Sind wir ready für 8k?

Mit dieser Frage im Hinterkopf startete ich das Projekt «Mörschwil in Motion». Fast schon ein Imagefilm über das Dorf, in dem ich aufgewachsen bin und lebe.

«Mörschwil in Motion» zeigt die verschiedenen Facetten des kleinen, ehemaligen Bauerndorfs direkt neben St.Gallen. In Form einer Timelapse Montage erlebt man einen faszinierenden Tag durch ein belebtes und doch Natur geprägtes idyllisches Dörfchen in gestochen scharfer 8k Auflösung, bei der man jeden Grashalm zählen kann.

Etwa so würde ein Marketingtext für dieses Video tönen, doch was bringt diese vermeintlich zukünftige Videoauflösung uns überhaupt? Dies wollte ich mit diesem Projekt aus erster Hand erfahren. Achtung es wird nerdy!!!

Die Auflösung

Mit 8k ist die Auflösung 7680×4320 gemeint. Dies entspricht viermal der Pixelanzahl von 4k und 16 Mal der Auflösung von FullHD. Streng genommen ist es also kein 8k, da dies keine 8000 Pixel in der Breite sind. Die Nomenklatur ist jedoch immer irreführend und bei sich ständig ändernden Eigenschaften sind beschreibende Bezeichnungen wie 4k, 6k oder eben 8k einprägsamer als die korrekten Bezeichnungen UHD-I bzw. UHD-2 für 4k resp. 8k. Zudem wird dies auch so von Elektronikherstellern vermarktet.

Die Kamera

Red Monstro, Red Helium, Z Cam F8 oder ein Vorserienmodell der angekündigten Canon R5. Dies sind für den Moment die einzigen 8k Videokameras auf dem Markt. Ich besitze jedoch eine mittlerweile fünf Jahre alte Sony A7R II. Diese löst in ihrem Videomodus eigentlich auch keine 8k auf, doch sie schiesst Fotos mit 42 Megapixeln. Wie wir alle gelernt haben, ist Video nichts anderes als eine Aneinanderreihung von Einzelbildern. Folglich besitze ich doch eine 8k Kamera, jedoch dreht diese nur mit einer überaus kleinen Framerate von einem Bild alle drei Sekunden. Das Datenblatt beschreibt zwar fünf Bilder/Sekunde im Serienbild Modus, jedoch geht dies nur für einen Puffer von 23 Bildern. So zog ich durch meinen Heimatdorf, schoss rund 5000 Einzelbilder in 14 Bit unkomprimiertem Raw und sammelte dabei ca. 200 GB an Daten.

Postproduction

Diese Bilder mussten dann auf eine interne nvme Ssd geladen werden, da reguläre Harddisks bzw. selbst schnelle Sata Ssds zu langsam für diese Datenraten sind. Die Einzelbilder wurden dann in After Effects importiert, um die Bilder mit Camera Raw etwas nachbearbeiten zu können und eine Sequenz als Video zusammenzufügen. Dies wurde für jede Einstellung separat gemacht. Dabei wurde für etwas flüssigere Bewegungen Motion Blur aktiviert. Die Renderzeit aller Clips lag bei rund zwei Tagen. Damit war die Arbeit aber noch nicht fertig. Die einzelnen Sequenzen wurden danach in Premiere zu einem Film zusammengeschnitten. Der Schnitt mit den bereits in Prores 444 konvertierten Sequenzen lief dann erstaunlich flüssig. Lediglich das Vorschaubild musste auf 1/16 der Bildauflösung gestellt werden. Beim Animieren der Kamerafahrten zeigte sich der grosse Vorteil der hohen Auflösung. Die Flexibilität ist riesig und man kann das Bild beliebig zuschneiden, ohne signifikante Details zu verlieren.

Der Computer

Der nächste Abschnitt ist jeweils individuell vom Computer abhängig. Ich kann nur von meinen Erfahrungen mit meinem System berichten. Auf neuerer Hardware oder auf einem Laptop sieht die Situation wahrscheinlich komplett anders aus. Mein Computer, mit dem ich diese Tests durchführte, wurde vor rund vier Jahren mit damaligen High-End Komponenten aus dem Consumer Segment zusammengebaut. Gepowert wird das System von einem Intel i7 6700k und einer Nvidia GTX 1080. Gespeichert war alles auf einer Samsung 950 pro M.2 SSD.

8k Export

Um das 8k Video zu exportieren, wurden verschiedene Codec Varianten ausprobiert. Nicht alle waren zum selben Grad erfolgreich. Getestet wurde Prores 444, Prores 422 LT, h.264 mp4 und VP9 WebM. Die Renderzeiten waren einigermassen im Rahmen mit rund 20 Minuten für einen 2 Minuten Film. In Sachen Abspielverhalten gab es aber riesige Unterschiede. Die beiden Prores Codes haben sich zwar als Editing Dateien gut bewährt, doch will man die Dateien mit dem VLC Player abspielen, rast die CPU-Nutzung auf 100% und es wird einem nur das erste Standbild angezeigt, während die Musik weiterläuft. Zudem ist auch die Dateigrösse wenig praktikabel mit rund 18 GB für ein 2 Minuten Video in Prores 422. Beim weitverbreiteten h.264 Codec sah dies etwas anders aus. Die Datei ist noch 2 GB gross, doch auch hier kam der CPU an seine Grenzen, was das Decoding angeht. Nur etwa alle 10 Sekunden sah man ein neues Standbild. Ausprobiert wurde dabei auch mit verschiedenen Datenraten. Um 8k abspielbar hinzukriegen, musste ich das Video aber so fest herunter komprimieren, dass selbst ein FullHD Export um ein Vielfaches besser aussah. Mit etwas Recherchieren stiess ich auf den WebM Container, der von Google spezifisch für das Internet entwickelt wurde. Für Premiere Pro musste hierfür ein externes Plugin installiert werden. Hiermit hatte ich dann mein Erfolgserlebnis. Der Clip war 3 GB gross, konnte ohne Probleme abgespielt werden und zeigte keinerlei visuelle Komprimierungsartefakte. Diese Abspieleffizienz liegt am Hardwaredecoding, das grösstenteils von der Grafikkarte übernommen wurde.

