Schweizer E-Sport – LOGGING IN…

Der E-Sport ist im Aufwind. Fussballvereine unserer europäischen Nachbarn kaufen sich eigene E-Sport-Teams und internationale Turniere füllen Stadien und Fernsehstudios. Doch in der Schweiz ist es noch kein grosses Thema. Erste Fernsehsender wie JOIZ geben dem E-Sport mit Übertragungen von «Dota 2» einen Platz. Doch wird Gaming in unserem Land eher als zeitfüllende Freizeitbeschäftigung angesehen anstatt als ernstzunehmendes Massenmedium und Grundlage für spannenden und anspruchsvollen Sport.

David Uellendahl, Philip Gadze und Jonas Krömler haben ihren Teil dazu beigetragen, das zu ändern. Mit einer Dokumentation über den heutigen Schweizer E-Sport wollen sie ihm den Platz in der Öffentlichkeit geben, den er schon in vielen jungen Köpfen besitzt.

Der Film erzählt die Geschichte von David Walliser, Teamcaptain im «Dota 2»-Team von SILENTGAMING. Wir erleben anhand seiner Erzählungen den Alltag eines E-Sportlers in der Schweiz. Interviews mit tragenden Persönlichkeiten der Schweizer E-Sportszene ziehen den Rahmen grösser und zeigen die Dimensionen, Erfolge und Probleme der jungen Sportart auf.

(le)

Kritik
von Jonas Krömler, David Uellendahl und Philip Gadze

Idee/Konzept
Die Idee für eine Dokumentation, damals sollte es noch eine Reportage werden, entstand im September 2015. Dort wurden die ersten Recherchen geführt und das erste Konzept von David Uellendahl geschrieben. Das Konzept wurde dann in vor allem dem Schweizerischen e-Sport Verband vorgestellt, der sich jedoch nicht zurück meldete. Der Kerngedanke zu dieser Zeit war, verschiedene Personen, die im Schweizer e-Sport tätig sind zu porträtieren. So sollte der e-Sport gezeigt werden. Nach mehreren Versuchen zur Kontaktaufnahme, wurde das Konzept insofern verändert, dass dem Ganzen die Story des Schweizer Spielers vom Training bis zur Nachbesprechung als roter Faden diente. Ab der Neugestaltung des Projekts haben Jonas Krömler und David Uellendahl die Story inkl. der Nebenstränge, die geflochten werden sollten, entwickelt. Als das Konzept Anfang März stand, haben wir die Organisation SILENTGAMING direkt angeschrieben und innert kurzer Zeit eine interessierte Rückmeldung erhalten. Nach zwei Gesprächen mit Mitgliedern der Organisation war klar, dass sich ihr Dota 2-Team als sehr geeignet für unser Konzept heraus gestellt hat. David ‘BornOnFriday’ Walliser war auch schnell für das Projekt zu haben und die Zusammenarbeit hat toll funktioniert.

Rückblickend gibt es in dieser Phase nichts zu bemängeln. Wir konnten unser Konzept verkaufen und einen Drehpartner gewinnen, der fantastisch gepasst hat und mit dem die Zusammenarbeit sehr viel Spass gemacht hat. Durch David Walliser konnten wir Michael ‘chline’ Bieri und Cem Erbarlas als Interviewpartner gewinnen, die ihrerseits ebenfalls von dem Projekt begeistert waren und uns in vielerlei Hinsicht unterstützten. Das gilt allgemein ebenso für Cedric ‘Schloc’ Schlosser und Manuel ‘Helder’ Oberholzer, die uns unter anderem auch mit einer Drehmöglichkeit an der Fantasy Basel versorgt haben. Neben der Tatsache, dass wir in einem Bereich tätig waren, der noch kaum bedient wird und es dadurch einfacher ist, gewisse Türen geöffnet zu bekommen, sind wir der festen Überzeugung, dass unsere eigene Begeisterung und die damit verbundene Hartnäckigkeit für die Thematik und das ganze Projekt spürbar war und wesentlich zur guten Zusammenarbeit beigetragen hat.

Produktion
Wir hatten das Glück so planen zu können, dass wir die Dokumentation an vier Drehterminen (bzw. fünf Drehtagen) im Kasten hatten. Den grössten Teil konnten wir an der LAN-Party EEvent in Arbon filmen. Dort waren fast alle unserer Partner versammelt. Wir hatten viele Möglichkeiten für Interviews, Schnittbilder und allgemeinen Stimmungsaufnahmen. Danach folgten noch ein Drehtag auf der Fantasy Basel an der Swiss Gaming Challenge, die dort stattfand. Ein Interviewtermin in Lenzburg bei Lionsky Entertainment und der grosse Abschlussdreh mit David Walliser an dem wir fast die komplette Hauptstory abgedrehen konnten.

