The Hat Session

Viele Musikvideos zeichnen sich zurzeit dadurch aus, dass eine Geschichte im Vordergrund steht. Je actionreicher und dramatischer, desto besser. Inspiriert von den «Mahogany-Sessions» entstand der Wunsch, eine Musik-Session zu produzieren.

Das «Mahagony-Session-Video» von Musiker «Hozier» hat bis heute über 5,5 Millionen Klicks. Im Video sieht man nichts anderes als Hozier, der in einem dunklen Raum seinen Song «Cherry Wine» performt. Langweilig, weil nicht viel passiert? Nein gar nicht!

Es ist so intim, und man bekommt das Gefühl, dass man direkt vor ihm sitzt, und er das Lied nur für einen spielt. Es braucht nicht immer ein Musikvideo mit viel Action, Drama oder einer Liebesgeschichte. Eine Location, ein Musiker und ein Hut reichen.

Inspiriert von den «Mahogany-Sessions», habe ich eine eigene Session ins Leben gerufen: «The Hat Session». Herausgekommen ist ein Cover von Foy Vance. Jlian van Krimpen performt «She Burns».

(mm)

Kritik
von Sina Cadonau

IDEE
Meine Idee war ein Video im Stil der "Mahogany Sessions" zu drehen. Es gibt viele verschiedene Musik-Sessions auf Youtube. Inspiriert davon entschied ich meine "The Hat Session" zu nennen. Wie der Name "die Hut-Session" schon sagt, gehört ein Hut dazu, den der Musiker tragen muss.

Was ich brauchte war eine Location und ein Musiker. In einem privaten Wald im Zürcher Oberland fand ich einen schönen Fleck, bei dem ich drehen durfte. Da mein Freund Jli solche Projekte mag, habe ich ihn als Musiker angefragt und er war begeistert dabei zu sein.

Die meisten Videos der Mahogany Sessions sind One-Takes. Da ich aber Schnitte machen wollte, entschied ich mich das Audio nicht live aufzunehmen, sondern zuhause im Homestudio.

DURCHFÜHRUNG
Audio I
Ich habe den Video-Dreh auf den Sonntagabend geplant. Ich wusste, dass wir erst später dazukommen werden, den Song aufzunehmen. Das war aber ein Problem, da wir verschiedene Videoaufnahmen machen wollten und kein Mensch 15 Mal ein Lied live genau gleich spielen kann. Mir kam aber die Idee den Song erstmal provisorisch im richtigen Tempo aufzunehmen, damit wir diesen während dem Dreh laufen lassen konnten und Jli Playback spielt.

Drehtag
An einem frühen Abend haben wir uns im Wald ready gemacht. So war noch genug Licht vorhanden. Die ersten Aufnahmen habe ich mit dem Stativ gemacht. Nachdem ich sie mir kurz angeschaut habe, fand ich sie zu statisch und langweilig. Mir kam spontan die Idee aus der Hand verschiedene Shots auszuprobieren. Die grosse Herausforderung dabei war das Gewicht. Denn die Canon 5D Mark III mit dem 70-200mm Objektiv hat ein Gewicht von 2.5kg und dies 4 Minuten hochzustemmen ist schon sehr anspruchsvoll. Doch ich habe bemerkt, dass mir diese Aufnahmen viel besser gefallen und deshalb habe ich versucht den Rest nur noch aus der Hand zu filmen.

Da ich eine kleine Blende eingestellt hatte, damit ich viel Tiefenunschärfe bekam, war es eine grosse Herausforderung die Bilder scharf zu kriegen. Deshalb habe ich auch mehrere Durchgänge gefilmt und diese am Schluss zusammengeschnitten.

Um dem Song später einen Live-Charakter zu geben, habe ich das Ambiente des Waldes mit einem Audiorecorder aufgenommen. Diese habe ich dann später in der Postproduction auf eine zweite Audiospur gelegt und die Musik wirkt dadurch nicht wie frisch aus dem Studio.

