Musikvideos – Greenfield Story

Wenn der Föhn durch die Ostschweiz fegt, packt die einen das Kopfweh und die anderen die Sehnsucht nach der weiten Welt. Die Jungs von GREENFIELD STORY gehören zur zweiten Sorte. Die Band besingt das Fernweh, Hoffnungen und die bittersüsse Liebe.

GREENFIELD STORY hat sich 2015 rund um den Rheintaler Singer-Songwriter René Greenfield formiert. Mit der Veröffentlichung der EP «Coffee or Tea» im März 2016 zog die Band regionale Aufmerksamkeit auf sich und spielte zahlreiche Konzerte in der Ostschweiz. Auch diverse Radiostationen wie SRF2, Toxic FM oder Radio RaBe spielten Songs der EP. Die vier Ostschweizer haben sich in den letzten Monaten keine Pause gegönnt, haben ehrgeizig weiter an ihrem Sound gearbeitet und neues Songmaterial geschrieben. Im Dezember wird die Band nun bereits eine zweite EP in digitalem Format mit dem Titel «Sing Songs and Carry on, Boy!» veröffentlichen. Der Sound der Band ist weiter gereift und selbstbewusster geworden.
Mit den vier Songs der kommenden EP zeigt die Band einen hohen Grad an Vielseitigkeit. In den Songs erkennt man Folk, Indie und Pop sowie Country-Elemente. Die Songs bestechen durch authentische, englische Texte, die zum Nachdenken anregen, eingängige Melodien gepaart mit abwechselnd sanftem und rauem Gesang, der noch die Punk Rock-Vergangenheit des Songschreibers hervorblitzen lässt. Die Band geht ihren Weg unbeirrt weiter und ist nun hungrig nach Konzerten. Mit ihren Songs dürften sie keine Mühe haben, sich eine breite Fangemeinde aufzubauen und man darf gespannt sein, wohin der Weg von GREENFIELD STORY noch führt.

Ich durfte die Band während einem Tag begleiten und mit ihnen vier Songs aufzeichnen. Das Ziel war, den Musikvideos einen warmherzigen aber doch rauen Live-Charakter zu geben. Anbei die ersten Resultate. Den neusten Song «Carry on boy» gibts ab Februar 2017 ebenfalls auf ihrem Kanal zu sehen, erneut produziert von mir.

Greenfield Story – Leaving you
Greenfield Story – Florence
Greenfield Story – Free and honest man

www.greenfieldstory.com

(fs)

Kritik
von Matteo Senn

Der Auftrag
Mein Kumpel, der ebenfalls ein Bandmitglied ist, fragte mich spontan an, für sie eine kleine Video-Produktion umzusetzen. Der Dreh soll an einem Tag stattfinden. Die Location sowie die Auswahl der Lieder war noch nicht bestimmt. Es soll kein typisches Musikvideo mit Storytelling werden, sondern mehr eine Liveproduktion sein. Speditiv soll gearbeitet werden. 1 Tag, vier Songs, eine Location. Ohne grossen Aufwand soll ein kleines aber feines Set entstehen.

Der Charakter des Videos soll sehr authentisch sein, eher rau und unbeschwert, aber trotzdem qualitätsbewusst. Die Liveproduktion soll also quantitativ und qualitativ sein. Kein einfaches Unterfangen. Doch mit der Aufgabe wächst man.

Das Konzept
Bei meinem Konzept setzte ich zwei Eckpfeiler, die mir aus dem Auftrag ersichtlich am wichtigsten erschienen. Zum einen die Einfachheit, zum anderen die Persönlichkeit.

Um die Inszenierung der Songs authentisch zu gestalten, entschied ich mich für eine one-chance-one-take Production, was soviel bedeutet wie: Ich habe genau eine Chance, wie an einem Live-Konzert. Die ersten Aufnahmen müssen also sofort sitzen.

