Seit über zehn Jahren müssen wir unsere Leidenschaft im Verborgenen ausleben und zählen uns somit zu einer Randgruppe. Früher war das anders, da haben wir unsere Leidenschaft mit Freunden und Geschwistern geteilt. Heute verstecken wir uns mit unserem iPod oder Kassettenrekorder unter der Bettdecke und nicht mehr in der selbstgebastelten Hütte im Garten. Aber wenn wir ehrlich sind, dann würden wir genau dies am liebsten wieder tun. Unseren Fisherprice Kassettenrekorder mit einer Kassette im Einschubfach und mit einer zweiten im Reservefach packen und in unsere alte Lieblingshütte für ein paar Stunden verschwinden. Dabei könnten wir uns für ein paar Stunden fühlen, als wären wir wieder süsse sechs Jahre alt.
Seit einiger Zeit haben wir beschlossen, uns nicht mehr zu verstecken, sondern uns zu outen. Wir wollen nicht mehr schief angeschaut werden, wenn wir auf dem Flohmarkt alte Kassetten zusammenkaufen. Ja, wir wollen uns outen als vernarrte Kinderhörspiel-Hörer. Wir sind Mitte zwanzig und hören immer noch unglaublich gerne Bibi Blocksberg, TKKG, Kasperli und wie sie alle hiessen. Nach unserem Coming-Out bemerkten wir, dass wir nicht alleine sind, es gibt neben uns noch ganz viele leidenschaftliche Kinderhörspiel-Fans, welche sich gemäss unserer Ad-Hoc Umfrage in folgende Kategorien einteilen lassen.
„Wir mögen Tiere und fliegende Mädchen“-Kinder
Die Helden dieser Kategorie sind Bibi Blocksberg, ihre Freundin Tina, Pferde und natürlich Benjamin Blümchen und seine Freunde aus dem Zoo. Die Menschen sprechen andauernd mit den Tieren und für Kinder ist dieser Zustand absolut normal. Um so interessanter ist es, dass man auch als Erwachsener diesen Zustand niemals hinterfragen würde. Und so wünscht sich jeder Zuhörer, ob jung oder alt, am Ende mit Benjamin Blümchen im Stroh einzuschlafen, umgeben von lauter plappernden Tieren.
„Wir retten gemeinsam die Welt“-Kinder
Alle jene erwachsenen Kinder, welche sich dieser Sparte verschrieben haben, würden gerne die Welt von allen Bösewichten und Gangstern befreien. Jeder Hörer wünscht sich insgeheim eine eigene Detektiv-Bande zu haben, um gemeingefährliche Räuber-Banden mit komplizierten Karatetricks wie Tarzan von TKKG zu überlisten. Gruppen wie „Die drei ?“, „TKKG“ und „Die 5 Freunde“ sind unsere grossen Vorbilder. In jeder Folge werden wir durch sie auch immer wieder moralisch belehrt in Bezug auf Alkohol, Drogen und herumlungernden Jugendlichen.
„Lieber keine richtigen Menschen“-Kinder
Globi, Pingu, Pumuckl und Kasperli erzählen den Zuhörern jedes mal wieder interessante Geschichten aus ihrem Alltag als Fabelwesen, in welchem es gilt, Probleme zu lösen und am Schluss ein Fazit zu ziehen. Pumuckl sollte nicht klauen, Globi weiss, wie die Feuerwehr und die Polizei funktioniert, und Pingu konnte seinem Freund Robbi behilflich sein beim Fischen. Die Geschichten könnten sich überall abspielen, und so kann man sich auch als Erwachsener noch bestens mit den Geschichten identifizieren und in der längst vergessenen „Problemwelt“ der Kindheit schwelgen.
„Trudi Gerster forever“-Kinder
Schweizer, die Märchen lieben, die lieben auch Trudi Gerster. Die gebürtige St. Gallerin ist mit ihrem breiten Dialekt und ihrer ausdrucksvollen Stimme die wahre Heldin aller Märchenkönige. Sie wird auch oft als Märchenfee der Nation bezeichnet und dies nicht ohne Grund. Mit ihren unzähligen Geschichten verzauberte sie unzählige Kinder, welche durch ihre Erzählungen in eine unbeschreibliche Märchenwelt eintauchen durften. Trudi Gerster ist auch heute noch, nach ihrem Tod, in vielen Kinder und kindergebliebene Erwachsenenzimmern vorzufinden.
Wir können unsere Vorlieben ganz klar klassifizieren. Daniela würde sich ganz der Sparte der sprechenden Tiere zuordnen. Ihre Favoriten sind Bibi Blocksberg und Tina, mit welchen sie vom Alltag abschalten und mit den Tieren sprechen kann. Senta hingegen sieht sich klar als Welt-Beschützer-Kind. TKKG sind ihre grossen Helden und begleiten sie auch heute noch durch den Alltag und sei es nur in der Rolle als Moralapostel.