Audio II
Ein paar Tage später haben wir noch das finale Audio aufgenommen. Dies geschah mit dem Musikprogramm Logic Pro X. Wir mussten nun nur noch das Tempo gleich einstellen wie bei der provisorischen Aufnahme. So nahmen wir zuerst die Gitarre auf und danach auch noch den Gesang. Dies benötigte mehrere Anläufe bis wir zufrieden damit waren. Danach haben wir noch die Stimme bearbeitet, ihr ein bisschen Hall gegeben und kleinere Anpassungen gemacht.

Postproduction
In der Postproduction musste ich als Erstes alles synchronisieren. Ich habe dies von Hand gemacht, da nicht auf allen Aufnahmen, die abgespielte Playbackmusik laut zu hören war. Da ich die Aufnahmen aus der Hand sehr schön fand, wollte ich wann immer möglich, diese verwenden. Am liebsten hätte ich sehr wenig Schnitte gemacht, da es zu dieser Art von Musicvideo passt und eine Ruhe hineinbringt. Da bei den Handaufnahmen aber oftmals nur kürzere Sequenzen brauchbar waren, musste ich mich davon verabschieden. So versuchte ich einfach so wenig wie möglich zu schneiden. Als der Rohschnitt fertig war, bemerkte ich wie unruhig er durch die immer noch vielen Schnitte war und so entschied ich mich nochmals weniger Schnitte zu verwenden. So habe ich Shots aus der Hand verlängert und unperfekte Bewegungen sind nun auch vorhanden. Doch ich finde eine unruhige Kameraführung angenehmer als die schnellen Schnitte von vorher.

Jli hat sich nicht in jeder Aufnahme gleich bewegt. Bei einer Aufnahme hatte er seinen Kopf nach links gedreht und an der gleichen Stelle in einer anderen Aufnahme nach rechts. Ich musste beim zusammenschneiden darauf achten, dass diese Übergänge stimmen. Das ist mir leider nicht hundert Prozent gelungen.

Für das Color Gradind habe ich das Premiere File in ein XML-File umgewandelt und ins Davinci Resolve importiert. Ich finde es viel übersichtlicher dort zu graden. Ich habe für die verschiedenen Shots zuerst eine Farbkorrekur gemacht, damit alle gleich aussehen und danach habe ich ihnen noch einen filmischen Look gegeben. Herausfordernd dabei war die Totale. Da Jli dort im Gegenlicht steht, ist er sehr dunkel. Ich habe versucht ihn aufzuhellen, aber dies sah alles sehr künstlich aus. So habe ich den Kontrast verringert und so versucht das Bild anschaulich zu machen. Bis jetzt bin ich aber noch nicht so zufrieden.

MATERIAL

  • Canon 5D Mark III
  • Objektiv 70-200 1:2.8
  • Objektiv 16-35 1:2.8
  • Stativ
  • Audiorecorder Marantz
  • Gesangsmikrofon

FAZIT
Für mich war es eine tolle Erfahrung ein Projekt alleine Umzusetzen. Ich konnte sehr schnell Entscheidungen fällen und spontane Ideen direkt umsetzen. Ein nächstes Mal würde ich einen One-Take machen. Ich finde dies für dieses Format am schönsten. Ausserdem würde ich den Ton live aufnehmen, da es mit dem One-Take möglich ist und auch einfach authentischer klingt. Zudem gibt das Ganze weniger Aufwand in der Postproduction.
Ich würde nicht mehr gegen das Licht filmen, da so der Vordergrund zu dunkel wird.
Um mehr Spannung und Abwechslung in das Video zu bringen, würde ich „The Hat Session“ gerne einmal mit einer Band ausprobieren.

Für ein nächstes Mal, wäre es sicherlich hilfreich das Projekt zu zweit umzusetzen. Ich bin aber sehr zufrieden wie das Video herausgekommen ist und freue mich weitere Videos für "The Hat Session" zu produzieren.

 

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