Sind wir nun ready für 8k?

Kurze Antwort: Nein. Lange Antwort: Es kommt drauf an. Als Delieveryformat ist momentan 8k noch völlig ungeeignet, meiner Meinung nach. Die Datenrate ist schlicht zu hoch, um flüssig abgespielt zu werden, oder muss so gravierend komprimiert werden, dass das Bild schlechter aussieht als ein simples Handyvideo. Als Akquisitionsformat hat 8k eine gewisse Daseinsberechtigung, da man, selbst wenn man nur in einer 4k oder FullHD Timeline arbeitet, eine riesige Flexibilität hat und gefühlt endlos rein zoomen kann. Dies geht jedoch dann auf Kosten des Speichers, denn mein Projektordner für dieses Filmchen hatte eine Grösse von rund 400 GB.

(hil)

Kritik
von Ninian Mathis

Die Idee/Preproduction

Die Idee ein solches Timelapse Projekt zu realisieren, kam mir bereits vor rund 3 Jahren, als ich zum ersten Mal die Sony A7R II Fotokamera in den Fingern hatte. Seit längerer Zeit befasse ich mich mit dem aktuellen Stand der Technik von Kameras als auch allgemeiner Consumerelektronik. 8k beziehungsweise allgemein Auflösungen über 4k sind seit den letzten zwei Jahren als steigenden Trend zu erkennen. Dieses Jahr habe ich mir dann diese Sony Kamera als Occasion gekauft und fing sofort an, mich für ein solches Projekt zu informieren. Gerade in einer Zeit, in der man vielleicht nicht allzu viel aus dem Haus sollte, habe ich mich entschieden, im eigenen Dorf zu bleiben und meine Heimat vielleicht einmal mit anderen Augen zu entdecken.

Production

Die Akkus der Kamera wurden geladen und die SD-Karte wurde formatiert. Ich schnappte mir mein Fahrrad und Stativ und zog durch die Strassen von Mörschwil. Das Wetter war der Hammer. Die Wolkenformationen, die ich antraf, gaben dem Bild eine interessante Dynamik. Ich habe dann schnell bemerkt, was eine gute Timelapse Sequenz ausmacht. Es braucht viel Bewegung im Bild, ansonsten erkennt man das Video nur als Standbild und man verliert sofort das Interesse zuzuschauen. Einige Anfängerfehler waren auch dabei. So war ich überaus frustriert, als ich bemerkte, dass die Aufnahmen vom Sonnenaufgang, wofür ich um fünf Uhr aufgestanden bin zur Hälfte nicht im Fokus waren. Ich war gemütlich und liess die Kamera auf Autofokus, der durch das Gegenlicht der aufgehenden Sonne, völlig verwirrt war und nicht richtig scharf stellte. Bei den nächsten Aufnahmen war ich jedoch schlauer und habe alles manuell eingestellt, bevor ich den Zeitraffer startete. Ich bin in mehreren Etappen filmen gegangen und war jeweils ca. vier Stunden unterwegs. Dabei fühle ich mich manchmal als wäre ich zurück in der Analogfotografie, denn ich muss andauernd darauf achten, wie viele Bilder überhaupt noch auf die Speicherkarte passen. Die SD-Karte war dann wie ein nicht entwickelter Film, von dem ich keine Ahnung hatte, wie dieser nun aussieht. Die gemachten Aufnahmen wurden jeweils am Abend in After Effects zusammengefügt und über Nacht gerendert. So wusste ich am nächsten Tag, ob ich vielleicht einige Aufnahmen erneut machen musste. Die Drehs selbst waren recht langweilig. Nachdem ich die Kamera aufstellte, machte ich einige Testfotos, um sicher zu gehen, dass alles passt und dann wurde die Aufnahme gestartet und ich wartete zwischen zehn Minuten und einer halben Stunde.

Postproduction

Über meinen Workflow in der Postproduktion habe ich grösstenteils schon im Haupttext berichtet. Interessant für mich war vor allem auch die Handhabung mit Raw Dateien. So konnte ich die Farben und Helligkeiten meiner Bilder beliebig ändern ohne grössere Verluste in der Bildqualität, wie man das von normalem Video gewöhnt ist. Belichtet waren zwar alle Aufnahmen recht gut, aber man konnte durch die Bearbeitung sehr viel Details aus dem Schatten sichtbar machen. Bei einigen Aufnahmen hätte ich aber gewünscht, einen ND Filter benutzt zu haben, da ich die Blende so klein machen musste, dass Flecken auf dem Kamerasensor sichtbar wurden. Dies fiel mir erst in der Nachbearbeitung auf und konnte nur schlecht repariert werden. Die Musik und etwas Wind und Strassengeräusche rundeten den ganzen Schnitt ab.

Fazit

Ich bin sehr zufrieden mit dem Endresultat, obwohl es mir überaus viel Geduld abverlangt hat. Ich habe sehr viel gelernt, bei jedem einzelnen Schritt und werde dieses Wissen sicherlich zukünftig gut anwenden können. Wer weiss, vielleicht gibt es demnächst ein «Chur in Motion».

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