Snapchat-Geofilter

Snapchat ist nur etwas für die Zwölf- bis Achtzehnjährigen? Von wegen! Wer jetzt das Potenzial von Snapchat noch nicht erkannt hat, ignoriert die Realität. Nicht umsonst schiesst das Social Media App im Ranking der Mediennutzung stetig nach oben.

Snapchat platzierte sich im Sommer 2016 mit 100 Millionen Nutzern pro Tag nach Facebook (1,7 Milliarden) und Instagram (500 Millionen) auf Platz drei der beliebtesten Social-Media-Apps der Millennials. Viele, die sich zu Beginn noch dagegen gesperrt haben, sind doch noch auf den Snapchat-Zug aufgesprungen. Inzwischen sind 77 Prozent der Snapchat-Nutzer über 18 Jahre alt und etwa 40 Prozent gar über 25 Jahre. Nach wie vor am beliebtesten ist die App aber immer noch bei Jugendlichen. Schliesst man daraus auf die Zukunft des digitalen Start-ups, schaut sie rosig aus: Laut einer amerikanischen Studie ist für rund 35 Prozent der im Durchschnitt 16-Jährigen befragten Jugendlichen Snapchat die wichtigste Social-Media-App.

Über Snapchat werden vor allem Fotos und Video verschickt oder in die Storys gepostet. Diese verschwinden jedoch bei einem Direktversand innert wenigen Sekunden nach dem Anschauen, in den Storys nach 24 Stunden. Das Flüchtige, ist das, was reizt. In einem Zeitalter, in dem häufig gewarnt wird: «Das Internet vergisst nie». Ganz ausgeschlossen ist das Speichern mit Tricks natürlich auch bei Snapchat nicht. Doch das Verschwinden macht Snapchat zu einem Alltagskommunikationsmittel: Während Instagram vor allem der sorgfältigen Selbstinszenierung dient und Facebook immer öfters nur noch passiv «zum gucken» genutzt wird, wird über Snapchat der Alltag unmittelbar mit Freunden geteilt. Eine ungeschönte Version und immer live: Das bringt eine gewisse Authentizität, die geschätzt wird. So wird Snapchat dann auch viel häufiger frequentiert als beispielsweise das bei Jugendlichen nicht mehr so verbreitete Facebook. Die Nutzungsdauer von Snapchat beträgt im Durchschnitt täglich 25 bis 30 Minuten und liegt damit vor Facebook.

Das Besondere an Snapchat sind die dauernd wachsenden und sich verändernden Features. Konnte man zu Beginn gerade mal Fotos und Videos verschicken, die sich nach kurzer Anzeigezeit selbst löschen, so hat die gelbe App mit dem weissen Geist-Emoji nun einiges mehr zu bieten.

Berühmt sind vor allem die «Lenses» für Selfies: Das Regenbogen-Kotzen oder die Hundeohren sind schon fast Kult. Und ja, das mag auf den ersten Moment recht schräg klingen, wenn man das Prinzip von Snapchat noch nicht näher kennt. Zusätzlich gibt es auch verschiedene Echtzeit-Filter, die man über ein Foto oder Video legen kann, zum Beispiel die Temperatur, Höhenmeter oder Uhrzeit an dem Ort, an dem man sich gerade befindet.
Ebenfalls ortsbasiert funktionieren die sogenannten Geofilter. Je nach Ort, an dem man sich befindet, werden entsprechende Filter angezeigt. In Chur beispielsweise gibt es drei. Diese können aber wirklich nur direkt vor Ort über ein Foto gelegt und verschickt werden.

Das Tolle an den Sozialen Medien ist ja, dass die Nutzer Inhalte generieren. Snapchat geht hier noch einen Schritt weiter: Auch ein Feature kann von den Usern erweitert werden. Seit dem Frühling 2016 kann die Community Geofilter-Vorschläge bei Snapchat einreichen. Es gilt einige Vorgaben zu beachten (die auf der offiziellen Webseite von Snapchat einsehbar sind), einen Geofence abzustecken (Gebiet, in dem der Filter angezeigt werden soll) und mit ein wenig Glück kann man bald seine Fotos mit der eigenen Ortsgrafik schmücken. So hat theoretisch jedes Kaff die Chance auf einen eigenen Geofilter. Und so werden nicht, wie sonst oft, nur die altbekannten «Grosstädte» beachtet. Beziehungsweise da kann gerade selber Gegensteuer gegeben werden. Es lebe die Demokratie des Internets!

