Stereotypen der Badigäste

Freigeister, Poser, Familien und Sonnenanbeter, sie alle sind im Sommer meist in der Nähe eines Gewässers anzutreffen. Doch welches sind die gängigsten Stereotypen einer Badi und was macht sie aus?

Der Sommer neigt sich langsam aber sicher dem Ende zu und das was bleibt sind unbezahlbare Erinnerungen an heisse Tage, kaltes Seewasser, gemütliche Grillabende, lachende Gesichter und vor Liebe knisternde Luft. Viele von euch haben sich sicherlich auch an einigen Tagen in einer Badi aufgehalten und das kühle Nass genossen. Ich hatte das Glück, einen Sommerjob in einem Fluss-Badi Kiosk ergattert zu haben und dabei kam man nicht drum herum, die zahlreichen Besucher zu mustern und, ich gebe es zu, den schönen Waschbrettbauch des Studenten oder die mühsamen Kids der Familie XY mit seinen Arbeitskollegen zu bewerten. Dabei kristallisierten sich einige wiederkehrende Besuchertypen heraus, welche ich hier nun gerne in kurzen Worten beschreiben möchte. Also, los geht’s!


Der Schwimmer

Er trägt meist eine sehr eng anliegende Badehose sowie eine Schwimmkappe, um eine maximale Gleitgeschwindigkeit garantieren zu können. Die Arena Schwimmbrille liegt satt über den Augen oder hoch geschoben über der Schwimmkappe. Sein Körper ist muskelbepackt, seine Schultern und sein Rücken fast breiter als die Garderobentüre. Er schwimmt unbeirrt seine Bahnen, trifft man ihn in der Limmat an, dann wird er einer der Einzigen sein, die versuchen der Strömung Einhalt zu gewähren. Dadurch bringt er seine Muskeln zu Höchstleistungen. Es fehlt nur noch eine Olympiaring Tätowierung an der Leiste, dann könnte man meinen es schwimme Micheal Phelps im Fluss.

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Die Sonnenanbeterin

Da liegen sie. Seit gefühlten 100 Jahren zusammen. Es scheint fast, als ob sie noch nie im Leben auseinander waren, der Trennungsschmerz wäre wohl zu gross. Die Rede ist von der Sonnenanbeterin und ihrem Liegestuhl. Ihre Haut ist von einem tiefen braun, und das bereits zu Beginn der Saison. Wahrscheinlich wird der Winter in Thailand oder im Solarium verbracht. Runzeln und Falten scheinen ihr egal zu sein, das Einzige was zählt, ist, dass man dunkel gebrannt ist. Das richtige Alter kann man nur schwer einschätzen aber meist befindet sie sich im frühen Stadium von Rentenalter und Hautkrebs. Sie hat einen Stammplatz mit Sonnenschirm, der niemals verlassen wird. Ich glaube es hat sie noch nie jemand im Wasser gesichtet.

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Die Familie

Betritt eine Familie mit zwei Kindern eine Badi, erinnert es eher an die Abreise zu einer drei wöchigen Ferienreise als an einen Nachmittag im Freibad, soviel Gepäck wird hier jeweils mitgeschleppt. Sie sind immer top ausgerüstet, wenn man selbst mal etwas vergessen hat, sollte man einfach bei ihnen kurz nachfragen, sie können einem sicherlich aushelfen. Die obligatorische Kühlbox beinhaltet meist eine Form von Teigwarensalat, Babybrei, Jamadudrink für die Kids, Rüebli, Darvida und Äpfel. Sie breiten sich in unmittelbarer Nähe zum Spielplatz aus, dabei belegen sie gut 6m2 des Bodens mit Tüchern – eine kleine Kuscheloase inmitten von einzelnen Badegästen. Anstelle von lauter Musik aus Bluetooth Boxen erklingt Babygeschrei.

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Die Alternative

Weite, schlabbrige Hosen, ein Haarband um die blonden wilden Locken und eine handvoll Armketten ums Handgelenk. Als Alternative kann sie auch eine grosse, gemusterte Tunika anhaben. Das Badetuch ist ein dünnes, mit Elefanten und indischen Mustern bedrucktes Stofftuch. Meist ist sie alleine unterwegs, scheint darüber aber mehr als glücklich zu sein. Ihre Generation marschierte während den Jugendunruhen 1980 in Zürich an den Demos mit, sie erinnert sich gerne daran. Sie holt sich am Morgen eine Schale (Milchkaffee) zum Trinken und liest entspannt in ihrem Buch. Eine gewisse Autorität und Lebenserfahrung strahlt sie jeweils aus.

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Der Poser

Kein Sprungbrett ist hoch genug….um oben zu stehen. Runter springen hat ihn noch nie jemand gesehen, und wenn, dann mit gestreckten Beinen, die Arme krampfhaft an den Körper gedrückt. Dabei tut er sich das meist nur an, um eine Lady zu beeindrucken oder den Mut bei seinen Bros zu beweisen. Das Podest oder der Sprungturm ist sein persönlicher Laufsteg oder die ideale Aussichtsplattform, um spätere weibliche Beute ausfindig zu machen. Die Badehose sitzt je nach Belieben eng oder weit, trifft das Zweite zu, dann darf die obligatorische Unterhose darunter nicht fehlen.

