
Ich bin ziemlich zufrieden. Es hat mir Spass gemacht mit den Konfirmanden und ich glaube ihnen hat's auch gefallen. Es war anstrengend und intensiv, aber ich glaube ich konnte ihnen etwas beibringen. Für mich was es gut, wieder einmal die Basics zu repetieren und ich fühle mich durch den Erfolg der Jugendlichen darin bestätigt, dass ich diese Dinge auch wirklich kann.
Klar, hätte ich den Film gedreht, wäre ich nicht so zufrieden. Sind wir ehrlich: Die Geschichte ist eigentlich Müll und das Video ist offensichtlich nicht von Profis gemacht. Aber darum ging es ja gerade. Kinder haben diesen Film gemacht. Und es war das erste Mal, dass sie so grosse Kameras benutzt haben. Die Geschichte mag etwas abstrus sein, aber es ist halt eine Geschichte von Jugendlichen für Jugendliche. Das alles mag objektiv schlecht sein, aber für ein erstes richtiges Projekt absolut respektabel.
Würde ich es wieder machen? Auf jeden Fall. Beim nächsten Mal werde ich zwar nicht gross selber was lernen, aber aus reinem Spass und dank dem neu gewonnenen Selbstvertrauen wäre ich sofort wieder für einen Workshop zu haben. Um auf den Einstieg zurück zu kommen: Ist es mir gelungen meine Leidenschaft weiterzugeben? Ehrlich gesagt... Ich weiss es nicht. Vielleicht hat ja der ein oder andere Lust bekommen. Wie gesagt: Spass hatten, glaube ich alle. Eventuell landet ja mal jemand unter ihnen an der HTW, wer weiss...