Nun bin ich selber in einem ebensolchen Kaff aufgewachsen. Und bin ehrlich gesagt schon ein wenig neidisch auf all jene, die einen eigenen Geofilter haben. Wenn ich mit dem Zug unterwegs bin, wische ich oft spasseshalber durch die Filter. «Was? Sevelen hat einen eigenen Geofilter? Sogar Oberriet? Die meisten in diesem Zug wissen nicht einmal, dass es da links von ihnen eine Ortschaft mit diesem Namen gibt.» Das Gefühl bleibt: Wenn die alle einen eigenen Filter haben können, warum dann nicht auch Büriswilen, mein Kaff? Ich beschliesse, einen Versuch zu wagen.

Da wo ich aufgewachsen bin, gibt es nicht einmal eine Postautoverbindung, aber mit ein bisschen Glück bald schon einen Snapchat-Geofilter. Den wahrscheinlich nur ich und meine 16-jährige Nachbarin benutzen werden. Und vielleicht ein paar Biker und Sonntagsspaziergänger. Aber hey, Internet sei Dank!

Da Büriswilen nun mal ein Kaff ist, gestaltete sich die Motivsuche als gar nicht so einfach. Idealerweise sollte der Geofilter ortstypisch sein. Eine Sehenswürdigkeit gibt es nicht, ein Monument oder Denkmal oder spezielles Gebäude auch nicht. Was bleibt? Die Natur. Davon gibts hier genug: Wald, Bäume, Hügel, Blumen, die ganze Bandbreite. In einigen Nachbardörfern gibt es auch unspezifische Geofilter. Also habe ich auch das nicht ausgeschlossen.

Bei den Entwürfen habe ich darauf geachtet, möglichst viele verschiedene Varianten zu gestalten. Von schlicht bis schon fast kitschig, von schwarzweiss bis bunt, eine möglichst breite Bandbreite sollte geschaffen werden.

In der folgenden Bildergalerien sind nun alle diese ausgearbeiteten Snapchat-Geofilter in allen Variationen zu sehen.

Von diesen insgesamt zweiundzwanzig Varianten habe ich folgende fünf Favoriten ausgewählt und eingereicht. Nun gilt es nur noch abzuwarten!

(le)

Kritik
von Aline Räss

Ich mache einen Snapchat-Geofilter! Leichter gesagt, als getan. Was zunächst simpel klingen mag, stellte sich bald als Herausforderung dar. Plötzlich fielen mir Dinge auf, die zu beachten sind, an die ich zu Beginn nicht gedacht hatte.

Vorgehen

Als erster Arbeitsschritt betrieb ich Recherche. Was gibt es auf der offiziellen Snapchat-Webseite für Informationen zu Geofiltern? In erster Linie gibt es dort technische Informationen zu finden (Dateiformat, Grösse), jedoch auch die Hinweise, dass der Snapchatfilter idealerweise ortstypisch sein sollte, 100% original, speziell in der Gestaltung und lokal, sprich auf ein kleines Ortsgebiet beschränkt.

Dann suchte ich nebst den Snapchat-Geofiltern, die ich bereits aus meiner Umgebung kannte, weitere Beispiele. Was gibt es bereits? Was kann man alles so machen?

Anschliessend notierte ich mir in einem Brainstorming auf einer Liste Themen, die mit Büriswilen zu tun haben, zu Büriswilen passen, eben „ortstypisch“ sind.
Büriswilen ist nun Mal ein Kaff, also was gibt es hier Typisches? Eine Sehenswüridgkeit gibt es nicht, ein Monument oder Denkmal oder spezielles Gebäude auch nicht. Was bleibt? Die Natur. Davon gibt’s hier genug: Wald, Bäume, Hügel, Blumen, die ganze Bandbreite.

