More than just a haircut

More than just a haircut

Wie wirkt sich ein neuer Haarschnitt auf die Identität und Würde von Obdachlosen aus?

Um diese Frage zu beantworten, hat Sina Lustig das Projekt «Not just a haircut» während eines siebenwöchigen Praktikums in ihrem Auslandssemester gestartet. Sie bot im Hirundo Day Center in Helsinki (Finnland) Obdachlosen an, kostenlos die Haare zu schneiden. Vor allem nicht registrierte Migranten aus Rumänien und Bulgarien besuchen das Zentrum. Dort können sie Duschen und Kleider waschen. Sie erhalten Kleider- und Essenspenden sowie Sozialberatung. Einmal die Woche bietet die «global clinic» kostenlose medizinische Versorgung an. Bisher gab es allerdings noch keine Möglichkeit, sich im Center die Haare schneiden zu lassen. Bis Sina kam, die vor dem Studium der Sozialen Arbeit eine Ausbildung zur Friseurin absolviert hat.

Sie sagt: «Meiner Meinung nach ist die Haare geschnitten zu bekommen mehr als nur ein neuer Haarschnitt. Es geht um Entspannung, Kommunikation, sich um jemanden zu kümmern und den Menschen ein besseres Gefühl für sich selber zu geben.»

Obdachlose bekommen selten eine solche Behandlung. Zum einen fehlt ihnen oftmals das Geld hierfür, zum anderen sind sie oft Vorurteilen und Diskriminierung ausgesetzt. Für sie ist es schwer, ein positives Selbstbild und Selbstwertgefühl aufzubauen. Sina hat mit Ihrem Projekt versucht, den Obdachlosen dieses Gefühl wieder zurück zu geben. Seht euch das ganze Projekt auf der Webseite «More than just a haircut» an.

(ae)

Kritik
von Jakob Spörri

Motivation

Ich habe meine Winterferien in Finnland oder besser gesagt in Helsinki verbracht. Dort habe ich Sina Lustig getroffen, die dort ihr Erasmus-Semester an der DIAK, einer Hochschule für Soziale Arbeit, absolvierte. Als Pflichtpraktikum hat sie in einem Tageszentrum für ausländische Obdachlose, die vor allem aus den Oststaaten Europas wie Rumänien und Bulgarien stammen, gearbeitet. Da Sina nach ihrem Abitur eine Lehre als Friseurin gemacht hat, bot sie den Obdachlosen an, ihnen die Haare zu schneiden. Mir war sofort klar, dass ich sie überzeugen muss, mit mir ein multimediales Projekt daraus zu machen.

Ihre Motivation zum Haareschneiden bot viel Erzählstoff, genauso wie die Geschichten der Obdachlosen selbst. Sie hat die Obdachlosen jeweils vor und nach den Haarschnitten fotografiert, was das Projekt visuell sehr vielschichtig macht.

Vorgehen
Sina Lustig hat mit der Canon EOS 700d einer Freundin angefangen die Menschen vor und nach dem Haarschnitt zu fotografieren. Während und nach den Haarschnitten hatte sie die Möglichkeit etwas mehr über die Lebensgeschichten der Obdachlosen zu erfahren. Die Bilder und die Informationen hat sie dann an mich weitergegeben. Ich habe mir viel Gedanken darüber gemacht, wie ich diese Daten am besten darstellen kann.

In einem ersten Anlauf wollte ich die Daten mit der Augmented Reality App Aurasma darstellen. Mit dieser App kann man ein Bild oder einen Gegenstand mit zusätzlichen Informationen hinterlegen. Anschliessend können mit der App das Bild oder der Gegenstand gescannt und die Informationen dadurch sichtbar gemacht werden. Das zusätzliche Bild oder die Information wird dann neben dem bestehenden Bild angezeigt. Man hätte dann das Bild mit ungeschnittenen Haaren mit dem Smartphone einscannen können und hätte dann das Nachher-Bild mit Informationen zu dem Obdachlosen bekommen. Meine Intention dahinter war, da viele eine sehr oberflächliche Wahrnehmung von Obdachlosen haben, ihnen ein zweites Gesicht der Obdachlosen zu präsentieren und die Geschichte hinter ihren Gesichtern zu erzählen. Die App hätte also helfen können Vorurteile zu überwinden, den ersten Eindruck zu hinterfragen und mehr über die Obdachlosen zu erfahren.

Im Fach Interaktive Medien habe ich ungefähr zeitgleich ein Augmented Reality Konzept geschrieben. Dafür habe ich einen Prototypen gemacht. Dort habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Software-Anwendungen noch nicht sehr ausgereift sind. Für mein Projekt hätte dies bedeutet, dass die hinterlegten Informationen oft nicht angezeigt werden. Dass Projekt hätte sich in dieser Form vor allem um die Obdachlosen gedreht. Sinas Leistung wäre dadurch nicht zur Geltung gekommen.

