Schattierungen einer Jagd

Sinnloses Töten. Eine traurige Freizeitbeschäftigung. Etwas seltsam.
Wildbestandregulierung. Eine Leidenschaft. Eine uralte Tradition.
Man kann dafür sein, oder man kann dagegen sein. Die Wahrheit liegt irgendwo in den Schattierungen dazwischen.

Gian-Marco Wäger ist ein Bündner Jäger. Zusammen mit Kollegen und seiner Hündin «Biasca» durchstreift er die heimischen Wälder auf der Suche nach Beute. «Ja, es ist ein Hobby», gibt er offen zu. Es mache ihm Spass. Schnell kommt er jedoch auf die Kritik zu sprechen, derer man als Jäger immer wieder begegnet. Eine Kritik, die er ruhig zur Kenntnis nimmt und sie mit bedachten Worten zu entkräften versucht. Man spürt den Wunsch, das Ansehen der Jägerei zu verbessern. Und man spürt die Sorge um die Zukunft, wenn er an die nächsten Jahrzehnte denkt.

Dies ist kein Film für oder gegen die Jagd.
Es ist kein Film für oder gegen das Leben.
Es ist auch kein Film für oder gegen das Töten.
Es ist ein Film, der zu verstehen sucht.
Und ein Film über die Natur. Die mit ihrer Schönheit alles überstrahlt.

(le)

Kritik
von Fabian Rymann

Letztes Jahr war ich für eine kurze Wanderung auf dem Calanda. Und da bin ich ihnen begegnet. Den Jägern. Sie, die mit ihren Flinten und den grünen Jacken die Umgebung beobachteten. Ich kreuzte eine Welt, die man kennt und doch nichts über sie weiss. Wer sind diese Leute? Was treibt sie an? Wie ist es, als Hobby zu töten? 

Motivation

Mit diesem Film wollte ich den oben genannten Fragen nachgehen. Ich esse Fleisch und daher wäre es mir auch nie in den Sinn gekommen, die Jagd zu verurteilen. Tatsächlich wurde mir erst im Verlauf der Recherchearbeiten bewusst, dass diese Tätigkeit durchaus auch ihre Kritiker hat. Den zweiten Grund für diesen Film war die Natur. Letztes Jahr wohnte ich im Herbst das erste Mal nicht in Zürich im grauen Unterland sondern in Chur. Erst hier wurde mir bewusst, welche Magie sich in einem sonnigen Herbsttag verbergen kann. Diese Stimmung wollte ich mit der Kamera einfangen.

Prozess - Von der Idee zum Film

Als erstes galt es einen Jäger zu finden. Durch die Jägersektion Chur fand ich Gian-Marco Wäger. Schnell und unkompliziert konnten wir einen Drehtermin und einige Ausweichdaten festlegen. Mir war es Wichtig, bei schönem Wetter zu filmen. Ein grauer Herbstwald hat auch seinen Reiz. Doch ich wollte jenes goldene Herbstlicht einfangen. Dazu braucht es nunmal die Sonne.

Früh am Morgen des 29. Oktobers brachen wir auf. Zusammen mit seiner Hündin Biasca und seinem Kollegen Toni Galliard suchten wir in den Wäldern oberhalb von Malix nach Hasen und Vögeln. Die Aufgabe von Biasca war es, diese Aufzuspüren und den Jägern vor die Flinte zu treiben. Während die Jäger jagten und der Hund durch das Unterholz rauschte war auch ich auf der Jagd. Ich jagte Bilder, Emotionen und Eindrücke. Nicht mit der Flinte, sondern mit der Kamera. Jederzeit bereit, den entscheidenden Moment in einigermassen scharfen und ruhigen Bilder einzufangen. Der wunderschöne Herbsttag legte mir die Naturbilder quasi vor die Füsse und die nette und sympathische Art von Marco war für die Interviews ideal. Doch dieser eine Moment, der finale Schuss, wollte irgendwie nicht kommen.

Schwierigkeiten

Es fällt kein Schuss. Eine Tatsache, die mir, je länger der Drehtag andauerte, schwerer zu schaffen machte. Immer wieder fragte ich mich, ob ein Film über einen Jäger funktioniert, in dem genau das fehlt, was viele von der Jagd erwarten. Ein Film ohne die hektischen Rufe der aufgeregten Männer, ohne das ferne Gebell des Hundes, ohne die Aufnahme eines erlegten Tieres und ohne den stolzen Blick des Jägers, wenn er seine Beute in die Kamera hält. Ein Film ohne einen einzigen Schuss... Wäre es nicht wie ein Bond-Film, ohne dass der Bösewicht auf ungemütliche Art und Weise getötet wird? Oder gar ein Bond-Film, ohne Bösewicht? Jede Geschichte braucht einen Höhepunkt. Das war mir klar. Doch die Realität hält sich nicht an Drehbücher und wo kein Tier zu finden ist, da fällt kein Tier und alles bleibt friedlich. So entschloss ich mich noch am gleichen Abend den Fokus des Filmes zu verschieben. Weg von der Action und dem Journalistischen, hin zu einem nachdenklichen ästhetischen Film.

Selbstkritik

Es gelang mir einige persönliche Aussagen und gute Quotes einzufangen. Ich liess das Mikrofon über die meiste Zeit mitlaufen und so entstanden einige Aufnahmen aus dem Gespräch heraus, während wir im Wald unterwegs waren. Dafür merkte ich nach den ersten Probevorführungen, dass (besonders im ersten Teil) das Gesprochene nicht so gut Verständlich ist. Weiter bin ich mit den Landschaftsaufnahmen einigermassen zufrieden. Bei diesem Projekt hatte ich das erste Mal wirklich das Gefühl, meine Kamera 100% im Griff zu haben. Ich hatte mich noch einmal intensiv mit den verschiedenen Funktionen und Einstellungen auseinandergesetzt und bereits im Vorfeld mehrere Testaufnahmen und Test-Gradings durchgeführt. Weiter gelangen mir schöne Luftaufnahmen, obwohl die Drohne nicht richtig funktionierte und immer wieder abdriftete. Die Tonaufnahmen habe ich separat aufgenommen und unter die Bilder gemischt. Sie wirken meiner Meinung nach nicht störend und doch hört man sie beim Aufmerksamen betrachten und zuhören gut heraus. Alle diese Elemente (Bild, Ton, Interview) zu verbinden hatte ich einige Schwierigkeiten. Wie oben beschrieben, fanden wir kein Tier und somit fiel kein Schuss. Dadurch wirkt der Film etwas banal und kommt nicht wirklich zu einem Inhaltlichen Ziel oder Höhepunkt. Die einzelnen Aussagen sind alle gut, doch gelang es mir nur bedingt, diese Inhaltlich zu einer Einheit zu verbinden. Das Endprodukt wirkt deshalb etwas Zusammenhangslos und man fragt sich vielleicht, was der Film eigentlich aussagen soll. Es erscheint mir wie eine seltsame Mischung aus einem journalistischen Beitrag und einem Dokumentarischen Film. Auch bin ich mit dem Schnitt nicht ganz zufrieden. Immer wieder versuchte ich diesen zu beschleunigen. Besonders in dem Teil, in dem das Lied an Fahrt aufnimmt, wollte ich schneller und moderner schneiden. Doch jedes Mal verwarf ich die Änderungen wieder. Ein schnellerer Schnitt erschien mir Inhaltlich nicht passend. Und dann ist da noch die Länge. Gibt es etwas schwierigeres, als einen Film wirklich kurz zu schneiden? Mir fällt gerade nichts ein...

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