Traffic – Licht durchdringt die Nacht

Musik mit Bildern zu untermalen ist eine Kunst, die erlernt werden will. Der Videoclip soll nicht von der Musik ablenken, erschafft bestenfalls jedoch eine eigene Welt, die der Musik zu ungeahnten Tiefen verhilft. Wäre dieses Unterfangen nicht schon komplex genug, kam beim Videodreh zu Traffic noch der Faktor Licht hinzu.

Nachdem wir bereits vor einem halben Jahr eine alternative Version von “YDKMM” für Pedro Lehmann gedreht haben, versuchten wir uns nun am Song “Traffic” vom neu erschienenen Album “Forestal”. Die düstere Stimmung des Songs und die verwirrende Story in knapp 4 Minuten zu erzählen und dies in absoluter Dunkelheit, verlangte uns einiges ab.

Eine leichte Unterkühlung, 7 Mitwirkende, 8 Stunden Dunkelheit, 11 Liter Nebelfluid, 23 Scheinwerfer und 300 Meter verlegte Starkstromkabel später:

Kritik
von Ramon Schneider und Sven Wüst

Idee

Die Ostschweizer Band Pedro Lehmann brauchte für ihren neuen Song “Traffic” einen Videoclip. Nachdem wir mit dem Sänger der Band über die Aussagen des Songs und die Hintergrundgeschichte des Albums gesprochen haben, machten wir uns an die Arbeit des Storyboardkonzepts, der Locationsuche und die damit verbundenen logistischen Herausforderungen.

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Konzept

Story: Bevor wir uns ans ganze Setting machen konnten, musste ein Storyboard ausgearbeitet werden. Da wir den Videoclip in einer Nacht und in der Dunkelheit drehen wollten, musste alles genau geplant werden. Im besten Fall standen uns 8 Stunden Dunkelheit zu Verfügung. In dieser Zeit musste alles im Kasten sein.

Kurz zum Inhalt: Im Song Traffic geht es um die Reizüberflutung, dem Nicht-mehr-Klarkommen in der Stadt und der damit verbundenen Flucht in die Natur / Wald ("Forestal" - Albumtitel und bedeutet dem Wald zugehörig). So kamen wir zum Entschluss, unsere Dreharbeiten in den Wald zu verlegen.

Location: Eine Nacht im Wald. Was zu Beginn aufregend und schön klang, wurde bei genauerem Betrachten etwas komplizierter als gedacht. Zum einen musste ein passender Platz gefunden werden, bei dem innerhalb eines kurzen Radius alle Szenen machbar waren. Dafür brauchten wir einen kleinen Wasserfall, ein Bachlauf, der nicht allzu viel Wasser führt, einen Abhang und dickes Geäst. Wir konnten in dieser kurzen Zeit, die uns für die Dreharbeiten zu Verfügung standen, keine grossen Standortwechsel machen. Zum anderen musste die Location einigermassen mit dem Auto erreichbar sein.

Nachdem wir in der Umgebung Rheintal mehrere Spots angeschaut haben, entschieden wir uns für den Waldpark in Altstätten. Nach Absprache mit dem Pächter des Grundstücks standen den Dreharbeiten nur noch logistische Hürden im Weg.

Logistik: Um bei Beginn der Dunkelheit bereit zu sein, starteten wir bereits um 12 Uhr mittags mit den ganzen Vorbereitungen. Um an der eigentlichen Location Strom zu haben, mussten wir 300 Meter Starkstromkabel verlegen und eine provisorische Sicherung am Kasten anbringen. Weiter wurde das Lichtmischpult, 23 Scheinwerfer, Pavillons sowie die nötige Stärkung für die Nacht (Verpflegung, Kaffee etc.) bereitgestellt.

Die Scheinwerfer wurden ausgerichtet, damit wir bei Einbruch der Dämmerung nur noch einen kurzen Testlauf machen konnten, um keine Zeit mehr zu verlieren.

Equipment:

- Canon EOS 5D Mark III
- Objektiv Canon EF 28mm f1.8
- Objektiv Canon EF 50mm f1.4
- Objektiv Sigma EF 70mm f2.8
- Externer Bildschirm
- LED Headlight
- Videostativ
- Steadycam
- Slider
- Lautsprecher
- 23 Scheinwerfer
- Lichtmischpult
- Rauchmaschine
- Discokugel
- Taschenlampen / Stirnlampen

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Workflow / Erkenntnisse

Vor Ort: Durch die genaue Planung vor dem Drehbeginn fiel uns vieles einfacher. Die Dunkelheit im Wald machte uns jedoch in vielerlei Hinsicht oft zu schaffen. Trotz vieler Scheinwerfer war es stockdunkel. Wenn Kabel neu verlegt werden mussten oder neue Einstellungen an verschiedenen Orten gedreht wurden, benötigte das oft sehr viel Zeit. Zudem kam die Müdigkeit hinzu. So um 02:30 Uhr in der Nacht war die Motivation bei allen Beteiligten am Boden. Um da nicht einfach den Schlendrian zu bekommen, mussten wir uns gegenseitig immer wieder pushen.

Wenn wir wieder mal so eine Szene drehen werden, würden wir mehr Zeit einrechnen. Bei einem solchen Aufwand, der betrieben wurde, müsste man zwei Nächte einkalkulieren, um wirklich das Bestmögliche rauszuholen.

Kamera: Die Canon 5D Mark III mag für viele Drehs die richtige Kamera sein, hierfür war sie leider ziemlich unpassend. Trotz Lichtstarken und qualitativ hochwertigen Objektiven konnte vielfach nicht die gewünschte Qualität des Bildes erreicht werden. Oft war ein ISO-Rauschen nicht zu vermeiden, was wir dann in der Post Production bereuten. Die Sony Alpha 7s wäre die optimalere Lösung gewesen, die uns aber zu diesem Zeitpunkt nicht zur Verfügung stand.

Post Production: Da wir ein ausgearbeitetes Storyboard hatten, fiel uns das Schneiden des Videoclips verhältnismässig einfach. Trotz grosser Achtsamkeit bei den Dreharbeiten waren leider einige schöne Shots nicht zu gebrauchen, da sie schlicht und einfach zu dunkel waren. Das Bild rauschte und die Shots mussten leider in den Papierkorb wandern. So mussten wir an einigen Stellen auf Bildmaterial zurückgreifen, welches so im Storyboard nicht vorgekommen ist.

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