Hast du von den israelischen Soldaten gehört, die an einem Flughafen vor laufender Kamera ein neunjähriges Kind erwürgt haben? Hast du gewusst, dass Impfungen zu Autismus führen können oder dass 85 Prozent der in der Schweiz lebenden Eritreer bereits wegen sexuellen Übergriffen bei den Behörden vermerkt sind? Oder hast du mitbekommen, was letzte Nacht in Schweden passiert ist?

Wenn ja: bist du empört vom Stuhl gefallen, hast deine Beine unter den Arm genommen und dich mit deinen zwar nicht rassistischen, aber eben irgendwie doch xeno- und homophoben Wutbürgerfreunden im postadoleszenten Männlichkeitsdilemma zum tobenden Mob zusammengeschlossen und ein Flüchtlingsheim in Brand gesetzt?

Ja? – Dann verpiss dich schleunigst wieder.

Wenn du aber andere, konstruktivere und intelligentere Kanäle gefunden hast, deine Emotionen zu kanalisieren, bist du hier richtig. Wir behandeln nämlich genau das: Fake News.

Was einst am 1.April in der einen oder anderen Zeitung den Leser humoristisch aufs Glatteis führen sollte, wurde zur vermeintlich versehentlichen Falschmeldung in der Boulevardpresse und hat mittlerweile seinen Weg ins Machtzentrum der westlichen Welt gefunden: Das Weisse Haus.

Im Rahmen einer Swisscom-Webserie konnten wir dieses Thema aufgreifen und behandeln.

Wir haben uns zwar für profundere Ansätze entschieden, der Gedanke dahinter kommt aber (hoffentlich) rüber.

Unsere gesamte Webserie findest du hier.

(fms)

Kritik
von Ann Ziegler, Kevin Wildhaber, Matteo Senn, Jana Figliuolo, Florin Rüdisühli, Dean Shirley, Samuel Rhyner und Reto Jost

Idee

Aktuell soll sie sein. Gemäss Ruedi - anarchistisch, böse und gewagt. Frisch und neu und spannend und provokant und neu und jung und frisch. Mentale Ausflüge in absurde Nischen unseres Noema gebaren ebenso groteske Konstrukte wie sinnlose. Tacheles: es war wahnsinnig mühsam, eine passende Story für ein so anspruchsvolles Format zu entwickeln. Stunden über Stunden und Fahrten nach Bern und zurück und nach Zürich und zurück. Mit dem wohlwollenden Nicken der Swisscom-Dudes rutschten wir langsam aber sicher in Richtung Fake News. Zu Beginn waren es noch ausgefallene Ideen. Menschen schein-berühmt machen und allen die es glaubten bei einem grossen Event offenbaren wie dumm sie eigentlich seien. Suspekte Recherchen in noch suspekteren Milieus. Eine Tierdoku über den babyfressenden Alligator im Zürcher Untergrund. Mit den Worten, «haha, klingt ja echt geil, das ist definitiv eine Richtung die wir einschlagen sollten!» , wurde uns dann subtil zu verstehen gegeben, dass sie für einen Konzern wie der Swisscom eben doch eine Spur zu ausgefallen war. Den Ideen wurden dann also - wie Herdöpfelgulasch für den zarten Bünzli-Gaumen - mit viel Rahm die Würze genommen. Und so landeten wir schlussendlich bei einem Vlog über Büsis-Essen und LSD-Tättus.

 

Umsetzung

Neben dem langen Ideenfindungsprozess benötigte auch der Rest sehr viel Zeit.

Zeitgleich mit dem Go von der Swisscom fingen wir an, Schauspieler anzuwerben. Ein offenbar gut bezahlter und pulsierender Markt, da man die Leute fast überreden musste, ein kurzes Bewerbungsvideo einzureichen. An gewissen Ecken und Enden war auch festzustellen, dass in der Künstlerszene nicht die selbe Euphorie herrschte, für die Swisscom zu arbeiten wie bei uns. Aber auch diese Hürde haben wir irgendwann erfolgreich genommen.

