Nostalgie: 8-Bit

Es war eine Welle der totalen Nostalgie: Wir schwelgten in Kindheitserinnerungen, staunten über die rasante Technologieentwicklung und reisten euphorisch zurück ins Zeitalter von Tetris, Snake und Super Mario…

Wie die Auflösung doch damals aussah – ein einziger Pixelhaufen. Die Figuren waren auf das Wesentlichste reduziert und die Farbtiefe fernab heutiger Grafik-Standards. Helden und Bösewichte mussten mit einer restriktiven Farbpalette von 256 Farben und innerhalb weniger Bildpunkten dargestellt werden. Klar, dass an dieser Stelle der Begriff «8-Bit» fiel, wir in den Tiefen des Internets nach altbekannten Figuren suchten und uns auf einmal fragten:

Wie wirken 8-Bit Figuren eigentlich heute? Und wie können wir heutzutage mit unserer Gewohnheit von gigantischen Auflösungen überhaupt noch 8-Bit-Retro-Grafiken nachahmen? Unsere Lösung: Illustrator, Abstraktion und endloslange Detailarbeit. Wir erweckten alte Looney Tunes Figuren neu zum Leben, positionierten tagelang Viereck um Viereck und wagten zudem den Versuch, jede Figur in drei verschiedenen Abstrahierungsgraden zu erstellen.

Das Experiment: Besitzt unser Gehirn auch bei den wenigsten Bilddetails noch die Fähigkeit, vertraute Figuren wieder zu erkennen?

Mach den Test. Easy, oder?

Jerry   TomTweetySilvestro

Der Workflow:

Song: Anitek – Show Off

Kritik
von Simona Vallicotti und Gabriela Schnell

Konzeptgedanke

Technologische Fortschritte prägen klar die Entwicklung der Menschen. Heutzutage können wir uns eine Welt ohne Internet, eine Vielzahl von Multimedia Gadgets und lebensnahen Bilder in gewaltiger Auflösung kaum noch vorstellen. Nicht selten orientieren wir uns an den neuesten Erfindungen und vergessen dabei die Ursprünge jener Technik, die wir gerade glorifizieren. Trotzdem zeichnen sich immer wieder Trends ab, alte Gepflogenheiten in die heutige Zeit zu übertragen. Zur sogenannten Retrowelle gehört beispielsweise auch die Computerkunst Pixel Art:
«Pixel-Art ist eine Stilrichtung in der Computerkunst, die Rastergrafiken verwendet und dabei das beschränkte Auflösungsvermögen von Bildschirmen als Stilmittel bewusst herausstellt. Sie nimmt dabei – teils ironisch – Bezug auf die Anfänge der Bildschirmgrafik von Video- und Computerspielen sowie der grafischen Benutzeroberflächen von Computern in den 1980er und frühen 1990er Jahren.», so die Definition der freien Enzyklopädie Wikipedia. Auf diesem Grundgedanken basiert das vorliegende 8-Bit Projekt.

Wir wollten testen, wie wir in Zeiten von 4K-Auflösungen oder 3D-Displays noch Bilder mit derart wenigen Pixeln annehmen. Viele Experimente haben bereits bewiesen, dass unser Gehirn oftmals nur wenige Informationen benötigt, um etwas – gerade Bekanntes – erkennen zu können. Denkt man etwa an Wörter, bei denen lediglich der Anfangs- und Endbuchstaben an die richtigen Stelle geschrieben wird und wir dennoch in der Lage sind, einen Text aus eben solchen Wörtern flüssig zu lesen.

All diese Tatsachen führten uns schlussendlich zur Fragestellung, ob ein Bild in der heutigen Zeit noch über eine vergleichsweise sehr geringe Anzahl Pixel verfügen kann und es unser Gehirn dennoch automatisch interpretiert. Entstanden ist mit «Nostalgie: 8-Bit» ein Projekt, das mit enorm viel Fleissarbeit, Detailtreue und Experimentierfreude verbunden war.

Umsetzung

Vorbereitung
Eine Behauptung, die die Arbeit für dieses Projekt wohl klar beschreibt, wäre folgende: Es ist viel schwieriger, etwas zu vereinfachen! Für «Nostalgie: 8-Bit» galt es neben dem Durchstöbern der gewünschten Figuren nämlich an erster Stelle zu überlegen, wie wir den gewünschten Pixeleffekt überhaupt erzielen konnten, ohne dass wir die Bilder lediglich auf ein Vielfaches verkleinern und anschliessend wieder vergrössern würden. Das Resultat mit solch einem Bildskalierungsverfahren wäre zwar ein «Verpixeln» des Bildes und der Figur, eine strikte Rasteranordnung wäre jedoch nicht sichtbar und unser Ziel damit weit verfehlt.
Nachdem wir uns also für den zeitaufwendigen, jedoch zu hundertprozentig erfolgsversprechenden Weg entschieden, unsere Figuren vektorbasiert im Adobe Grafik- und Zeichenprogramm Programm Illustrator zu erstellen, musste ein Raster erstellt werden, um in einem nächsten Schritt Quadrat für Quadrat darauf anlegen zu können.

