Raus aus der roten Zone – eine Heimreise in Zeiten des Covid-19 Virus

Wie fühlt es sich an, in der roten Zone zu sein? Eine Geschichte über einen ganz besonderen Heimweg.

Als am 8. März 2020 Modena, die Stadt in Norditalien, im Rahmen der Coronakrise zur roten Zone erklärt wurde, fing die Angst an, sich in mir auszubreiten. Wie komme ich wieder nach Hause? Kann ich das jetzt überhaupt noch? In diesem kurzen Film fasse ich meine Gedanken und Ängste in diesen Stunden der Heimreise zusammen und visualisiere Momente, die ich nicht mit der Kamera aufgenommen habe, mit animierten Zeichnungen.

Hier siehst du den fertigen Film:

(hil)

Kritik
von Samira Taghizadegan

Idee

Als ich am nächsten Tag der Bekanntgabe der Erweiterung der Sperrzone Italiens auf die Strasse ging, ist mir aufgefallen, wie drastisch schnell so gut wie niemand mehr draussen war. Es war ungewohnt ruhig. Ich habe einfach angefangen zu fotografieren. Erst Wochen später bin ich darauf gekommen, dass das gesamte Thema sich sehr gut als Digezz Projekt eignen würde. Im Nachhinein finde ich es schade, dass ich nicht gefilmt habe, statt zu fotografieren. Aber ich denke, die Fotos sprechen für sich und stehen auch symbolisch für die damalige Situation. Sie stehen für eine Leere, Ruhe und Angst gleichzeitig.

Fotografien (Handykamera)

Da ich spontan unterwegs war, habe ich keine Kamera oder sonstiges Equipment dabei gehabt. Ich bin durch die Strassen gelaufen und habe versucht Besonderheiten festzuhalten. Ich habe noch viel mehr Material aufgenommen, dass es nicht in diesen kurzen Film geschafft hat.

Text

Als ich zuhause angekommen bin, war ich immer noch sehr aufgewühlt. Diese Heimreise und die Tage davor haben mich belastet und ich habe mich unter ständigem Stress ausgesetzt gefühlt. Beim Sprechertext war es mir wichtig, mich komplett auf meine Gefühle zu konzentrieren, und mich beim Schreiben noch an alle Stufen und jeweiligen Sorgen und Bilder zu erinnern. Das war nicht schwer, da mich diese Bilder sehr geprägt haben in der Coronazeit. Aufgenommen habe ich den Text mit meinem Handy, da ich wegen der Coronakrise meistens keinen Zugang zum Equipment der Hochschule hatte.

Skizzen und Animationen (SketchBook)

Da ich beim Sichten der Fotografien und beim Schreiben des Textes gemerkt habe, dass ich nicht zu allen Textstellen ein passendes Bild aufgenommen habe, habe ich mich entschlossen, mich an SketchBook heranzutrauen. Das Programm habe ich bislang nicht sehr gut gekannt. Vor zwei Semestern hatte ich mal eine Woche lang damit gearbeitet, das war es aber schon gewesen. Als wir dann aber in diesem (4. Semester) wieder angefangen haben mit dem Programm zu arbeiten, habe ich mich auch wieder herangetraut mehr mit dem Programm auszuprobieren. Ausprobieren ist hier auch das richtige Stichwort: Ich hatte nämlich so gut wie keine Ahnung, wie man überhaupt damit richtig arbeitet. Da ich mich selbst früher nie als gute Zeichnerin angesehen habe, war es schwierig, mal mit einer Skizze zufrieden zu sein. Ich habe dann aber schrittweise meinen Stil erkannt und diesen versucht durch den ganzen Film zu ziehen. Ich hoffe, dass man das auch erkennen kann. Ich habe mich sehr bemüht, eine Art Gleichmässigkeit zu erreichen. Von den Zeichnungen, Farben, Stiften, und auch den Animationen. Bei den Farben hat rot für die rote Zone, und blau für die Hygienevorschriften (Masken und Desinfektionsmittel) eine grosse Rolle gespielt. Bei den Stiften habe ich meist mit einem einzigen Stift «Brieffreund» aus der Kategorie «Texturgrundlagen» gearbeitet. Die Hintergründe und Ausfüllungen der Formen und Figuren habe ich meistens mit Wasserfarben gemacht. Bei den Zeichnungen war es mir wichtig, so simpel und symbolisch wie möglich zu zeichnen, und auch nur das Notwendigste für die Visualisierung der Szene zu zeichnen. Der rosafarbene Schal wurde in der Geschichte zu einem Symbol meiner Situation. Bei den Animationen wollte ich mich auch eine Art Rhythmus halten. Der Fokus lag bei mir in diesem Film nicht auf eine möglichst realistische Animation. Es ging mir darum, dass ich durch simple Zeichnungen und Animationen Gefühle und Gedanken darstellen kann, die man vielleicht mit echten Bildern gar nicht richtig darstellen kann. Denn manche Ängste spielen sich nur im Kopf und nicht in der Realität ab. Ausserdem symbolisieren die vom Tempo gleichmässig rhythmischen Bewegungen der Zeichnungen die Zeitlupe, die in diesen Momenten in meinem Kopf vor sich gingen. Ich fühlte mich unbeweglich und als ob ich kaum vom Fleck kommen würde.

