Stop-Motion für Anfänger

«Wallace & Gromit», «Chicken Run», «Coraline», «The Lego Movie», «Shaun das Schaf» – sie alle sind Stop-Motion-Produktionen, die die Welt faszinieren. Die Technik ist aufwändig und braucht viel Geduld. Doch mit einer einfachen Digitalkamera, einem Computer und ein paar Tipps kann sie praktisch jeder dazu nutzen, eine Geschichte zu erzählen.

Bei der Stop-Motion-Technik werden einzelne Bilder (Frames) von unbewegten Motiven aufgenommen und danach hintereinander abgespielt. Dabei werden die Motive zwischen den einzelnen Bildern immer nur minimal verändert, so dass beim schnellen Ansehen der aneinandergereihten Bilder die Illusion von Bewegung entsteht.

Die Technik wurde ab den 1890er Jahren erstmals angewandt. Mit dem Aufkommen des Zeichentrickfilms um 1910 entstanden dann die ersten Filmgenres, die alleine auf dieser Technik beruhen. Bis in die 1980er Jahre wurde Stop-Motion in einigen Blockbusters wie beispielsweise «Terminator», «Star Wars» Episode IV bis VI oder «Kampf der Titanen» verwendet. Heute gibt es diverse Unterkategorien wie Claymotion (mit Knete), Brickfilme (mit Lego) oder Pixilation (mit Menschen).

Im MMP-Studium lernen wir allerlei Techniken und Möglichkeiten, einen Film zu produzieren. Die Stop-Motion-Technik haben wir bisher zwar mit Namen kennengelernt, jedoch noch nicht praktisch umgesetzt. Also stellte ich mich der Herausforderung, ganz alleine einen solchen Film zu produzieren. Unten in der Kritik beschreibe ich, wie ich dabei vorgegangen bin, was die Herausforderungen waren und worauf geachtet werden muss, um einen einfachen Stop-Motion-Film zu produzieren.

(fms)

Kritik
von Lorena Beck

Idee/Vorbereitung
Die Idee für einen Stop-Motion-Film kam mir spontan nach einem Youtube-Video, das ich mir angesehen habe. Die Technik hatte mich fasziniert und da ich im Studium noch nie etwas in diese Richtung gemacht hatte, wollte ich mir das Wissen aneignen.

Ich verbrachte sehr viel Zeit mit der Vorbereitung, mit Anschauen von anderen Videos, mit Recherchieren und mit der Entscheidung, was ich genau produzieren will. Schliesslich wollte ich blöde Fehler vermeiden. Ich entschied, keine logische Geschichte mit einer Hauptfigur zu machen, sondern einfach diverse Möglichkeiten mit unterschiedlichen Materialien auszuprobieren. Ich machte eine Shotlist, lieh das Equipment aus und besorgte mir die Materialien.

Set
Das Filmset ist ein sehr wichtiger Bestandteil eines Filmes. Bei einem Stop-Motion-Film ist dies nicht anders. Die Standortwahl ist also etwas, womit man sich intensiv beschäftigen soll. Denn hier kann man einiges falsch machen. Der Raum muss ungestört sein und sollte während der Dauer des Drehs nicht anderweitig benützt werden. Der zweite wichtige Faktor ist das Licht. Der Dreh wird jeweils mehrere Stunden bis Tage dauern, und während dieser Zeit verändert sich das Tageslicht ständig. Wenn also das natürliche Licht auf das Set fällt, verändert sich dort zwischen den einzelnen Bildern andauernd die Lichtsituation, was im fertigen Film ziemlich schlecht aussieht.

Ich brauchte also einen Raum, den ich verdunkeln konnte, in dem ich genügend Platz hatte und in dem ich ungestört war. Ich benutzte das Zimmer meines ausgezogenen Bruders, in dem noch sein alter Schreibtisch stand. Auf diesen legte ich mein Whiteboard als Hintergrund.

Equipment
Um einen einfachen Stop-Motion-Film zu produzieren, braucht man nicht besonders viel technische Ausrüstung. Das wichtigste sind eine Kamera, ein Stativ, eine Speicherkarte, mindestens zwei Akkus, eine gute Beleuchtung, die Objekte, welche man ablichten will und einen Computer mit Software.

Kamera
Bei der Kamera ist es egal, ob man eine Digital-, eine Spiegelreflexkamera (DSLR) oder das Smartphone oder iPad verwendet. Während Smartphones und iPads mit speziellen Apps (z.B. Stop Motion Studio) sehr einfach zu bedienen sind, bleiben einem bei einer DSLR viel mehr Gestaltungs- und Einstellungsmöglichkeiten.

Stativ
Das Schlimmste, was einem beim Stop-Motion-Filmdreh passieren kann, ist, dass sich die Kamera zwischen den einzelnen Aufnahmen ungewollt bewegt. Um das zu verhindern, benötigt man ein Stativ, auf dem die Kamera gut befestigt ist.

Beleuchtung
Die Beleuchtung ist beim Filmdreh ebenfalls ein Muss. Bei einem Stop-Motion-Film ist es besonders wichtig, ausschliesslich künstliches Licht zu verwenden. Natürliches Licht, das durch die Fenster hereinscheint, verändert sich ständig. Im fertigen Film würde das zu einem unangenehmen Flackern führen. Um das zu verhindern, sollte man also den Raum komplett verdunkelt und das Set mit zwei bis drei Lampen ausleuchten. Nur so kann man die gewünschte Lichtsituation und Stimmung erzeugen.

