SÄNDER – Wie kriegen wir keinen Ärger?

Wir haben zwar Leute im Team, welche bereits beim Radio gearbeitet haben, jedoch hat sich nie jemand um eine Konzeption oder rechtliche Fragen kümmern müssen – ein Sprung ins kalte Wasser.

Suisa, Audion, Bakom oder Handelsregister – von diesen Organisationen haben wir schon einmal gehört. Jedoch hatten wir absolut keinen Plan, was wir machen müssen, damit wir legal ein Radio betreiben dürfen. Unzählige Stunden flossen daher in die Recherchearbeit.

Folgende Organisationen gilt es für ein «Amateurradio» zu beachten:

Handelsregister (Vereinsgründung): 

Kann eine natürliche Person ein Radio gründen? Muss man dafür eine Firma gründen? Reicht es einen Verein zu haben? Welche Aspekte bringen die genannten Optionen mit sich? Diese Fragen haben wir uns gestellt.

Eigentlich ist die Antwort ganz einfach: Laut Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG Art. 441f/2) kann jede in der Schweiz wohnhafte natürliche Person oder juristische Person mit Sitz in der Schweiz ein Radio betreiben.

Die Option «natürliche Person» schlossen wir schnell aus, da wir zu dritt sind und niemand von uns alleine für mögliche zukünftige Fehler haften möchte. Eine GmbH oder AG ist das richtige, wenn sich Personen koalieren, um Gewinne zu erwirtschaften, was nicht unsere Absicht im Rahmen des Digezz-Projektes ist. Wir entschieden uns also zur Vereinsgründung, da diese sich eignet, wenn sich Personen für einen nicht-wirtschaftlichen (ideellen) Zweck zusammenschliessen.

Der Verein «Sänder» ist gegründet, wenn wir…

  • …mindestens zwei Personen sind.
  • …bei der Gründung ein Protokoll führen.
  • … aus einem Vorstand, Mitgliedern und einer Vereinsversammlung bestehen (ab ZGB Art 66).
  • … Statuten in schriftlicher Form errichtet haben, welche über den Zweck des Vereins, seine Mittel und seine Organisation Aufschluss geben (ZGB Art 60a2.).

Und was bringt uns der ganze Aufwand? 

Laut Gesetz haften so die Vereinsmitglieder nicht persönlich, da ein Verein eine selbstständige juristische Person ist (ZGB Art 75a.). Bei Zahlungsunfähigkeit wird der Verein aufgelöst.

Und wie läuft das mit dem Handelsregister? 

Ein Eintrag im Handelsregister ist nicht nötig, solange der Verein keine Unternehmen betreiben, welche Einnahmen generieren. Ein bekanntes Beispiel wäre ein Fussballclub mit Bistro im Clubhaus, welches Geld einnimmt. Für alle anderen Vereine ist es freiwillig sich einzutragen. Ist der Verein im Handelsregister eingetragen, muss er bei Auflösung des Vereins zwingend aus dem Register gelöscht werden (ZGB Art 79.).

Suisa (Musikverbreitung): 

Sobald es um die Verbreitung von Musik geht, ist die Suisa die erste Anlaufstelle. Sie ist einfach gesagt die Inkassofirma für Musikschaffende. Will man Musik nicht für den «Privatgebrauch» verwenden, kostet das. Ist ja auch völlig in Ordnung, ein Maler verteilt seine Gemälde auch nicht kostenlos. Egal, ob Coiffeursalon oder Radiostation, alle sind verpflichtet für die Musik zu bezahlen.

Die Suisa verlangt je nach Art des Mediums unterschiedlich viel Gebühren. Das Ganze wird in Tarife unterteilt. Der für uns passende Tarif ist der «Tarif S». Auch hier wird noch einmal unterteilt, was wie viel kostet. Ein Telefonat mit der Suisa gab uns Klarheit, was uns als Amateurradio der Sendebetrieb in Bezug auf Musikrechte kostet:

CHF 120.-/Monat (exkl. Mwst.) wenn wir… 

  • … unser Programm nur in der Schweiz verfügbar machen (Geoblocking)
  • … die Bandbreite auf maximal 6’000 gleichzeitige Zugriffe limitieren
  • … den Radiosender nur über eine einzige Privatperson (kein Verein) anmelden
  • … das Programm mit Musik linear (kein “On Demand”) gestalten

Alle diese Kriterien wollen wir zu Sendebeginn garantieren, allfällige Änderungen würden erst nach Anlauf des Sendebetrieb geschehen. Somit würde uns der Sendebetrieb für ein halbes Jahr rund 720 Franken plus Mehrwertsteuer kosten. Anmelden kann man sich ganz einfach mit einem Formular, welches auf der Website der Suisa zu finden ist.

Audion: 

Erst einmal wollen wir aus finanziellen Gründen nur in der Schweiz verfügbar sein. Die Streamingplattform, welche wir verwenden werden (radio.co), bietet eine Option für Geoblocking. Würde man aber international erreichbar sein, käme die Audion ins Spiel. Dies ist aus finanziellen Gründen für uns aber kein Thema, weshalb wir hier keine weitere Recherche betrieben.

Bakom: 

Früher war ein Radiosender noch konzessionspflichtig. Mit dem RTVG vom 1. April 2007 sind Radiosender nur noch meldepflichtig. Somit kann man relativ einfach einen offiziellen Radiosender eröffnen. Die Meldung geschieht mittels Formular, welches auf der Website des Bundesamtes für Kommunikation zu finden ist.

Bemerkung: Dieser Artikel gibt in keiner Art eine rechtliche Garantie.

(bae)

Kritik
von David Indumi, Jan Hürzeler und Elena Oberholzer

Vorgehen: 

Als erstes recherchierten wir im Internet. Hat irgendjemand bereits etwas ähnliches gemacht? Wie viel kostet die Suisa? Sind wir überhaupt abgabepflichtig? Diese und ähnliche Fragen plagten uns, sobald wir aus der Bieridee eine ernste Sache machten. Leider gab es praktisch keine Suchtreffer. Zudem sind auch das RTVG wie auch die Suisa-Tariftexte teilweise etwas "uneindeutig" geschrieben. Wir holten Rat von Dozenten, welche im Bereich Medienrecht unterrichten. Auch hier gingen die Meinungen auseinander. Jemand behauptete, dass wir das Rechtliche erst einmal ignorieren können:

“Die chöme de scho wenn si öpis vo öich wei."

Andere behaupten, dass man bei einem Radiosender in einer Größe von uns durchaus unbemerkt davonkommen kann, dies aber ein Risiko mit sich bringt und die Zusammenarbeit der Fachhochschule mit der Suisa stören könnte. Wir entschieden uns natürlich für die saubere Variante, das Projekt ist auch eine Art Lehrstück. Somit entschieden wir uns für eine Meldung - sowohl beim Bakom, wie auch bei der Suisa. Diese wird unmittelbar vor dem Sendestart im nächsten Semester geschehen, da sonst unnötig Kosten entstehen.

Reflexion: 

Definitiv klar ist, dass es in diesem rechtlichen Bereich viele Grauzonen und Unklarheiten gibt. Wir haben zu viel Zeit in eigene Onlinerecherche investiert. Es wäre besser gewesen, schon zu Beginn des Projekts mit den Dozenten und der Suisa zu sprechen – dann hätten wir schneller eine Lösung gefunden. Jedoch sind wir nun froh, wissen wir welche Kosten wo herkommen und welche Rechte und Pflichten wir haben.

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