«Stächfäscht» – en urchigi Walliser Tradition!

Was macht deinen Kanton eigentlich einzigartig? Oder anders gefragt: Was gehört in deinem Kanton zur Kultur und Tradition? Im Wallis ist dies sicherlich das Raclette und der Wein. Dennoch kennt ein Grossteil unseren «Kantonssport» gar nicht. Gemeint sind die Eringer Kuhkämpfe, das Kräftemessen der schwarzen Kühe. Diese Anlässe sind im Wallis stets gut besucht und ein richtiges Kantonsfest. Und ja, ich war dabei.

Schon seit 23 Jahren darf ich im schönsten Kanton der Schweiz leben, im Wallis. Es war also höchste Zeit, um zu sehen, wie ich mich als Walliser so schlage. Es gibt da nämlich so einige Dinge, die einfach jeder Walliser kennen oder gemacht haben muss:

  • Ein Konzert vom «Z Hansrüedi» besuchen und jeden Text auswendig kennen? Check!
  • Das Open Air Gampel verehren, komme was wolle? Check!
  • In der Deutschschweiz von unseren edlen Tropfen schwärmen? Check!
  • Sich über den Nebel in Bern aufregen? Check!
  • Der Meinung sein, dass das Raclette nicht in einem Tischgrill gemacht wird? Check!
  • Ein Experte bei den Eringer Kuhkämpfen sein? Leider nein.

Ich musste mir eingestehen, dass ich mich mit unserem Kantonssport überhaupt nicht auskannte. «Das ändern wir jetzt, Joël!», sagte ich zu mir selbst.

Sofort nahm ich meinen Laptop zur Hand und recherchierte im Internet, wann das nächste sogenannte «Stächfäscht» stattfinden wird. Übrigens, Walliserdeutsch-Regel Nummer 1: Die kämpfenden Kühe nennt man «Stäche». Das erste, jedoch inoffizielle Fest, ging in Albinen in einer wunderbaren Schneekulisse über die Bühne. Einen Tag lang durfte ich den Profi-Züchter Lukas Jäger begleiten, aber hört selbst:

Übrigens erhielt der gut besuchte Anlass nationale Beachtung. Neben den lokalen Medien berichtete auch die Aargauer Zeitung über den Eringer-Event.

(mm)

Kritik
von Joël Viotti

Motivation

Ich habe das Gefühl, dass unsere Generation die Massstäbe und Trends der Grossstädte wie New York, Paris oder London verfolgt. Irgendwie spielt sich doch dort die ganze Welt ab. Daher schätzen wir die schönen Plätze und Kultur unseres Landes oder die Kultur einer kleinen Region fast nicht mehr. Daher entschloss ich mich, meine Augen zu öffnen und die Ohren nach einer regionalen Tradition steif zu halten. Bald einmal stiess ich auf Stechfeste, bei welchen ich mich überhaupt nicht auskannte, auch wenn diese Anlässe gerade unter Walliser Bauern sehr wichtig waren. Dass ich mich am Times Square besser auskannte als in meiner eigenen Heimat, liess mir keine Ruhe. Daher entschloss ich mich, einen Kuhkampf zu besuchen. Nur beim Fest anwesend zu sein, hätte jedoch nicht genügt. Daher wollte ich den ganzen Tag mit einem Züchter hinter die Kulissen schauen, um wenigstens an einem Tag so nahe wie möglich diesem Sport zu sein.

Medium

Das Nichtvorhandensein von Bildern ist für mich nicht nur eine grosse Herausforderung, jedoch auch eine grosse Chance des Mediums Radio. Jeder Hörer kann sich seine ganz eigene Vorstellung des Gesagten schaffen. Daher sehen diese geschaffenen Welten bei jedem Hörer anders aus und zwar genau so, wie es für jeden richtig ist. Dies empfinde ich unglaublich spannend. Aufgrund der vielen Bildern vor Ort und der Emotionalität der Bauern eignete sich das Medium des Radios für das Storytelling aus meiner Sicht perfekt.

Erfahrung und Herausforderung

Neben den Erfahrungen bezüglich der Eringerkämpfe, lernte ich bezogen auf die Arbeit eines Reporters bei diesem Projekt ziemlich viel.

Die Vorbereitung auf den Event erschien mir wichtig und grundlegend. Daher las ich mich zunächst in die Thematik der Kämpfe ein und baute mir mit diesen Informationen probehalber den Ablauf des Beitrags zusammen. Ich wusste daher, welche Aussagen ich vom Züchter benötigte und was im Off-Text zu hören sein sollte. Bei den O-Tönen wollte ich den Inhalt bewusst weg von Informationen aber hin zum Storytelling und Emotionen lenken. Die Informationen sollten dann im Off-Text vorkommen. Vor Ort bemerkte ich dann jedoch schnell, dass die Planung mit den Geschehnissen vor Ort nicht immer deckungsgleich war. So muss man flexibel reagieren und den Inhalt abändern, um eine authentische Geschichte erzählen zu können. Dennoch durfte ich den Aussagewunsch des Beitrags nie ausser Acht lassen.