Danach skizzierte ich von Hand zu jedem Themengebiet meine Ideen. Bald schon hatte ich einen ganzen Blätterstapel neben mir. Nach dem ersten Ideenrausch, galt es auszusortieren: Was gefällt mir, was kann ich umsetzen, was pass zu einem Snapchat-Filter?

In einem nächsten Schritt arbeitete ich die ausgewählten Skizzen noch genauer aus, damit ich bereits mit einer klaren Vorstellung den Illustrator öffne. So wollte ich die Gefahr minimieren, mich zu verlieren und abzuschweifen. Mit dem Programm selber musste ich mich auch noch nach und nach anfreunden. Das Prinzip der „Handlers“ um einen gerundeten Pfad hinzubekommen, hatte ich bis anhin nicht ganz durchschaut gehabt. Ich lernte während des Arbeitens jedoch schnell dazu. Learning by doing eben.

Jede Variante wurde abgespeichert und verglichen. Aussortieren, hinzufügen, aussortieren. Immer wieder stellte ich mir die Frage: Welche Grafik eignet sich für Snapchat? Für eine bessere Vorstellung legte ich auch verschiedene Fotos darunter. Funktioniert das?

Schwierigkeiten

Motivsuche
Wie bereits erwähnt gestaltete sich die Motivsuche als eher schwierig. Für eine grössere Stadt, die viele bekannte Orte hat, gibt es auch mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Doch ich wollte ja gerade einem kleinen Dörfchen, wie Büriswilen es ist, auch einen Filter verschaffen.

Technik
Weder kann ich besonders gut zeichnen, noch habe ich Lettering-Fähigkeiten. Nun sind jedoch viele Snapchat-Geofilter mit Illustrationen geschmückt oder von Hand geschriebene Schriftzüge. Auch ich wollte nicht auf Illustrationen verzichten, und so musste ich selber ran. Zu Beginn hatte ich meine Mühe mit Adobe Illustrator, doch ich gewöhnte mich schnell daran und begann richtig Spass an der Arbeit zu haben.

Farbe
Zu Beginn liess ich alle Entwürfe in Schwarz auf Weiss, um mich später um die Farbgebung zu kümmern. Doch als ich mit Farbe zu experimentieren begann, wurde ich skeptisch. Mir persönlich gefallen oft die schlichten, beispielsweise ganz in weiss gehaltenen Filter am besten. Nur ist da die Sichtbarkeit manchmal erschwert. Ich durchforstete nochmals einige Beispiel und kam zum Schluss, dass Snapchat Farbe mag. Ich dagegen weniger. Jedoch gab es auch einige Schriftzüge ganz in weiss. Darauf hatte ich gehofft. Ich bemühte mich, bei einigen Entwürfen Farbe reinzubringen. Bei einigen gefielen mir die farblosen Varianten aber einfach besser und so beliess ich es dabei.

Auswahl treffen
Es ist immer schwierig, eigene Arbeiten auszusortieren. Ich hatte meine leidige Mühe mit dem Verabschieden einiger Filter. Ich musste mich daran erinnern, mir vorzustellen, wie Snapchat denken und entscheiden würde. Und nicht (nur) nach dem, was mir persönlich am besten gefällt. Es blieb wieder die Frage: Was ist geeignet als Snapchat-Geofilter? Welche Filter würden andere User nutzen wolllen?

Fazit
Die Arbeit an diesem Projekt hat mir viel Freude bereitet. Bereits nach einem Abend Brainstorming fand ich mich in Aberdutzenden Entwurfsskizzen wieder. Ich hatte gehofft, ungefähr drei brauchbare Filter hinzubekommen. Und dann konnte ich mich gegen den Schluss kaum entscheiden!
Ich habe mich mit Illustrator angefreundet und bin richtig Fan geworden.
Und bei der Recherche bestätigte sich mein Eindruck: Snapchat is a thing. Noch ist es bei Unternehmen in der Schweiz nicht wirklich angekommen, doch es lohnt sich aus marketingtechnischer Sicht auf jeden Fall sich näher mit Snapchat zu befassen.

Keine Kommentare

Schreibe einen Kommentar