Rahmengeschichten

Aus einer Welt in eine andere steigen, weil man gerade viel lieber irgendwo anders wäre. Ein einfaches Utensil als Übergang zwischen der Realität und der Wunschwelt.

Ungeteilte Aufmerksamkeit. Das fällt Studenten häufig schwer. Viel aktiver sind sie hingegen beim Tagträumen. Anstatt im Unterrichtszimmer wären sie doch viel lieber irgendwo draussen an der Sonne, am Rhein beim Kaffee oder manche sehnen sich schlicht nach einer Zigarette.

Solche Tagträume sind der einfachste Weg dem öden Alltag zu entfliehen. Oft passiert es unbewusst, dass die Gedanken plötzlich durch die Landschaft schweifen. Der Übergang zwischen Realität und Imagination verschwimmt und – ohne sich zu versehen – ist man in zwei Welten gleichzeitig, aber irgendwie jeweils nur zur Hälfte.

Die paarweise Fotoserie ergreift diesen Übergang. Die geteilte Aufmerksamkeit, weswegen sich die Personen selbst teilen. Sie sind nur zur Hälfte in ihrer Umgebung, während der andere Teil in einer anderen, schöner vorgestellten Landschaft verweilt. Der Rahmen ist der teilende und gleichzeitig der verbindende Teil zwischen Imagination und Realität.

Das Resultat dieses kreativen Experiments findet ihr auf der folgenden Website: Rahmengeschichten

(fms)

Kritik
von Simona De Roni und Silvy Kohler

Die Idee
Zu unserem Projekt inspiriert haben uns die Arbeiten verschiedener Photoshop-Künstler. Uns gefielen die surrealen Bildkompositionen, in denen es um die unmöglichen Überschneidungen zwischen zwei oder mehr Orten ging. Die Möglichkeit mit Photoshop zwei Welten so einfach auf eine bildliche Ebene zu bringen, faszinierte uns vom technischen Aspekt her.

Wir wollten ein Element, das die Bilder untereinander verbindet. Der Bilderrahmen bot sich an, weil er in seiner üblichen Funktion normalerweise ein fiktives zweidimensionales Bild von der Realität trennt. In unseren Bildern ist er nun ebenfalls Bindeglied zwischen den zwei Welten, wenn auch selber gefangen in einem dritten Bild.

Für uns stand schnell fest, dass wir die Bilder innerhalb von einer Bootstrap-Umgebung veröffentlichen wollten. So können die Betrachter noch besser in eine andere Welt eintauchen. Zudem konnten wir so die Verbindung der zusammen gehörenden Bilder viel besser betonen als in einer Bildergalerie.

Die Vorbereitung
Wir sammelten Ideen für passende Bildkombinationen. Sie sollten einerseits vom Setting her ansprechend und andererseits sinnvoll umsetzbar sein. Die Positionen der Personen mussten also in Verbindung mit dem Rahmen Sinn machen. Als wir einige Ideen zusammen hatten, organisierten wir unser Material. Im Brockenhaus suchten wir uns einen passenden Rahmen aus. Wir fanden zum Glück schnell ein Exemplar, das unseren Vorstellungen gut entsprach. Da wir viele Aufnahmen draussen bei Sonnenschein machen würden, bereiten wir uns mit Reflektoren und einem Blitzgerät vor.

Die Umsetzung
Nachdem unsere Idee geboren war und wir auch schon einen Rahmen besorgt hatten, entschieden wir uns für die Personen, welche wir fotografieren wollten. Die Posen und Szenen für unsere Fotos hatten wir uns im Vorherein überlegt und auch ein ungefährer Aufnahmeort. Für den genauen Standort der einzelnen Aufnahmen haben wir uns aber meist spontan entschieden, so konnten wir auch auf die momentanen Verhältnisse (z.B. Licht, störende Elemente im Hintergrund,…) reagieren.
Grundsätzlich brauchten wir für jedes fertige Bild im Minimum drei Aufnahmen der Situation. Einmal mit der Person und dem Rahmen, dann nur der Hintergrund ohne Personen oder Rahmen und schliesslich den Rahmen. Letzteres war immer eine grosse Herausforderung, damit wir die Position aus dem ersten Bild mit Person einigermassen einhalten konnten.

Im Photoshop haben wir dann jeweils die eine Seite der Person mit dem reinen Hintergrund ersetzt. Die Teile des Rahmens, die die Person im ursprünglichen Bild verdeckt mussten wir durch die Teile des dritten Bildes ersetzen, wo nur der Rahmen zu sehen ist. Beziehungsweise auch immer eine Person oder mindestens eine Hand die den Rahmen hält. Im Idealfall konnten wir den Rahmen mehrmals „leer“ aufnehmen. Eine hundertprozentige Übereinstimmung der Position des Rahmens vom Bild mit Person und ohne die Person haben wir nie erreicht.