Computer und Software
Um den Film fertigzustellen, benötigt man einen leistungsfähigen Computer mit ausreichendem Speicherplatz sowie ein Programm, mit dem man die einzelnen Bilder zusammenschneiden kann. Grundsätzlich reichen iMovie für OS X und Movie Maker für Windows aus. Zu empfehlen ist jedoch Adobe Photoshop oder Adobe Premiere Pro. Wer die Fotos mit einer App auf dem Smartphone oder iPad geschossen hat, kann diese direkt in der App zu einem Video machen.

Mein verwendetes Equipment
• Canon 80 D
• EF-S 18-55 mm f/3,5 – 5,6 Objektiv
• Manfrotto Videostativ
• Dörr LED Dauerlicht Set Dörr DLP-600
• Kleiner Tisch
• Whiteboard
• Stift
• Farbiges Papier
• Diverse Materialien (Knete, Streichhölzer usw.)

Drehtage
Ich benötigte 1,5 Stunden, um das Set einzurichten. Bis das Stativ richtig stand, die LEDs mit der richtigen Entfernung gleichmässig vom Tisch entfernt waren und ich mit den Kameraeinstellungen zufrieden war, dachte ich, ich hätte für den Rest der Arbeit keine Nerven mehr übrig. Doch tatsächlich war der folgende Teil weniger schlimm. Je nach dem, was ich gerade fotografiert hatte, kam ich ziemlich schnell voran.

Beim Zeichnen mit dem Whiteboard brauchte wieder recht viel Zeit, da ich nach jedem Foto etwas Kleines wegwischen und etwas anderes ergänzen musste. Vor allem während des Zeichnens und wenn eine meiner Hände ins Bild kam, hätte ich eine zweite Person, welche die Fotos schiesst, gut gebrauchen können.

Obwohl ich ursprünglich eine Shotlist erstellt hatte, stellte sich ziemlich schnell heraus, dass es mit dieser nicht funktionierte. Sie war ein guter Anhaltspunkt, jedoch kamen mir viele Ideen relativ spontan in den Sinn.

Postproduction
Nachdem die Bilder im Kasten waren, speicherte ich sie sowohl auf dem Computer als auch auf der externen Festplatte. Ich sah sie mir einige Male schnell hinter an und verbesserte diejenigen, bei denen es nicht zu aufwändig war, im Photoshop. Teilweise, wenn z.B. ein Smarties verrutscht war, konnte ich es mithilfe des vorherigen Bildes und einer Maske korrigieren.

Als ich zufrieden war, zog ich die Fotos in die Photoshop-Timeline und änderte die Framerate auf 0,1 Sekunden. Da Photoshop maximal 500 Frames in der Timeline aufnimmt, musste ich diesen Vorgang drei Mal machen. Dies war sehr mühsam, da das Rausspielen der Fotos in eine Videodatei erstaunlich lange dauerte. Die Fotos waren nun mal sehr gross und in guter Qualität. Die drei einzelnen Videodateien fügte ich in Premiere Pro zusammen und schnitt noch Musik dazu.

Schwierigkeiten
Wie bereits erwähnt war schon das Aufstellen des Sets eine grosse Herausforderung für mich. Doch als ich endlich zufrieden war, hat sich die zeitliche Investition gelohnt. Das Zeichnen auf dem Whiteboard war teilweise sehr mühsam, da ich viele einzelne Frames selber erstellte, und diese durften nicht zu anders aussehen, als die vorherigen. Hinzu kam, dass der Stift teilweise aussetzte und ich nur diesen einen zur Verfügung hatte. Beim Wegwischen der vorherigen Zeichnung entstanden zudem lästige Fussel, die ich manchmal vergass, aus dem Bild zu wischen. Das sah man erst am Computer. Ein Fehler war, das Whiteboard nicht am Tisch zu befestigen, denn einmal verrutschte es und ich bekam es nicht wieder perfekt hin.

Einige Szenen musste ich auch wiederholen. Der Moment, in dem ich mich am meisten aufregte, war, als ich mit der Schulter an das Stativ gekommen war. Das war ein dummer Fehler, der mir innert kürzester Zeit sogar zweimal passierte. So hatte es natürlich das Ganze auch wieder etwas verschoben.

Doch die grösste Herausforderung war, das Projekt ganz alleine umzusetzen. Hätte ich nur jemanden zur Hilfe genommen, der nichts anderes macht, als den Kameraknopf zu drücken, hätte mir das schon viel Zeit und Nerven erspart. Zudem war ich in meiner Bewegungsfreiheit ziemlich eingeschränkt. Ich will nicht wissen, wie es teilweise ausgesehen haben muss, wie ich eine Hand ruhig auf dem Whiteboard hielt und gleichzeitig mit der anderen versuchte, den Knopf der Kamera schräg über mir zu finden.

Fazit
Trotz allem hat mir das Projekt Spass gemacht und mich viel gelehrt. Es war interessant zu sehen, was alles dazugehört und wie wichtig Geduld und die Stabilität des Sets sind. Innert zwei Tagen schoss ich fast 2000 Fotos, von denen ich 1433 verwendete. Das Ganze war zeitaufwändig, es brauchte viel Geduld aber schlussendlich ist das Resultat besser herausgekommen, als ich vermutet hatte.

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