Detailarbeit
Grundsätzlich begann die Arbeit einer jeder Figur damit, ein entsprechendes Originalbild als Ausgangslage in das Programm Illustrator zu platzieren. Durch unser angelegtes Raster konnten wir die Figuren grosszügig mit Quadraten nachbauen und mit dem Pipetten-Werkzeug die entsprechenden Farben aufgreifen.

Kaum begonnen, wurde uns bewusst, dass für dieses Projekt ein enorm abstraktes Denken notwendig ist und die Originallinien zwar als eine Art Referenz - mit all ihren Details aber niemals als konkrete Vorlage dienen könnten. Diese Tatsache sollte uns jedoch nicht von unserem Vorhaben abbringen, sondern noch mehr anspornen:
Sobald eine Figur vollendet war, wurden die Quadrate des Rasters vergrössert und dasselbe Spiel in einem noch höheren Abstrahierungsgrad wiederholt. Dieser dreiteilige Prozess wurde mittels Bildschirmaufnahme für ein entsprechendes Making-Of Video dokumentiert.

Medienwahl
Für die Präsentation der erstellten Figuren wählten wir ein passendes Grafikformat, welches sich einst dafür bewährt hat, Bilder mit geringer Farbtiefe zu komprimieren und darzustellen: GIF.
Eine Präsentationsform, die wohl ebenso an die 80er Jahre erinnert wie 8-Bit selbst und momentan eine Retrowelle geniesst, wie wir sie teilweise auch bei Pixel Art erkennen. Ein weiterer Aspekt, der uns zu dieser Medien-Wahl verleitete war derjenige, dass wir die Figuren in all ihren drei Abstrahierungsgraden bequem aufeinanderfolgend darstellen konnten.

Reflexion

Team
Die Teamarbeit verlief wie im erwartet ausgesprochen reibungslos. Beide Teammitglieder wählten ein bekanntes Looney Tunes-Paar, definierten gemeinsam Seitenverhältnis und Rastereigenschaften und konnten danach problemlos ihrer Kreativität freien Lauf lassen. Hatte ein Teammitglied eine Figur fertig, wurde sie begutachtet, kritisiert und eventuell nochmals angepasst. Da der vorzunehmende Prozess selbsterklärend war, tauchten keinerlei Fragen auf, weshalb wir uns auf Feinheiten und das gegenseitige Urteil konzentrieren konnten. Die Teamarbeit war daher in jeder Hinsicht angenehm, womit sich auch die Frage nach einer erneuten Zusammenarbeit erübrigt.

Arbeit
Was uns bei dieser Arbeit besonders in Erinnerung bleiben wird, ist wohl der überraschende Aufwand. Eine 8-Bit Figur auf die oben beschriebene Art und Weise zu erstellen, kostet ausgesprochen viel Fleissarbeit, Detailtreue und Durchhaltevermögen. Wir sind oftmals an die Grenzen unserer Motivation gelangt, besonders dann, wenn wir nach Stunden jedes Quadrat in Position gebracht haben und abrupt erkennen mussten, dass sich ein Denkfehler eingeschlichen hat. Etwa dass das Auge der Figur keinen Platz mehr hatte, weil die Kontur im Raster von Anfang an zu eng platziert wurde und wir alle Quadrate nochmals neu anordnen mussten. Hinzu kam, dass der Arbeitsprozess durch die Bildschirmaufnahme zusätzlich verlangsamt wurde, da wir frappant an Arbeitsspeicher einbussen mussten.
Daneben haben wir uns allerdings sehr schnell an das abstrakte Denken gewöhnt: Wir blendeten detaillierte Linien auf dem Referenz-Bild automatisch aus und konzentrierten uns auf das Wesentliche wie Umriss, Augen oder Farben. Bis heute ist uns noch keine Variante bekannt, eine 8-Bit Figur wie wir sie angefertigt haben zeitsparender zu erstellen. Bei einem nächsten Mal wäre es jedoch von Vorteil, etwas mehr Zeit in die Recherche zu investieren, um dies genauer zu prüfen, um uns gegebenenfalls viele Tage in der Produktion ersparen zu können.

Betrachten wir abschliessend unser Projekt, sind wir mehr als nur zufrieden. Der Leistungsaufwand ist zwar kaum erkennbar, das Resultat kann sich dagegen zweifellos sehen lassen. Wir sind der Meinung, mit «Nostalgie: 8-Bit» alle Betrachter für einen kurzen Augenblick zurück in die Vergangenheit versetzen zu können und für die Pixel-Kunst zu begeistern.
Während des Arbeitsprozesses konnten wir zudem eingehend unserer Fragestellung nachgehen und gemeinsam mit unserem Umfeld testen, ob wir tatsächlich in der Lage ist, die Figuren in jedem Abstrahierungsgrad zu erkennen.

Die Erkenntnis: Sobald die prägnanten Farben, die Grundrisse und die Augen positioniert sind, spielen Details eine untergeordnete Rolle und unser Gehirn kann mit der geringen Anzahl an Bildinformationen die Figuren mühelos erkennen. Beeindruckend!

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