Welches Stilmittel wäre dafür mehr geeignet als eine one-take Produktion. Da der Musikstil von GREENFIELD STORY eher rau ist, liess ich mich auf diverse Schärfespielereien ein. Nicht nur da es mit Blende 1.6 und einem 50mm Objektiv fast unmöglich ist, einen one-take ohne Schärfenachziehung zu bewältigen, sondern, da es auch eine gewisse Glaubwürdigkeit und Unbeschwertheit vermittelt. Zudem verzichtete ich bewusst auf einen Gimbal, ein Schwebestativ oder ein Dolly, da mir die ruhigen Bewegungen unpassend erschienen. So entschied ich mich zu einem Schulterstativ zu greifen, dass so die Mischung aus Handkamera und Schwebestativ darstellt. Ich wusste, dass ich bei einem one-take viel hin und her gehen werden muss und mit dem Schulterstativ konnte ich meine Bewegungen ein wenig stabilisieren, sie aber doch nicht zu ruhig darstellen.

Da die Location erst unmittelbar vor dem Drehtag festgelegt wurde, konnte ich mir kein Bild machen, wie die Lichtsituation vor Ort aussehen wird. Ich entschied mich ohne künstliches Frontallicht zu agieren, sondern vielmehr Gegenlicht zu schaffen, um einen Lensflare zu generieren. Mit den Dedo-Lights aus dem Sola Lichtkoffer schuf ich mit je einem Spot hinter jedem Bandmitglied ein Gegen,- bzw. Kantenlicht.

Der Raum soll geräumig sein, vielleicht mit einer speziell hohen oder speziell konstruierten Decke. Ich wollte einen grossen, hellen (mit grossen Fenstern) ausgestatten Raum. Den fand ich dann auch vor. Gross, schöne Decke, jedoch sehr dunkel, was sich später noch problematisch erweisen wird.

Die Vorbereitungen
Als ich die Anfrage von meinem Kollegen erhielt, hörte ich mir erst einmal einige Songs von der Band an. Da GREENFIELD STORY jung ist, ist sie noch nicht weitläufig im YouTube verbreitet. Dementsprechend schwer war es, die Songs zu finden und anschliessend anzuhören. Zudem wurden einige Songs wie Carry on boy oder florence, die am Drehtag gespielt werden sollten, noch nie aufgezeichnet. Bei diesen beiden Songs werde ich Wohl oder Übel ins kalter Wasser geworfen werden. Ich schrieb mir einige Grundideen auf und besprach diese telefonisch zusammen mit der Band. Schlussendlich fanden wir in dem one-chance-one-take den Kompromiss und somit das richtige Format für unser Musikvideo.

Der Dreh
Bevor der besagte Dreh starten konnte, musste zuerst der Raum optimiert werden. Da das Haus (Restaurant zur Traube) verlassen war, war es auch in dementsprechenden Zustand. Um alles drehbereit zu machen, mussten wir selbst Hand anlegen und verwelkte Pflanzen, leere Kühlschränke und verscherbelte Lampen aus dem Weg räumen.

Als dies erledigt war, begann ich mit der Positionierung. Ich markiert auf dem Boden die Stellen des Sängers, der Pianos und Schlagzeuges sowie die Positionen der restlichen Bandmitglieder, die während dem Musikvideo ebenfalls dabei sein werden.

Danach machte ich mich ans Lichtsetting. Ich stellte das Kantenlicht hinten der Band mit den Lampen aus dem Sola Lichtkoffer. Danach machte ich mich ans Deko-Licht. Dazu verwendete ich Retro-Glühbirnen auf Lichtstativen.

Im nächsten Schritt testete ich zum ersten Mal mit der Kamera. Obwohl die Vorhänge offen waren, hatte es im Raum zu wenig Licht. Dazu kam das Problem das die vorderen Fenster in einem nicht zeigbaren Zustand waren und diese mit dem roten Vorhang verdeckt werden mussten. Da halfen auch der ISO und die offene Blende von 1.5 f nichts mehr. Ich nahm das Worklight und setzte indirekte Licht via weisse Decke. Frontallicht konnte ich leider keines geben, da ich ansonsten einen Schatten auf die Band werfen würde.

