The Twins

Kinder sind oftmals fasziniert vom Filme machen. Doch wie ist es, mit einem Kind zusammen einen Kurzfilm zu produzieren? Im folgenden Artikel erfahrt ihr, was ich dabei für Erfahrungen gemacht habe und natürlich wie das Resultat aussieht.

Das digitale Zeitalter war für mich schon immer sehr faszinierend. Ich bewunderte Menschen, die Fotos manipulieren konnten oder Filme schnitten. Die Faszination liegt wohl in der Familie, denn meine elfjährige Schwester ist völlig begeistert von meinen Arbeiten, die ich während dem Studium produziere. Sie kann eine gefühlte Ewigkeit mucksmäuschenstill neben mir sitzen und einfach nur zuschauen, wie ich Fotos bearbeite oder im AfterEffects Animationen kreiere.

Damit die Faszination aufrecht erhalten bleibt und sie dabei auch noch etwas lernen kann, beschloss ich letzten Herbst mit ihr zusammen einen Kurzfilm zu machen. Wir setzten uns gemeinsam hin und fingen an, uns eine Geschichte auszudenken. Eigentlich ist es eine schlechte Idee, sich beim Brainstorming bereits einzuschränken. Jedoch wusste ich, dass ich ihr alles, was wir machten, genau erklären wollte. Darum setzten wir uns eine Vorgabe: Sie muss die Hauptrolle übernehmen und die Geschichte soll ohne andere Personen auskommen.

„Sven mir chunnt nüt isinn, säg doch du wasmer wei mache!“ Diese Situation kenne ich nur zu gut, jedoch wollte ich ihr nicht die ganze Geschichte vorschreiben. Ich sagte ihr, dass wir den Kurzfilm erst drehen werden, wenn sie eine passende Idee hatte. Bereits einige Tage später kam sie zu mir und meinte: „Chame nid mache dasi zwöimau vorchumä?“. Natürlich ging das, also fingen wir zusammen an, die Geschichte auszuarbeiten.

„Guet chöimer itze afah fieumä?“ Schön wäre es auf jeden Fall, doch wenn ich Eines während des Studiums gelernt habe, ist es, dass ohne Planung meist nur ein Bruchteil des Projektpotentials entfaltet werden kann. Ich legte ihr ein paar leere Blätter und ein Bleistift vor die Nase und erkläre ihr, dass wir jetzt die einzelnen Szenen aufzeichnen werden, damit wir später wissen, wie wir das ganze filmen wollen. „Ahhhh i cha doch nid zeichnä!“ “Macht nichts”, antwortete ich ihr, denn zeichnen gehört auch nicht gerade zu meinen Stärken. Widerwillig setzte sie sich hin. Halt! Stop! Das war nicht das, was ich wollte. Es sollte ja Spass machen und nicht wie eine Strafarbeit wirken. „Möchtest du lieber auf meinem Tablet zeichnen?“ fragte ich sie. Und da war es wieder, jenes Funkeln in den Augen. Es war wieder einmal mehr die Technik, die sie faszinierte. Ist ja auch verständlich, denn auf Papier zeichnen kann sie auch in der Schule. Aber auf einem schwarzen Plastikteil zu zeichnen auf dem man vom Gemalten gar nichts sieht, ist eine ganz andere Sache.

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Als das Tablet am Laptop angeschlossen und Illustrator gestartet war fing ich ihr an zu erklären, wie das ganze funktioniert. Natürlich nicht dieser Pixel – Vektor kram, dass war ja in diesem Fall gar nicht wichtig. Ich erklärte ihr wo und wie man Strichdicke und Farbe ändern kann. Und natürlich das aus ihrer Sicht faszinierendste, der Einsatz von Layern. So was kann man auf einem Stück Papier nicht. Ich liess Sie zeichnen, doch bereits kurze Zeit später kam sie zu mir: „Wiä chani gummelä?“ Das hatte ich ihr ganz vergessen zu erklären. Als sie sah, dass es reichte, nur den Stift zu drehen und mit der Rückseite zu „malen“ war sie völlig begeistert.

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„Sven chum mau cho luege, irgendwiä isch aues unscharf“ rief sie mir zu. Natürlich war das Absicht, den sie hatte bereits etliche male mit meiner Spiegelreflex fotografiert und wusste somit, wie der Autofokus funktioniert, deshalb habe ich den Fokus auf Manuell gestellt. Ich erklärte ihr, dass wir dies machen, um auch wirklich den Teil des Bildes bzw. Videos scharf zu haben, den wir auch wirklich scharf wollen. Ich setzte mich auf den Stuhl auf dem sie dann später sitzen wird und lies sie die Kamera positionieren. Als wir zu den Szenen kamen, in denen Sie zweimal vorkam schaute sie mich etwas irritiert an. „Wie machemer das itz?“ Ich erklärte ihr natürlich das ganze Prozedere. „Ig chume nid drus.“, sagte sie nach meinem fünf Minütigen Vortrag. Ich liess es dabei, denn schliesslich gab es in der Post-Production genügend Möglichkeiten ihr genau zu erklären wie das ganze funktioniert.