Für jeden Drehtermin haben wir eine Shotlist vorbereitet auf der die wichtigsten Bilder aufgeführt waren. Absichtlich nur die wichtigsten, denn wir wollten uns genug Freiraum geben das zu filmen, was uns vor die Nase kommt, um eine möglichst genaue Darstellung der Wirklichkeit zu erreichen und uns nicht zu sehr durch eine Liste, auf der alles Schwarz auf Weiss steht einschränken zu lassen.

Interviews
Die Interviewfragen wurden im Voraus geschrieben und den Personen einen Tag vor dem Dreh zugeschickt. Allerdings nicht in voller Länge. Bei Fragen, die auf stark subjektive Empfindungen abgezielt haben, wollten wir die Interviewpartner auf jeden Fall unvorbereitet treffen, um sicher zu gehen, dass sie nicht zu viel Zeit zum Nachdenken haben. Im Nachhinein haben wir festgestellt, dass dies gar nicht unbedingt notwendig gewesen wäre, weil alle unserer Bitte nachgekommen sind die Fragen nur schnell zu überfliegen und keine Antworten vorzubereiten.

Es war sehr spannend die verschiedenen Interviews zu führen. Am eigenen Leib zu erfahren wie wichtig die Stimmung des Fragenden und des Befragten für gute Antworten ist. Besonders stark haben wir dies beim Spieler festgestellt. Das Abschlussinterview erstreckte sich über ca. 1.5 Stunden. Zu Beginn war er sehr nervös, hat sich verhaspelt und allgemein etwas angespannt. Doch durch unser gutes Verhältnis lockerte sich die Stimmung sehr schnell auf und die Antworten wurden klar, erzählerisch und emotional. Genau das, was wir wollten. Anmerkung nebenbei - unser Hauptprotagonist wurde im Schnitt von uns nur noch “King of Emotions” genannt. Gerade unter diesem Aspekt der Lockerheit wäre es von Vorteil gewesen, wenn wir uns teilweise noch etwas mehr Zeit für die Interviews genommen hätten und teilweise auch einen anderen Ort, um richtig mit den Leuten ins Gespräch kommen zu können.

Kameraführung
Bei den Stimmungsbildern entschieden wir uns für eine Mischung aus filmischen Aufnahmen und teils auch aus der Hand gefilmten Momentaufnahmen. Gerade Schlüsselszenen, die den Verlauf der Geschichte untermahlen sollten, wurden gestellt. Die flüssigen und runden Bewegungen der Shots, haben wir primär dem DJI Ronin zu verdanken. Er hat uns perfekte Dienste abgeliefert. Hat uns zwar auch zu Beginn einiges an Nerven gekostet, doch das Resultat war es wert.

Bei den Interviews haben wir bewusst auf zwei Kameras zurück gegriffen. Eine statische im klassischen Interview-Stil und eine bewegliche, mit der primär aus der Hand gefilmt wurde. Sie sollte eine bewusst beobachtende Funktion einnehmen. Die Befragten aus anderem Winkel zeigen und ebenfalls als Schnittbild dienen.

Leider hat uns an manchen sehr unangenehmen Stellen die Technik einen Strich durch die Rechnung gemacht. Aus einem Grund, den wir bis heute nicht nachvollziehen konnten, hat unsere Hauptkamera (Canon 5D Mark III) beim Interview mit Cedric Schlosser den letzten Teil, seine Antwort auf die Frage was er sich wünsche wie der Schweizer e-Sport in 5 Jahren aussehe, nicht aufgezeichnet. Irgendetwas muss beim splitten der Aufnahme schief gegangen sein, weswegen uns dort nur das Bild der zweiten Kamera (zum Glück hatten wir das noch) zur Verfügung stand.

Ausserdem war es oft eine grosse Herausforderung das Bild mit dem Gimbal und der 5D scharf zu behalten. Besonders in der eher dunklen Umgebung der LAN-Halle, hatten wir nur wenig Spielraum.

Licht
Die Beleuchtung, vor allem der Interviewsituationen, war sehr herausfordernd. Wir hatten oft nur Headlights zur Verfügung, die wir mit Klemmen an diversen Gegenständen befestigen mussten, um eine möglichst ausgeglichene Beleuchtung zu bekommen. Sie war lang nicht immer optimal, doch für die Mittel, die uns zur Verfügung standen, haben wir eine sehr gute Beleuchtung bewerkstelligen können.