Als die Lichtverhältnisse genügten und das Licht fürs erste gesetzte und einsatzbereit war, kümmerte ich mich um die Kameraeinstellungen. Blende 1.5 an der Festbrennweite von 50mm, bei einem ISO von 300-700 (maximal am späteren Nachmittag) und einem eher zu hohen Kelvinwert beim Weissabgleich. Die Gammakurven setzte ich in den neutralen Modus, damit das ausgegebene Videomaterial vor der Bearbeitung einen flachen Gammawert besitzt. Das hiess, Schärfe, Kontrast und Sättigung komplett flach darstellen.

Danach ging es ans Audiosetting. Zwei Richtmikrofone NTG2 wurden auf je einem Mikrofonständer angebracht und via XLR Kabel auf den Zoom gespiesen. Danach wurden die ersten Audiotests durchgeführt. Dabei bemerkten wir, dass egal wie wir die Richtmikrofone richteten, die Sängerstimme sowie die Mundharmonika zu wenig, dafür das Schlagzeug und der Bass zu viel Präsenz bekamen. Daher entschieden wir uns mit je einem dynamischen Handmikrofon auf einem Mikrofonständer die Sängerstimme und die Mundharmonika gezielt aufzunehmen. Danach konnten wir aus den vier Audiospuren auf dem Zoom die Präsenz ausgleichen, also so quasi eine erste Audio-Abmischung machen. Als dann alles gut klang, war das Audiosetting bereit.

Als nächstes richtete ich noch einmal kurz die Kantenlichter, überlegte mir für die vier Songs vier verschiedene Einstiegsshots und legten danach mit dem Dreh los. Der Dreh lief einwandfrei ab. Wir wiederholten die Songs so lange, bis die Band mit dem musikalischen und ich mit den bildtechnischen Einzelheiten zufrieden waren. Danach zogen wir die Audiodaten und die Videodaten kurzerhand ins Premiere und hörten bzw. sahen uns den Song an. Gab es Verbesserungspotenzial wurde der Song noch einmal aufgenommen, ansonsten direkt zum Nächsten weitergefahren. Wir handelten die vier Song nach der Wichtigkeit ab, da wir wussten, je später es würde, desto mehr bekämen wir Probleme mit dem Licht. Am Vormittag erledigten wir die ersten beiden Songs, bis am späteren Nachmittag die letzteren Beiden.

Equipement
- Canon 5D Mark 3
- 50mm 1.6 Blende durchgehend
- Schulterstativ
- Sola Lichtkoffer
- 2xRhode NTG 2
- 2x dynamische Miks für die Sänger
- Zoom H6 mit XLR
- 1 Auto ;)
- Mikrofonständer

Die Nachbearbeitung
Durch die one-chance-one-take Produktion konnte ich mir einen Haufen Zeit in der Postproduction sparen. Schnitttechnisch gab es kaum was zu tun. Da stellte das Colorgrading doch schon die grössere Herausforderung dar. Der Wunsch der Band war, eine stimmige, warme Umgebung zu schaffen. Mit dem warmen Kanten- und Worklight-Licht sowie den roten, gezogenen Vorhängen schuf ich bereits auf dem Dreh die nötigen Voraussetzungen dazu. Zudem filmte ich bewusst mit einem höheren Kelvinwert (wie oben beschrieben) um Wärme zu vermitteln. Nun da ich im neutralen Modus gefilmt hatte, konnte ich meine Arbeit im Colorgrading mit einem flachen, grauen, völlig entsättigtem Bild beginnen. Ich versuchte als erstes Klarheit in die Bilder zu bekommen. Dazu könnte man den Kontrast und die Sättigung erhöhen, was ich aber vermeiden wollte, da es meines Erachtens schnell plump wirken kann. Ich erhöhte die Weisstöne und setzte die Schatten sowie Schwarztöne dunkler. Danach erhöhte ich noch einmal ein wenig den Kelvinwert um mehr Wärme zu generieren, setzte die Highlights ein wenig nach unten die durch die Weisstöne zu hell schienen und passte die allgemeine Helligkeit des Bildes an.

Als das Colorgrading abgeschlossen war, machte ich mich ans Audiodesign. Ich mischte die vier Tonspuren miteinander ab. Dabei bekam ich Hilfe von einem gelernten Audiodesigner.