Eine weitere Herausforderung war der unterschiedliche Schattenwurf auf den Rahmen mit und ohne Person darin. Auf Grund dieser Punkte gab es einiges zu tun in der Postproduction. Die Farbbearbeitung sollte natürlich sein, so haben wir nur einige grundlegende Korrekturen an Belichtung, Kontrast und Farben vorgenommen. Diese Korrekturen mussten dann auf alle Bilder einer Serie übereinstimmend angewendet werden, damit keine Abweichungen im Farbton innerhalb des fertigen Bildes entstanden. Für die Aufnahmen im „tristen“ Schulalltag haben wir uns für einen etwas entsättigten Look entschieden.

Bei der Website haben wir uns für eine schlichte Gestaltung entschieden, damit die Bilder im Vordergrund stehen. Wichtig war uns der Effekt von den zwei Bildern übereinander, sodass der Betrachter direkt den Übergang von der einen in die andere Welt beobachten kann. Die Aufteilung in die drei Welten unserer Protagonisten hilft zur Orientation und gestaltet die Serie persönlicher.

Probleme
Bei den Aufnahmen versuchten wir uns so gut wie möglich an unsere geplanten Settings zu halten und gleichzeitig spontan auf die Situation eingehen zu können. Dabei verloren wir bei der einten oder anderen Komposition den Überblick und es fehlte uns im Nachhinein eine Einstellung der Situation.

Weiter stiessen wir – und vor Allem die Personen vor unserer Kamera – an ihre menschlichen Grenzen, wenn es um das Halten des Rahmens ging. Auf dem Bild sollte nicht sichtbar sein, dass der Rahmen – als praktisch magisches Objekt – den physischen Gesetzen wie der Schwerkraft unterworfen ist. Gerade bei Bildern, bei denen sich unsere Models bewegten (z.B. laufen, strecken, etc.) brauchte das zig Anläufe und einige Dutzend Auslösungen bis das Resultat zufriedenstellend war. Im dazugehörigen Bild an einem völlig anderen Ort und an einem anderen Tag hätte dann die Haltung und Position des Rahmens und der Person im Bild wieder exakt übereinstimmen sollen, was aus verschiedenen Gründen nie zu hundert Prozent funktionierte. Schon die Höhe des Stativs stellte sich als wichtiger Punkt heraus. Dazu den genauen Winkel zwischen Model und Kamera zu reproduzieren, klappte trotz dem direkten Vergleichen mit den bestehenden Aufnahmen nur annähernd. In einigen Fällen mussten wir auch einen leicht andern Bildausschnitt wählen, um störende Objekte im Hintergrund zu umgehen.

In Bootstrap ist es uns nicht gelungen ein weicher Übergang zwischen den Bildern zu programmieren ohne andere signifikante Funktionen und Layoutoptionen einzubüssen. Ein Slider zwischen jeweils zwei Bildern hätten wir zwar ein sehr tolles Stilelement gefunden, erschien uns aufgrund der nicht identischen Positionen aber wenig sinnvoll oder sogar verwirrender.

Fazit
Bereits beim Fotografieren mussten wir uns über die Weiterbearbeitung im Klaren sein. Je nach Situation brauchten wir zusätzliche Aufnahmen vom Rahmen und der Umgebung. Im Eifer des Gefechts ging leider ab und zu eine Einstellung vergessen, was dann zusätzlichen Aufwand in der Postproduction erforderte. Zum Beispiel haben wir bei einer Gelegenheit war den Rahmen zusätzlich ohne die Person fotografiert, allerdings hatten wir dann keine Originalaufnahme um die Hand zu kaschieren, die den Rahmen hält.

Da wir die Fotos, die zusammengehören an sehr unterschiedlichen Orten aufgenommen haben, war es schwierig die exakte Lage des Rahmens zu reproduzieren. Daher ist es uns kaum gelungen eine exakte Übereinstimmung der Position zu erhalten. Daher ist es nicht überall deutlich, dass die Bilder jeweils zu zweit zusammengehören. Die genaue Umsetzung war durch menschliche Grenzen eingeschränkt. Nicht immer konnten wir die Positionen so übereinstimmend kreieren. Ein ausführlicheres Storyboard mit mehr Skizzen hätte uns bei der Durchführung geholfen. Zudem haben wir themenbedingt oft sehr sonnige Tage zum Fotografieren, was schwierige Lichtsituationen ergab.

Insgesamt konnten wir unsere Fertigkeiten in Photoshop um einige Kniffe erweitern und haben uns einen effizienten Workflow in der Bildverarbeitung von den Grundkorrekturen in Lightroom bis zu den komplexeren Kompositionen in Photoshop angewöhnen können. Wir würden, wenn terminlich möglich, nicht mehr in so extremen Lichtverhältnissen fotografieren. Am Setting fehlte uns bei manchen Bildern der künstlerische Aspekt, der zu Gunsten von praktischen Überlegungen in den Hintergrund rückte. Ein ausführlicheres Location-Scouting hätte uns vielleicht mehr Möglichkeiten für eine ausgeklügeltere Gestaltung gegeben. Wir sind aber positiv überrascht, wie gut sich die massiven Eingriffe der Bildbearbeitung ins Gesamtbild fügen und eine stimmige neue Komposition ergeben.

Ausüstung

  • Canon 7D
  • Canon 18-135mm
  • z.T. Reflektor, Blitz
  • z.T. Stativ

Viel Spass mit den Bildern.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar