Sucker

Im Zuge der Single-Serie der Thuner Band «Rooftop Sailors» veröffentlicht die Band für jeden der fünf Songs ein Musikvideo. «Sucker» ist die zweite Nummer in der Reihe von Single-Releases – und auch das zweite Video, das wir produzieren durften.

Nach dem frechen und farbigen Bewegtbild zur ersten Single der Serie ging es nun um die Umsetzung des zweiten Streifens. Die zweite Single verhält sich deutlich schwerfälliger und härter, tiefschürfender und verrückter. Storytelling betrieben wir im Vergleich zur ersten Single ein wenig abstrakter, in einem engerem und düstererem Raum – sei dies nun physisch wie auch visuell in der Umsetzung. Mehr dazu gibt’s unten in der Kritik.

Für alle die, die aber einfach gucken wollen – hier ist das Ding:

(lhu)

Kritik
von Nevio Heimberg, Gabriel Baschung und Till Eberli

Idee

Nachdem die Produktion des Videos zu «Second-Hand Love», der ersten von fünf Singles im 2019 der Band, abgeschlossen war, galt es eigentlich schon sofort, die Planung für den nächsten Release in Angriff zu nehmen.
Um einen Kontrast zur sehr hellen und farbigen Optik von «Second-Hand Love» herzustellen, entschieden wir uns für ein entsättigtes Bild, welches auch den Vibe des Songs wiederspiegeln sollte: wild, verrückt und kantig.

Zum Song

«Sucker» bewegt sich als Song rasch vorwärts und setzt tiefe Akzente mit seinen breiten Riffs. Der Song handelt vom inneren Kampf mit der eigenen Entscheidung, die (Liebes-)Beziehung zu einem anderen Menschen zu kappen. Der Protagonist thematisiert darin die Unterschiede zwischen ihm und der angesprochenen Zweitperson, zwingt sich durch die Trennung und verliert sich in der Vorstellung, komplett durchzudrehen – bis es nach kurzem Innehalten schlussendlich soweit kommt und das Innerste in sich Amok läuft.

Umsetzung

So zieht sich auch der dramaturgische Faden entlang dieser Eckpunkte. Zu Beginn versuchten wir mit einer kurzen Exposition das Setting den Zuschauenden näher zu bringen. Das Set wurde im Proberaum und Studio der Band mithilfe von mehreren Schichten von der Decke hängender Abdeckfolie aufgebaut, die einen rechteckigen «Raum» bildeten. Mit mehreren Lichtquellen pro Kante beabsichtigten wir einen diffusen, düsteren Look für den Raum, was die klaustrophobische Atmosphäre unterstreichen sollte. Auch die Formatwahl von klassisch 4:3 liegt darin begründet, zu versuchen, das Ganze noch enger erscheinen zu lassen.

Die anschliessend in den jeweiligen Strophen folgenden drehenden Segmente bestehen aus One-Takes. Der Protagonist bewegt sich an all den «Geistern» vorbei, die ihn verfolgen und ihn in seiner Vorstellung heimsuchen. Die Refrains stellen kurze Abstecher in den Wahnsinn dar, wie sie sich der Protagonist vorstellt: Er alleine, mit sich selbst ringend, in allen möglichen zeitlichen und räumlichen Verzerrungen seiner Vorstellung – visuell unterstrichen. Mit dem kurzen Innehalten des Songs direkt nach dem zweiten Refrain verlangsamten wir vorerst auch das Geschehen on screen: langsame Shots durch den Fetzenwald von Gedanken, Protagonist mitsamt seiner «Geister» im eigenen Kopf gefesselt. Kurz darauf brennt zusammen mit dem ausbrechenden Song die Sicherung durch. Das Chaos erzeugten wir mit ein paar zerfetzten Kissen und alten IKEA-Stühlen, die die Schauspieler vor laufender Kamera zerschlugen. Auch hier galt für die Aufnahme das Prinzip von bloss einer Chance – danach waren die Stühle in Einzelteile zerlegt. Die Mischung aus gerampten Slowmos, Einstellungen aus verschiedenen Winkeln und ruckliger Kamerabewegung verleihen dem Video zum Höhepunkt am Schluss einen Ausbruch-Charakter.

Technik

Mit dem Umgang mit der Kamera und dem dazugehörigen Equipment hatten wir dank ehemaligen Projekten und hilfreichen Youtubetutorials (vor allem beim Ronin S Gimbal) keine grossen Probleme.

Ein Grossteil des Musikvideos besteht aus OneTakes, also ohne Schnitt. Dabei mussten wir die Lyrics im Hintergrund stets manuell und natürlich analog anpassen. Das bedeutet, dass der Kameramann sich drehen musste und im Hintergrund die Abdeckfolien von der Wand genommen werden und die Protagonisten verschoben werden mussten. Das war ein logistischer Prozess, der zuerst einige Male durchgespielt werden musste. Anstrengend dabei war, dass ein kleiner Fehler bedeutet hat, dass wir wieder von vorne beginnen mussten.

Zu Beginn des Drehs hatten wir einige Lichtprobleme, da aufgrund der aufgehängten Abdeckfolien die Belichtung nicht ideal war, wir kein körniges Bild wollten und daher den ISO-Wert nicht zu hoch drehen konnten, mussten wir ein Licht an der Kamera selbst befestigen. Dies konnten wir mithilfe der Rotolight Neo-Lichter und des Greifarms tun. Eine Folge dieses Vorgangs war, dass das ganze Equipment bei den Gimbal- und Handaufnahmen extrem schwer war, wodurch wir zwischen den Aufnahmen Ruhepausen einlegen mussten, was den Zeitplan ein wenig nach hinten verschoben hat.

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Material:

  • Sony FS7
  • Sony FE PZ 28-135mm f4.0 G OSS, Full Frame E-Mount
  • Sigma 24 - 105mm f4.0
  • Blackmagic Video Assist 4K
  • Rotolight Neo II
  • Westcott 100W Flex Bi-Color
  • Schweizer 100W
  • viel, viel, viel, viel Plastikfolie
  • Bauscheinwerfer
  • farbige Folien (Tönung Licht)

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