…plötzlich schmöckts wieder wie daheim.

Wie kann ein Rezept eine Geschichte erzählen? Oder weiter gefragt: Welches Rezept hilft dir, wenn du einen schlechten Tag hast? Oder Heimweh?

Heimweh. Ein Gefühl, das jeder von uns schon einmal erlebt hat. Im Klassenlager, der ersten WG oder in den Ferien. Etwas nagt am Herzen, Trauer überkommt dich. Und dann, wenn du endlich wieder zuhause bist, zurück in deiner gewohnten Umgebung, ist dein Heimweh auf einmal geheilt. Zuhause ist es plötzlich am schönsten.

Doch was, wenn du dich entscheidest, an einem neuen Ort ein Zuhause aufzubauen? Oder ein Krieg deine Heimat verwüstet hat?

Wir sind umgeben von Menschen, die alles hinter sich lassen mussten oder konnten. Doch wir sprechen selten darüber, wie es ihnen geht. Wie gehen Menschen, die an einem neuen Ort ein Zuhause aufbauen müssen, mit Heimweh um? Eine Lösung: Comfort Food – Essen, das du in deiner Kindheit gegessen hast, dich aufheitert und dir ein Stück deines alten Zuhauses zurückgibt. Futter für die Seele sozusagen.

Auf unserer Website lernst du anhand eines kulinarischen Hörerlebnisses drei Frauen aus drei verschiedenen Ländern und Generationen kennen sowie das Rezept, das ihnen hilft, Heimweh zu überwinden.

(lhu)

Kritik
von Lucy Schön und Seline Freiburghaus

Idee und Inspiration
Für das Modul «Audio- und Kameratechnik» mussten wir in diesem Semester ein vierminütiges immersives Hörerlebnis mit Fokus auf auditivem Storytelling realisieren. Es soll die ZuhörerInnen emotional und informativ fesseln.

Zusammen wollten wir ein mehrteiliges Hörerlebnis realisieren, das grösser ist als das Audiotechnik-Projekt. Wir wollten ein eigenes, besonderes Format erschaffen.
Inspiriert wurden wir vom Buch «Syria: Recipes from Home» von zwei Frauen, die aus Syrien aufgrund des Krieges flüchten mussten und dem Begriff «Comfort Food» – Essen, das dich bei Heimweh und schwierigen Situationen unterstützt. Wir wollten drei Menschen aus drei Generationen audiovisuell porträtieren, die ihre Heimat verlassen haben und das Rezept, das ihnen bei Heimweh hilft. Küchengeräusche, die wir selber aufnehmen, sollten das Erzählte unterstreichen und das Gefühl vermitteln, als wäre der Zuhörer mit dabei in der Küche. Zudem wollten wir eine passende Website dazu programmieren, auf welcher die Beiträge angehört werden können.

Planung
Wir fragten Personen aus unserem Umfeld an, ob wir sie interviewen dürfen, da dort das das Vertrauen schon da ist. Wir fragten auch Männer an, doch diese sagten uns alle im letzten Moment ab.

Wir entschlossen uns, alle Töne in Selines Küche aufzunehmen. Die Interviews nahmen wir im TV-Studio im Produktionsraum (SRF) in Bern auf, da wir Hallen so gut wie möglich vermeiden wollten. Die Küchen-Geräusche wollten wir nicht aus einer Datenbank nehmen, sondern sie selber aufzeichnen, da uns der Beruf eines «Foley-Artists» fasziniert und wir selbst erfahren wollten, was alles dahintersteckt.

Uns kam plötzlich die Idee, einen Anfangs- und Schluss-Jingle zu kreieren – und zwar aus Küchengeräuschen. Wir entschlossen uns, eine Interpretation des Lieds «Heimweh» von Plüsch zu komponieren. Dafür holten wir uns bei unseren Audiotechnik-Dozenten Neil Raouf und Felix Bussmann wichtige Tipps.