Des Weiteren war dieser ‚Live-Charakter’ vor Ort eine grosse Herausforderung. Die Story, die verschiedenen Mikrofone und Kamera unter einen Hut zu bekommen und richtig zu timen, war schwierig.

Die einzelnen Audio-Clips versuchte ich dann in Logic Pro X zusammenzustellen. Auch dort bemerkte ich schnell, dass der Off-Text manchmal nicht richtig zu den O-Tönen passte. Daher versuchte ich zunächst, den Off-Text passend abzuändern, damit es einen ‚Fluss’ ergab.

Nachdem sämtliche Teile des Beitrags aneinandergereiht waren, versuchte ich mich mithilfe ein paar Tutorials an Effekten in Logic Pro X. Bald merkte ich, dass dieses Programm eine Wissenschaft für sich ist. Daher konzentrierte ich mich nur auf den Kompressor und den EQ. Dabei war es spannend zu sehen, wie sich die Audioaufnahmen von den verschiedenen Aufnahmequellen ganz anders verhielten. Erstaunlicherweise benötigte ich daher für einen einfachen Erlebnisbeitrag 23 Spuren. Gar nicht so leicht, dort die Übersicht zu behalten.

Eine grosse Herausforderung war zudem das Timing der Ambiente-Töne und des gesprochenen Texts. Wo braucht es Ambiente? Und wie laut soll dieses sein? Ich setzte mir das Ziel, dass das Ambiente die Story miterzählen und nicht einfach nur unter den Text gemischt werden sollte. So erhielt das Ambiente nicht nur eine passive aber zum Teil auch aktive Rolle im Beitrag.

Selbstkritik

Ich denke, dass der Beitrag insgesamt in Ordnung geht. Dennoch ist es irgendwie nichts Neues oder Gewagtes. Es wird im Radio oder bei den Hörern sicherlich nicht für Gesprächsstoff sorgen. Für den nächsten Beitrag würde ich mir wünschen, ganz ohne Off-Text und Sprecher auszukommen, sodass an sich der Protagonist den ganzen Beitrag selber erzählt. Dies wäre eine sehr spannende Form, wenn sich die Geschichte durch Ambi und O-Töne selber erzählen würde. Ich denke, dass sich der Event der Eringerkühe gut geeignet hätte oder eben, dass dort genügend Bilder auch ohne Off-Text hätten kreiert werden können. Für eine solche Form bräuchte es jedoch viel Mut. Es ginge nämlich effektiv rein um die Story und die müsste gut sein, wenn es keinen Moderator gibt, welcher durch die Geschichte führt und im Dialog mit dem Hörer ist.

Zudem habe ich mir bei den Vorbereitungen und später im Schnitt kein Zeitlimit für den Beitrag gesetzt. Daher musste ich bei den O-Tönen nicht selektionieren. Der Beitrag ist mit fast sieben Minuten sicherlich an der oberen Grenze für einen Radiobeitrag.

Des Weiteren dauerte die Produktion des Beitrags länger als gedacht. So wird hier ein eher winterlich-angehauchter-Beitrag gepostet, obwohl wir uns mit grossen Schritten Richtung Sommer bewegen.

Ein Problem ist zudem sicherlich auch das Walliserdeutsch im Beitrag. Hörer oder Digezz-Konsumenten aus Deutschland konnten wohl nur schwer einen Nutzen aus dem Beitrag ziehen. Bei der Planung entschied ich mich aufgrund des Aussagewunsches des Beitrags sowie der Authentizität für den Dialekt. Es hätte wohl ganz komisch geklungen, wenn mir der Walliser Bauer auf Hochdeutsch über eine Tradition geantwortet hätte. Diese Distanz wollte ich nicht im Beitrag haben. Die Problematik ist mir dennoch bewusst.

Des Weiteren wäre es schön gewesen, wenn der Beitrag multimedial gewesen wäre. Wie hätte man den Radio-Beitrag mit einem zusätzlichen Medium anreichern können? Eventuell mit Skizzen? Einer Fotostrecke? So hätte der Konsument während dem Hören noch ein paar Fotos anschauen können, anstatt ‚einfach zu warten’.

Equipment

  • Zoom H6: Ambiente-Aufnahmen und als Recorder für Interviews, welche mit einem
    Sennheiser E825 gemacht wurden.
  • Blue Spark Digital: Off-Text
  • Logic Pro X: Zusammenschnitt, Bearbeitung
  • Canon 600D: Beitragsfoto

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