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Die «Meine-Musik-ist-deine»

Sie sind jung und vermeintlich extrem cool. Die männlichen Vertreter sind Pumper, die erstgerade noch in den Windeln steckten und jetzt frisch aus dem Gym kommen. Weibliche Anhänger dieser Gruppierung tragen meist ein tendenziell zu kleines Bikinioberteil, sodass die Hälfte rausfällt – und damit meine ich nicht eine erotische Art der Oberweitenpräsentation. Sie sind im Rudel an zu treffen, denn so ist man stark und kann sich gegen die Feinde, respektive alle anderen Badenden, wehren. Das prägende Merkmal aber sind die grossen Musikboxen, die sie sozialer Weise mit uns teilen. Ihre Musik ist unsere. Egal ob es einem gefällt oder nicht. Das allerbeste aber ist, dass man ein Musikstück meist nicht zu Ende hören muss, sondern nach einigen Takten bereits das nächste angestimmt wird.

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Der Hipster

Der Quinoasalat mit frischer Minze, Tomaten und Cranberries steht neben der Sigg oder Mizu Flasche. Auf dem knappen Badetuch liegt der Hipster und sonnt seinen Bart. Wasser perlt darauf ab. Seine Freunde liegen und sitzen neben ihm, drehen eine Zigarette oder einen Johnny. Die Sonnenbrille passt stylisch perfekt zu den Badehosen und das Buch vermittelte einen intellektuellen Eindruck. All diese Utensilien finden Platz in einem Bag mit diversen Mustern oder einem Fjällräven Rucksack.

Kritik
von Carmen Wenger

Die Idee
Die gängigsten Menschentypen einer Situation oder eines Ortes auf eine witzige Art und Weise aufzuzählen liegt im Trend. Vor allem Pendlertypen werden des Öfteren charakterisiert und auch ich hatte mich bereits einmal mit ihnen befasst. Ich mag die Art des überspitzten Beschreibens von Menschen, welche die Leser oft zum Schmunzeln verleitet. Auch das Aufzeigen von eigentlich offensichtlichen Dingen, die einem aber erst bewusst werden, wenn man sie gezeigt oder beschrieben bekommt, finde ich spannend. Deshalb kam mir die Idee, die gängigsten Badibesucher schriftlich festzuhalten.

Das Konzept
Das Konzept und die Erweiterung zu meiner Idee war ganz einfach: Den Sommer über arbeitete ich in einem Flussbad in Zürich und begegnete dort täglich den unterschiedlichsten Menschen. Und doch konnte man sogar hier, in einem Freibad, eine Form von Stereotypen immer wieder erkennen. Ich beschloss diese heraus zu kristallisieren und zu beschreiben. Nur einen Text fand ich aber langweilig, weshalb ich ergänzend zu Stift und Papier, später dann zum Graphic Tablet, griff.

Die Umsetzung
Immer wieder hielt ich in Stichworten die prägendsten Merkmale meiner ausgewählten Stereotypen fest. Als ich genügende zusammen hatte, setzte ich mich an den Laptop und verfasst einen Fliesstext damit. Da ich alle Typen mit einer Skizze ergänzen wollte, nahm ich den Bleistift in die Hand und begann los zu zeichnen. Nach den ersten paar Skizzen auf Papier, wechselte ich aber auf das Wacom Graphic Tablet. Während einer Blockwoche in Amsterdam lernte ich es zu schätzen, direkt digital skizzieren und dabei Photoshop nutzen zu können. Zudem sah ich das jetzige Projekt als gute Gelegenheit, meine Skills im digitalen Zeichnen zu verbessern.

Die Probleme
Die wichtigsten Badibesucher sowie den darauffolgenden Text hatte ich schnell zusammen. Schreiben machte mir noch nie Probleme und so kam es, dass ich als bald vor dem leeren Papier sass und nicht recht wusste, wo mit dem Zeichnen zu beginnen. Obwohl ich seit meiner Kindheit ein enges Verhältnis mit dem Bleistift pflege, war es extrem schwierig, die Stereotypen, welche in meinem Kopf ein ganz klares Bild waren, über meine Hand zu visualisieren. Es wollte einfach nie so aussehen, wie ich mir das ganze vorgestellt hatte. Zudem finde ich Menschen etwas vom Schwierigsten, das man zeichnen kann, weshalb ich mich oft davor drücke. Jetzt musste ich ins kalte Wasser springen und die Hürde nehmen, Personen zu visualisieren. Zu Beginn wollte ich ausserdem eine Form von Karikaturen zeichnen, merkte dann aber schnell, dass ich da an meine Grenzen stiess. Schon nur das Skizzieren von Menschen in einer eher natürlichen Form fand ich ja schwer.

Die Lösung
Die einzige richtige Lösung hiess und heisst: üben, üben, üben. Nach verzweifelten Versuchen, die Stereotypen auf Papier zu zeichnen, stieg ich auf das Graphic Tablet um. So erreichte ich die Möglichkeit, mittels Photoshop und Fotografien als Vorlage ein wenig nachhelfen zu können, wo mir ein Arm, ein Gesicht oder eine Badehose nicht recht gelingen wollte. Zudem ging das Radieren und Colorieren um einiges einfacher. Die Idee der Karikaturen liess ich bleiben und verliess mich auf den Text, den überspitzten Part übernehmen zu können.

Das Fazit
Das Skizzieren hat mir am Schluss mehr Freude bereitet als ich zu Beginn angenommen hatte. Ich konnte eine klare Verbesserung im Skizzieren von Menschen feststellen und der Umgang mit dem Graphic Tablet ging mir ins Fleisch und Blut über. Auch wenn mir das analoge Zeichnen noch immer mehr zusagt. Das Texten hatte mir am meisten Spass gemacht und ich stellte fest, dass ich die überspitzte Art und Weise, etwas zu beschreiben, sehr gerne mag, Ich könnte mir gar vorstellen, wieder ein Mal einen solchen Beitrag zu gestalten – das nächste Mal dann aber mit den Stereotypen auf der Skipiste!

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