Umsetzung
Einen Tag lang nahmen wir alle Interviews im Studio in Bern mit den drei Frauen auf. Dabei haben wir darauf geachtet, dass der Hall durch Tücher möglichst gut gedämpft war. Die Protagonistinnen sowie Lucy, die die Fragen stellte, haben wir mit einem Lavalier (Richtcharakteristik Kugel) ausgestattet. Als Recorder haben wir wieder den Zoom H6 verwendet. Durch den Einsatz der Lavaliers konnten unsere Interviewpartner frei gestikulieren und wurden nicht abgelenkt von einem Mikrofon vor dem Gesicht. Schliesslich sollte die Situation authentisch wirken und nicht gestellt.

Einen weiteren Tag verbrachten wir in Selines Küche und nahmen Töne auf – etwa Brotschneiden, heisses Wasser und Butter verstreichen. Für die Aufnahmen der Küchengeräusche haben wir ein Richtmikrofon mit der Richtcharakteristik Keule verwendet. So konnten wir vermeiden, dass Umgebungsgeräusche mitaufgenommen wurden. Über den Recorder Zoom H6 haben wir das Signal direkt an Audition weitergeleitet und aufgenommen. So konnten wir direkt nach der Aufnahme prüfen, ob der Ton klingt, wie gewünscht. Der Vorteil war auch, dass wir die Geräusche bereits in der richtigen Reihenfolge aufgenommen und in Audition gespeichert haben, langes Sortieren blieb uns so erspart.

In einem weiteren Schritt haben wir die Off-Stimme, auch im TV-Studio in Bern, aufgenommen. Wir konnten nicht die Original-Interview-Stimme von Lucy nutzen, da wir einige Teile rausschneiden mussten und sich die Stimmen während des Gesprächs durch die lebhaften Aussagen überschnitten hatten. Wir wollen dem Hörer vermitteln, dass wir uns im selben Raum befinden wie die Erzählperson. Also sollte auch der Ton gleich klingen. Deshalb haben wir uns entschieden, dieselben Aufnahmegeräte (Lavalier und Zoom H6) zu verwenden. Dieses Mal nahmen wir aber Selines Stimme auf, da sie ein reines Berndeutsch hat und wir fanden, dass ihre Stimme angenehm für die Interviews tönt.

Equipment
Audiorecorder Zoom H6
Funkset Sennheiser AVX
Funkset Sennheiser Bodypack EW-112P
Rode Richtmikrofon NTG-1
Mikrofonstativ klein Mini Tripod Stand
Sennheiser Kopfhörer HD 25
XLR Audio Kabel

Postproduction
Für die Realisierung des Songs haben wir uns entschieden, mit dem «Pitch»-Effekt zu arbeiten. Als Grundbeat haben wir das Abstellen einer Teigschüssel und das Schliessen drei verschiedener Küchenschäfte (Kühlschrank, Besteckschublade, Ablageschrank) entschieden. Anschliessend haben wir mit dem Klang eines Weinglases die Melodie nachgespielt. Damit das Lied nicht zu «flach» klingt, haben wir wiederum mit demselben Klang des Weinglases gearbeitet und eine Begleitmelodie komponiert. Dadurch konnten wir eine Harmonie erschaffen. Um noch mehr das Küchen-Feeling reinzubringen, haben wir an einzelnen Stellen noch weitere Küchengeräusche (Pfeffermühle, Salzstreuer, Abschaben auf Schneidebrett, Rühren und Abklopfen Pfanne) eingebaut. Im nächsten Schritt haben wir die Lautstärken der einzelnen Elemente abgestimmt. Schlussendlich haben wir noch mit der «Balance» in Audition gearbeitet. Durch das Steuern der Töne auf den linken oder rechten Audioausgang kann die Dynamik und das Volumen erhöht werden (Raumgefühl entsteht) und ein grösseres Sounderlebnis geschaffen werden.
Im Feinschliff haben wir noch den Effekt «Parametric Equalizer» auf die Tracks mit den hohen Klängen angewandt, um das Rauschen zu entfernen und die Töne klarer erklingen zu lassen.