Danach machte ich mich an die Rahmenbilder. Anfangsbilder mit Anfangstexten und Audiodesign sowie ein Schlussbild mit den Schlusstextelementen. Um die Anfangsbilder, also quasi das Intro, mit Ton unterlegen zu können, Schnitt ich aus diversen Outtakes Töne zusammen, um so eine Jam-Stimmung zu schaffen. Das Ziel des Intros und Outros sollte sein, dass alle vier Musikvideos eine Einheit bilden, aber trotzdem verschieden Anfangen und Enden. Ich wählte daher den Übertitel „Traube Sessions“, da die Location Traube Restaurant hiess und den Songtitel am Anfang. Am Schluss noch einmal den Songtitel, den Bandnamen und die Credits.

Lernfelder
Ich konnte mich vor allem im Audiobereich weiterentwickeln. Ich bemerkte während des Drehs, wie wichtig es ist, gezielt Mikrofone einzusetzen und wieviel Zeit dies beansprucht. Schlussendlich hatten wir mit dem Audiodesign einen grösseren Zeit- sowie Nervenaufwand als mit dem kompletten Rest-Film.

Zudem war dies meine erste Produktion komplett alleine. Somit hatte ich Regieanweisungen zu geben, was für mich ebenfalls Neuland war.

Fazit
Mit dem Endprodukt bin ich im Grossen und Ganzen zufrieden. Doch wie bei jedem Projekt gibt es Dinge, die man im Nachhinein gerne ändern würde. In Zukunft würde ich die Schärfenspielerein, die zum Teil etwas übertrieben scheinen, eher meiden und doch eine geschlossene Blende verwenden. Einerseits scheinen die Spielereien mit der Schärfe im Endprodukt oftmals nervös und eher störend, zudem verkomplizierte es auf dem Dreh das Kamerahandling. Da ich auf dem Schulterstativ doch eher begrenzte Bewegungsmöglichkeiten habe und währenddessen noch immer mit einer Hand die Schärfe ziehen sollte, hat sich als schwierig erwiesen. Daher würde ich in Zukunft eher auf eine geschlossene Blende tendieren, wobei dann halt der Unschärfeeffekte im Hintergrund verloren geht. Wenn ich die beiden Faktoren abwäge, dann ist mir die Ruhe in den Bildern doch wichtiger als die Tiefenunschärfe.

Ein weiterer Punkt ist, dass ich vorab gerne in die Musikstücke, die dann am Tag X gespielt werden, hineinhören würde. Es erleichtert einem den Dreh enorm. Ich war anfangs oft am falschen Ort. Zudem konnte ich die Bewegungen nicht dem Song-Rhythmus anpassen. Dies wurde aber von Mal zu Mal besser, da ich nach dem 3-4 Mal den Songs auch ein wenig kannte.

Da die Band noch nicht genau wusste, welche Songs sie am Drehtag spielen werden und da einige Songs auch noch vor ihrem tatsächlichen Release stehen, war es schwierig auf den Takt zu schwenken oder die Schärfe zu ziehen. Damit mir dies ein wenig besser gelingen könnte, müsste ich mich vorab die Lieder verinnerlichen.

Da der Raum doch nur begrenzt Licht bekam und ich mit einer DSLR Kamera 5d Mark III mit der Lichtstärke eingeschränkt bin, war es nicht einfach einen guten Kompromiss zu finden. Entweder musste ich die Vorhänge öffnen und somit die heruntergekommenen Fenster zeigen oder mit dem ISO bis ans Limit gehen. Für eine nächste Produktion ist eine lichtstärkere Kamera wie z.B. die Sony FS5 empfehlenswert.

Wenn ich mit einer sehr tiefen Blende arbeite und dann immer noch versuche Detailaufnahmen zu machen, geht das mit der Schärfe oftmals schief. Ich hätte weniger Details wie z.B. Close-Ups von Bass, Gitarre und Piano denn viel eher auch einmal eine Totale zeigen sollen. Einerseits hätte ich so eine Abwechslung in der Bildgestaltung andererseits weniger Probleme mit dem Schärfeverlust.

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