Wir teilten uns wie folgt auf:

Ann und Sämi - Administration/Projektleitung

Matteo - Regie

Jana und Flo - Story

Dean - DOP

Reto - Ton & Chef Technik

Kevin - Postproduction

 

Die Materialbeschaffung beschäftigte uns dann im nächsten Schritt. Da es eine Vlog-Serie werden sollte, musste ein etwas amateurhafter Look her. Obwohl es Matteo, unserem Regisseur im Herzen weh tat, wurde nix aus imposanten Naturbilder und ausgeklügelten Shots und Cuts. Er beharrte aber - bis jetzt, weit nach dem Projekt - auf einer Weisheit - ach was, auf einer Doktrin: Lieber guten Ton schlecht machen als schlechten Ton gut. Bäämm! Mittlerweile sein Kredo für alle Lebenslagen. Und so wurde der Ton professionell über Lavalier und Zoom aufgenommen. Ah und es wurden noch die falschen Objektive bestellt. Sorry Reto aber wir wollen hier Transparenz schaffen. Schlussendlich wurden folgende Materialien eingesetzt:

  • Sony RX100V (mit 6 Akkus)
  • Sony FS5
  • 3x Gopro Hero4
  • Drohne DJI Mavic Pro
  • Audiorecorder Zoom H6
  • Funkset Sennheiser AVX
  • Richtmikrofon Rode NTG-2
  • Tonangel, Kopfhörer, XLR-Kabel
  • Faltreflektor
  • LED-Panels
  • Gorilla Pod

Trotz der pittoresken Drehorte, waren die Drehtage lang und mühsam. Die Stimmung war nicht selten angespannt und die «guter Ton, schlechter Ton»-Debatte wurde nicht selten hitzig und immer aufs Neue geführt. So wie wir für unsere Aufnahmen im ganzen Land herumreisten, begleitete uns auch der auf BTS-Bildern zufrieden grinsende Domi von der Swisscom, in der Gruppe liebevoll Domagingong genannt. Wir mussten feststellen, dass wenn man dort Menschen sucht, wo Menschen normalerweise Ruhe suchen, man entsprechend keine findet. Aber auch der Mindset: «Ach weisch, au wenn dStory jetzt ned so lustig isch, ufm Dreh passiert denn schu was Witzigs» hat nicht funktioniert. Nie. Nichtmal an der Langstrasse. Vielleicht auch, weil sich dort selbst randständige, randvolle Stadtoriginale ihrer Rechte erstaunlich bewusst waren und keiner den Release-Vertrag unterschreiben wollte. Tja. Die Angst vor Technologie in ländlichen Gebieten hat sich ebenfalls bestätigt. Oftmals mussten wir nochmals prüfen, ob wir tatsächlich mit einer Kamera unterwegs waren. Die Reaktionen der Menschen liess eher darauf schliessen, dass wir mit einer Waffe auf sie zielten. Trotz mehr oder minder kooperativer Darsteller und dem ausdiskutieren von mindestens 10 Meinungen zu jeder Einstellung, brachten wir die ganze Sache innerhalb von 14 Drehtagen in den Kasten.

Am Ende des malerischen und ereignisreichen Sommers stand die Postproduction an. Nachdem er eigentlich den ganzen Sommer anderweitig verbracht hat, stürzte sich Kevin nun - wiedermal viel zu spät in seine Aufgabe. Der Rohschnitt war jetzt nicht das Gelbe vom Ei, was aber auch daran lag, dass sich die Erwartungen von der Swisscom an einen Rohschnitt von den unseren deutlich unterschied. Das Tamtam nahm so also seinen Lauf. Es ging dann soweit, dass uns sogar die Musik hätte vorgegeben werden sollen. Dagegen wehrten wir uns dann aber geschlossen und bekamen recht.

 

Herausforderungen

Als mit Abstand grösste Herausforderung entpuppte sich der Umgang mit dem Auftraggeber. Natürlich stiessen wir bei der Produktion immer auf Probleme, der schmale Grat zwischen Auftragserfüllung gemäss Wunsch des Kunden und «sich-für-21-Franken-in-der-Stunde-auf-der-Nase-herumtanzen-zu-lassen» war enorm schwierig zu begehen. Wir haben diese Herausforderung aber nur zum Teil gemeistert. Da wir uns schon von Anfang an allen Wünschen und Ideen der Swisscom gebeugt hatten, war es kaum mehr möglich die etablierte Gangart zu durchbrechen. Der letzte Versuch fand in der Post statt und ging mit wehenden Fahnen unter. Etwas Gutes hatte aber auch das: Wir konnten zumindest emotional die Verantwortung für allfällige Kritikpunkte abschieben.

 

Fazit

Es war definitiv eine Erfahrung. Einerseits so viel Zeit in ein Projekt zu investieren und andererseits mit einem grossen Kunden und Budget zu arbeiten. Solche Aufträge bringen eine komplett andere Dynamik mit sich als kleine Freelancer-Aufträge. Was wir aber alle sehr schade fanden, ist, dass aus «anarchisch und böse» ein lauwarmes Corporate Filmchen wurde, das sich wie ein Schluck Wasser verdauen lässt. Obwohl es ja eigentlich ein wichtiges und gefährliches Thema aufgreift, verschwindet die Diskussion darum in der blassen Mittelmässigkeit bezahlter Web-Video-Produktionen.

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