Postproduction
Die gesamte Postproduction hat enorm viel Zeit in Anspruch genommen. Zuerst mussten alle Interviews angesehen, synchronisiert und ausgewertet werden. Die sinnvollste Art vorzugehen war aus unserer Sicht folgende:

  1. Gesamte Dokumentation rein aus den Interviews bestehend aufbauen
  2. Schnitt kürzen, so dass die Aussagen ihren Sinn behalten, aber nicht zu lang erscheinen
  3. Mit Schnittbildern und Zwischensequenzen anreichern
  4. Schreiben und Aufnahme der Off-Stimme
  5. Das Schnitttempo auf die verschiedenen Sequenzen gemäss der Storyline anpassen
  6. Auswahl der Musikstücke
  7. Color Correction
  8. VFX/Titelanimationen und Übergänge erstellen/ausbauen/verfeinern
  9. Sounddesign- und ausleveln der Stimmen mit der Hintergrundmusik
  10. 1. Korrekturrunde (Gesamtwerk mit kritischen Augen betrachten und verfeinern)
  11. 2. Korrekturrunde (Meinung/Feedback der Drehpartner einholen und selbst noch einmal mit ehrlichem, kritischem Blick das Produkt hinterfragen)

Dieses Vorgehen hat sich als sehr sinnvoll erwiesen. Vor allem der Austausch zwischen uns Producern. Wir hatten einen sehr offenen und ehrlichen Umgang miteinander und konnten uns klar die eigene Meinung ins Gesicht sagen, ohne, dass jemand gekränkt ist. Dies war elementar dafür den Mut haben zu können, etwas, was viele Stunden Arbeit verschlungen hat, auch wegzuwerfen und anders zu machen. In jedem Punkt, wo wir so entschieden haben, haben wir uns immer gefragt: Sind wir wirklich happy damit und finden nichts besseres? Wenn die Antwort darauf kein ziemlich schnelles “Ja” war, hiess es konsequent: neu machen.

Fremder Content
Ein Punkt der Postproduction, den wir speziell erwähnen wollen, ist der fremde Content. Gewisse Zwischensequenzen sind aus Content entstanden, den wir aus YouTube-Videos der grossen, internationalen e-Sport-Veranstalter genommen haben und auch nur, wenn wir wirklich von der internationalen Szene die Rede war. Wir haben daraufhin jeden Besitzer der Bilder direkt angeschrieben, unsere Dokumentation vorgestellt und um Erlaubnis gebeten die Bilder nutzen zu dürfen. Wir haben nur vom Deutschen Veranstalter eine einzige Rückmeldung erhalten, die primär aussagte, dass es grundsätzlich für sie okay sei, solang wir das Video auf YouTube nicht monetarisieren, also kein Geld damit verdienen. Nach kurzer Rücksprache mit Herrn Köhler haben wir uns dazu entschlossen jede Sequenz mit einem kleinen Hinweis im Bild “content owned by” und dann das Logo der Firma darunter. Ausserdem sind in der Infobox auf YouTube alle Quellen säuberlich hinterlegt, so dass uns niemand vorwerfen kann, ihren Content als unseren verkaufen zu wollen.

Diese Mühe mussten wir uns machen, da unser Produkt nicht ausschliesslich Hochschul-intern zu Ausbildungszwecken genutzt wird, sondern öffentlich zur Verfügung steht und promotet wird.

Vorgehen im Team
Unsere Rollen im Team haben sich relativ schnell auf eine gute Art und Weise zusammengefügt. So entstand beim Dreh und in der Postproduction eine sehr ausgeglichene und effiziente Atmosphäre, die unserer Ansicht nach entscheidend für den Erfolg des Projekts war. Wir haben uns hervorragend ergänzt und konnten die Einstellung und Begeisterung mit der wir ans Werk gingen auch nach Aussen tragen. Dieses Projekt hat uns allen gezeigt wie elementar wichtig es ist vom dem, was man produziert überzeugt und begeistert zu sein. Die Kunden und Partner spüren das und wollen von sich aus etwas zum Erfolg beitragen. Denken mit, machen mit und am Ende entsteht ein Produkt, an dem alle eine grosse Freude haben und das alle von sich aus streuen und promoten wollen.

Fazit
Es war ein fantastisches Projekt mit dessen Resultat wir sehr zufrieden sind. Es war eine tolle Erfahrung die Schweizer e-Sport Community zu sehen und kennen zu lernen. Mit den Leuten zusammen zu arbeiten und durch ihre Unterstützung zu erfahren.

Sicher gibt es an der ein oder anderen Stelle Schrauben, an denen man hätte drehen können, Shots, die nicht ganz optimal geworden sind oder Dinge, die wir bei einem nächsten Mal auf eine andere Weise ausprobieren wollen.

Wir hatten sehr viel Spass an dem Projekt. Haben viel gelernt und eine tolle Dokumentation auf die Beine gestellt, an der alle Beteiligten echt Freude haben.

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