Aus diesen Gründen habe ich die Idee, das Projekt durch die App Aurasma zu visualisieren, verworfen. Daraufhin ist die Idee einer Webseite entstanden. Dort hatte ich die Möglichkeit interessante Vorher-und Nachher-Effekte mit den Bildern zu machen. Die Webseite hatte zudem den Vorteil, dass ich das Projekt viel mehr um Sina herum aufbauen konnte.

Bilder
Die Bilder alleine erzählen bei diesem Projekt eine kleine Geschichte, weil jeweils ein Bild vor und eines nach dem Haarschnitt gemacht wurde. Sina hat zum ersten Mal mit einer Kamera gearbeitet. Viele Bilder, die sie aufgenommen hat waren sehr gut, obwohl sie das erste Mal mit einer Kamera gearbeitet hat. Einige Bilder wurden unscharf. Ich habe diese Bilder trotzdem ins Projekt eingearbeitet, weil der Hauptfokus nicht auf den Bildern liegt und sonst zu viel Information verloren gegangen wären.

Die Bilder habe ich mit Adobe Lightroom und Photoshop bearbeitet. Die Vorher-Bilder habe ich Schwarz/Weiss gemacht. Dadurch wirken die Bilder düsterer und sollen dadurch das harte Leben der Obdachlosen widerspiegeln. Ich wollte aber auch nicht zu viel bearbeiten, weil sonst die Authentizität der Bilder verloren gegangen wäre. Bei den Nachher-Bildern habe ich vor allem auf einen einheitlichen Look geachtet. Es war das erste Fotoprojekt, das ich umgesetzt habe. Ich habe mir einige Tutorials angeschaut und dadurch viel gelernt.

Für das Titelbild der Homeless Helsinki Unterseite habe ich mir lange Gedanken gemacht. Keines der Bilder, die mir zur Verfügung standen, hat gut gepasst. Auf der Seite Openstreetmap kann man gratis Karten als SVG herunterladen. Dort habe ich die Karte von Helsinki entdeckt. Diese habe ich in Graustufen gesetzt und mit Titel und Suchfenstersymbol versetzt. Das Symbol soll assoziieren, dass auf dieser Unterseite die Obdachlosen von Helsinki genauer unter die Lupe genommen werden.

Hintergrundinformationen
Sina hat zusammen mit dem Leiter des Tageszentrums Informationen wie Name, Alter, Herkunft, Probleme, Wünsche und Charaktereigenschaften erfragt. Um die Persönlichkeit der Obdachlosen zu schützen haben wir darauf verzichtet, Daten wie Name, Alter und Herkunft preiszugeben. Thomas Weibel hat mir zudem den Tipp gegeben, die Informationen in direkter Rede zu schreiben und als von uns aufgezeichnet zu veröffentlichen. Dadurch kann der Persönlichkeitsschutz der Obdachlosen gewahrt werden. Sina hat die Texte über die allgemeine Lage der Obdachlosen in Helsinki in einen wissenschaftlichen Kontext gesetzt.

Webseite

Ich habe mit dem Framework Bootstrap gearbeitet. Simone Schregenberger hat mir das Grundgerüst einer Bootstrapseite zur Verfügung gestellt. Anschliessend habe ich es auf meine Bedürfnisse angepasst und umgestaltet. Ich hatte lange keinen CSS-Formatierungen mehr gemacht und war deshalb auf Tutorials und W3 –School angewiesen. Am Ende hatte ich sehr viele verschiedene selbstdefinierte Klassen und musste darauf achten, dass es keine Konflikte oder Überschreibungen gibt. Es war auch wichtig die einzelnen Elemente so zu definieren, dass sie auf dem Mobile-Screen und dem Desktop-Screen gut aussehen.

Resultat und Fazit

Die Zusammenarbeit mit Sina war gut kommuniziert. Wir konnten uns mit unseren Fähigkeiten perfekt ergänzen. Sie hat viel Inhalt geliefert und ich konnte diesen multimedial umsetzen.

Mit dem Endresultat sind Sina und ich sehr zufrieden. Obwohl es nicht meiner ursprünglichen Umsetzungsidee entspricht, gefällt mir die jetzige Version. Meiner Meinung nach ist diese Darstellungsform zum jetzigen Zeitpunkt repräsentativer als die Umsetzung mir der Aurasma-App. Die Arbeit mit Bootstrap war sehr erfolgreich. Ich werde das CSS-Framework für ein weiteres Projekt anwenden.

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