Musik

Die Musik hat mein Bruder gemacht. Als wir gemeinsam nach einem passenden Lied für diesen Film suchten, blieb ich bei diesem hängen, da es für mich die Stimmung sehr gut rüberbringt. Es hat eine traurige aber auch positive Seite. Genau wie im Film: Ich hatte Angst vor dieser ungewohnten, mir scheinbar gefährlichen Situationen, und gleichzeitig hatte ich die Hoffnung wieder nach Hause zu dürfen.

Sound Effekte

Die Geräusche habe ich aus Soundlibrarys. Ich habe mich spät im Prozess des Videos dazu entschieden auch mit externen Sounds zu arbeiten, da ich dachte, dass diese den Film noch stärker erlebbar machen.

Herausforderungen

Alle Herausforderungen hatte ich eigentlich mit SketchBook. Ich musste mich erst mal mit dem Programm zurechtfinden. Das erste Hindernis war für mich anfangs, dass ich kein Wacom oder Tablet hatte, um die Zeichnungen anzufertigen. Ich habe also nur mit dem Mousepad und der Mouse gearbeitet. Daran habe ich mich aber schnell gewöhnt, und ich finde nicht, dass meine Zeichnungen darunter gelitten haben. Herausfordernd war es bei den Animationen. Ich habe mit der Flipbook Funktion von SketchBook gearbeitet, und das Tool stellte sich als schwieriger heraus, als ich anfangs dachte. Mittlerweile bin ich sehr geübt mit dem Programm und kann alles viel schneller und intuitiver, aber am Anfang wusste ich nicht genau, wie die Layer funktionieren und auch die Prinzipien der Animation waren mir nicht so bewusst. Wann ich Layer duplizieren, wie ich die Layer verändern soll, damit es genau den Effekt gibt, den ich gerne wollte. Das war das Schwierige. Auch was auf den Hintergrund Layer kommt, und was auf den mittleren Layer kommt, war komischerweise für mich nicht ganz klar. Und eine Sache, die ich immer wieder anpassen musste, war die Länge der Animationen. Anfangs konnte ich nicht einschätzen, wie lange der Zuschauer das Endbild der Animation sehen muss. Da ich die Animationen ja schon auswendig kenne, hatte ich das Gefühl, dass der Zuschauer sie auch nicht so lange sehen muss, um sie zu verstehen. Aber ich habe gelernt, dass es in Ordnung ist, Bilder und Animationen auch mal länger stehen zu lassen.

Verwendete Tools

Handy

SketchBook

Adobe Premiere

Fazit

Auch wenn der fertige Film nur 2.25 Minuten lang ist, steckt doch sehr, sehr viel Arbeit hinter den animierten Zeichnungen. Solche Zeichnungen muss man immer wieder zeichnen, um sie animieren zu können, und gewisse Details dann neu oder versetzt zeichnen, skalieren oder verschieben. Das ist viel Arbeit und sollte nicht unterschätzt werden. Ich bin aber sehr zufrieden mit dem Endergebnis und denke, der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt.

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