Beim Schneiden der Podcasts haben wir im ersten Schritt alle überflüssigen Teile rausgeschnitten. Danach haben wir den Off-Text geschrieben. Dieser führt ein in das Thema und stellt die Person vor, schafft Übergänge zu den unterschiedlichen Themenaspekten und dient als roter Faden. Als wir die Moderatorenstimme aufgenommen hatten, haben wir diese in Audition platziert und die Küchengeräusche zu den passenden Erklärungen der Protagonisten hinzugefügt. Sobald der Song fertig war, haben wir dies als Einstieg und Abschluss unserer Sendung eingefügt. Im Feinschnitt ging es darum, komische Geräusche, wie etwa «Schmatzer», zu entfernen, und die Übergänge und Sprechpausen optimal zu gestalten.

Website
Ziel war, eine ansprechende, interaktive Website zu gestalten. Seline kreierte die Website. Lucy gab Inputs und verfasste den schriftlichen Teil. Wir entschieden uns für minimale Zeichnungen statt Fotos der Menschen, da man hier wie beim Zuhören seiner Fantasie freien Lauf lassen kann. Eine Schwierigkeit stellten die Audio Controls dar. Diese haben normalerweise ein Standard Design, das uns aber persönlich nicht gefällt. Nach Recherchen fanden wir aber eine passende Lösung, um die Controls nach unseren Vorstellungen gestalten zu können.
Während dem Arbeiten kamen uns immer wieder Ideen, etwa die Kochtöpfe, mit denen die User selber ein kurzes Lied spielen können. Auch wollten wir, dass die Website zweisprachig ist, und passend für das Erzählte «Bärndütsch» an erster Stelle steht.

Herausforderungen
Die grösste Herausforderung war das Erarbeiten des Songs. Wir hatten zuvor noch nie so etwas gemacht und waren unsicher, ob es wirklich funktionieren würde. Bei den Aufnahmen haben wir versucht, Gläser mit unterschiedlich viel Wasser zu füllen und dann den Klang mit einem Stimmgerät zu messen – wir sind jedoch kläglich gescheitert. Also haben wir einen anderen Ansatz gewählt. Wir nahmen den Klang eines einzigen Weinglases auf und haben diesen wie oben beschrieben im Nachhinein gepitcht. Seline hat musikalisches Fachwissen, so konnte sie Anhand der Noten des Original-Lieds die Töne anpassen. Sie schrieb die Noten nach Gehör raus und hat die Änderung der Töne aufgeschrieben. Mit diesen Werten arbeiteten wir im Audition.

Eine weitere Herausforderung war das Sprechen des Off-Textes. Es ist nicht einfach im Nachhinein Fragen aufzunehmen, die an eine Person gerichtet sind, die nicht anwesend ist. Das Hineinversetzen in die Situation und das ausdrücken von Gefühlen über die Stimme war für uns eine grosse Challenge. Die Fragen mussten mehrmals wiederholt aufgenommen werden und wir sassen mehrmals zusammen im Studio, bis wir beide zufrieden waren.
Für die Zukunft haben wir gelernt, dass wir die Interviewfragen bereits während des ersten Interviews korrekt stellen werden, so dass sie in der Post verwendet werden können und nicht im Nachhinein aufgenommen werden müssen. Spontane Reaktionen wirken meist am authentischsten. Auch ist an ein paar Stellen noch hörbar, dass die Stimme nachvertont wurde.

Fazit
In diesem Projekt konnten wir unterschiedliche Stärken von uns beiden kombinieren und Gelerntes aus den unterschiedlichsten Modulen kombinieren. Wir unterstützten uns gegenseitig, wo wir konnten und merkten: Wir sind ein super Team. Ob wir in unserer Zukunft Foley-Artists werden, können wir noch nicht sagen. Klar ist: Audio macht Spass – und süchtig.

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