Nachdem wir fertig gefilmt hatten, war es an der Zeit, eine Pause einzulegen. Damit sie jedoch beruhigt einschlafen konnte, schauten wir die Clips zusammen an und wählten die besten Takes aus. Zwei Wochen später machten wir uns ans Schneiden. Ich versuchte ihr so einfach wie möglich zu erklären, wie das ganze funktioniert. Als wir den Rohschnitt fertig hatten, fragte sie Stirnrunzelnd, wie wir das jetzt machen werden, dass sie zweimal im Bild zu sehen sei. “Wir werden sie einfach an der richtigen Stelle verschneiden und zusammenfügen”, antwortete ich. Da sie mich immer noch stirnrunzelnd ansah, öffnete ich AfterEffects. Ich legte die zwei Clips übereinander und machte eine einfache Maske. „Ahhh itz chumi drus.“ meinte sie lächelnd. Ich zeigte ihr, wie man Maskenpunkte setzten kann und schaute ihr zu, wie sie die einfacheren Teile maskierte (bei den Komplizierteren Teile half ich ein wenig). Ein paar Stunden später schauten wir uns das Ergebnis an. „Irgendwiä tönts komisch“ meinte sie sofort. Kein Wunder, denn wir hatte das ganze mit dem integrierten Spiegelreflexmikrofon aufgenommen. Ich stimmte ihr zu und zückte mein Smartphone. Genau aus diesem Grund werden wir jetzt noch einmal ein paar Geräusche aufnehmen. Um das ganze noch etwas vielfältiger zu gestalten, klickten wir uns auch noch durch einen Geräuscheurwald im Internet. „Man die beschtä koschte ja aui!“ sagte sie entrüstet. Natürlich konnte ich das nur bestätigen, versuchte ihr jedoch auch zu erklären, warum das so ist. Nach etwas längerem suchen fanden wir jedoch auch ein paar gute „Gratis“ Soundtracks.

„Simer itz fertig?“ Ich erklärte ihr, dass wir jetzt noch die Farben etwas anpassen wollen. Damit dies etwas einfacher ging, beschränkte ich mich auf das Auswählen von diversen Presets. Ich zeigte ihr eines nach dem anderen und schnell war klar, welches ihr Favorit war. Als ich eigentlich gerade den Film exportieren wollte, bemerkte ich, dass wir ganz vergessen hatten, den Abspann zu machen. Etwas später zeigte sie das Ergebnis voller Stolz unseren Eltern.

Kritik
von Sven Aeschlimann

Was erkläre ich, was lasse ich weg und was vereinfache ich? Eine schwere Frage, denn man möchte ja ein Kind nicht mit technischen Informationen langweilen, trotzdem möchte man aber auch so viel wie möglich erklären. Es war eine Herausforderung, die Sache so einfach wie möglich zu erklären. Ich denke, dass dies mir in den meisten Fällen gut gelungen ist. Es gab jedoch auch einige Sachen, die ich auch nach dem dritten Anlauf zu wenig vereinfacht erklären konnte, damit es meine kleine Schwester verstehen konnte. Es war jedoch eine spannende und auch lehrreiche Erfahrung. Zudem war es sehr spannend zu sehen, dass ein und dasselbe Projekt  viel Spass, aber auch Desinteresse(Storyboarden) hervorrufen konnte. Da ich nach dem Studium einen zwei monatigen Zivildienst Einsatz haben werde, bei dem es meine Aufgabe sein wird, Filmprojekte mit Jugendlichen durchzuführen, war dies ein erster grosser (bestandener) Test, ob ich dazu geschaffen bin, narrative Inhalte weiter zu vermitteln.

Die Story mag auf den ersten Blick etwas plump erscheinen. Doch bedenkt man die Einschränkung, die wir uns gesetzt haben (die wir bis auf die Schlussszene auch eingehalten haben), finde ich die Geschichte für dieses Projekt gelungen. Sie bot sich perfekt an, um etliche Techniken und Tricks zu zeigen.

Ein grosser Verbesserungspunkt ist jedoch das Grading, dies hat noch sehr viel ungenutztes Potential. Zum einen fehlte vielleicht von meiner Seite her die Motivation, weitere Stunden an diesem Projekt zu verbringen, um das Grading zu verbessern. Zum anderen ist dies zugleich auch ein grosses Loch in meinem Postproduction wissen. Trotz einigen Anläufen, bin ich noch Meilen davon entfernt, ein Grading zu kreieren, welches einen „professionellen“ Look vermittelt. Spätestens bei der Bachlorarbeit muss dies jedoch sitzen.

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